Fernfahrerblues Eine Lange Nacht auf der Straße Autor: Ralf Bei der Kellen Regie: Rita Höhne Redaktion: Dr. Monika Künzel Sprecher: Stefan Kaminski Markus Hoffmann Sendetermine: 15. November 2008 Deutschlandradio Kultur 15./16. November 2008 Deutschlandfunk ___________________________________________________________________________ Urheberrechtlicher Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in den §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. © Deutschlandradio - unkorrigiertes Exemplar - insofern zutreffend. 1. Stunde Atmo / O-Ton Fahrer Tim (32): Fahrer steigt ein / Luftfederung / Anlassen LKW / Geräuschkulisse LKW von außen / Einsteigen 2. Person / Geräuschkulisse LKW von innen. „Sooo… Tachoscheibe einlegen – ohne dem geht’s nicht – dann woll’n wir mal, ne?“ Geräuschkulisse LKW von innen / Anfahren (0'40) Erzähler: (auf Atmo) Langsam setzt sich der 40Tonner in Bewegung. Wie ein Schiff, das den Hafen verlässt, schaukelt er gemächlich hinaus auf den Zubringer zur Autobahn. Unsere Augenhöhe ist 2 Meter 50 über der Straße. Irgendwie ein erhabenes Gefühl. (0’14) Atmo: LKW (hoch) (0’04) Erzähler: Für mich ist es allerdings nichts Neues. Denn der, der da auf dem Fahrersitz sitzt, ist mein Bruder. Er ist 33 Jahre alt und LKW-Fahrer – wie auch schon mein Vater und mein Großvater. (0’10) Atmo: LKW (hoch) (0’04) Erzähler: Als Kind war ich oft mit meinem Vater im LKW unterwegs. Wenn ich meine Eindrücke von damals mit den Berichten meines Bruders von heute vergleiche, scheint es, als würden die beiden zwei vollkommen verschiedene Berufe ausüben. (0’13) O-Ton Fahrer Tim (32): (im LKW) „Als ich so angefangen bin zu fahren, da hatten wir noch gar nichts, kein Mautgerät, keinen digitalen Tacho… Kollege aus Finnland. Der hat’s noch weit.“ (0’15) Erzähler: Um zu sehen, wie der Beruf des Fernfahrers heute aussieht, habe ich mich neben meinen Bruder auf den Bock gesetzt. Ich habe mit vielen seiner älteren und jüngeren Kollegen gesprochen, mit dem Bundesamt für Güterverkehr, Betreibern von Autohöfen, Experten für Wirtschaftskriminalität und vielen anderen. Das Bild, das sich dabei vom Alltag der Fernfahrer heute abzeichnete, hat mich sehr überrascht. An manchen Stellen hat es mich auch erschüttert. (0’25) Atmo: LKW (hoch) plus Türenzuschlagen (0’04) O-Ton Fahrer Wilhelm (67): „Die Autos haben zwar noch Räder wie früher, aber alles andere hat sich ja so gewaltig verändert. (lacht)“ (0’06) Erzähler: Mehr denn je beruht unsere Gesellschaft heute auf Mobilität – auf der Mobilität des Einzelnen, aber auch auf der Mobilität von Gütern und Waren. Im Zeitalter der Globalisierung sind Produktionsprozesse hochgradig arbeitsteilig und die Warenströme fließen frei über den ganzen Erdball. Der ständig zunehmende Verkehr auf den Autobahnen ist ein Indiz für diese Entwicklung. Wahrscheinlich seit der Erfindung des Rades sind Fuhrleute unterwegs, um Dinge dorthin zu bringen, wo sie benötigt werden – wie dieser Fuhrmannseid aus dem Jahre 1691 belegt: (0:32) Stimme (männlich): „Ich schwöre einen Eid zu Gott, dass ich das Gut, das mir zu fahren aufgeladen wird, für billigmäßige Belohnung dahin fahren, treulich verwahren und redlich überliefern will, kein Stück verfahren oder irgendwie anderswo hinbringen als mir aufgetragen ist, was mir etwas an Geld und Wechseln zurückzubringen gereicht wird, aufrichtig und ohne einzige Hinterhaltung überreichen und mich in allem so betragen will, wie einem redlichen, aufrichtigen und getreuem Fuhrmann gebührt.“ (0’29) Erzähler: Im Internet findet sich auf dem Blog eines Fernfahrers darunter folgender Kommentar: (0’04) Stimme (männlich): „Diesen Eid mussten seinerzeit die angehenden Fuhrleute abgeben, ähnlich dem Eid des Hippokrates für die Mediziner. Es wäre schön, wenn es etwas ähnliches auch heute noch geben würde.“ (0’11) Atmo: LKW (hoch) (0’04) Erzähler: Der letzte Satz deutet es bereits an: Nicht wenige Fahrer sehnen sich nach der „guten alten Zeit“ zurück. Und das nicht ohne Grund. (0’08) Atmo: Bremsgeräusch (0’02) O-Ton Reportage SWR „Unter dem gelben Dreieck“ (1949) Fahrer: „Ich hab jetzt Ware von Hamburg, vom Freihafen gebracht, die in die Schweiz geht, und hier übernommen wird am Zoll von einem Schweizer Wagen übernommen wird. Und dieser Zug ist jetzt zurückgekommen aus der Schweiz und bringt mir’ne Rückladung für Hamburg.“ Reporter: „Und Sie fahren, sobald Sie geladen haben-„ Fahrer: „Ich fahre, sobald ich geladen habe, wieder zurück nach Hamburg.“ Reporter: „Und wie lange sind Sie unterwegs?“ Fahrer: „Ich bin jetzt unterwegs also von hier aus bis nach Hamburg fahre ich ungefähr 30, 34 Stunden.“ Reporter: „Machen Sie dann eine größere Rast dazwischen?“ Fahrer: „Ja, ab und zu. Also wir machen ungefähr immer so, dass wir mittags einmal Station machen und warm essen und dann abends spät noch einmal.“ Reporter: „Aber Sie schlafen nicht (unverständlich).“ Fahrer: „Nein, wir schlafen im Wagen. Wir sind zwei Fahrer, im Wagen ist eine Schlafkabine eingebaut. Und so machen wir es immer so, dass ungefähr vier Stunden ein Fahrer fährt und der andere schläft derzeit, und am Tage sitzen wir beide vorne, damit das nicht zu langweilig wird.“ (0’50) Erzähler: In diesem Ausschnitt aus einer Radioreportage aus dem Jahre 1949 spiegelt sich die relative Gemütlichkeit des Fernfahrerberufs direkt nach dem Krieg, die viele ältere Fahrer bestätigen können. (0’12) O-Ton Fahrer Wilhelm (67): „Es war ja damals für viele ein Traumberuf. Es war eine gewisse Freiheit dabei, man war allein unterwegs, es konnte einen keiner erreichen, man hatte seine Arbeit – und das war’s. So, und wenn ich gemeint habe, ich mach ’ne Pause, machte ich ’ne Pause. Man konnte selbst Entscheidungen treffen, man konnte sich den Tag zum großen Teil allein einrichten, so wie man’s haben wollte.Es hat ja früher Fahrer gegeben im Fernverkehr, die haben auch mal ’nen ganzen Tag lang gar nichts gemacht. Die waren irgendwo an einer Stelle, da war ’nen See in der Nähe, da haben sie den ganzen Tag gebadet. Und am nächsten Tag fuhren sie weiter, es war alles in Ordnung.“ (0’32) Erzähler: Zudem waren die Fernfahrer ein geachteter Berufsstand – Bezeichnungen wie „Kapitäne der Landstraße“ brachten einen gewissen Respekt zum Ausdruck. (0’09) O-Ton Ralf (34): „Also, ich weiß zum Beispiel von meinem Onkel, früher wurden Fahrer hoch angesehen – jeder wusste, dass das ein harter Job ist, der viel von den Leuten verlangt, und dass die Leute auch angesehen waren, das auch in Kauf zu nehmen.“ (0’13) Erzähler: Auch André Sahorns Vater war LKW-Fahrer. Beim Junior hat dies allerdings dazu geführt, dass er heute Redakteur der Zeitschrift Fernfahrer und Chefredakteur und Moderator der bundesweit ausgestrahlten Fernfahrer Nightshow ist. (0’14) Atmo: Jingle Fernfahrer Nightshow (0’05) O-Ton André Sahorn: „Damals waren ja auch noch nicht so viele LKW unterwegs wie heute. Und die hatten ja auch noch Zeit! Da war ja der ganze Druck noch nicht da, diese ganze Globalisierung, das waren ja alles Begriffe, die kannte man ja noch gar nicht. Da hatten die Fahrer eben halt noch Zeit, da wurde ich dann eben mal an der A 45 bei Oma Hildegard mal ’ne Stunde länger hingesetzt und ne Tasse Kaffee getrunken oder so. Heute undenkbar. Geht gar nicht mehr.“ (0’25) O-Ton Fahrer Sven (35): „Also, ich weiß von meinem Vater zum Beispiel, wenn unterwegs jemand gestanden hat mit ’nem platten Reifen hat immer einer angehalten und hat geholfen. Man kann selbst auf der Raststätte stehen, Standheizung läuft und und und … man kann da fragen, wenn morgens das Auto nicht anspringt „Du, kannst mich mal überbrücken?“ „Nee, kann ich nicht. Du, ich hab’ keine Zeit. Ich hab’ keine Zeit. Das ist immer so die erste Antwort.“ (0’17) Erzähler: Wie kam es dazu, dass aus den angesehenen Kapitänen der Landstrasse die gestressten Dieselknechte wurden? Sahorn hat bereits das extrem gestiegene Verkehrsaufkommen erwähnt. Je dichter der Verkehr, desto mehr ärgern sich PKW-Fahrer über die LKW, die die rechte Spur verstopfen – und gelegentlich auch noch die linke. Im Volksmund nennt man das „Elefantenrennen“. (0’23) O-Ton: „Elefantenrennen“ aus der Comedyserie „Stenkelfeld“ (Ausschnitt) „Am Steuer sitzt Kraftfahrer Georg Harthölter, kurz vor Neumünster hat er zu einem Überholvorgang auf einen norwegischen Sattelschlepper angesetzt; mittlerweile haben wir die Abfahrt Kassel-Nord hinter uns gelassen. Herr Harthölter, können Sie denn schon ungefähr abschätzen, wann wir am Norweger vorbei sind?“ „Ja, also dat geht heute schneller als erwartet, nich, Sie sehen ja selbst, wir sind in Höhe der ersten Hinterachse, so dass man also sagen kann: Frankfurter Kreuz ungefähr erreichen wir das Stützgelenk vom Auflieger und denn kommen auch schon bald die Rücklichter vonner Zugmaschine in Sicht, ne. Und ich glaube – also, ich will da nicht zu viel versprechen, dass wir kurz vor der österreichischen Grenze den Kollegen dann auch zu Gesicht kriegen.“ (0’43) O-Ton Wilfried Voigt: „Und das erleben wir ja tagtäglich auf den Autobahnen, insbesondere wo eine hohe Aggressivität wahrzunehmen ist, und die hängt ja nicht einfach nur mit ein paar durchgeknallten Fahrern zusammen, sondern das ist ein System. Diese Leute sind im wahrsten Sinne des Wortes gehetzt, ja, die sind unter einem wahnsinnigen Druck, zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort zu sein.“ (0’19) Atmo: Effekt: Spike Jones – Frantic Freeway (0’03) (Hup- und Bremsgeräusche) Erzähler: Der Journalist Wilfried Voigt hat gemeinsam mit seinem Kollegen Uli Röhm, Mitgründer und Redakteur des ZDF-Wirtschaftsmagazins WISO, im Jahr 2006 ein Buch mit einem vielsagenden Titel veröffentlicht: „Tatort Autobahn. Kriminelle Machenschaften im Speditionswesen.“ In ihrer Publikation legen sie die Hauptgründe für die extremen Veränderungen innerhalb des Gewerbes dar. Als 1989 die innerdeutsche Grenze fiel und in der Folge der eiserne Vorhang immer durchlässiger wurde, erhöhten sich die Warenströme zwischen Ost und West schlagartig. Der früher streng reglementierte Transportmarkt wurde nach und nach liberalisiert. Mit der Osterweiterung der Europäischen Union gründeten immer mehr Speditionen Dependancen im Osten. Hier gab es häufig Subventionen und nicht zuletzt Arbeitskräfte im Überfluss, wie Uli Röhm erklärt. (0’48) O-Ton Uli Röhm: „Wir haben in Europa eine Liberalisierung des Transportmarktes und des Verkehrsmarktes – aber nicht der Arbeits- und Sozialbedingungen. Das heißt, durch diese Liberalisierung sind plötzlich Fahrer aus Ländern außerhalb Deutschlands, außerhalb der europäischen Union hier reingekommen, die auf einem ganz anderen Lohnniveau kalkulieren. Für einen Fahrer aus Bulgarien oder Rumänien, die anfangs hier waren, sind selbst diese Hungerlöhne für deren eigene Verhältnisse zu Hause fürstliche Gehälter gewesen. Aber die haben damit die Löhne hier noch mehr gedrückt.“ (0’35) Erzähler: Zum Lohnverfall kam der ständig steigende Termindruck. Um Kosten zu sparen, haben die großen Industriebetriebe ihre Lagerräume auf ein Minimum reduziert und ihre Zulieferer in ein just-in-time-System eingebunden. Dadurch haben sie ihre Lager effektiv auf die Straße verlagert. Da hier viel Luft transportiert wird – zum Beispiel bei fertigen Armaturenbrettern für die Autoindustrie – stieg das LKW-Aufkommen noch weiter. Dies wiederum belastet die Autobahnen. Die Industrie nutzt die Straße als Stauraum, beteiligt sich aber kaum an den Kosten für ihre Instandhaltung. Will ein Spediteur in diesem System arbeiten, musste er Verträge unterschreiben, die bei Nichteinhaltung der Lieferzeiten hohe Konventionalstrafen vorsehen. Deshalb wurden die Fahrer immer mehr von ihren Chefs und den Disponenten, die die Transporte koordinieren, unter Druck gesetzt. Überschreitung der gesetzlich festgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten sind an der Tagesordnung, bzw. wurden vom Arbeitgeber angeordnet. Und dann ist da noch die Globalisierung, die die Warenströme internationalisiert hat. (1’03) O-Ton Uli Röhm: „Je mehr wir im Internet oder über eBay ersteigern und beziehen und kaufen, um so mehr muss die Ware verschickt werden, um zu Hause anzukommen. Das geht noch nicht über die Datenleitung.“ (0’11) Atmo: „3,2,1, - Meins“ eBay-Jingle Crossfade mit Geräusch vorbeifahrender LKW (0’05) Erzähler: Durch GPS-Ortungssysteme und Handys in den Autos wird der Fahrer immer mehr kontrolliert und muss funktionieren. O-Ton Fahrer Bernie (40): „Ja, und diese Überwachung ist ja heute immens mit LKWs. Fast jede Firma können dir sagen, wo ihr LKW Montag morgen um zehn Uhr ist – und nicht, was der Fahrer am Telefon sagt, sondern wo er wirklich steht.“ (0’12) Erzähler: Dies steht in starkem Kontrast zum gängigen Klischee vom Fernfahrer als freiheitsliebenden Menschen. Für eine relativ große Zahl trifft dieses Klischee sogar zu. (0’10) O-Ton Fahrer Bernie (40): „Bei vielen LKW-Fahrern ist es so, das sind Leute, die mal irgendwie aus ihrem normalen Beruf, den sie mal erlernt haben – sagen wir mal Stahlbauschlosser oder Bäcker, wie auch immer, is’ egal, Du findet alles – die meisten haben im Handwerk oder in der Industrie gelernt, und sind dann aus dem Grunde… meistens ist es so: irgendwelche Schwierigkeiten persönlicher Natur in der Firma, das heißt: mit einem früheren Meister, Vorarbeiter mal Ärger gekriegt, oder die Strukturen, die so… die Vorgesetztenstrukturen nicht mit klargekommen, und so sind die dann auf den LKW gekommen. Und das sind so Leute, die mehr so’n bisschen ihr eigenes Ding prutscheln.“ (0’35) O-Ton Johannes Reichel: „Bei vielen spielt natürlich eine Rolle, was früher sehr stark war, LKW-Führerschein bei der Bundeswehr gemacht. Dann hat man mal den Schein, wenn sich mal nichts anderes ergibt, fängt man halt als Gelegenheitsfahrer an, so was ist früher schon ein klassischer Weg gewesen. Ja, und dann macht man’s halt, dann bleibt man halt da „hängen“, sagen oft sehr viele.