COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Nord und Süd in einer Liga Deutschlands Fußball wird regional umstrukturiert Nachspiel 06.05.07 Autor: Sebastian Holzapfel Redaktion: Hans Ostermann Atmo Stadion Magdeburg, Sprecher drauf Magdeburg im März 2007. Bundesliga-Atmosphäre in der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt. Das Regionalliga-Duell zwischen dem heimischen FC Magdeburg und Dynamo Dresden wird in Kürze angepfiffen. Mehr als 20.000 Zuschauer sind gekommen. Atmo Stadionsprecher: Derby-Stimmung in einem Stadion, das sich sehen lassen kann. Take 1: O-Ton Jürgen Hofmann 01 (13sec) Die Kapazität dieses Stadions ist 26.900 Plätze, es ist ein komplett überdachtes Stadion, ein länderspieltaugliches Stadion, mit entsprechender Flutlichtausrüstung, beziehungsweise mit Rasenheizung. Jürgen Hofmann, der Manager des 1. FC Magdeburg. Stolz präsentiert er die Multifunktions-Arena. Erst im vergangenen Dezember wurde sie eingeweiht. Kosten: Mehr als 30 Millionen Euro. Region und Sponsoren investieren in einen Verein, der nach oben strebt. Atmo Stadion Magdeburg Jürgen Hofmann - ein kräftiger, hoch gewachsener End-Dreißiger. Ein Macher-Typ. Studierter Sport-Ökonom. Berufserfahrung sammelte er bei Adidas und beim Olympischen Sportclub Berlin. Ein Mann ohne ?Fußball- Stallgeruch?. Mit aller Macht will er den FC Magdeburg in den bezahlten Fußball bringen. Take 2: O-Ton Jürgen Hofmann02 (8sec) Das gesamte Gebilde ist so ausgerichtet, dass man natürlich mittelfristig in den Profifußball kommt, deshalb ist unser Ziel natürlich erstmal, die eingleisige dritte Liga zu schaffen. Atmo: Tor Magdeburg, Sprecher drauf Durch ein spätes Tor schlägt Magdeburg die Dresdner an diesem Tag mit 1:0. Sogar der Durchmarsch in die zweite Liga scheint für den Oberliga-Aufsteiger jetzt möglich. Doch auch wenn der Mannschaft von Trainer Dirk Heyne der direkte Aufstieg in dieser Saison nicht gelingen sollte, das Tor zum bezahlten Fußball ist für den dreimaligen DDR-Meister und Europapokalsieger von 1974 so offen wie nie. Dank einer Frischzellenkur, die der DFB dem deutschen Ligensystem verordnen will. Im fernen Frankfurt wurde sie ersonnen. Musik: Kaiser Chiefs: ?Ruby? kurz hoch, dann ausblenden Otto-Fleck-Schneise, Frankfurt am Main. Hier residiert der größte und reichste Sportverband der Welt: Der Deutsche Fußball Bund. An diesem frühsommerlichen April-Montag sitzt Willi Hink in seinem klimatisierten Büro - und wirkt müde. Hink ist ein erfahrener Funktionär. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet er beim DFB. Hat sich hochgearbeitet. ?Willi Hink - Direktor? steht auf seiner Visitenkarte. Am Tag zuvor hat das DFB-Präsidium die Maßnahmen abgenickt, die die ?Sonderkommission Spielklassenstruktur? - wesentlich unter Hinks Mitwirken - auf den Weg gebracht hat. Sie sollen zu einer Professionali- sierung des Fußballsports in Deutschland führen. Take 4: O-Ton Willi Hink 01 (18sec) Kernpunkte sind die, dass die bisherige Regionalliga, also die bisherige dritte Liga, zusammengefasst wird von zwei Spielklassen zu einer. Also statt der bisherigen 37 Mannschaften in zwei Gruppen werden zukünftig 20 Mann-schaften in einer bundesweiten Spielgruppe spielen. Aus den beiden bisherigen Regionalligen Nord und Süd wird also eine eingleisige dritte Profiliga. Anders als die ersten beiden Spielklassen, die im