“ (0’20) O-Ton Fahrer Otto (60): „Und da bin ich dabeigeblieben. Ich wollte eigentlich nur, naja… noch einmal das Konto auffrischen. Und dann wollte ich wieder in meinen Beruf – ich bin gelernter Feinmechaniker. Aber (atmet schwer aus) es ist wie das, wie eine Sucht. Man kommt da nicht mehr von los.“ (0’18) Erzähler: Dann gibt es da aber noch eine andere große Gruppe. (0’03) O-Ton Fahrer Ralf (34): „Mein Onkel, der hat ewige Zeiten bei einer Firma gefahren, wo ich in den Ferien immer mitgewesen bin, da war natürlich das Interesse von der Seite aus schon da… dann, meine Ma hat lange Zeit selbständigerweise Schwertransportbegleitung gefahren, wo ich jede Gelegenheit genutzt habe, mitfahren zu können, tja… und so kam’s wahrscheinlich, wahrscheinlich lag’s daran. Als ich geboren wurde, ich wurde im Krankenwagen geboren, sprich auch schon auf der Straße – irgendwie so was musste passieren. (lacht)“ (0’25) Erzähler: Eine Biographie, die sich in Variationen oft bei anderen findet: Immer wieder hört man von Fahrern, dass ihre Berufswahl schon früh feststand. Als Kind mit den großen Maschinen in Kontakt gekommen, entwickelte sich eine anhaltende Anziehungskraft. Diese Menschen haben dann meistens auch eine Ausbildung als Berufskraftfahrer absolviert, die es in Deutschland seit 1973 gibt. (0’22) Atmo: Fahrender LKW (0’03) Erzähler: Auch wenn die Fahrer aus den verschiedensten Gründen „auf den Bock“ kamen – in fast allen Gesprächen mit ihnen kommt eine gewisse Faszination für den Beruf zum Ausdruck. Dieser ist häufig gepaart mit einer Art Hassliebe. Denn mehr als viele anderen bringt dieser Beruf Besonderheiten mit sich. (0’44) O-Ton Fahrer Tim (32): (in der Werkstatt) „Was doof ist am Fernverkehr – man ist halt abends nicht zuhause. Also, wenn Leute Geburtstag haben, kann man da nicht hinkommen und eben ’ne Flasche Bier trinken… man ist immer derjenige, der nie da ist. In jungen Jahren, da war das alles noch lustig, da hat man ja auch noch nicht so die… (Kollege: Sprich Dich ruhig aus!“ (lacht)) …da denkste ja auch noch nicht an heiraten und so, aber Du musst ja auch ne Frau haben, die das alles mitmacht und die muss ja auch zuhause dann alles machen quasi. Sachen überweisen und wat weiß ich, wenn der Schornsteinfeger kommt, und so Kleinigkeiten. Du bist ja nie da. Nur am Wochenende. Und dann fährst Du am Sonntagabend wieder los. Also mit… Privatleben… ist nicht viel.“ (0’42) Erzähler: Durch die rigorose Ausnutzung der Lenkzeiten sind die Fernfahrer heute noch weniger zu Hause, als sie es früher waren. Es scheint, als würde der Fernfahrer immer mehr dem Arbeiter auf einer Bohrinsel gleichen. Das Privatleben reduziert sich meistens auf das Wochenende – so sie es von ihren Touren bis zu ihrem festen Wohnsitz schaffen. Dass das für zwischenmenschliche Beziehungen nicht zuträglich ist, liegt auf der Hand. Hier fordert der Beruf bei vielen seinen Tribut. (0’26) O-Ton Fahrer Otto (60): „Die Fernfahrer, doch über die Hälfte, sind doch alle geschieden. Das muss doch’nen Grund haben, oder?“ (0’07) O-Ton Fahrer Bernie (40): „Man hört also nichts anderes wie welche, die auf ihre geschiedene Frau schimpfen, weil sie schon wieder eine Lohnbescheinigung haben will und schon wieder beim Anwalt war. Das ist also Gang und Gäbe.“ (0’09) Erzähler: Von ihrem rollenden Single-Haushalt, den sie wochentags bewohnen, am Wochenende auf komprimiertes Privatleben umzuschalten, gelingt nicht allen. Viele zwingt es irgendwann dazu, sich zu entscheiden. Entweder Beruf oder Beziehung. (0’13) O-Ton Fahrer Sven (35): „Dann, entweder gibt man den Job auf… und das funktioniert generell nicht. Ich kenne so viele Leute, die gesagt haben: Nee und ah, bevor das kaputtgeht mit meiner Frau – ich such’ mir was im Nahverkehr. Ja, nach ’nem halben Jahr trifft man sie wieder und schnackt man da so mit, und, was machste? Ja, ich hab’ mich scheiden lassen, ich fahr’ wieder Fernverkehr. Ja… .“ (0’17) Erzähler: Sven ist 34 Jahre alt, seit 14 Jahren Fernfahrer und seit 15 Jahren mit derselben Frau zusammen. Die beiden haben aus seinem Job für ihr Zusammenleben bereits Konsequenzen gezogen. (0’11) O-Ton Fahrer Sven (35): „Wir haben keine Kinder… wollen wir eigentlich auch nicht, weil meine Freundin ist ja, wie gesagt, ich sag’ mal den größten Teil der Woche allein zu Hause. Gut, es kommt schon mal vor, dass ich auch dreimal die Woche zu Hause bin, und dann kommts auch mal vor, dass ich gar nicht da bin. Man muss ja irgendwo auch da sein, es soll ja auch beide Elternteile kennenlernen. Und das ist natürlich hier die Sache – das funktioniert irgendwo nicht. Und dann fangen die Probleme an, dann ist irgendwann die Frau schlecht drauf und sagt: Du, das ist unser Kind, du musst dich genauso drum kümmern. Wenn man am Wochenende nach Hause kommt, kann keiner von der Hand weisen: Man ist kaputt, sowieso, ganz klar. So, man schläft am Wochenende irgendwie ein bisschen, zwei, drei Stunden länger oder so… ja, mit einem kleinen Kind ist das auch alles so eine Sache: Das geht auch alles nicht. Man will dann natürlich auch soviel wie möglich vom Kind mitnehmen oder haben. Deswegen haben wir gesagt (atmet tief ein): Also… uns macht’s nichts aus, meine Freundin kommt da gut mit klar, und deswegen haben wir so gesagt… lassen wir das.“ (0’54) O-Ton Fahrer Bernie (40): „Ja, also ganz so schlimm, als wenn wie einer zur See fährt ist es nicht, aber die Frau ist dann zu Hause praktisch alleinerziehende Mutter, ja? Also, das einzige, was dann gut läuft, ist die Handyrechnung. Ja, iss so. Also, ich halt’ dat für Gift.“ (0’12) O-Ton Fahrer Sven (35): „Das Problem ist dann, wenn ne Ehe kaputt ist, irgendwie eine neue Frau kennenzulernen, ist so gut wie unmöglich, wenn man unterwegs ist. Wenn ich so überlegt, wenn man nun in dieser Kennenlernphase ist – man geht Kaffeetrinken, man verabredet sich mal die Woche über, man geht mal shoppen und und und, dass sich das irgendwie mal entwickeln kann. Ja, wie soll das in diesem Beruf gehen? Man kann eine am Wochenende vielleicht kennenlernen irgendwo, inner Pressluftbude oder Altstadt oder sonst was – ja, und dann musst Du der dann wohl mal sonntags nach’m Kaffee sagen: Du pass mal auf, wir sehen uns erstmal ne Woche nicht mehr. Und das ist in dieser Kennenlernphase nicht gerade unbedingt gesund. Und daher… sagen wir mal so: Die vielen LKW-Fahrer, die geschieden sind, ich sach’ mal so: zu 60% oder so… die bleiben auch meistens alleine. Die fahren dann auch am Wochenende viel.. ist wahrscheinlich auch das beste.“ (0’45) O-Ton Fahrer Bernie (40): „Also, wenn ich verheiratet wär’ und so mit Haus und Kindern… dann ist das der falsche Job.“ (0’05) Musik: Hank Williams: Ramblin’ Man (1:02 – 1:57) (0’55) (Text: “Some folks might say that I’m no good / That I wouldn’t saddle down if I could / But when that open road starts callin’ me / There’s something over the hill that I gotta see / Sometimes it’s hard, but you gotta understand / When the Lord made me, he made a ramblin’ man.”) Erzähler: Die Tatsache, dass sich viele Fahrer für ihren LKW und gegen Beziehung und Familie entscheiden, sagt viel über die Anziehungskraft des Berufes, der einen gewissen Suchtfaktor zu besitzen scheint. Oder – je nach Blickwinkel – über die Persönlichkeiten, die diesen Beruf wählen. (0’13) O-Ton Frank: „LKW-Fahrer, ja… ist’n Schlag für sich irgendwie.“ (0’04) Erzähler: Frank ist 45 Jahre alt und von Beruf Yoga-Lehrer und Jugend- und Heimerzieher. Franks Vater war Fernfahrer. Auch Frank ist als Kind häufig mit seinem Vater unterwegs gewesen. (0’12) O-Ton Frank: “Also, der hatte halt überall so seine, seine… Kumpels, sage ich mal, ja? Also, die Stellen, die er angefahren hat, da waren halt Männer, die kannten sich halt irgendwie. Die haben sich da begrüßt, haben irgendwie gleich kumpelhaft miteinander gequatscht… der eine war in Hannover, der andere in Düsseldorf und… ja, das waren irgendwie seine Kontakte, seine sozialen Kontakte. Die hatte er ja bei uns nicht. Also Nachbarn oder so, mit denen hat er ja nix zu tun gehabt – die hat er ja nie gesehen.“ (0’30) Erzähler: Auch seine Kinder hat er nur sonntags und an Feiertagen gesehen. Aus Franks Erzählungen scheint es, als hätte der Vater auch zu seinen Kindern keine große Beziehung aufbauen können. Frank deutet die Berufswahl seines Vaters als eine Art Eskapismus. (0’13) O-Ton Frank: „Er ist Familienvater von fünf Kindern gewesen. Ich bin auch gerade Familienvater von drei Kindern, und bin sehr viel mit meinen Kindern zusammen, also hab’ mehr so die Rolle, dass ich zu Hause bin und meine Frau viel arbeitet. Und, da kann ich nur sagen: Der hat sich das leichtere ausgewählt. Also: raus, er hat seine Ruhe… also fünf Kinder ist einfach ein anderer Film, ganz klar. Er hat mir neulich noch… ne Abrechnung gezeigt von ihm, ne Stundenabrechnung, 350 Stunden hat er da gemacht im Monat; Hier guck’ mal, ich! Und so, da haben wir noch richtig gearbeitet… heutzutage hier mit ihren, was wollen sie jetzt, 38-, 37-Stunden-Woche, da lacht er sich drüber kaputt, ne? Und da hab’ ich nur gedacht: Ey ja, komm, (hör auf ey) – Du hast doch deine Ruhe gehabt da – auf’m Bock. Nix mit Kinder und so.“ (0’50) Erzähler: Als Frank vor einigen Jahren selbst Vater wurde, fiel ihm auf, dass ihm ein gewisses Rollenmodell zu fehlen schien. (0’07) O-Ton Frank: „Wo ist der Papa eigentlich? Wo ist der Papa in meinem Leben? Ich hatte irgendwie kein Vorbild so, keine Wurzeln. Also jemand, der Dir was vermittelt oder so, es… war… einfach zu wenig. Ich meine, gut, was er mir gezeigt hat, ich hab’ glaube ich mit 14 zum ersten Mal so’n riesen LKW gefahren so selbst auch, ne, hat er mich dahintergelassen, und ich durft’ mal auf’m Parkplatz ’ne Runde drehen – das war natürlich auch ganz toll für mich. Aber… das waren irgendwie so… fünf Tage in 17 Jahren, an die ich mich erinnern kann, wo mein Vater für mich präsent war, wo er mir was vermittelt hat.“ (0’38) Musik: Johnny Cash: Wo ist zuhause, Mama? (0’00 – 0’25) (0’25) (Textstelle: „Wo ist Zuhause, Mama? Auf der großen Straße. Wo ist Zuhause, Papa? Vielleicht hier auf dieser Straße. / Doch diese Straße ist so lang, ist so endlos lang / Ich kann das Ende nicht sehen und mir ist so bang / Vielleicht find ich dich, find ich mein Zuhaus / Auf der großen Straße.“) O-Ton Frank: „Auf’n Highway gehen, das kann ja auch ’ne Flucht sein, ne? Flucht, vor irgendwas… weg. Immer unterwegs, immer in Bewegung – immer auf der Flucht.“ (0’10) Atmo: LKW (0’05) Erzähler: Ich fahre mit meinem Bruder auf der A1. Langsam wird es Zeit für ihn, seine Ruhepause einzulegen. Wir halten an einem Autohof. (0’08) Atmo: LKW hält an. (0’03) O-Ton „Unter dem gelben Dreieck“ (SWR 1949) „Hier ist das Stelldichein, das sich Nord und Süd, Osten und Westen gibt. Hier spannt man für Stunden aus und hier kommt man bei Musik und Lachen ins Erzählen.“ (0’12) Erzähler: Für Lachen und Erzählen ist es an diesem Nachmittag noch zu früh. Im Restaurant sitzen nur wenige Menschen. (0’07) Atmo: Telefonklingeln (2mal plus Restaurantgeräusche) Stimme Bedienung: „Nich jetzt! Rasthof Oldenburger Münsterland, Nagel, hallo?“ (0’09) Erzähler: Dies gibt mir Zeit, mich mit den Bedienungen zu unterhalten, die täglich im direkten Kontakt mit den Fahrern stehen. (0’07) O-Ton-Collage Bedienungen Autohof Vechta: Kellner: „Was ist das hier für’n Job… ist schon ein bisschen komisch. Manchmal ist das nämlich so (lacht) von wegen, die sind ein bisschen anders als normale Leute. (lacht) Wenn du in so einem Laden hier arbeitest, auf einem Autohof, wo bei uns jetzt im Restaurant, sag’ ich mal, der Kundenkreis auf 70, 80 Prozent von Fernfahrern besteht, und der Wortlaut doch schon ein bisschen krasser ist, also… ist das schon anders als im Restaurant.“ Kellnerin 1: „Ich sach’ mal, man kann hier auch schon ein bisschen lockerer sein, nicht so wie im normalen Restaurant, wo… (imitiert eine überhöfliche Bedienung) „Ja, sicher, aber gerne doch“… also, ich könnt’ nicht mehr in die normale Gastronomie gehen, dafür bin ich komplett versaut. (lacht) Das geht nicht mehr. Es ist einfach der Umgangston, das sind die Leute, und… das merke ich in meinem eigenen Bekanntenkreis, wenn ich mich mit „normalen“ Leuten unterhalte aus’m Büro… ich hab ’nen ganz anderen Slang.“ Kellner: „Ja, sie sind pflegeleichter, das muss man schon sagen, das ist an und für sich nur so, es ist kein Arbeiten wie in einem andren Restaurant. Also restaurantmäßig ist das einfach so, dass sie… ja, sie sind halt ein bisschen anspruchsvoller, in der Hinsicht, dass ein bisschen mehr auf’n Teller kommt und… ja.“ Kellnerin 1: „Also, ich kenn’ viele Leute, die könnten sich das nicht antun. Es sind ja nicht alle nur nett, es gibt ja auch welche, die bölken dich an, weil sie eine schlechte Tour hatten. Und du stehst da – was hab’ ich getan? Ja, wir fühlen uns manchmal wie Sozialarbeiter. „Seelischer Mülleimer“ kann man auch sagen. (lacht) Die werden’s los, die sind glücklich, wir hören zu und es ist ok.“ Kellner: „Ja, was heißt Psychologe, aber Du bist ja, in irgendeiner Weise bist Du ja Anlaufstelle für alles. Hier kommen ja welche, die sind zwei, drei Monate nicht zu Hause – und ich frag’ mich eigentlich immer wieder, wie’s zu Hause funktioniert.“ Kellnerin 2: „Was viel erzählt wird, ist natürlich von zu Hause. Wenn die unterwegs sind oder von Familien und zu Hause, und… das ist klar, aber… das hören wir uns dann an. Immer wieder gerne, ne?“ Kellner: „Ja.“ Kellnerin 2: „Viele haben auch keine Partnerin, weil die Frauen das nicht mitmachen, dass die immer viel unterwegs sind, ne? Da gehen ja auch viele Ehen durch kaputt… so was erzählen die dann schon mal. Ich hab’ auch immer das Gefühl, die wollen eigentlich nur, dass jemand mal zuhört.“ (2:04) Erzähler: Während wir uns unterhalten, kommen immer wieder Fahrer an den Tresen. Zum Beispiel Manni. Seit 36 Jahren sitzt er am Steuer seines LKW. Seine erste Reaktion angesichts des Mikrophons steht stellvertretend für die der meisten Fahrer an diesem Nachmittag. (0’15) O-Ton Fahrer Manni (58): „Du, ick hab da keen Kommentar für. Wat ich im Fernsehen überall schon gesehen habe – da bleibt bei uns nix Gutet hängen, du, und… nimm’ mal weg.“ (0’07) Erzähler: Auf Journalisten sind viele Fahrer nicht sonderlich gut zu sprechen – was vor allem an dem von den Medien vermittelten Bild der Fernfahrer als Verursacher von schlimmen Unfällen liegen dürfte. Aber letztlich überwiegt dann doch der Leidensdruck – zu Vieles gibt es, was sich die Fahrer von der Seele reden wollen. (0’17) O-Ton Fahrer Manni (58): „Wenn sie über uns wat bringen im Fernsehen – ja, da musst Du Dir mal’ne Sendung anhören. Musst Dir mal anhören, wat da bei uns drannebleibt. Wir fahren nur über die Zeiten, wie fahren kreuz und quer, wir haben die Beene hoch und machen dies und machen das – klar gibt es sonne schwarzen Schafe – aber die gibt’s überall, die gibt in euerm Bereich, die gibt’s in dem Bereich und die gibt’s in dem Bereich. Jeder macht irgendwo mal sonne Dinger. Und da werden wir einfach so über einen Kamm geschoren und sagen: Ja, die Fahrer sind all sonne Idioten. Wisst ihr, wie viele studierte Leute schon auf’m LKW sitzen, weil sie keinen anderen Job finden? Wer früher keine Schulbildung hatte, is ja auf’n LKW gegangen, hat mit Ach und Krach ’nen Führerschein bestanden und ist dann da raufgegangen. Und det hängt uns immer noch nach. Immer noch. Iss so. Überall, wo man hinkommt, jeder zahnlose Staplerfahrer will Dir sagen, wat du zu tun und zu lassen hast. Ja, und dann kommt der Lohn noch mit dazu. Kriegst noch nicht mal mehr Tarif. Zehn Jahre fährste für’s selbe Geld. Maut so hoch, der Diesel so teuer… das bezahlen wir alles. Alles die Fahrer. Weil du keen Lohn mehr kriegst.“ (1’02) O-Ton Kellnerin 2: „Harry, möchten wir beide noch’n Kaffee? (Unverständlich) Wow! Du, meine Arbeitskollegen, die sind so was von flott. Kannst nicht gegen gucken. („Manchmal.“) Manchmal. (lacht)“ (0’13) Erzähler: Auch Harry ist angesichts des Mikrophons zunächst skeptisch. Ich erzähle ihm, dass ich eine Reportage über Fernfahrer mache. (0’08) O-Ton Fahrer Harry (67): „Die kann nur negativ ausfallen. Weil wir sowieso die Hirnis der Nation sind. So das Image von den Fernfahrern, das ist so unten durch, und…nee, und, das wird auch nicht besser, da können sie noch so viele Reportagen machen. Wir sind auch keine Engel. Das muss man auch (da)zu sagen, ne?“ (0’20) Erzähler: Harry ist 67 und fährt seit 44 Jahren. Auf die Frage, was ihn hinters Lenkrad gebracht hat, antwortet er: (0’08) O-Ton Fahrer Harry (67): „Ich damals? Ja, wahrscheinlich, weil ich zu doof war, wat anders zu machen. Ja, warum soll ich da um den heißen Brei rumreden? Ich war 30 Jahre lang selbstständig gewesen, dat hab ich gottseidank jetzt auch aufgehört… und ich würde also keinem raten, dat überhaupt anzufangen… weil er steht immer mit einem Bein, steht er im Gefängnis. So, det war et jewesen.“ (0’34) Erzähler: Fragt man die älteren Fahrer, warum sie noch immer hinterm Steuer sitzen, nennen sie vor allem zwei Gründe: Zum einen die Langeweile, und zum anderen den Umstand, dass ihre Chefs sie noch brauchen. Denn – es fehlt der Nachwuchs. (0’13) O-Ton Kellner: „Hier siehst Du das ganz extrem, dass die jüngeren Fahrer immer weniger werden.“ (0’05) O-Ton Fahrer Harry (67): „Wenn De im Ruhrpott fährst, dann siehst Du, jeder zweite, dritte LKW, äh, „Wir suchen noch Kollegen!“. Bezahlen sogar den Führerschein und wat da alles dransteht. Da stehen Speditionen still, die haben zehn neue Autos aufm Hof zu stehen, die können sie nicht bewegen, weil sie keene Fahrer haben. Is doch geil, ne? Ick find dat gut. Nee, bezahlen woll’n sie auch nichts. Wir liegen bei fünf Euro, bei fünf Euro Stundenlohn. Brutto, brutto (aus dem Hintergrund: „Und dafür bist du rund um die Uhr unterwegs.“) Und die Jüngeren kommen noch nicht mal so hoch.“ (0’29) O-Ton Kellner: „Für was für’n Appel und’n Ei die vier Wochen unterwegs sind. Da sind Firmen, die stellen die ein für neunhundert Euro! Die fahren für neunhundert Euro, zwölfhundert Euro – da könnt’ ich meine Familie nicht von ernähren. Wie denn?“ (0’13) Erzähler: Die Schätzungen bezüglich der momentan offenen Fahrerstellen gehen weit auseinander. Die Zahl der Bundesagentur für Arbeit lag im Juni 2008 bei 13664 freien Stellen; Insider schätzen die Zahl der gesuchten Fernfahrer wesentlich höher ein. Vom schlechten Verdienst, vom Leben außerhalb eines festen sozialen Umfeldes und nicht zuletzt vom schlechten Ruf des Jobs werden viele am Fahrerberuf Interessierte abgeschreckt. Und denen, die es dennoch wollen, schallt aus den Reihen der älteren Kollegen immer häufiger entgegen: „Lass’ es sein!“ (0’22) Atmo: Im LKW (0’04) O-Ton Fahrer Tim (32) (im Auto): „Jetzt letztens ist noch ein 15jähriger Sohn von’nem Bekannten mitgefahren, und der sagte aber, sein Vater möchte das nicht, dass er LKW-Fahrer wird. Also, er interessiert sich da immer noch für, nach wie vor, möchte auch irgendwann seine Klasse 2 machen, aber hauptberuflich Berufskraftfahrer wurde ihm quasi von seinem Vater abgeraten, weil das halt immer schwieriger wird unterwegs und immer schlechter.“ (0’22) Atmo: Im LKW (0’04) Erzähler: Während wir weiter die A1 hinunterfahren, geht mir eine Aussage von Harry, der sich ebenfalls wieder auf den Weg gemacht hat, nicht mehr aus dem Kopf: (0’08) O-Ton Fahrer Harry (67): „Und ich würde also keinem raten, dat überhaupt anzufangen… weil er steht immer mit einem Bein, steht er im Gefängnis. Und wat der Gesetzgeber uns zumutet, das is noch schlimmer. Unsere Arbeitszeiten, dass der Gesetzgeber kommt und schreibt uns unsere Ruhepausen vor. Das wir Ruhepausen haben sollen und haben müssen, det is richtig, ne? Aber wir sind keine Maschinen, die man anmacht und ausmacht, ne?“ (0’30) Erzähler: Worauf Harry hier anspielt, das sind diverse vom Gesetzgeber auf den Weg gebrachte Veränderungen, die unter den Fahrern in letzter Zeit für viel Unmut gesorgt haben. (0’08) Atmo: Im LKW (0’03) Erzähler: Das eine ist der digitale Tacho. Anfang der 50er Jahre wurde der mechanische Tachograph zur Pflichtausstattung für LKW in Deutschland. Ein Stift zeichnete auf eine kreisrunde Scheibe Geschwindigkeiten, gefahrene Wegstrecke sowie die Lenk- und Ruhezeiten mechanisch auf. Die Scheibe musste vom Fahrer vor Fahrtantritt mit seinem Namen versehen und eingelegt werden. Diese mechanische Art der Aufzeichnung konnte relativ simpel manipuliert werden – beispielsweise durch das vorsichtige Herunterbiegen des Stiftes, dem Eintragen des Namens eines Kollegen oder das Vernichten der Scheibe. Seit dem 1. Mai 2006 gibt es nun einen digitalen Tachographen, der für alle in der Europäischen Union neu zugelassenen LKW über 3,5 Tonnen Pflicht ist. Hier werden in einem versiegelten Speicher sämtliche Bewegung des Wagens festgehalten – und zwar wesentlich exakter und differenzierter, als es früher möglich war. Auf einer zusätzlichen Fahrerkarte werden zudem alle Daten des einzelnen Fahrers gespeichert. Manipulationen werden dadurch erheblich erschwert. Bei Kontrollen können nun sämtliche Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten sowie Geschwindigkeitsbegrenzungen nicht nur der letzten Tage, sondern sogar der letzten Monate im Handumdrehen festgestellt werden. Kontrolliert werden diese Geräte von den Beamten des Bundesamts für Güterfernverkehr. Viele Fahrer sind mit diesen Geräten bereits in ernsthafte Konflikte gekommen. Einer, der wie viele andere nicht namentlich genannt werden möchte, erzählt mir die Geschichte eines Kollegen. Dieser sei ständig von seinem Disponenten zum Überschreiten der Lenkzeiten genötigt worden – immer mit dem Hinweis, man stünde im Falle eines Bußgeldes natürlich hinter ihm. Als der Fahrer eines Tages in eine Kontrolle gekommen sei, seien bis dahin so viele Vergehen aufgelaufen, dass Bußgelder in Höhe von fast viereinhalbtausend Euro aufgelaufen waren. Als er sich mit dem Bußgeldbescheid an seinen Disponenten gewandt habe, habe der nur darauf hingewiesen, dass seine Zusage nicht schriftlich erfolgt sei. Er habe sich ganz einfach geweigert, das Bußgeld seines Fahrers zu zahlen. (2’02) Atmo: Telefonansage BAG (oder Ausschnitt Werbefilm der BAG) (0’06) Erzähler: Um Einsicht in die Kontrollen zu bekommen, wende ich mich an das Bundesamt für Güterfernverkehr (BAG) in Köln. Dort verweist man mich an die Außenstelle in Münster. Ein paar Tage später fahre ich mit Oberkontrolleur Siegfried Pomplun auf einen Parkplatz an der A 30. Pomplun fordert mich auf, eine Weste des BAG anzulegen. Er zeigt mir die Auswertung der Kontrollen seiner Kollegen vom Vormittag. Es sieht ganz so aus, als handele es sich bei der Geschichte des Fahrers, die mir erzählt wurde, um keinen Einzelfall. (0’27) O-Ton Siegfried Pomplun: „Hier haben wir jetzt gerade mal die Auswertung eines digitalen Kontrollgerätes vorliegen. Und da haben wir vom 14.4. bis zum 22.4. bereits so viele Lenkzeitüberschreitungen und Ruhezeitverstöße, dass wir also in diesem Zeitraum auf eine Geldbuße von 9620 Euro kommen. Das ist aber noch lang nicht alles, weil vom 22.4. bis zum 12.5.noch weitere Verstöße gegen Lenkzeiten, Ruhezeiten und Wochenruhezeiten vorliegen. Das heißt, hier ist also schon nach der ersten Woche die Höchstsumme nach dem Ordnungswidrigkeitenrecht für diese Verstöße erreicht.“ (0’48) Erzähler: Das sind immerhin 5000 Euro. Laut Pomplun kommen solche Zahlen in letzter Zeit bei der Kontrolle digitaler Tachometer häufiger vor. Für viele Fahrer bedeutet das einen Ausfall von mehreren Monatsgehältern. Es scheint, als ob sich viele Fahrer der Tragweite des digitalen Tachos erst bewusst werden müssten. Darum dürfte es noch eine ganze Weile dauern, bis eigentliche Zweck des digitalen Tachos auch noch den letzten Fahrer erreicht: Als Eigenschutz-Maßnahme gegenüber den Anstiftungen der Chefs und Disponenten – und auch als Schutz vor dem eigenen missverstandenen Berufsethos. Denn wer hier den harten Mann markiert, spielt im Grunde nicht nur mit seinem Leben, sondern auch mit dem der anderen Verkehrsteilnehmer. Der Fahrer, um den es hier geht, hat statt 45 Stunden nur ganze 10 Stunden Ruhezeit gemacht. Manipulation ist beim digitalen Tacho bislang noch kein Thema – ausschließen kann man sie aber nicht, zumal in einem so hart umkämpften Markt wie diesem. (0’57) O-Ton Heiko Fringes (BAG): (Atmo Autobahnparkplatz vorher und nachher drunter) Türenklappen.„So, warten Sie, ich mach’ mal ein bisschen Platz. So.“ Türenklappen. (0’09) Erzähler: (Autofahrgeräusche unter dem Text) Ich setze mich auf den Beifahrersitz eines Einsatzfahrzeuges des BAG. Am Steuer sitzt Heiko Fringes. Seit 18 Jahren ist er „Kontrolleur im Straßenkontrolldienst“ beim BAG. Ihm und seinen Kollegen obliegen die Kontrollen rund um den LKW wie Überprüfung der Sozialvorschriften, Transportgenehmigung, Beförderungspapiere und Fahrerlaubins; sie sind außerdem zuständig für Ladungssicherung; den technischen Zustand des Fahrzeugs, die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten und noch einiges mehr. Um die Kontrolle der Autobahnmaut kümmert sich ein anderer Zweig des BAG, denn die technischen Voraussetzungen für die beiden Aufgabenbereiche sind einfach zu verschieden. An diesem Tag führen Fringes und seine Kollegen sogenannte Schleppkontrollen durch. (0’43) O-Ton Heiko Fringes (BAG): „Ja, jetzt stellen wir uns mal hierhin und jetzt gucken wir mal, was vielleicht ganz interessant sein könnte, und nehmen den dann mit hier auf den nächsten Parkplatz. (abgewandt: Und dann kontrollieren wir ihn.)“ (0’12) Erzähler: Fringes bringt den Wagen auf dem Seitenstreifen der Autobahnauffahrt zum stehen und wartet auf „Kundschaft“. (0’06) Atmo: Blinkerklicken, darüber O-Ton Fringes: „Soll ich mal’n bisschen aufmachen, is’ warm, ne? (lacht) Ja, die anderen Autos haben Klimaanlage, meiner leider nicht. Da, guck mal. (schwer verständlich) Aufheulen des Motors, extremes Beschleunigen) (0’18) (bleibt unter dem folgenden Erzählerentext liegen) Erzähler: Fringes ist fündig geworden. Wir überholen den LKW. (0’04) O-Ton Heiko Fringes (BAG): (über lautes Motorengeräusch) „So, jetzt haben wir uns davorgesetzt, und dann betätigen wir jetzt den Anhaltesignalgeber, jetzt bekommt der Fahrer hinter uns eben das Zeichen „LKW Kontrolle“. Und jetzt kann man noch die Anzeige wechseln, so 200 Meter vorher, 300 Meter vorher wird das dann eben auf „Bitte Folgen“ dann noch mal gewechselt. In der Regel kann man das erkennen.“ (0’27) Erzähler: Der LKW aus Estland folgt uns auf den Parkplatz – beziehungsweise das, was davon noch übrig ist. (0’06) O-Ton Heiko Fringes (BAG): „Ja, jetzt haben wir natürlich so’ne Sache, so eine Situation, vor denen sehr viele LKW-Fahrer stehen und für das man auch wirklich mal Verständnis aufbringen muss. Sie sehen selber hier, der Parkplatz ist selbst hier, also mitten am Tag, die Stellplätze sind fast alle belegt, und das ist an sich nicht die klassische Zeit, wo ein LKW-Fahrer seine Ruhezeit macht jetzt so um die Mittagszeit. Selbst jetzt ist es also voll und wir müssen uns also hier ein Plätzchen suchen, wo wir uns hinstellen können… ja, mit dem immer zunehmenden LKW-Verkehr ist das ein Riesenproblem, was die Fahrer haben. (…) So, da haben wir schon einen Kollegen vom Zoll… (Handbremse) So! Und jetzt werden wir uns das mal anschauen. (Atmo: Türenschlagen, LKW rollt auf den Parkplatz, Motor verstummt.) Hallo, schönen guten Tag, Verkehrskontrolle BAG Münster.“ Fahrer: „OK“ Fringes (zum Fahrer:) „Haben sie geladen? Ladung jetzt? CMR bitte einmal!“ (Fahrer:) „CMR, CMR…“ (1:25) Erzähler: Fringes überprüft die Transportgenehmigung. Der Estländer hat eine Eurolizenz, die bestätigt, dass er Transporte innerhalb der EU durchführen darf. Fringes überprüft die Be- und Entladeorte, um sicherzustellen, dass der Fahrer keine ihm nicht erlaubten Binnentransporte innerhalb Deutschlands durchführt. Darüber hinaus sieht sich der Beamte die KFZ-Papiere, die Zulassung, den Führerschein, und die Tachoscheiben an – in diesem Fall handelt es sich noch um einen alten Tachographen mit Schaublättern. Der digitale Tacho, so Fringes, halte aber immer mehr Einzug. (0’32) O-Ton Heiko Fringes (BAG): „Ja, jetzt ham wir das soweit. Als nächstes würden wir uns dann die Ladung angucken, dann müssen wir mal nach hinten gehen. (Zum Fahrer: Können wir einmal aufmachen hinten? Trailer? (Fahrer murmelt) (Atmo: Türenklappen) Was ist das? Holz? (Fahrer bejaht) Komplett bis vorne? (Fahrer bejaht) Dann müssen wir einmal bitte die Seite aufmachen.