Verantwortungsbereich der Deutschen Fußball Liga sind, wird sie unter dem Dach des Deutschen Fußball Bundes organisiert sein. Ab der Saison 2008/2009 soll sie installiert werden. Den Unterbau für die drei Profiligen wird eine dreigleisige Regionalliga bilden - unterteilt in die Regionen West, Nordost und Süd. In ihr versammeln sich die 17 Mannschaften aus den bestehenden zwei Regionalligen, die nicht den Sprung in die neue 3. Liga schaffen. Hinzu kommen die bestplatzierten Mannschaften aus den neun Oberligen. Take 5: O-Ton Willi Hink 02 (49 sec) Der Handlungsbedarf, den sieht man spätestens jedes Jahr beim Zulassungsverfahren für die dritte Liga, also für die jetzige Regionalliga, wo wir halt erkennen, dass die Vereine in der derzeitigen Struktur nicht in der Lage sind, die aus ihrer Sicht notwendigen Einnahmen für Profifußball zu generieren. Und es bestand Konsens, dass eine eingleisige dritte Liga wahrscheinlich in sich die Vereine zusammen führen wird, die aufgrund der Infrastruktur im Verein, im Vereinsumfeld, aufgrund ihrer Tradition, ihrer Markenkraft in der Lage sein werden, Profifußball zu organisieren und dass eine eingleisige dritte Liga für diese Gruppe eine wesentlich bessere Voraussetzung schafft. Im Klartext: Der DFB will die Spreu vom Weizen trennen. Die Vereine, die aufgrund ihrer Strukturen Berufsfußball betreiben können, von denen, die es eben nicht können. Atmo Stadion Magdeburg Zum ?Weizen? zählt Jürgen Hofmann auch seinen Klub, den FC Magde-burg. Take 6: O-Ton Jürgen Hofmann03 (12sec) Aufgrund der Marketingaktivitäten, der Buchungen, der Resonanz der Zuschauer und auch der Werbepartner sind wir hier erstmal von der wirtschaftlichen Kraft ganz gut gerüstet und hoffen, dass es auch weiter nen Schritt vorwärts gehen wird. Es wäre der entscheidende Schritt in den Profifußball. Ein zehnter Platz in der kommenden Saison würde dem FC Magdeburg dafür reichen: Denn neben den vier Absteigern aus der zweiten Liga qualifizieren sich dann die dritt-bis zehntplatzierten der Regionalliga für die neue Profistaffel. Die Hürden sind also relativ niedrig. Und so klatscht Magdeburgs Manager Hofman angesichts der anvisierten Umstrukturierungen schon mal kräftig Beifall. Take 7: O-Ton Jürgen Hofman04 (33sec) Der 1. FC Magdeburg begrüßt die dritte Liga, weil wir glauben, dass dadurch nicht nur öffentliche Interesse wächst, sondern auch das wirtschaftliche Potenzial bei weitem größer sein wird. Weshalb? Der Abstand momentan zum Profifußball, zur 2. Bundesliga ist aufgrund der TVgelder doch sehr groß und durch die Annäherung durch die eingleisige dritte Liga wird gerade im Bereich der TV- Gelder - also die Einnahmen, die der Verein vom deutschen Fußballbund bekommt für den Spielbetrieb, um ein Vielfaches erhöht werden, so dass also der Abstand zur zweiten Liga geringer werden wird. Musik Kaiser Chiefs: ?Ruby?, Kreuzblende Atmo Otto 1: Holladahiti. Wir spielen in Ahlen jetzt. Und ich glaube wir haben gute Chancen. Und der Ottifant ist mit dabei? Alt-Blödler Otto als Aushilfsmoderator. So versucht die ARD das Produkt Regionalliga an den Mann zu bringen. Seit Beginn der laufenden Saison überträgt die Sportschau neben den Spielen der Bundesliga auch Begegnungen der beiden Regionalstaffeln. Atmo Sportschau, Regionalliga-Übertragung (Emden - Ahlen), Sprecher drauf Im Durchschnitt bis zu vier Millionen Zuschauer sind bei Spielen wie Emden gegen Ahlen dabei. Ein großer Erfolg. DFB-Mann Will Hink geht deshalb davon aus, dass man bei der Vermarktung der Fernsehrechte für die dritte Profi-Liga noch deutlich zulegen kann: Take 9: O-Ton Willi Hink 03 (35 sec) Die Zuschauer wollen auch Spiele aus der dritten Liga sehen. Das wird hoffentlich dazu führen, dass es uns gelingen wird, für die dritte Liga einen exklusiven TV- Vertrag abzuschließen?Die Verhandlungen sind angelaufen. Für die Saison 2008/2009 läuft der derzeitige TV-Vertrag noch. Und da stehen für die dritte und vierte Liga insgesamt 15 Millionen Euro vom Rechtenehmer zur Verfügung und die werden an die Vereine der dritten und vierten Liga ausgeschüttet. Etwa 350.000 Euro kassiert jeder Regionalligist im Augenblick an Fernsehgeldern. Dieser Betrag würde sich in der eingleisigen dritten Liga mindestens verdoppeln. Atmo Otto II: Immer schön motiviert und nicht kaufen lassen? Die Vereine, die den Sprung in Liga drei nicht schaffen und in der Regionalliga verbleiben, bekommen ab 2009 nur noch 120.000 Euro TV- Honorar, also gerade mal noch ein Drittel. Das heißt: Die wirtschaftliche Schere, die sich momentan zwischen zweiter und dritter Liga öffnet, wird sich ab der Saison 2009/2010 zwischen dritter und vierter Liga auftun. Und mit ihr die Gefahr, dass sich viele Klubs in der kommenden Saison finanziell übernehmen, um die Qualifikation für die dritte Liga zu schaffen. Das weiß auch DFB-Direktor Willi Hink. Take 11: O-Ton Willi Hink05 Wir wissen, dass es relativ existenziell ist, dass man wenn man bisher dritte Liga gespielt hat, dass man auch in der neuen dritten Liga spielt, weil da eben bessere Einnahmemöglichkeiten sind. Musik Kaiser Chiefs: ?Ruby?, Sprecher drauf Mit dem Anpfiff des ersten Spieltags der neuen Saison geht es also los - das Rennen um die ?Fleischtöpfe? im bezahlten Fußball. Ein Rennen mit sehr unterschiedlichen Startbedingungen. Beispiel KSV Hessen Kassel. Ortstermin im Auestadion. Der Rasen ist in einem erbärmlichen Zustand. Kassels Trainer Hamann beklagt das bei seinem sportlichem Leiter Bernd Mart. Atmo Stadion-Begehung hoch Weißt Du was das Schlimme ist: Das ist wie Beton, guck mal, da kommste gar nicht rein, hier ist nie einer auf dem Platz?das ist ne Katastrophe... Der ist grün, aber wennde hier bist, das ist ne Katastrophe?das hat mit Rasen nix zu tun, da war gar nix gemacht? Der Rasen in Kassel hat eher Kreisliga-Niveau - doch auch hier wirft die dritte Profiliga ihre Schatten voraus. Der Stadionausbau ist in vollem Gange, dauert aber natürlich seine Zeit, wie Bernd Mart erklärt. Take12: O-Ton Mart (29 sec) Wir sind jetzt in der zweiten Bauphase, das heißt also Erstellung der Osttribüne ist fertig, nächste Bauphase ist die, dass nach Klassenerhalt wird gleich Flutlicht eingebaut und in der dritten Bauphase kommt dann die Sanierung der Haupttribüne, der Kabinen, der VIP-Räume und das ist dann 2008, 2009 vorgesehen. Und das Endstadium wird sich bei 19500 etwa bewegen in der Richtung. Damit wären die Mindestanforderungen des DFB deutlich überschritten. Arenen mit einem Fassungsvermögen von mindestens 10.000 Zuschauern müssen die künftigen Drittligisten vorweisen. Insgesamt fünf Regionalliga- Klubs würden im Augenblick an dieser Hürde scheitern, vier davon aus der Südstaffel. Hessen Kassel belegt derzeit den 10. Platz in der Regionalliga Süd. Dass der KSV