“ (0’41) Erzähler: Fringes inspiziert die Ladung auf dem sogenannten Gardinenzug. Dann lässt er vom Fahrer die Seitenteile öffnen, um sich die Ladungssicherung näher anzusehen. Diese bislang sehr verbreitete Art der Fahrzeuge haben große Schwächen, was die Sicherheit angeht. Die meiste Ladung muss zusätzlich gesichert werden. Das sei eine Wissenschaft für sich, sagt Fringes. Solche Kontrollen können mehrere Stunden dauern. (0’24) O-Ton Heiko Fringes (BAG): „Ja ich bin’s hallo, grüß Dich. Ich bin auf der anderen Seite. Geht um LaSi.“ (0’07) Erzähler: Nachdem Fringes die Eckdaten der Ladung in ein Computerprogramm eingegeben hat, ruft er seinen Kollegen Pomplun an, der von der anderen Seite der Autobahn zu uns herüberfährt. (0’10) O-Ton Siegfreid Pomplun u. Heiko Fringes (BAG): Pomplus: „Schnittholz auf Schrumpffolie, da sacht die DIN-Norm 02.“ Fringes: „Da wären die Werte ja noch schlechter.“ (0’10) Erzähler: Es sieht nicht so gut aus für den Fahrer aus Estland. Nach den Berechnungen des Programms ist seine Ladung nur unzureichend gesichert. (0’07) O-Ton Siegfrid Pomplun (BAG): „Ja, und hier muss man natürlich auch ganz ehrlich sein – da wird natürlich auch viel von den Fahrern verlangt, so was zu beurteilen, ne? Denn da spielt die Physik ’ne große Rolle… und um das zu durchschauen, muss man sich schon einige Gedanken über die Hintergründe machen, man muss also wissen, welchen Gleitfaktor die Ladung haben kann, welches Gewicht und welche Massenkräfte da bei einer Notbremsung auftreten, das muss man dazu wissen. Und da es bisher ja keine verpflichtende Berufskraftfahrerausbildung gab, die solche Dinge eventuell geschult hätte, können das natürlich auch viele Fahrer nicht wissen.“ (0’43) Erzähler: Der Fahrer aus Estland telefoniert mit seinem Chef. Im Hintergrund brummt das Kühlaggregat des LKW einer Kollegin aus Bozen. Auch sie ist eben angehalten worden. (0’08) O-Ton Fahrer aus Estland / Heiko Fringes (BAG): Fahrer: (Estnisch, dann) „Address, Address!“ Fringes (zum Fahrer, sehr deutlich): „Au-to-bahn A 30. Das ist Stadt: Wes-ter-kappeln. Dann Parkplatz: Kilometer (Fahrer wiederholt) Kilometer iss äh, da: 59,0.“ (0’33) Erzähler: Das Bußgeld für den Fahrer wird wohl zwischen 70 und 90 Euro betragen, sagt Fringes. Zwar sei der Fahrer verpflichtet, sich um seine Ladung zu kümmern. Aber in der Kette der Verantwortlichkeit stünden eigentlich die Verlader an oberster Stelle. Sitzt der Verlader in Deutschland, recherchiert das BAG die verantwortliche Person, zieht diese zur Rechenschaft, klärt auf, und verhängt gegebenenfalls ein Bußgeld, was nicht selten auch Punkte in Verkehrszentralregister beim Kraftfahrtbundesamt in Flensburg nach sich zieht. Aber der Fahrer ist der vor Ort fassbare, der es als erster zu spüren bekommt. Und an Verlader im Ausland zu kommen, sei ziemlich aussichtslos, gibt Fringes zu. (0'35) Atmo: Brummen des Kühlzuges. (0’03) Erzähler: Die Italienerin mit dem Kühlzug hat ihre Lenk- und Ruhezeiten nicht eingehalten. Was aber laut Pomplun kein Wunder: (0'07) O-Ton Siegfrid Pomplun (BAG): „Da kommt diese Frau jetzt mit frischem Salat aus Bozen und hat natürlich einen Termin, um die Ware frisch hier in die Geschäfte zu bringen. Und das ist mit ’ner ein-Fahrer-Besetzung innerhalb der zulässigen Lenk- und Ruhezeiten gar nicht machbar.“ (0’17) Atmo / O-Ton BAG-Kontrolleure / Italienerin: „Ich möchte nur auf eine Tankstelle. Ich möchte was essen und was duschen.“ (Gemurmel) Pomplun: „Das ist ein organisatorisches Problem Ihrer Firma. Ihre Firma muss sicherstellen, dass Sie die Lenk- und Ruhezeiten einhalten können.“ (0’18) Erzähler: Sie beschwert sich, dass sie ihren LKW nicht alleine lassen könne, da sie nicht einmal wisse, ob sie mit dem Diesel für den Kühler ihre Ruhezeit hinkomme. Darum bittet sie die Beamten, sie doch auf die nächste Autobahnraststätte weiterfahren zu lassen. Hier wird es schwierig für die Kontrolleure. Zwar möchten sie der Fahrerin die Benutzung der auf dem Parkplatz aufgestellten Dixi-Toiletten nicht zumuten. Aber trotzdem können sie sie nicht weiterfahren lassen, da sie für einen eventuellen Unfall mitverantwortlich seien, wie sie betonen. (0’28) O-Ton Siegfrid Pomplun (BAG): „Das ist eigentlich ein Standardfall, die Fahrer versuchen immer, uns dazu zu bewegen, dass wir sie weiterfahren lassen. Der Unternehmer ist in der Verpflichtung, die Fahrten so zu planen, dass das Fahrpersonal die Bestimmungen einhalten kann. Und wenn er das nicht macht, und auf sonne weiter Tour, wo man sich an allen fünf Fingern abzählen kann, dass man da nicht innerhalb der vorgegebenen Zeiten schaffen kann von Bozen bis in die Niederlande, muss er halt einen zweiten Fahrer mitgeben. Oder eine Unterbrechung einplanen. Dass der Fahrer zwischendurch irgendwo seine Tagesruhezeit nehmen kann.“ (0’41) Erzähler: Dem Fahrer aus Estland wird gerade das Bußgeld mittels Kreditkarte abgebucht. In den Abendstunden wird ein zweites Fahrzeug seiner Firma eintreffen, und ihn mit den nötigen Sicherungsmittel ausrüsten, die dann am nächsten Tag von BAG-Beamten kontrolliert werden. Bei der Italienerin wird die Anzeige geschrieben, für die Angaben zur Person aufgenommen werden. Die Sicherheitsleistung für das Vergehen dieser Fahrerin beträgt 203 Euro 85 Cent. Zudem muss sie elf Stunden Pause machen. (0’28) O-Ton Fahrerin aus Italien: „Es wurde Zeit. Ich versteh’ ja auch die Polizei und die BAG, ich bin ja auch damit einverstanden. Nur das Problem ist: Geh’ du in die Firma und sag’ denen, du musst jetzt Pause machen. Das existiert nicht! Da wartet schon der nächste Fahrer vor der Tür. Deswegen… also, ich find’s gut. Ich find’s auch gut, dass ich jetzt blockiert bin, ganz ehrlich. Auch wenn’s a Parkplatz isch, aber – ich find’s gut. (Dreht sich um) Ja, echt!“ (0’25) Atmo: Autobahnparkplatz (0’02) O-Ton Fahrerin aus Italien: „Ja, ich schlaf’ mit 100 Prozent jetzt. Also, ich bin seit Mittwoch unterwegs. Jetzt geh’ ich schlafen – und das bis morgen in der Früh. Ja, der Salat kann warten, das ist mal sicher, der kann warten. (lacht)“ (0’11) Erzähler: Um im hart umkämpften Speditionsmarkt konkurrenzfähig zu bleiben, scheinen viele Firmen bislang Gesetzesübertretungen bewusst mit in ihre Kalkulationen einbezogen zu haben. Das belegt die Anekdote, die ein anderer BAG-Beamter aus seiner Berufspraxis berichtet. (0’15) O-Ton weiterer BAG-Beamter: „Gibt auch so’n speziellen Kunden, auch aus’m Nachbarland – wenn ich Fahrzeuge von ihm kontrolliere, brauche ich ihn schon gar nicht mehr anrufen, er meldet sich automatisch bei mir, weil er (die) Telefonnummern mittlerweile von den Kontrollen vorher hat. (lacht) Das ist wirklich so, der ruft mich dann schon an. Weil er genau weiß, was Sache ist.“ (0’17) Erzähler: Beim BAG hofft man, dass sich die Fahrer durch den digitalen Tacho und dessen lückenlose Aufzeichnung nicht mehr so stark von ihren Disponenten und Chefs unter Druck setzen lassen. Tatsächlich entwickelt sich bei den Fahrern bereits ein Bewusstsein dafür, wie mein Bruder berichtet. (0’17) O-Ton Fahrer Tim (32) (im Auto): „Irgendwelche Fahrzeiten verschwinden lassen, sonntags abends viereinhalb Stunden wegdrücken, das war früher Gang und Gäbe, das wird jetzt nicht mehr gemacht, aufgrund der hohen Strafen und, ja, weil einfach keiner mehr hinter einem steht. Auch wenn vorher ganz lieb gefragt worden ist von der Dispo: Kannste nicht, haste nicht, sieh mal zu – wenn’s zu’ner Anzeige kommt werden sie alle ganz ruhig und es ist plötzlich keiner mehr da, der einem hilft. Weil, wenn man einmal ne Strafe bezahlt, dann ist quasi der ganze Monat… ja, hat man nichts verdient.“ (0’40) Erzähler: Aber auch diese eigentlich als Schutz gedachte Maßnahme erzeugt wieder Druck: Denn jetzt müssen die zulässigen Lenkzeiten voll ausgenutzt werden. (0’09) O-Ton Johannes Reichel: „Das, was gut gemeint war, nämlich sozusagen den Stress rauszunehmen aus dieser Branche, dass der Chef sagt: Jetzt fahr’ aber noch weiter, nimm’ne neue Scheibe oder wie auch immer so was getrickst wurde in der Vergangenheit – dieser Stress ist abgelöst worden durch den Stress, dass man jetzt weniger Zeit für’s Fahren hat und dann so Sachen wie Staus in kleinere Katastrophen münden – weil man ja nur diese wenigen Stunden am Tag hinter’m Lenkrad verbringen darf.“ (0’28) Erzähler: Und dann ist da noch die bereits erwähnte Parkplatznot. Das BAG hat ermittelt, dass an den Autobahnen tausende Parkplätze fehlen. Wenn jetzt das Ende der ohnehin schon knapp kalkulierten Fahrzeit erreicht ist, ist der Fahrer gezwungen, sich umgehend einen Parkplatz zu suchen. Nur findet er dann oft keinen. (0’18) O-Ton Fahrer Sven (35): „Man muss wirklich dahin fahren wie der Tacho das erlaubt, so, und wenn ich dann da stehe, dann stehe ich da, und wenn ich dann keinen Parkplatz kriege, ja, dann fange ich an die Sache zu überziehen. Und dann kostet das gleich schon mal Geld.“ (0’09) O-Ton Fahrer Ralf (34): „Das heiß, die Fahrer, die haben jetzt noch zwei Stunden Fahrzeit, und da sind die schon gezwungen, anzufangen, sich ’nen Parkplatz zu suchen. Das heißt, die können teilweise ihre Fahrzeit nicht ausnutzen – es ist ja ab fünf, sechs Uhr abends kein Parkplatz mehr zu kriegen. Andere fahren runter, stellen sich in irgendwelche Industriegebiete, wo dann die Leute wieder unzufrieden sind, die da bei den Firmen arbeiten oder was und sagen: Mensch, wir kommen hier kaum noch in die Einfahrt rein, weil hier überall LKWs stehen. Und… das haut vorne und hinten überhaupt nicht hin, also, da muss dringendst was passieren.“ (0’30) O-Ton Fahrer Bernie (40): „Ja, Industriegebiet ist so die Lage jetzt: Stuttgart, Hannover und solche Städte, und auch andre kleinere Kommunen, die haben zur Notbremse gegriffen, die machen teilweise LKW-Parkverbot von 22 bis sechs Uhr. Oder permanent. Oder man macht bauliche Einrichtungen, dass man da sich nicht so hinstellen kann… das wenigste, was passieren kann, ist: „LKW Durchfahrt verboten, Anlieger frei“. Das ist die Notbremse, weil die haben Kosten, da werden Parkette, Kanten, Bordsteine werden abgebrochen. Ich würd’ sagen, die Hälfte der Parkplätze fehlt.“ (0’34) O-Ton Fahrer Sven (35): „Viele parken dann vor’m Parkplatz auf der Standspur oder nach der Ausfahrt auf der Standspur – da würde ich für mein Leben nicht parken wollen, weil wenn da was passiert, erschlägt es mich im Schlaf. Und das… fänd’ ich nicht ganz so gut.(lacht)“ (0’14) O-Ton Fahrer Ralf (34): „Ja, und dann kriegen sie noch ein Knöllchen, weil sie irgendwo im Halteverbot stehen, aber die Augen nicht mehr aufhalten können – kriegen ein Knöllchen und müssen wegfahren. Und hinterher beschweren sie sich, wenn die einen Unfall machen. Also, das, das ganze System haut irgendwo nicht hin.“ (0’10) O-Ton Johannes Reichel: „Also, irgendwo ist es mutet fast wie die biblische Herbergssuche an, was da im Moment passiert und es ist alles andere als angenehm da gerade draußen.“ (0’11) O-Ton Fahrer Sven (35): „Keiner will irgendwie einen LKW vor der Tür stehen haben. Jeder brauch ihn, keiner will ihn – das war schon immer so.“ (0’05) WORTENDE: 50:24 Musik: Gunter Gabriel – Dieselknechte (0:17 -2:40) (Text: Uhu / Ich bin ein Dieselknecht! / Uhu / Und mach es keinem recht! / Mit einem Fuss steh ich auf Gas / mit dem ander'n im Knast. / Und ich fliege vom Hof / wenn ich sag' das was mir nicht passt. / Mein Boss im Rücken treibt mich an / und meine Zeit ist immer zu knapp! / Und die Bullen lauern auf der Autobahn / und nehmen mir die Pappe ab! // Uhu / Ich bin ein Dieselknecht! / Uhu / Und mach' es keinem recht! // Und die Jungs vom Zoll behandeln dich / wie 'n Haufen Mist. / Wenn man dich am Brenner vorm Schlagbaum / ein Wochenende warten lässt! / Und dann haust du dir die Birne voll / und das alles, alles ist sehr grob! / Und dann nachts das "Scheiss-Allein-Gefühl!" / was ist das nur für ein lausiger Job! 2. Stunde Musik: Gram Parsons & Emmylou Harris: The Return Of The Grievous Angel (4’26) (gekürzte Version: 2’50) (Text: Won't you scratch my itch sweet Annie Rich / and welcome me back to town / Come out on your porch or I'll step into your parlor / and I'll show you how it all went down / Out with the truckers and the kickers and the cowboy angels / and a good saloon in every single town / Oh, and I remember something you once told me / and I'll be damned if it did not come true / Twenty thousand roads I went down, down, down / and they all lead me straight back home to you / `Cause I headed west to grow up with the country / Across those prairies with the waves of grain / And I saw my devil, / and I saw my deep blue sea / And I thought about a calico bonnet from / Cheyenne to Tennessee / We flew straight across that river bridge, / last night at half past two / The switchman wave his lantern goodbye / and so long as we went rolling through / Billboards and truckstops pass by the grievous angel / And now I know just what I have to do (…) ) Atmo: Türenzuschlagen (0’01) O-Ton Fahrer Otto (60): „Wie ich angefangen bin, da gab’s noch keine Trucker, da gab’s dieses Wort „Trucker“, gab es da noch nicht. Das ist später erst entstanden. Da war man Fahrer, ja, oder da hieß es noch: Na, Du Kutscher?“ (0’10) O-Ton Fahrer Wilhelm (67): „In den 50er Jahren – was haben wir von Amerika gewusst oder gehört? Gar nichts. Das ist ja später gekommen, ich denke mal so, in den 70er Jahren. Plötzlich waren dann die Fernfahrer Trucker. Dann kamen so die ersten Truckertreffen auf, dann tauchten diese Leute auf mit diesen Cowboyhüten und Fransen an den Ärmeln und Cowboystiefeln – ja, die fühlten sich auch irgendwie dann als was anderes. Ob das nun auch richtige Fernfahrer waren – das glaube ich manchmal gar nicht.