wieder in der dritthöchsten Spielklasse angekommen ist - schon das ist für viele ein Wunder. Der Klub, der in den 80er-Jahren mehrfach auf dem Sprung in die Bundesliga stand, ging Ende der 90er Jahre bankrott, gründete sich neu und musste in der Kreisliga B ganz unten wieder anfangen. Musik Vereinshymne ?KSV?: Ganz von unten wieder da/ Löwen, ihr seid wunderbar - aus dem Tal der Tränen zurück/ KSV im Aufstiegsglück? Bernd Rose ist der 1. Vorsitzende des KSV. Früher stand der Bauunter- nehmer bei den Heimspielen seines Klubs in der Nordkurve, seit der Neugründung steht er in der Verantwortung. Take 13: O-Ton Jens Rose01 (29 sec) Als dann die Insolvenz kam, haben sich dreißig Leute zusammen geschlossen und gesagt: Wir gründen den Verein neu, damit die Jugendlichen, es waren ja damals vier-fünfhundert Jugendliche, weiter Fußball spielen können und dann haben sich ein paar alte Herren zusammen gefunden und haben ein Mal in der Woche in der A-Klasse gekickt. Dann sind se aber aufgestiegen, aufgestiegen, aufgestiegen.{?] und irgendwann waren wir dann in der Landesliga, haben uns nen bisschen verstärkt, sind gleich weiter aufgestiegen in die Oberliga und so haben wir dann in den letzten sieben, acht Jahren fünf Aufstiege und waren zwei mal zweiter. Trainer der Kasseler ist heute Matthias Hamann. Der Bruder von Ex- Nationalspieler Dietmar Hamann war früher Bundesliga-Spieler unter anderem in München und Kaiserslautern. Der KSV ist seine erste Station als Trainer. Die Zielrichtung für den 39-Jährigen ist klar: Take 14: O-Ton Hamann01 (18 sec) Wir wollen uns dieses Jahr in der Regionalliga etablieren, wir wollen nächstes Jahr die Qualifikation für die dritte Liga angehen und sollte das Sponsoring, die Strukturen im Verein weiter ausgebaut werden - das Stadion wird ausgebaut, wir investieren also in Steine und Beine, wie man so schön sagt - und dann werden wir auf sicht auch irgendwann die zweite Bundesliga ins Visier fassen - ganz klar. Musik: Vereinshymne ?KSV?, Sprecher drauf Große Pläne mit kleinem Geldbeutel. Mit einem Etat von rund anderthalb Millionen Euro gehört der KSV in der Regionalliga Süd zu den finanziell schwächer ausgestatteten Vereinen. Die Gehälter, die Vereinsboss Jens Rose den Spielern hier zahlen kann, sind auch für Regionalliga-Verhältnisse klein. Take15: O-Ton Jens Rose02 (34 sec) Sie könnten bei uns anfangen für zweihundert Euro, das ist nichts ungewöhnliches, wenn junge Spieler zu uns kommen und nach oben hin sind da schon gewisse Grenzen gesetzt. Wenn ich die Etats so vergleiche, dann gehe ich davon aus, dass wir bei zwischen 50 und siebzig Prozent liegen von dem was andere Vereine eventuell bezahlen. Es gibt natürlich Ausreißer nach oben - ich denke mal Hoffenheim gehört mit Sicherheit dazu, da erzählt man kein Geheimnis, oder auch Siegen, Saarbrücken, wo man vielleicht vom doppelten ausgehen kann, vom dreifachen vielleicht auch? Doch auch mit ihren vergleichsweise bescheidenen Mitteln wollen die Kasseler ihren Traum vom bezahlten Fußball verwirklichen. In der kommenden Saison werden deshalb auch teurere Spieler verpflichtet werden müssen. Darüber hinaus werden schon jetzt die Strukturen im Klub umgestellt, professionalisiert. Trainer Matthias Hamann: Take16: O-Ton Hamann 02 (17sec) Wir haben einige Leute, die noch arbeiten, das wird sich nächstes Jahr schon ändern, wenn es nach meinen Wünschen geht. Wir werden keinen Spieler haben, der noch arbeitet. Wir werden noch intensiver mit der Mannschaft trainieren können, vormittags und nachmittags. Derzeit ist das nur eingeschränkt möglich. Aber das werden wir weiter ausbauen, in der dritten Liga ist das dann unerlässlich. Statt Elversberg, Pfullendorf oder Ingolstadt locken in der dritten Liga Duelle gegen St. Pauli, Dynamo Dresden oder Fortuna Düsseldorf. Um das zu erreichen, wird der KSV finanziell an seine Grenzen gehen. Vereinsboss Jens Rose: Take17: O-Ton Rose03 (7sec) Unser Potenzial müssen wir zu hundert Prozent ausschöpfen oder sagen wir: zu hundertzwanzig, damit wir vielleicht genau das gleiche hinbekommen wie andere. Musik: Vereinshymne?KSV? : Der Verein macht keine Abenteuer/ trotzdem macht ihr richtig Feuer? Dass die Hessen tatsächlich keine Abenteuer eingehen - darüber wacht der Deutsche Fußball Bund. Willi Hink vom DFB legt Wert darauf, dass die Vereine ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nachweisen und überprüft, ob die Liquidität für das nächste Spieljahr vorhanden ist. Take 18: O-Ton Will Hink (24 sec) Und wenn sie nicht vorhanden ist, ist unsere Standardreaktion, dass wir dann eine Bankgarantie in der Höhe verlangen, wie wir glauben, dass sie notwendig ist, um den Spielbetrieb abzusichern. Es ist nicht Gegenstand der Prüfung, dass der Verein nach dem Jahr noch überlebt, aber wir weisen den Verein natürlich darauf hin, dass es nicht allzu hilfreich ist, wenn sie eine Saison Harakiri spielen können, danach aber pleite sind? Take 19: O-Ton Jens Rose (15 sec) Aber wir werden kein Risiko fahren, denn dieses Risiko hat viele Vereine, auch schon viele Traditionsvereine alles gekostet und den Weg werden wir auf keinen Fall verfolgen. Da halt ich lieber meinen Kopf dafür hin und sage: Jungs. Mehr ist nicht drin, mehr können wir nicht machen. Und das muss man akzeptieren. Das gelobt Kassels Vereinsboss Jens Rose. Aber werden die Klubs nicht geradezu dazu getrieben, die finanzielle Schraube zu überdrehen, um den Sprung in den bezahlten Fußball zu schaffen? Eben diese Gefahr sehen die Kritiker der dritten Profiliga. Zu ihnen gehört Max Eberl, der Amateur-Koordinator von Borussia Mönchengladbach, Take20: O-Ton Eberl01 (14 sec) Das Risiko ist da. Die Vereine werden alles dran setzen, die neue Klasse zu schaffen. Und da musst du eben sehen, wie solche Vereine, die es nicht schaffen, sich in den nächsten Jahren konsolidieren. Es kommen bestimmt einige Probleme drauf zu. Dann muss man dann sehen, wie man das bewerkstelligt kriegt. Droht also einigen Klubs, die in der dann deutlich unattraktiveren vierten Liga verbleiben müssen, die Pleite? DFB-Mann Willi Hink wiegelt ab. Take 21: O-Ton Hink07 (40 sec) Die Gefahr der Insolvenz hat jeder Verein selbst in der Hand. Es ist ein einfaches Zahlenspiel. Also wir haben im Augenblick 37 Vereine in der Regionalliga mit den gegebenen Möglichkeiten, sich zu finanzieren. Wir werden in Zukunft 20 Vereine in der dritten Liga haben, das heißt 17 Vereine fallen raus. Von diesen 17 Vereinen wären neun ohnehin in die Oberliga abgestiegen mit horrend schlechten Rahmenbedingungen. Das heißt: Wir haben acht Vereine, die überbleiben, die sagen: Ich hätte eigentlich zweigeteilte Regionalliga gespielt. Alle anderen Vereine haben wesentlich bessere Voraussetzungen als bisher. Musik: Kaiser Chiefs: ?Ruby? Fest steht: Die beiden Spielklassen, die zu einer zusammengefügt werden, könnten unterschiedlicher kaum sein. Im Norden tummeln sich mit neben dem 1. FC Magdeburg und Dynamo Dresden Schwergewichte wie VfL Osnabrück, Fortuna Düsseldorf, der FC St. Pauli oder Union Berlin. Der Durchschnitts-Etat beträgt hier satte 4,5 Millionen Euro. Was die finanziellen Voraussetzungen angeht, können in der Südliga allein der TSG Hoffenheim, der auf dem Sprung in die zweite Liga steht, und der 1. FC Saarbrücken mit den Nordklubs mithalten. Vereine wie Hessen Kassel, aber vor allem Klubs mit eher dörflichen Strukturen wie der SV Elversberg, Pfullendorf oder FK Pirmasens hinken da weit hinterher. Willi Hink ist trotz des Nord-Süd-Gefälles zuversichtlich, dass es leistungsmäßig eine ausgeglichene dritte Profiliga geben wird. Take22: O-Ton Hink09 (31 sec) Sportlich ist es so, dass die Aufsteiger aus dem Süden keine wesentlich bessere oder schlechtere Bilanz in der zweiten Liga haben als die aus dem Norden. Also das scheint sich irgendwo auszugleichen. Wie sich das in Zukunft darstellen wird muss man sehen. Wir gehen schon davon aus , dass in der neuen dritten Liga die stärksten sein werden und da muss man sehen, wie sich das Verhältnis, was ja am Anfang 10 zu 10 ist in die eine oder andere Richtung verschiebt. Musik Kaiser Chiefs ?Ruby?, Atmo: Magdeburg nach dem Spiel Zurück in Magdeburg. Die Dresdner Fans verlassen nach der 0:1-Niederlage ihrer Mannschaft gegen den heimischen FC Magdeburg das Stadion. Die Stimmung ist angespannt. Atmo Polizei Magdeburg: Lasst euch nicht provozieren? Die Polizei versucht, beruhigend auf die frustrierten Dynamo-Anhänger einzuwirken. Mehr als dreieinhalb Tausend sind nach Magdeburg gereist. Die Dresdner Fanszene gilt als problematisch. Take23: O-Ton Küssner01 (13 sec) Nach den Informationen, die uns erreicht haben, müssen wir davon ausgehen, dass sich darunter auch bis zu 500 Personen aus der Dresdner Fan-Szene befinden, von denen eine latente Gewaltbereitschaft ausgeht. Sagt Kriminalhauptkommissar Frank Küssner. Er ist einer von mehr als 1000 Beamten, die an diesem Tag im Einsatz sind. Atmo Magdeburg nach Spiel hoch, Sprecher drauf Bis auf ein paar Rangeleien bleibt es diesmal vergleichsweise ruhig. Doch das ist nicht immer so. Regelmäßig kommt es am Rande von Regionalliga-Spielen zu Ausschreitungen. Droht durch die Zusammenlegung der Regionalligen, durch ein Aufeinandertreffen der Fangruppen von Traditionsmannschaften aus Nord und Süd, eine neue Dimension der Gewalt? Eine dritte Randale-Liga? Küssner glaubt das nicht. Zumindest in Magdeburg sei man gut vorbereitet. Take 24: O-Ton Küssner02 (18 sec) Wir haben aber in den zurückliegenden Jahren, sowohl in der Oberliga als auch jetzt in der Regionalliga doch hinreichend Erfahrung sammeln können, haben in der Vergangenheit viele Spiele, die Derby-Charakter hatten, absichern müssen. Und ich denke mal auf diesen Erfahrungen können wir aufbauen, so dass wir für ne dritte Liga gerüstet wären. Auch beim DFB ist man zuversichtlich, dass sich die Sicherheitsprobleme in der dritten Liga nicht verschärfen. Im Gegenteil. Durch eine engere Zusammenarbeit mit den Vereinen werde man dem Problem besser Herr werden als bisher. Hofft zumindest DFB-Direktor Willi Hink. Take 25: O-Ton Hink10 (33 sec) Problematisch wird es ja, wenn Fangruppen von Gästemannschaften