“ (0’27) O-Ton André Sahorn: „Es wird durch die Medien eigentlich immer der Begriff „Brummi“, „Trucker“ so forciert – das ist nicht so, also Brummi und Trucker – und da spreche ich glaube ich für 90% aller LKW-Fahrer, ist eigentlich mehr ’nen Schimpfwort, einfach so’n pauschalieren von Menschen im Prinzip. Die bezeichnen sich schon als „LKW-Fahrer“ oder „Fernfahrer“.“ (0’25) O-Ton Fahrer Bernie (40): „Das wär so, als wenn man jetzt heute hingehen würde, auf einem Seeschiff, das über die Ozeane fährt, (und) Leute ansprechen würde auf Hans Albers. Das hat mir der Tätigkeit dieser Leute heute doch nichts zu tun. Wir sind hier keine Kuhtreiber!“ (0’15) Atmo: Türenzuschlagen (0’01) Erzähler: Vom Kutscher zum Kapitän der Landstraße zum Trucker – jede Ära prägte ihre eigenen Bezeichnungen für die Fernfahrer. Auch als „Driver“ und „Chauffeur“ werden sie gelegentlich tituliert; einige von ihnen sprechen sich untereinander als „Dieselknechte“ oder „Asphaltschlampen“ an. Der markanteste Übergang ist allerdings der vom Kapitän der Landstraße zum Trucker. Denn an diesem Punkt lässt sich zweierlei festmachen: Die Entwicklung einer eigenen Subkultur sowie eines Klischees, das die meisten Fahrer heute eher ärgert. (0’30) O-Ton Fahrer Ralf (34): „Also, ich sach’, ich bin Fahrer. Ich sach’ immer: ’n Trucker, der ist zu blöd um rückwärts zu fahren.“ (0’04) Erzähler: Am besten verfolgen lässt sich diese Entwicklung anhand der Filme und der Musik, die das Leben und den Beruf der Fahrer thematisiert und nicht selten verklärt und glorifiziert haben. (0’11) Musik: Red Fox Chasers: Wreck On The Mountain Road (0’15) Erzähler: Das Lied „Wreck On The Mountain Road“ der Red Fox Chasers aus North Carolina von 1928 dürfte die erste Komposition sein, die von einem LKW-Fahrer handelt. Der Song ist eine der für ihre Zeit typischen Balladen über Katastrophen und Unglücke. Das Lied, das die Berufsgruppe der Fernfahrer in den USA als Sujet in der Popmusik verankert, ist der „Truck Driver’s Blues". Aufgenommen wurde der Song 1939 von dem Geiger Cliff Bruner. Mit seiner Band, den Texas Wanderers, gehört er zu den populärsten Vertretern des Western Swing. Von diesem Lied werden mehr als 100,000 Tonträger verkauft. (0’35) Musik: Cliff Brunner: Truck Driver’s Blues (2:50) (Text: “Feelin' tired and weary from my head down to my shoes / Got a low down feelin' truck driver's blues / Keep them wheels a rollin' I ain't got no time to lose / Ride ride ride on into town there's a honky tonk gal a waitin' / And I've got troubles to drown / Never did have nothin' I've got nothin' much to lose…” (etc.) (1’00) Stimme (männlich): (über die Musik) „Ich bin so müde und kaputt / ich fühl mich mies, ich hab’ den Fernfahrer-Blues / Die Räder müssen rollen, ich hab’ keine Zeit zu verlieren / Ich fahre fahre fahre und schließlich komm’ ich in die Stadt / wo ein Mädchen in einer Spelunke auf mich wartet / und wo ich meine Sorgen runterspülen kann / Ich hab’ nie was gehabt, ich hab’ nichts zu verlieren / Ich hab’ den Fernfahrer-Blues – und ich hab’ nichts zu verlieren.“ (0’24) Erzähler: Bereits hier wird das Stereotyp des einsamen, außerhalb der Gesellschaft stehenden Fahrers zementiert. Seine Beziehungen sind oberflächlich, er macht eine harte Arbeit, die ihm niemand dankt oder angemessen entlohnt. Er trinkt, um seine Misere zu vergessen. (0’16) Musik: Cliff Bruner: Truck Driver’s Blues (hoch, 0’11 bis Ende) Erzähler: Nur ein Jahr später erschien der Film „Nachts unterwegs“ (englischer Originaltitel „They Drive By Night“). Unter der Regie von Raoul Walsh agierten Humphrey Bogart und George Raft als LKW-Fahrer – zwei Schauspieler, die sich bis dahin vor allem in Gangster- und Detektivrollen als harte Männer profiliert hatten. (0’18) O-Ton “They Drive By Night” (3:00 – 3:20) Musik, altertümliches Hupen, englische Tonspur: Dialog zwischen Raft & Bogart (0’20) Erzähler: Bogart und Raft spielen in dem Film die Fabrini Brüder, die sich nicht zuletzt mit der Faust gegen korrupte Kollegen und Unternehmer durchsetzen. (0’08) O-Ton They Drive By Night (13:44 – 14:04 & 14:20 - 14:25) „Sagen Sie Williams, mein Bruder und ich möchten ihn sprechen.“ „Was wollt ihr hier, habt ihr Watte in den Ohren? Wir haben keine Aufträge!“ „Wir pfeifen auf die Aufträge, wir haben keine Lust mehr, umsonst zu fahren!“ „Hallo Boys! Ihr seid schon wieder zurück?“ „Da staunen Sie, Williams, was?“ „Eigentlich sollte man Ihnen den Hals dafür umdrehen. Erst lassen Sie uns mit einem defekten Rad auf der Strasse liegen und dann wollen Sie uns auch noch die Fracht wegnehmen.“ (0’26) Erzähler: Übermüdete Kollegen, die Tag und Nacht fahren, um die Familie durchzubringen, Kredithaie, die ihre überzogenen Raten für die gekauften LKW eintreiben wollen, Auftraggeber, die nicht zahlen wollen: Wäre der Film nicht schwarz/weiß, man könnte das Gefühl bekommen, er sei erst kürzlich gedreht worden. (0’17) O-Ton They Drive By Night: Sie: „Da muss ja einer verrückt sein, wenn er Fernfahrer werden will.“ Er: „Das ist nicht unbedingt nötig – aber es hilft.“ (18:40 – 18:45) (0’05) Erzähler: In den folgenden Jahren ist das Leben der Fernfahrer in Film und Musik erst einmal kein wirkliches Thema mehr – was nicht zuletzt mit dem 2. Weltkrieg zu tun hat und der Tatsache, dass es zu dieser Zeit selbst in den USA kaum lange Fahrten gibt – die großen Überlandfrachten werden noch mit dem Zug befördert. Dies ändert sich vor allem mit dem Bau des Interstate Highway System Mitte der 50er Jahre. Präsident Dwight D. Eisenhower bringt das Projekt an den Start – zum einen auf Betreiben der amerikanischen Automobilindustrie, zum anderen, weil man zur Hochzeit des Kalten Krieges eine Infrastruktur für militärische Bodenbewegungen braucht. Von nun an ist es möglich, Waren in derselben Zeit wie die Eisenbahn und schneller über das Land zu fahren. Schon 1954 erscheint ein Song, der zur Blaupause wird für das, was da kommen soll – Terry Fell und sein „Truck Drivin’ Man“. (0’50) Musik: Terry Fell: Truck Drivin’ Man (2:17) (Text: “I wheeled into a truckstop in Texas / A little place called Hamburger Dan's / I heard that jukebox a-playin’ / A song about a truck drivin’ man / That waitress done brought me some coffee / I thanked her, then called her back again / I said you know that song, it sure does fit me / Cause I'm a truck drivin’ man / Pour me another cup of coffee / For it is the best in the land / I'll put another quarter in the jukebox / And play that Truck Drivin’ Man.” etc.) Erzähler: (ab 0’58 über die Musik:) Fell schrieb dieses kleine, naive Lied über einen gutgelaunten Fahrer, der in einem Autohof in Texas anhält, um einen Kaffee zu trinken und dabei das Lied über den Truck Drivin’ Man in der Jukebox hört. Fell ist Angestellter einer Reifenfirma, den Song schreibt er in einer Zigarettenpause an seinem Arbeitsplatz. Die B-Seite einer Single setzt sich durch, und wird zu einem Klassiker. Nach Fells eigener Einschätzung hat sich der Song in verschiedenen Coverversionen bis heute um die 5 Millionen Mal verkauft. (0’29) Musik: Terry Fell: Truck Drivin’ Man (bis Ende) Erzähler: Wie kommt es aber nun zu der Affinität von Truckern für Country? Die Lieder, die vorher über Fahrer gemacht wurden, waren eher dem Blues und anderen Genres zuzuordnen. Den Brückenschlag zwischen Country und Fernfahrern in den USA erklärt der deutsche Country-Enthusiast Hauke Strübing folgendermaßen: (0’18) Stimme (männlich): „Wenn wir nun versuchen, der Verbindung Trucker – Country Music auf die Spur zu kommen, müssen wir ein halbes Jahrhundert zurückgehen. Bei dem täglichen Kampf der Radiostationen um die Hörerschaft (und damit um die lukrativen Spots der werbenden Wirtschaft) ist damals jemand auf die Idee gekommen, sich auch der Wünsche der Trucker in den USA anzunehmen. Und einer dieser Wünsche war recht zweckdienlich: Die Trucker hatten verständlicherweise größtes Interesse an Wetter- und Straßenzustandberichten - und das möglichst zu allen Tages- und Nachtzeiten. Genau dies griffen die Country Radiostationen in den USA als erste auf - vermengt mit den Werbespots von Truck Stops und Tankstellen an den Highways, und genau das war es, was die Trucker hören wollten und was sie mit der Country Music zusammenbrachte. In der Folge blieben Lieder nicht aus, die sich mit dem Metier und dem Umfeld der Trucker befassten. Das verband die Trucker und die Country Music in den USA noch mehr, und so entstand im Laufe der Jahre eine neue Spezie innerhalb der Country Music.“ (0’56) Erzähler: Und Terry Fells „Truck Drivin’ Man“ ist sozusagen der Urahn dieses neuen Genres – des sogenannten „Trucker Country“. Auch in Deutschland kann man Fells Song in den 50er Jahren bereits ständig hören – auf dem Soldatensender AFN, der ihn in seinen Countrysendungen wie Hillbilly Gasthaus oder Stickbuddy Jamboree rauf- und runterspielt. Deutschsprachige Fernfahrersongs gibt es zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Mit einer Ausnahme. (0’24) Musik: Bruce Low – Fernfahrermelodie (0:45) (Fahrgeräusch / Gesungen: Ladadadeiladeidadeila – Fernfahrermelodie / Gesprochen: „Schon wieder ’ne Umleitung / nur noch 800 Kilometer (unverständlich) / Na dann gute Nacht, Marie / Marie – schlaf schön zuhause / wo hab ich denn meine Zigaretten? (Geräusch Streichholz anzünden) / Gesungen: Ladadadeiladeidadeila – Fernfahrermelodie…) Erzähler: Ernst Gottfried Bielke alias Bruce Low sang beziehungsweise sprach dieses Lied 1959 ebenfalls für die B-Seite einer Single. Inspiriert zu diesem Schlager hat die Erzähleren allem Anschein nach einer der wenigen deutschen Kinofilme, bei denen ein Fernfahrer im Mittelpunkt steht: „Nachts auf den Straßen“ von 1951. Wie in „They Drive By Night“ wird auch hier die Rolle des Fahrers von einem Schauspieler dargestellt, der an Männlichkeit kaum zu überbieten ist: Hans Albers gibt den Fernlastfahrer Heinrich Schlüter. (0’30) O-Ton Nachts auf den Strassen (kurz) (3:20 – 3:39 / 3:59 – 4:11) „Bodo!“ „Tach Schlüter, na, geht’s schon wieder los?“ „Was ist denn los Heinrich – du fährst? Heute?“ „Ich kann doch nicht einen ganzen Tag verlieren, nur weil meine Tochter Hochzeit macht!“ „Wenn du noch bei mir angestellt wärst, hättest du heute natürlich Urlaub.“ „Prost.“ / „Du fährst immer noch allein?“ „Ich kann mir keinen Beifahrer leisten. Ich muss, muss meinen Hänger abzahlen und die Raten für’n Bausparverein. Außerdem bin ich gerne allein. Ich brauche niemanden!“ (0’31) Erzähler: Im deutschen Fernsehen hält der LKW-Fahrer 1963 mit der vom Süddeutschen Rundfunk gedrehten Serie „Die Fernfahrer“ Einzug. Zwischen 1963 und 1967 werden zwölf Folgen ausgestrahlt. (0’13) O-Ton Die Fernfahrer (Folge 1, 18’08 – 18’35) (Stimme aus dem Off) „Ich fuhr bis zum Nachmittag durch. Der Motor lief wie ein Uhrwerk. Um vier Uhr waren wir kurz vor Kassel, jetzt konnte nichts mehr passieren. Ich ließ mich von Philipp ablösen.“ (Fahrer in der Kabine:) „Fahr langsam, nicht über 60! Der Anhänger ist nur leicht beladen, (der) schlingert leicht. Bei der Autobahnausfahrt weckst du mich!“ „In Ordnung, Chef.“ (0’24) Erzähler: Sowohl Albers in „Nachts auf den Straßen“ als auch Rudolf Krieg und Pit Krüger in „Die Fernfahrer“ gaben noch die Kapitäne der Landstraße, die mit ihren großen Maschinen abenteuerliche Fahrten wagten. Spricht man mit älteren Fahrern, stellt man nicht selten fest, dass diese Filme bei einigen zur Berufswahl beigetragen haben. (0’19) O-Ton Fahrer Otto (60): „Als Strubbel – das hat mich fasziniert. Wenn irgendwo so Filme liefen – die musste ich sehen, da gab’s nichts, die musste ich unbedingt sehen… ja… (da) hatte sich sonne Idee festgesetzt… Ja, und… und so ist das entstanden, mit der Fahrerei, ne? Ich hätte mir vielleicht die Filme nicht angucken sollen. (lacht)“ (0’19) Erzähler: In den USA tritt der Fernfahrer zu dieser Zeit kaum als tragende Figur in Serien und Filmen in Erscheinung. Für die Countrymusik dagegen wird der Berufsstand als Thema unverzichtbar.1963 erscheint ein Song des damals noch recht unbekannten Sängers Dave Dudley. Der Country-Experte Jeremy Tepper bezeichnet diesen als „den Urknall des Trucker Country“: „Six Days On The Road“. (0’24) Musik: Dave Dudley: Six Days On The Road (0’52) (Text: “Well, I pulled out of Pittsburgh, / Rollin' down the Eastern Seaboard. / I've got my diesel wound up, / And she's running like never before. / There's a speed zone ahead, all right, I don't see a cop in sight. / Six days on the road and I'm gonna make it home tonight. / I got ten forward gears, / And a Georgia overdrive. / I'm taking little white pills, / And my eyes are open wide. / I just passed a 'Jimmy' and a 'White': / I've been passin' everything in sight. Six days on the road and I'm gonna make it home tonight.”) Erzähler: Bis heute gehört dieser Song zum festen Repertoire vieler Countrygrößen. Zuletzt hatte die amerikanische Gruppe Sawyer Brown mit ihrer Interpretation 1997 einen Top 15 Erfolg in den Billboard-Country Charts. (0’14) Musik: Sawyer Brown: Six Days On The Road (0’20) Erzähler: Wie schon bei „Truck Driver’s Blues“ von 1939 spielt der Text auf den Outlaw-Status der Fahrer an. Die erzählende Person träumt nicht nur davon, nach sechs Tagen auf der Straße endlich wieder zu Hause sein zu können, sondern berichtet auch, dass er sich mit Aufputschmitteln wachhält und sein Fahrzeug überladen hat. Hierzulande dürften die Trucker Country Songs von Dave Dudley, Dick Curless, Red Simpson, Merle Haggard und anderen Vertretern des Genre nur den wenigsten Fernfahrern zu diesem Zeitpunkt bekannt gewesen sein. Für die hiesige Popmusik war der Fernfahrer kein Thema. Das ändert sich erst 1973. (0’34) Musik: Gunter Gabriel: 30-Tonner Diesel (Intro 0’00 – 0’34) (1:15) (Text: Dies ist ein Lied für dich, mein Freund, / der du Tag für Tag mit einem Laster auf der Straße liegst, / Junge, für dich habe ich dieses Lied geschrieben!) Erzähler: (über die Musik) 1973 ist Gunter Gabriel noch ein relativ unbekannter deutscher Sänger und Komponist. Bis dahin hat er unter anderem Lieder für Rex Gildo geschrieben und sich unter dem Namen Bobby Ford selbst als Schlagersänger versucht. Sein Lied über den 30-Tonner Diesel und den Mann, der ihn fährt, wird sein erster großer Erfolg – und der erste Trucker Country Song in deutscher Sprache. (0’24) Atmo: Stimmen einer Gitarre (0:05) (bleibt unter dem folgenden Text liegen) Erzähler: 35 Jahre später sitzt Gunter Gabriel auf seinem Hausboot, das im Industriehafen Hamburg-Harburg vor sich hin dümpelt, und spielt auf einer alten Akustikgitarre den Song, mit dem alles anfing. (0’11) Musik: Gunter Gabriel: 30-Tonner Diesel (akustisch) (2:00) (Text: „Er fährt 'n 30-Tonner-Diesel / und ist die meiste Zeit auf Tour, / und er gibt dabei sein Bestes, / Tag für Tag rund um die Uhr. / Und er fährt seit Jahr und Tag schon / immer Hamburg -- Lissabon, / und jeden Parkplatz, jedes Rasthaus, / jeden Tankwart kennt er schon. / Er ist ein Kerl, ein ganzer Mann, / und sein Zuhause ist die Autobahn. / Und liegt er nachts in seiner Koje, / dann fühlt er sich verdammt allein, / und dann wälzt er sich von rechts nach links / und schläft vor Einsamkeit nicht ein. / Und dann hasst er plötzlich seinen Diesel / und das Geräusch dort unterm Blech, / doch dann reißt er sich zusammen / und gibt Gas und fährt seinen Weg. / Er fährt 'n 30-Tonner-Diesel, / und die Angst fährt mit ihm mit, / denn zu Haus ist eine schöne Frau, / die er viel zu selten sieht. / Nur noch hundert Kilometer, / dann streicht er ihr über’s Haar / doch die Tür ist zu, das Haus ist leer, / längst ist sie schon nicht mehr da. / Er ist ein Kerl, ein ganzer Mann, / und sein Zuhause bleibt die Autobahn.