auf Ordnungskräfte und Polizeikräfte im Amateurbereich treffen, die nicht darauf vorbereitet sind. Und es ist natürlich für uns als Dienstleister in diesem Bereich wesentlich einfacher, eine überschaubare Gruppe von Vereinen und ihr Ordnungs- und Sicherheitspersonal zu schulen, als wenn wir da in der neungeteilten Oberliga den Versuch unternehmen wollten, das überall sicher zu stellen. Wir sehen die Möglichkeit zu permanenter kontinuierlicher Zusammenarbeit und damit auch viel besser die Chance, diese Probleme in den Griff zu kriegen. Musik - Kaiser Chiefs: ?Ruby?, Ein noch größerer Streitpunkt neben der Sicherheitsfrage bei der Einführung der dritten Profiliga: Die zweiten Mannschaften der Bundesligaklubs. Insgesamt elf dieser Reserveteams spielen zurzeit in den beiden Regionalligen. Ursprünglich wollte man ihnen das Startrecht voll-ständig versagen. Zu unattraktiv für die Zuschauer seien sie, lautete das Argument. Atmo Berlin, Sprecher drauf Wir sind im Amateurstadion Berlin. Einen Tag nach dem Spiel in Magdeburg treffen hier die zweiten Mannschaften von Hertha BSC und Borussia Mönchengladbach aufeinander. Auch das eine Begegnung der Regionalliga Nord. Letzter gegen Vorletzter. Etwa 500 Zuschauer verlieren sich im Stadion. Atmo hoch, Sprecher drauf Einer von ihnen ist Max Eberl. Er ist verantwortlich für den Nachwuchs- und Amateurbereich bei Borussia Mönchengladbach. Er wehrte sich vehement gegen ein Startverbot der Reservemannschaften in der dritten Liga. Vor allem ihr Stellenwert bei der Ausbildung junger Talente sei nicht zu unterschätzen. Take26: O-Ton Eberl02 (19 sec) Wenn man ausbildet - das ist überall so - musst Du das auf höchst möglichem Niveau machen, das ist bei den A-Jugendlichen die Bundesliga oder der nächste Schritt wär die Regionalliga oder in der neuen eingleisigen dritten Liga zu spielen, um über diesen Weg den Sprung in die Bundesligakader des eigenen Vereins oder auch in einen anderen Bundesligakader zu schaffen. Bis vor zwei Jahren war Eberl in der ersten Mannschaft der Gladbacher aktiv. Ein bissiger Verteidiger. Ebenso hartnäckig wie einst auf dem Rasen kämpfte er für ein Startrecht der zweiten, also der Nachwuchs-Mann-schaften in der dritten Profiliga. Take27: O-Ton Eberl03 (30 sec) Für die Jungs ist es wichtig, nach dem Jugendfußball auch gegen Senioren zu spielen - also: gegen einen Patschinski, gegen einen Breitenreiter, Albertz etc. Da müssen die Jungs eben kennen lernen, dass Fußball eben ein bisschen mehr ist als nur ein bisschen Fußball-Spielen, sondern da gehört der Körper dazu, da gehört Druck dazu - wenn du bei st. Pauli vor 18.000 spielst? Das sind einfach die letzten Schritte, die ein Ausbildungsschema dann komplett machen. Fußballerisch, technisch, taktisch sind die Jungs in allen Leistungszentren sehr gut ausgebildet. Druck, Männerfußball lernen sie in meinen Augen in der Regionalliga oder in dieser dritten Liga. Am Ende setzten sich die Bundesligavereine durch. Bis zu vier zweite Mannschaften von Profiklubs dürfen zunächst in der dritten Profiliga starten. Auch ein uneingeschränktes Aufstiegsrecht konnten die Bundesligaklubs für ihre zweiten Mannschaften durchboxen. Zur Freude von Max Eberl. Take 29: O-Ton Eberl04 (23 sec) Wir können uns qualifizieren, wir können in den Jahren drauf in die dritte Liga aufsteigen, was man ja auch nicht haben wollte, aber dann wäre