“) Erzähler: Wie viele seiner amerikanischen Vorläufer war auch Gabriel bereits mit der Berufsgruppe der Fernfahrer in Berührung gekommen, bevor er das Lied vom 30-Tonner Diesel schrieb. (0’07) O-Ton Gunter Gabriel: „Ich komme ja auch aus einer Fernfahrerfamilie.“ (0’02) „Mein Vater hatte ja eine sehr interessante Karriere: vom Schrankenwärter hin zum Spediteur. Und irgendwann tauchte das richtige Fernfahrertum bei mir auf, nämlich in Hannover 1958/59. Da war ich Nachtwächter auf einem Speditionshof. Da gab’s ja noch keine Container und so, sondern diese ganzen Stoffverdecke und die wurden oft ausgeraubt, diese Dinger. Und da war ich als Student natürlich sozusagen derjenige, der aufpassen musste; habe ich mein Studium mit verdient – als Nachtwächter. Und da habe ich halt die – diese ganzen Fernfahrerjungs kennen gelernt.“ (0’37) „Erst mal habe ich sie als Fernfahrer nicht richtig wahrgenommen, sondern als Kerle mit – mit schwieligen Händen; so diese Klischeevorstellung mit Öl. Die rochen nach Diesel und waren patente Jungs, die eine – eine ganz klare Sprache sprachen, so wie ich das heute auch noch kann. Das habe ich von denen mehr oder weniger auch gelernt, ja.“ (0’18) Erzähler: Wenn Gabriel die Geschichte des Liedes erzählt, hat man das Gefühl, dass es sich damals gegen alle Gepflogenheiten im deutschen Schlagergeschäft durchsetzen musste. Gleichzeitig scheint es, als sei die Zeit einfach reif gewesen für ein solches Lied. (0’13) O-Ton Gunter Gabriel: „Warum ist der Song überhaupt so geworden, ja? Der – der ist so geworden, weil er einfach stimmt; der stimmt ja heute noch. Da stimmt jedes Wort. Ich habe aber um jedes Wort auch gekämpft. Und das ist im Prinzip der Blues, darüber singen die Schwarzen, über solche Dinge. Die nennen das Ding beim Namen. Und da hat mein Produzent noch gesagt: Wer soll den Scheiß kaufen? Da hätte ich ihm die Zähne rausgeschlagen am liebsten. Und so ist es auch gekommen, dass die Platte – also der Song war eine B-Seite; es war eine B-Seite, musst Du Dir mal vorstellen. Und da habe ich gesagt: Na ja gut. Ich war ja froh, dass ich überhaupt einen Platten-Deal hatte und dass die das aufgenommen hatten. Die A-Seite war ja ein Song von Frank Zander. Und auch mein Manager – mein Produzent damals bei der Aufnahme hat noch gesagt: Der Song, der geht ja negativ aus. Der kommt nach Hause und die Frau ist nicht mehr da. Und die Autobahn bleibt sein zu Hause – das ist ja der Schluss. Das muss positiv laufen, hat der gesagt: Ja, der Song muss positiv ausgehen. Der muss nach Hause kommen und die Frau wartet auf ihn mit einer geöffneten Bluse vielleicht sogar noch. Ich sage: Nein, das Leben ist anders. Und das war – das war vielleicht auch der springende Punkt, dass – dass ich das so gelassen habe. Es gab ja so was Paralleles übrigens zu Johnny Cash mit „Folsom Prison Blues“, wo im zweiten Vers kommt: „I was just a baby, my mama told me: Son …“ Also: „Ich war noch ein Junge, meine Mutter sagte: Sohn, sei immer brav und ehrlich und spiele nicht mit Pistolen. Doch ich erschoss einen Mann in Reno nur um zu sehen wie er im Staub verreckt. Doch vor Gericht gab’s keine Gnade, so hat man mich in dieses Loch gesteckt.“ Und da haben ja viele Rundfunkstationen diesen Song nicht gespielt wegen dieses zweiten Verses. Und Cash hat gesagt: „Der Song bleibt so!“ So wie ich gesagt habe zu meinem Chef: „Der Schluss von „30 Tonner Diesel“ bleibt so.“ Instinktiv habe ich das gesagt – ohne Berechnung. Ich habe nur gesagt: „Das Leben läuft anders.“ Ja, und vielleicht ist es das gewesen.“ (1’46) Erzähler: Gabriel sitzt auf einem ausladenden Sofa, trinkt Wein und raucht eine Zigarette nach der anderen. Mit jeder Kippe, die er aus der Schachtel nimmt, zieht er auch eine neue Anekdote über das Lied aus seinem Gedächtnis. (0’12) O-Ton Gunter Gabriel: „Ich werde – ich werde es nie vergessen eine Nacht mal in Bad Eilsen. Die Tankstelle gibt’s heute nicht mehr in der Kurve unten an der A2, wie ich da anhielt und wollte da tanken. Ich hatte so einen alten BMW und tankte. Und parallel dazu stand’n Trucker und der tankte auch. Und dann gingen wir in das Kassenhäuschen, das war gleichzeitig auch Restaurant – so wie heute auch die Tankstellen sind. Aber eine ziemlich primitive Tankstelle war das eigentlich, aber ein großer Parkplatz dahinter, wo die ganzen Trucks standen, um da zu übernachten – die Leute, ja. Und da weiß ich noch ganz genau wie der eine Trucker mich da erkannte und sagte: Du bist doch der Gabriel, ja? Du hast doch dieses Lied da geschrieben? Und dann gab es Jägermeister, diese kleinen Püllecken, Stonsdorfer und dann haben wir uns da so besoffen: Gitarre raus. Ich habe ja auch heute immer noch eine Gitarre im Kofferraum liegen – immer und dann haben wir die ganze Nacht da rumgeschrieen, den Song da zwanzigmal hintereinander gesungen. Und dann kamen die anderen natürlich auch dazu. Und dann habe ich übernachtet in einer Schlafkoje von so einem Trucker. Das war meine erste Begegnung mit dem Erfolg dieses Liedes. Und das – das ist natürlich das – das Höchste, was man erreichen kann. Dass das nicht so ein Schnulli-Song ist, sondern so ein Malocher-Song; das ist eben das Größte.“ (1’11) Erzähler: Wenn Gabriel von den Fahrern spricht, bezeichnet er sie meistens als „Trucker“. Ist der Held des „30-Tonner Diesels“ vielleicht noch der letzte Kapitän der Landstraße, so werden in den Jahren danach aus den Fernfahrern langsam die „Trucker“ – in ihrer eigenen wie in der öffentlichen Wahrnehmung. Damit einher geht die Entwicklung einer Subkultur, die bald in Form von Musik, Festivals, Zubehör und Zeitschriften vermarktet wird. Gabriels Lied gibt den Startschuss für diese Entwicklung. Es zeigt, dass Leben und Schicksal der Fernfahrer auch hierzulande ein interessantes Sujet innerhalb der Popmusik sein können. Und nicht zuletzt etabliert der Erfolg des Liedes die Fernfahrer als Zielgruppe. Gabriel nennt darüber hinaus grundsätzliche Veränderungen innerhalb des Berufsbildes, die diesen Prozess noch verstärkten. So zum Beispiel die Vereinzelung der Fahrer. (0’48) O-Ton Gunter Gabriel: „Der Bruch kam vielleicht auch – guck mal, früher sind die zu zweit gefahren: einer hat gepennt, einer ist gefahren. Ist ja vorbei. Heute geht’s nur noch um ganz harte Knete. Überall wird eingespart und so weiter und plötzlich ist der Kerl ganz alleine hinterm Lenkrad – ganz alleine.“ (0’14) O-Ton Fahrer Wilhelm (67): „Ja, es wurde zu teuer, und die Fahrzeuge wurden schneller. Früher haben wir von Osnabrück nach Frankfurt zehn Stunden gebraucht, heute fährt man in viereinhalb Stunden nach Frankfurt. Es gab mehr Autobahnen – wir konnten also in kürzerer Zeit längere Strecken überwinden. Also, dass der Fahrer nicht mehr soviel Fahrzeit gebraucht für’ne längere Strecke. Und darum war der zweite Fahrer dann ja bald überflüssig, das konnte ja einer alleine schaffen. Und was dazukam: Früher wurde ja oft noch mit der Hand aufgeladen – das verschwand ja auch irgendwann, dann kamen die Gabelstapler – da war das alles nicht mehr nötig.“ (0’34) O-Ton Gunter Gabriel: „Und die – die Ami-Fernfahrer sind ja alle alleine. Die haben hinten ja ein richtiges Wohnzimmer dran. Die wohnen ja – sind natürlich ganz andere Entfernungen auch. Wenn du von der Ostküste zur Westküste rüber – ja, da bist du fünf, sechs Tage unterwegs. Und daher haben die diese Romantik mit der – mit der Selbstständigkeit und mit dem Wohnzimmer und dem Fernseher und so. Das haben die – das ist dann nach Deutschland rübergeschwappt nehme ich mal an, dass das so war.“ (0’24) Erzähler: Zu dieser Zeit lösen sich immer mehr große Unternehmen von ihrem werkseigenen Fuhrpark, wo oft zwei Fahrer auf einem LKW saßen, und geben ihre Transporte an Speditionen weiter. Mit den strukturellen und technischen Veränderungen geht auch ein kultureller Umbruch einher. Zeitgleich entsteht in Deutschland eine eigenständige Countrymusik-Szene. Mit ihren Adaptionen des in den USA zu dieser Zeit populären Trucker Country bringen die Musiker den Fernfahrern hierzulande das Image des Truckers näher Gabriel sieht hier die Hauptursache für den langsam einsetzenden Imagewandel. (0’34) O-Ton Gunter Gabriel: „Ich glaube, das kam durch uns – durch uns. Das kam möglicherweise durch Truck Stop selbst – durch dieses Wort Truck Stop, wo viele gar nicht gewusst haben, was heißt überhaupt Truck Stop? Das heißt ja einfach nur Raststätte.“ (0’13) Erzähler: Der Durchbruch kommt für die Countryband Truck Stop, als sie ihre Musik mit deutschen Texten versehen. So richtig in Fahrt kommt ihre Karriere allerdings erst mit der Hymne an den amerikanischen Trucker Country Sänger par excellence – Dave Dudley. Lucius B. Reichling, seit Anbeginn Sänger und Fiddler von Truck Stop, erzählt, wie der Song entstand. (0’18) O-Ton Lucius B. Reichling: „Also wir haben von ’73 bis ‘77 – haben wir fünf englische Platten gemacht. Die letzte war eine Live-Platte und in dem Jahr haben wir aber auch schon die erste Deutsche gemacht. Und das Ganze lag daran: Die ganze Tendenz in Deutschland ging Richtung Deutsch. Udo Lindenberg kam hoch z. B. und wir kriegten dadurch, dass natürlich wir auch weniger stattfanden in den Medien, kriegten wir natürlich auch weniger Aufträge. Und da haben wir uns dann irgendwann gesagt, bevor wir dann noch jetzt endgültig einen bürgerlichen Beruf uns suchen müssen, da versuchen wir’s einfach mal auch auf Deutsch. Und wir hatten natürlich das Riesenglück, dass wir gute Leute gleich dabei hatten – sowohl in der Gruppe als auch ein Roadie von uns, der Holger Grabowski, der hat dann – beim Fahren noch hat er in seinem Frust nachts: „Ich möcht’ so gern Dave Dudley hör’n“ geschrieben. Das war so richtig aus der Szene. Der hat ja nachts immer diese Tanzorchester gehört vier Stunden lang und das war natürlich furchtbar ätzend, nicht. Und dann hat er irgendwann sich hingesetzt wie er das hörte, dass wir jetzt auf Deutsch versuchen wollten und hat das zum Beispiel geschrieben. Aber wir hatten ja auf der ersten Platte gleich richtig zwei Hits. Wir hatten erst mal „die Frau mit dem Gurt“ und die lief schon richtig rauf und runter im Funk. Es gab ja damals im Grunde genommen nur drei, vier Sender, das darf man nicht vergessen. Und danach – und dann haben die – haben die Radioredakteure sich selber offensichtlich den „Ich möcht’ so gern Dave Dudley hören“ rausgesucht. Und der wurde dann halt richtig ein Riesenhit.“ (1’20) Musik: Truck Stop: „Ich möchte so gern Dave Dudley hör’n“ (2’06) (Text: „Es ist schon weit nach Mitternacht, / mein Tag ist längst vorbei, / mir fallen gleich die Augen zu, / verdammte Fahrerei. / Der NDR bringt Tanzmusik, / ich krieg nichts and'res rein. / Das geht so durch bis 6 Uhr früh, / ich glaub', ich schlaf gleich ein. / Ich möcht' so gern Dave Dudley hör'n, / Hank Snow und Charly Pride, / 'nen richtig schönen Country-Song, / doch AFN ist weit. / Schneesturm auf der Autobahn / und vor mir keine Spur, / ich seh' die blauen Schilder kaum / und ahn' die Fahrbahn nur. / Drum nehm ich mir mein Funkgerät, / Kanal 410: / An alle, hier spricht Gunther G, ich hab' da ein Problem. / Ich möcht' so gern Dave Dudley hör'n, / Hank Snow und Charly Pride, / 'nen richtig schönen Country-Song, / doch AFN ist weit.“) Erzähler: Die Anspielung im Text an einen gewissen „Gunter G.“, der ein Problem hat, kam nicht von ungefähr. (0’07) O-Ton Lucius B. Reichling: „Wir waren vorher auch schon mal bei Gunter irgendwo in Berlin in so einer Sendung, wie wir noch englische Musik gemacht haben mit dem Country und da hat er uns dann noch schon ziemlich unflätig angesprochen, dass man doch die Country-Musik bitte nicht auf Englisch machen sollte.“ O-Ton Gunter Gabriel: „Und da habe ich gesagt: Ihr macht einen Fehler. Ihr müsst in Deutsch singen. Und die haben mich gehasst wie die Pest. Ich habe das aber nicht böse gemeint. Ich habe das einfach als – als logisch empfunden. Was müssen wir uns hier mit Englisch abquälen und kein Mensch versteht ein Wort.“ O-Ton Lucius B. Reichling: „Na ja, aber er war immer schon leicht mal erregbar, sagen wir es mal so. Und dann – dann tut er schnell mal was raus, was ihm vielleicht hinterher auch wieder ein bisschen leid tut. Na ja, also wie gesagt, er war schon der Erste, der tatsächlich bekannt wurde mit einem deutschen Country-Song.“ O-Ton Gunter Gabriel: ´“Heute leben wir im Frieden, wir sind alte Männer geworden.“ (0’47) Erzähler: Truck Stops erster großer Hit beinhaltet zudem viele Referenzen, die in der zweiten Hälfte der 70er Jahre für die Fernfahrer wichtig waren. Zum Beispiel das „Funkgerät“, womit der CB-Funk gemeint ist. Dieser erlebt Mitte der 70er einen Boom in Amerika, der dann auch nach Europa herüberschwappt. Schuld daran ist – wieder mal – ein Trucker Country Song. 1976 landet William Dale Fries, Jr. unter dem Pseudonym C.W. McCall einen Nummer Eins Hit mit einem Song, der vor allem aus den typischen CB-Funk-Floskeln der amerikanischen Trucker besteht. In diesem Jahr führt sein „Convoy“ sowohl die Country- wie auch die Popcharts in den USA an. (0’38) Musik: W.C. McCall: Convoy (0’40) (Text: “Yeah, breaker one nine / This here's the Rubber Duck / You got a copy on me Pig Pen, c'mon / Uh, yeah, Ten-Four Pig Pen, fer sure, fer sure / By golly it's clean clear to Flag Town, c'mon / Yeah, its a big Ten-Four there Pig Pen / Yeah, we definitely got the front door, good buddy / Mercy sakes alive, looks like we've got us a convoy.”) Erzähler: Das Lied erzählt die Geschichte eines über CB-Funk verabredeten Fernfahreraufstandes. Auf der Grundlage des Songs entstand zwei Jahre später der gleichnamige Film unter der Regie von Sam Peckinpah. In der Hauptrolle spielte der Countrysänger Kris Kristofferson den Trucker Martin Penwald, dessen CB-Spitzname Rubber Duck lautet, also „Gummiente“. Bis heute genießt der Film Kultstatus bei vielen Fahrern auf beiden Seiten des Atlantiks. Und er trägt auch hierzulande zur Verbreitung der CB-Funkgeräte selbst bei Privatpersonen bei. (0’31) Musik: Gunter Gabriel: Ich CB-Funker (0’15) (Text: „Ich bin CB-Funker auf Kanal 4 Mobilstation. Da bin ich jederzeit empfangs- und sprechbereit mit meinem Mikrofon.“) Erzähler: In Truck Stops Hymne an den Trucker Country kommt ebenfalls der bereits erwähnte amerikanische Soldatensender AFN vor. Und dieser ist ein wesentlicher Einfluss für einen weiteren Protagonisten der deutschen Country-Szene, der Ende der 70er Jahre in Erscheinung trat. (0’16) O-Ton Tom Astor: „Ich habe damals viel AFN gehört, das heißt der amerikanische Sender in Frankfurt über Mittelwelle. Und als ich den Cash dann immer hörte mit seinen Songs aus San Quentin und was-weiß-ich alles, da habe ich gesagt: Wenn du wieder was machst, dann sollst du das einfach in dieser Richtung versuchen. Und das habe ich dann in den 70er Jahren vollzogen; das habe ich nie bereut.“ (0’20) Erzähler: Willi Bräutigam aus Schmallenberg im Sauerland nahm in den 60er Jahren zunächst einige Schlager unter seinem bürgerlichen Namen auf. 1970 verpasst ihm seine damalige Plattenfirma den Künstlernamen Tom Astor – in der Hoffnung, ihren Künstler damit besser vermarkten zu können. 1975 hängt Astor seine Karriere als Schlagersänger vorläufig an den Nagel, gründet einen Musikverlag und schreibt weiterhin Lieder für seine Schlagerkollegen. Durch die Begegnung mit Country kam er wieder auf die Bühne. (0’29) O-Ton Tom Astor: „Dann habe ich – klar, mit einer Gitarre in der Kneipe gespielt und habe dann hinterher eine kleine Band gehabt. Und dann waren die Trucker – das waren die Ersten, die mich engagiert haben. Die machten ihre Feten und Festivals und die wollten Country-Musik hören. Und das war eigentlich so der Beginn dieser ganzen Geschichte, ja.“ (0’18) „Mein erstes Album, das hieß schon „Asphalt-Cowboy“ – ’80 war das, genau. Ja. Ja, die Resonanz war eben so gut, dass ich da pausenlos beschäftigt wurde von denen. Das war der richtige – da waren ja Kulthits dabei. Da war – da gab’s zum Beispiel eine Oma Hildegard, die gab’s – das war Kiosk Kaltenborn. Das war so ein kleiner – kleiner Autobahn-Kiosk. Ja, das war – da standen die LKWs schon morgens, da konntest du gar nicht rausfahren, da standen die schon Schlange da. Das war so eine, die mit den Jungens gut klarkam, die denen das richtige Essen gemacht hat und so weiter. Und da hat mir irgendwann mal ein Fernfahrer gesagt, ich soll doch mal einen Song über die Oma Hildegard schreiben. Und das habe ich dann – bin da hingefahren, habe mit der im Stübchen gesessen und habe mir alles aufgeschrieben, was die mir erzählt hat und dann habe ich einen Song geschrieben, der hieß, „Wer die Oma nicht kennt, hat die Zeit längst verpennt“. Und da ging kein Festival über die Bühne, wo dieser Song – da haben die alle mitgegrölt unten.“ (0’50) Tom Astor: „Wer die Oma nicht kennt, hat die Zeit echt verpennt“ (1’05) (0’00 – 0’38 & 1’07 – 1’34) O-Ton Tom Astor: „Das weiß ich nicht, warum das um diese Zeit war – keine Ahnung. Es kam halt diese Trucker-Kultur auf. Da gab’s auf einmal diese toll bespritzten LKWs da und mit Chrom und die haben geputzt, die Jungens und die haben richtig Spaß daran gehabt. Ich glaube, im „Spiegel“ hat man mal über eine Subkultur geschrieben, die sich da entwickeln würde und so. Zu diesen Festivals, da kamen ja nicht nur Leute aus dieser – aus dieser Szene, sondern da gingen ja ganze Familien Sonntagsnachmittags hin. Da war ja alles dabei mit Kirmes und was-weiß-ich alles da und abends gab’s da in dem Zelt – gab’s Country-Musik.“ (0’31) O-Ton Gunter Gabriel: „Sieben Jahre später, da – da kamen ja erst diese ganzen Truck-Festivals ins Leben und zwar, glaube ich, das erste war in Geiselwind. Geiselwind ist ja die Hochburg eigentlich. Da habe ich zum ersten Mal vor Truckern gesungen, das werde ich nie vergessen. Das war Anfang ’80, ich glaube ’81 war das. Und Geiselwind wird auch der Ort sein – habe ich schon gesagt, wo ich mich mal begraben lasse. Ich will mich aber beerdigen lassen direkt an der Dieselsäule, habe ich schon dem Toni Strohhofer gesagt: Da musst du mich begraben. Wird wohl nicht gehen, aber soll ja nur Symbolik sein.“ (0’34) O-Ton Lucius B. Reichling: „Ich glaube, ’78 kam die erste deutsche Platte raus. Und da – um die Zeit fing das aber auch schon langsam an, dass die Bewegung irgendwie so – so sich miteinander verband. Und das waren natürlich nicht von vornherein richtige Trucker-Feste, weil – weil, das waren halt Country-Festivals, aber die – die, sagen wir mal, der prozentuale Anteil der Trucker wurde halt immer mehr dabei. Bis dann die ersten Veranstalter eben – auch so Autohöfe zum Beispiel wie Toni in Geiselwind – der war einer der ersten, die haben die Zeichen der Zeit erkannt und dann richtig so spezielle Country-Festivals ausgerufen. Und die sind dann erst mal richtig gewachsen. Zehn, zwölf Jahre lang ist das immer mehr geworden.“ (0’38) Erzähler: Dass die Trucker-Kultur auch eine gewisse Breitenwirkung erreicht, liegt aber nicht nur an der Musik – auch das Fernsehen springt auf den Zug auf. Ab 1977 strahlt die ARD im Vorabendprogramm unter dem Titel „Abenteuer der Landstraße“ eine deutsche Synchronfassung der amerikanischen Trucker-Serie „Movin’ On“ aus, die in den USA von 1974 bis 1976 lief. Die beiden Hauptfiguren Sonny Pruit und Will Chandler waren sehr unterschiedliche Typen – worin sie einem anderen Fernfahrer-Team sehr ähnlich waren, das knapp ein Jahr später über die deutschen Mattscheiben fährt. (0’37) Musik: Titelmelodie „Auf Achse“ plus Text: „Franz Meersdonk. Günter Willers. Und ihre Maschinen. 320 PS. Sie fahren Terminfracht in aller Herren Länder. Auf sie ist Verlass.“ (0’32) Erzähler: Die Rede ist natürlich von der Kultserie über Fernfahrer im Deutschen Fernsehen – „Auf Achse“. O-Ton Gunter Gabriel: (auf die Musik): „Das war mit dem Manfred Krug, näh? Ja, das kam ja auch alles durch diese Geschichten – durch diese Trucker-Songs, nehme ich mal an, dass – dass sie dazu inspiriert wurden. Wann war das – Anfang ’80, glaube ich? Ja, da war ich ja schon am Absturz. Da hatte ich keinen Fernseher, wo ich mir das angucken konnte.“ (0’19) O-Ton Tom Astor: „Der Manfred Krug, der hat das gemacht – ja, ja, klar. Ja gut, das war eigentlich auch so der richtige Typ dafür: dieser Kumpeltyp und der das ganz gut verkaufen konnte.“ (0’08) Erzähler: Es ist fast paradox, dass sich die meisten Menschen bei Erwähnung der Serie heute zunächst an Manfred Krug erinnern. Denn der war, wie sein Kollege und Co-Hauptdarsteller Rüdiger Kirschstein sich erinnert, anfangs gar nicht für die Rolle des LKW-Fahrers Franz Meersdonk vorgesehen. (0’16) O-Ton Rüdiger Kirschstein: „Damals waren es also der Günther Lamprecht und der Rüdiger Kirschstein, die gedacht waren, diese beiden Helden zu verkörpern. Und dann aber drehte der Fassbinder irgendwas – was war das, ich glaube, „Berlin Alexanderplatz“ mit dem Lamprecht und da fiel der aus. Da konnte der nicht, jetzt stand ich alleine da. Ja, jetzt suchten wir einen Kollegen. Ja, wer ist jetzt auch so korpulent irgendwo deftig und als Gegenstück zu mir, der ich – der etwas agilere und flottere war. Na und da kam gerade der Manfred Krug rüber aus der DDR. Und da fragte mich die (unverständlich), ob ich den – ob ich mit dem mir das Vorstellen kann. Da sage ich: Ja, am besten man lernt sich mal kennen und setzt sich mal zusammen. Ja, ja, ja, gut, dann setzte man sich zusammen und wir kamen da überein, dass wir das uns miteinander und voneinander vorstellen können.“ (0’54) Erzähler: Für viele Fahrer ist die Serie bis heute die einzige, der sie eine gewisse Realitätsnähe zu ihrem Beruf zugestehen. (0’07) O-Ton Fahrer Tim (32): „Auf Achse“ war… klar, es war natürlich absolut überladen in diesen 40 Minuten, aber es war schon, es war von den Autos und von den Örtlichkeiten, wo sie gefahren sind, war das schon ziemlich reell, was da gelaufen ist.“ (0’11) O-Ton Rüdiger Kischstein: „Zu der Zeit, als wir starteten, waren auch von den Erzähleren, aber auch von uns – ich bin ja ein Alt-68er und da waren so soziale Themen – waren damals sehr viel aktueller und gehörten mit in die Geschichten rein; also bei uns spielten die oft eine große Rolle. Wir haben uns unterhalten, wir beide LKW-Fahrer über fest angestellt sein, frei sein, selbstständig werden, wie sieht’s aus mit der Rente, wie zahlt man ein. Also das waren sehr aktuelle Themen all so was, nicht.“ (0’30) (2:41) O-Ton aus „Auf Achse“ Folge 6 („Kolbenfresser“): Gespräch zwischen den beiden. (Folge 6, 15:45 – 16:34) Willers: „Er zum Beispiel – er kriegt seinen Lohn. 1600 im Monat, plus Spesen 2000.“ Meersdonk: „Jaaa, Krankenkasse, Rentenversicherung und Weihnachtsgeld – alles extra.“ Willers: „OK. Ich hab’ pro Umlauf 1200 Mark in die Hand – und bin selbstständig.“ Meersdonk: „Und zahlst 2000 Mark Benzin, 1000 Mark Straßengebühren und Zoll, 4000 Mark Abnutzung und Abschreibung. Dann willst Du 1600 Mark – Spesen gar nicht gerechnet – Gehalt haben, genau wie ich. Und was ist dann? Dann zahlst Du doch noch zu! (lacht)“ Willers: „Nee, ich hab’nen Gewinn von 1400.“ Meersdonk: „Minus Versicherung, minus Rente, minus Weihnachtsgeld, minus alles.“ Willers: „Dafür gehört nach fünf Jahren der Wagen mir.“ Meersdonk: „Ach, hör’ doch auf. Du weißt doch genau, dass nach fünf Jahren der Wagen gar nicht mehr rollt.“ (0’49) O-Ton Fahrer Tim (32): „Die beiden harmonieren da ja auch so als Team, ne? Ich denke schon, dass das Gespräche sind, die Kollegen auch so untereinander führen.“ (0’09) O-Ton Rüdiger Kischstein: „Denn der kräftige Meersdonk und der agile Willers, die haben beide unterschiedliche Charaktere und das war der Reiz der Serie. Das war die Spannung, die es ausgemacht hat. Und das haben wir kreiert, das haben wir gestaltet. Wir haben etwas hineingelegt in die – in die Dialoge. Wir haben die Dialoge verändert, haben sie auf uns genommen wie wir sie richtig fanden und das ist der Erfolg gewesen der Serie. Das sage ich hier mit Fug und Recht und ganz – mit allem Stolz und vollkommen auch korrekt. Das kann – da kann keiner was dagegen sagen. Das – das war’s.“ (0’32) O-Ton aus „Auf Achse: Gespräch zwischen den beiden Fahrern Folge 5, 21:30: „Hast Du’ne Idee?“ „Nee.“ „Ich hab’ die besten Ideen immer in der Badewanne.“ „Ich morgens, nach’m Aufwachen. Da hab’ ich ganz helle Momente.“ „Oder beim…?“ „Nee, da muss ich mich voll konzentrieren, Du.“ (0’20) Erzähler: Die Realitätsnähe erwuchs nicht nur aus den zu großen Teilen improvisierten Dialogen, sondern auch durch das Drehen an authentischen Schauplätzen in ganz Europa. Auch der Umstand, dass die Hauptdarsteller ihre Wagen selbst fuhren, mag dazu beigetragen haben. Rüdiger Kirschstein hatte für seine Rolle sogar extra den LKW-Führerschein gemacht. Und auch im Fall von „Auf Achse“ gab es nicht wenige junge Menschen, die sich von dem hier portraitierten Abenteuern des Berufes anstecken ließen und hier erste Weichen für ihre Berufswahl stellten. (0’31) O-Ton Rüdiger Kischstein: „Ja, da gibt es tatsächlich einige, ja. Zumindest hat es mit beigetragen, dass sie diesen Beruf ergriffen haben und das ist ganz ulkig. Also so was haben mir einige geschrieben schon, ja, dass es in ihrer Jugend kräftig dazu beigetragen hat, so einen Beruf zu machen.“ (0’19) O-Ton Fahrer Tim (32): „Und damals, als ich das geguckt hatte, war’s ja auch so, dass ich selber noch gar nicht gefahren bin, weil ich noch gar keinen Führerschein hatte. Da hat man sich das noch ein bisschen so vorgestellt, wie das da im Fernsehen lief. Ne? (Da) dachte man: Na gut, wenn das wirklich so ist, bin ich demnächst auch dabei. (lacht) “ (0’13) Erzähler: Im Windschatten der Fernsehserie erscheinen auch die ersten Magazine nur für Fernfahrer. Johannes Reichel ist heute Chefredakteur beim „Trucker“, Deutschlands ältester und auflagenstärkster Fernfahrer-Zeitschrift. Der „Trucker“ ist bei seiner Gründung 1979 ein weiteres Indiz für die Veränderung in der Selbstwahrnehmung der Fahrer und der Entstehung ihrer Subkultur. (0’16) O-Ton Johannes Reichel: „“Trucker“ ist halt eine emotionalere Bezeichnung als jetzt „Fernfahrer“. Und das war für uns damals eigentlich eins der Argumente, den Namen „Trucker“ aufzugreifen. Einen der ersten Titel zierte auch dieser legendäre Film „Convoy“, ein amerikanischer Film, in dem natürlich auch nur von „Truckern“ die Rede ist… es ist schon so ein bisschen dies „USA – ferne Fahrten – Abenteuer“, was da über den Atlantik zu uns geschwappt ist.