es in meinen Augen ne reine Inzuchtliga gewesen, dann wäre vielleicht der achte, neunte oder zehnte aufgestiegen in die neue dritte Liga, und das ist ja nicht im Sinne des Sports. Deswegen: Der Sport muss schon im Mittelpunkt stehen. Wir haben Einschränkungen: wir dürfen nur junge Spieler haben, wir dürfen keine Nicht-EU- Ausländer haben, also wir sind eh schon reglementiert. Und wenn wir dann qualitativ trotzdem so gut sind, dann müssen wir auch aufsteigen können. Ein weiterer Kritikpunkt an den Reservemannschaften der Profivereine: Sie verzerrten den Wettbewerb. Atmo hoch, Sprecher drauf Auf Seiten der Herthaner stehen an diesem Tag beispielsweise fast ausschließlich Spieler auf dem Platz, die schon Erfahrungen in der ersten Mannschaft gesammelt haben. Die Bundesliga hat an diesem Länderspiel- Wochenende spielfrei, deshalb kann Hertha-Trainer Karsten Heine, der wenig später das Ruder bei den Profis übernehmen wird, auf Spieler wie Dejagah, Boateng oder Fathi zurückgreifen. Sonst kommen die eher bei den Profis zum Zuge. Unfair und wettbewerbsverzerrend sei das nicht, meint jedenfalls DFB- Direktor Willi Hink. Take30: O-Ton Hink12 Die Praktiker berichten durch die Bank, dass es überhaupt kein Vorteil ist, wenn ein Starspieler, der Bundesliga spielt oder gespielt hat, der jetzt in die zweite Mannschaft degradiert wird, man kann nicht erwarten, dass die dann ihre bestmögliche Leistung plötzlich abrufen. Es gibt immer wieder Spiele, wo ein Spieler in der Mannschaft einen wunderbaren Tag hat. Und dann kann der Gegner ja auch nicht sagen: Wettbewerbsverzerrung, der spielt sonst nur Mist und ausgerechnet gegen uns hat der Mal einen guten Tag. Also man muss relativieren. So schwarz-weiß wie es oft gemalt wird ist es in der Realität nicht. Atmo Berlin, Sprecher drauf Der Spielverlauf an diesem Tag scheint Hink Recht zu geben. Denn trotz prominenter Besetzung verlieren die Hertha-Amateure gegen das Tabellenschlusslicht vom Niederrhein mit 0:2. Damit stehen die Berliner als Absteiger so gut wie fest. Zusammen mit drei weiteren Reserve-mannschaften von Profiklubs werden sie den Gang in die Oberliga antreten müssen und haben in der kommenden Saison nicht die Chance, sich für die dritte Liga zu qualifizieren. Musik: The Good, The Bad and The Queen: ?Three Changes?, Sprecher drauf Wer auch immer den Sprung in die eingleisige dritte Profi-Staffel schafft. Ihre Einführung ist eine Gleichung mit vielen Unbekannten: Qualifizieren sich die - in Anführungszeichen - ?richtigen? Vereine, damit es eine für die Zuschauer attraktive Liga wird? Bekommt man die Sicherheitsfragen in den Griff? Wird es eine sportlich ausgeglichene Liga? Was geschieht mit den Vereinen, die den Sprung in die dritte Liga nicht schaffen? Antworten auf diese Fragen wird man frühestens in zwei Jahren erhalten. Musik hoch Eines zumindest bleibt wie es ist. Und das formuliert Kassels Vereinsboss Jens Rose in schönster Sepp Herbergscher Fußballrhetorik. Take 31: O-Ton Rose04 (4 sec) Da spielen elf Mann auf dem Platz und eine Mannschaft kann nur gewinnen. Musik hoch, bis Ende (WE 26:40) Musik: 1. (01:30) Interpret: Kaiser Chiefs Titel: Ruby CD: Yours Truly Angry Mob Label: Polydor (Universal), ASIN: B000MQ57QY 2. (01:15)) Interpret: The Good, The Bad and the Queen Titel: Three Changes CD: The Good, The Bad and The Queen Label: EMI Record (EMI) ASIN: B000IAZ3E0