“ (0’26) Erzähler: Die Metamorphose des Fernfahrers zum Trucker wird in den 80ern zementiert – nicht zuletzt, weil nun auch die Industrie den Trend erkannt hat und auf ihn aufsetzt. Werner Dullweber ist seit 30 Jahren in der Geschäftsführung des Autohof Vechta angestellt. Er hat den Imagewechsel hautnah miterlebt. (0’17) O-Ton Werner Dullweber: „Diese Trucker-Geschichte – das ist meine Meinung – wurde damals so’n bisschen auch gerne aufgenommen von speziell auch von Coca-Cola. Coca-Cola war so’ne amerikanische Firma, die hat das halt schon ganz gerne aufgegriffen, dass dieser Begriff dann auch hier in Europa und dann speziell natürlich auch in Deutschland hier ein bisschen verbreitet wird, da konnte man gut aufsetzen, um dann dort ihr Produkt dran festzumachen. Und ich glaub’, das haben die ganz geschickt gemacht, also dort hat sich vieles angesiedelt – es gab ja damals Trucker des Jahres oder Trucker-Autohof des Jahres – das war alles so’n bisschen aus dieser Geschichte Coca-Cola raus. Und das ist jetzt wieder so’n bisschen auf dem Weg zurück.“ (0’35) Erzähler: In den 80er und den frühen 90er Jahren erreicht die Trucker-Kultur mit ihren Festivals den vorläufigen Höhepunkt. In den letzten Jahren verzeichnen alle Beteilligten einen starken Rückgang. Die Gründe dafür sind vielfältig. (0’15) O-Ton Lucius B. Reichling: „Früher haben wir im Jahr fünfzehn, zwanzig Mal auf irgendeinem Trucker-Festival gespielt. Das ging ja quer durch die ganze Republik. Und wie der Osten dann dazu kam, dann kamen die natürlich auch mit einem unglaublichen Nachholbedarf sowohl an neuzubauenden Autohöfen als auch Musik von uns. Also da war – da war natürlich richtig Leben drin. Und das ist, ich denke mal auch aufgrund der Umstände ist es halt sehr viel weniger geworden mit den Festivals. Die – die Kontaktmöglichkeiten sind sehr geschrumpft, seit diese Szene nicht mehr wächst oder immer kleiner wird.“ (0’30) O-Ton Johannes Reichel: „Es hat sicher auch mit der Altersstruktur zu tun – ich meine, wann besucht man solche Festivals? Wenn man eben schon noch in’nem Alter ist, wo man campingtauglich ist. Die Statistik spricht da auch’ne deutliche Sprache: Über ein Drittel der Fahrer sind über 50 Jahre, da tut man sich dann vielleicht auch so’n Festival nicht mehr an. Und die nachrückende Jugend, die spärlich nachrückende Jugend hat vielleicht jetzt auch nicht mehr so diesen Draht zur, sagen wir mal „Country-Szene“ im weiteren Sinne, sondern hört einfach auch ganz normale Musik, Rock, Metal – was auch immer. Also, ich glaube, dass das mit dem Nachwuchs, der da nachrückt, mit den Wenigen, die da nachrücken, auch so’n bisschen’ne Auflösung erfährt, diese möglicherweise vorhandene Koppelung zwischen Countryszene und Truckern.“ (0’45) O-Ton Lucius B. Reichling: „Jetzt ist es halt seit ein paar Jahren wieder weniger geworden, weil eben dieser Leistungsdruck auf den ganzen Fahrern liegt. Die können gar nicht mehr ein ganzes Wochenende ihren Truck dahin stellen und dann ordentlich abfeiern und dann Montagmorgen wieder losfahren. Die fahren alle schon – Sonntagnachmittag sind die schon wieder am Putzen in ihrem Fahrhaus und dann sind sie spätestens ab Acht wieder auf der Piste.“ (0’19) Erzähler: Es scheint, als habe die heutige Fahrer-Generation den Bezug zur Subkultur der Trucker verloren. Die Globalisierung, der Termindruck, die große Konkurrenz aus dem europäischen Ausland, das erhöhte Verkehrsaufkommen und die technischen Entwicklungen haben den Beruf derart verändert, dass der romantisierte Blick darauf unangemessen erscheint. Der Zusammenhalt der Fahrer untereinander ist aufgrund von Zeitdruck weitgehend verschwunden, und durch den extremen Termindruck bleibt schlichtweg kaum noch Zeit, sich und seinen Job zu feiern. Viele Fahrer haben schlicht keine Zeit und kein Geld mehr für diese Vergnügungen. Und die wenigen jungen Fahrer hören einfach andere Musik. (0’32) O-Ton Fahrer Ralf (34): „Ach, ich hör eigentlich alles. Dass ich jetzt vorwiegend jetzt Countrymusik höre, das will ich nicht sagen, auf gar keinen Fall. Also, wenn’s dabei is, dann hör ich’s… also, ich sach mal so: ich würd’ jetzt einen Radiosender nicht ausdrehen, nur weil da Countrymusik kommt – aber ich würd’ mir auch nicht ’nen Sender suchen, wo nur das gespielt wird.“ (0’15) Erzähler: Die Subkultur ist auf dem Rückzug – aber das Klischee bleibt und wird von den Medien ständig bemüht. Das nervt viele Fahrer, wie André Sahorn aus seiner Praxis bei der Fernfahrer Nightshow bestätigt. (0’12) O-Ton André Sahorn: „Trucker sind die, die, ich sag’ jetzt mal, mit Cowboyhut und Dose Bier abends auf’m Autohof sind – ich möchte die Kollegen jetzt nicht irgendwie abdegradieren, nicht falsch verstehen – aber da gibt es so eine zwiegespaltene Gesellschaft. Also, der Fernfahrer unterscheidet sich wirklich von diesem „Trucker“ . Die machen ihren Job, das ist deren Arbeit, und die möchten da nicht in ein Klischee gezwängt werden.“ (0’26) Erzähler: Viele der Country-Sänger sagen, es sei alles gesagt über das Fahren. Einige von ihnen blicken wie die Fahrer einer früheren Generation auch mit ein wenig Wehmut zurück auf die „gute alte Zeit“. (0’11) O-Ton Tom Astor: „Ich weiß gar nicht, ob ich Gelegenheit überhaupt gehabt hätte, überhaupt diese Musik einer breiten Masse zu präsentieren in der Form, wenn es die Fernfahrer nicht gegeben hätte. Weil, das war für mich eigentlich eine Zeit, wo ich sagen muss, da fing eigentlich richtig alles an. Und da kann ich nur immer sagen: Jungens, war eine schöne Zeit und danke.“ (0’21) WORTENDE: 52’47 Musik: Gunter Gabriel – Truck Stop, Tom Astor und ich (3:21) 3. Stunde Musik: Lynyrd Skynyrd: Truck Drivin’ Man (1’25) (Text: “Well he’s truckin’ on down from Memphis / Cruisin’ down to New Orleans / Tonight he sleeps alone with a cajun queen / Well there’s smoke from the stacks a-blowin’ / And he don’t care where he’ s goin’ / The only time he feels right is when he’s a-rollin’. / He’s got roadmaps in his hand / Lord, drivin’ just as hard as he can / Trying to dodge them scales and the man. / Well, I’m talkin’ about the / truck drivin’ man / Yeah he’ll always give ya the best that he can.”) Erzähler: Auch wenn es einem in Popsongs und in den Medien immer wieder suggeriert wird – den Fernfahrer gibt es nicht. Wenn man auf Autohöfen oder auf Autobahnparkplätzen Fahrer anspricht, stellt man schnell fest, dass hier viele verschiedene Persönlichkeiten aus allen Teilen der Gesellschaft mit völlig unterschiedlichen Bildungsgraden unterwegs sind – heute mehr denn je. Wie kaum ein anderer Beruf ist der des Fernfahrers ein Sammelbecken für alle möglichen Menschen, denen letztlich nur eines wirklich gemeinsam ist: Der LKW-Führerschein. (0’32) Musik: Lynyrd Skynyrd: Truck Drivin’ Man (hoch, Zeile “Well, I’m talking about the truck driving man”) (0’14) O-Ton Johannes Reichel: „Die größte Gemeinsamkeit ist eigentlich, dass es keine gibt. (lacht) Es ist wirklich total heterogen, was natürlich auch dann dazu führt, dass sagen wir mal die Solidarität jetzt keine so große ist wie in anderen Berufsgruppen.“ (0’14) O-Ton Fahrer Sven (35): „Es ist so bunt durchgemischt mittlerweile… man sieht Leute, die können sich ganz gewählt ausdrücken, man denkt, man spricht mit einem Rechtsanwalt… und dann gibt es welche, die haben ihre Zähne noch nicht mal mitgebracht zur Unterhaltung und labern wirklich nur geistigen Dünnpfiff.“ (0’15) Erzähler: Wie unterschiedlich die Menschen hinter dem Lenkrad der großen LKW sein können, sollen im Folgenden die Geschichten dreier Fahrer illustrieren. (0’08) Musik: Lynyrd Skynyrd: Truck Drivin’ Man (nach Zeile im Titel “Well I’m talking about the truck driving man” harter Schnitt) (3’58 – 4’18) (0’20) O-Ton Fahrer Tim (32) (im LKW): „Die Tage hat bei uns noch ’ne Frau geladen, die kam aus Ulm. Aber das ist eigentlich… eher die Seltenheit. Also, würd’ ich sagen. Unter 1000 eine.“ (0’11) O-Ton Johannes Reichel: „Es ist nach wie vor einfach ein reiner Männerberuf, kann man sagen. Also, die Frauenquote ist marginal. Es ist natürlich schon so, dass, sagen wir mal, diese Kraftkomponente, wie sie im früheren LKW vielleicht ’ne Rolle spielte, heute in Zeiten von automatisierten Getrieben, Servolenkungen und ESP nicht mehr diese Rolle spielt.“ (0’22) O-Ton Bedienung 1 Autohof Vechta: „Es werden definitiv immer mehr Fernfahrerinnen. Also, wir merken’s, dass immer mehr reinkommen. Macht Spaß inner Männerdomäne, man ist sein eigener Herr – ich weiß es nicht, was die bewegt.“ (0’12) Erzähler: Immer wieder während meiner Recherchen höre ich von Fahrerinnen, gelegentlich sehe ich sogar die eine oder andere vorbeifahren. Die meisten Kontaktversuche laufen aber ins Leere. Diejenigen, die antworten, lehnen ein Interview meistens mit dem Hinweis ab, dass sie schon einmal negative Erfahrungen mit den Medien gemacht haben. Werner Dullweber vom Autohof Vechta kann das bestätigen. (0’22) O-Ton Werner Dullweber: „Ob RTL oder Sat damals, was waren hier schon viele Unternehmen, die hier Aufnahmen gemacht haben, auch in den Ferienzeiten, und… ja, die waren immer auch ganz scharf hinter LKW-Fahrerinnen her. Weil das so ganz was anderes ist. Man will ja immer so was haben, was total so’n bisschen aus der Reihe kommt. Und das hab ich hier dann auch schon gemerkt, die woll’n dann auch gar nicht mehr, die sind dann irgendwie – werden dann oft dann auch so ganz komisch dargestellt.“ (0’24) O-Ton Fahrer Bernie (40): „Das sind dann also mehr so kernige Frauen, die man dann so trifft, die… ja, so sehr resolut. Also nicht so femine [sic] Erscheinungen, auch vom Benehmen sind das dann nicht. Biste auch fehl am Platze in dem Job.“ (0’13) O-Ton Johannes Reichel: „Wobei ich erst neulich von einer gehört habe, dass man eben auch, wenn man sich einen Job sucht, als LKW-Fahrerin auch immer auf eine Mauer aus Vorurteilen stößt und sehr schwer sich tut, da reinzukommen. Also, es ist einfach ganz krass eine Männerdomäne und in Männerhand; sehr schwer für Frauen, da reinzukommen.“ (0’20) Erzähler: Nach vielen, vielen Telefonaten, E-Mails und SMS finde ich dann doch noch eine Fahrerin, die sich vor das Mikro traut. (0’08) O-Ton Fahrerin Katja (28): „Dieser Drang, woanders hinzugehen und das – das hatte ich schon als kleines Kind, also mit drei, vier Jahren. Also meine Mutter hat dann immer gesagt: Ich schicke dich jetzt los, da kaufst du jetzt mal ein Stück Butter und jetzt gehst du noch mal los, kaufst ein Stück Wurst und so, damit ich halt immer wieder diese Weg hatte – immer wieder am Laufen, undundund.“ (0’18) Erzähler: Katja ist 28 Jahre alt. Auch sie hat bereits Erfahrung mit den Medien gesammelt – und ausnahmsweise nur positive. Drei Monate lang versuchen wir, uns innerhalb Deutschlands zu verabreden – aber immer wieder kommt irgendetwas dazwischen. Schließlich treffen wir uns in ihrer Heimatstadt Dresden. Beim Kaffee erzählt Katja, wie sie zum Fahren gekommen ist (0’23) O-Ton Fahrerin Katja (28): „Meine Großeltern hatten einen großen Bauernhof, da war sehr viel mit Traktoren und landwirtschaftlichen Geräten. Die habe ich damals auch schon alle bedient mit acht Jahren und habe dann so – ja, mich dann weitgehend dafür interessiert. So. Und dann kam eins zum anderen. Dann war ich eine zeitlang Autolackierer, habe die Lehre aber abbrechen müssen aus gesundheitlichen Gründen und hatte mich dann mit 95 Bewerbungen dann ans Leder gemacht und wollte dann Berufskraftfahrerin werden. Also ich war das einzigste Mädchen in meiner Berufsschulklasse. Wir waren – in der ganzen Technikschule, unter 5.000 oder 6.000 Jungens, vier Mädchen. Ich als Einzigste in der Berufskraftfahrergruppe und die anderen Mädchen halt in den Technikergruppen dann und so weiter. (stolz) Ja, man hat sich durchgesetzt. Ich habe meinen Berufskraftfahrer erfolgreich beendet mit meinem Facharbeiter und so weiter und so fort. Und gleich einen Tag später habe ich bei einem anderen angeheuert und dann bin ich, ja, vielleicht zwei Monate später bin ich in den internationalen Fernverkehr gegangen. Und dann, ja, dann war ich bei einer Kühlzugspedition, also da habe ich Kühler gefahren, bin dann sofort nach England geschickt worden – also, da war ich gerade Zwanzig. Und als ich dann angefangen habe und losgefahren bin – also, ich war schon ein bisschen aufgeregt. Aber wir sind alle nicht mit dem Lenkrad in der Hand geboren und man muss sich eben behaupten und durchfragen. Da bin ich in den Zug rein – also erst bin ich auf dem Zug gefahren und dann bin ich da im Zug da aufgestanden und habe gefragt: Ich suche den ältesten Fahrer, der jetzt schon viele Jahre England fährt. Na da habe ich so durch die Reihe da gebrüllt, ich sage: Ich suche einen, der mir das mal erklären kann. Ja, und dann hat sich dann sofort jemand gemeldet, war total freundlich, hat mir alles erklärt wie das mit den Brücken ist und dass das in Fuß gemessen wird und wie man sich so denn als Anfänger verhalten sollte. Hat mir dann auch eine Karte gegeben, wo ich dann mir die ganze Sache mal angeschaut habe. Ja, und dann rein ins Vergnügen. Runter von der Fähre und Gummi. (lacht) Und es hat alles geklappt. Also ich bin nun viele Jahre dann in England gefahren, also es gab keine Probleme.“ (1’57) Erzähler: In den Jahren nach ihrem 20. Geburtstag ist Katja von Finnland bis Spanien durch ganz Europa gefahren. Oft war sie ein halbes Jahr lang unterwegs, ohne nach Hause zu kommen. Kontakt zum Freundeskreis und zur Familie hielt sie durch das Mobiltelefon. Auch ihren aktuellen Lebenspartner hat sie durch dieses Medium kennengelernt. Fernfahrer gehen manchmal ungewöhnliche Wege. (0’25) O-Ton Fahrerin Katja (28): „Es ist schwierig gewesen am Anfang einen Mann zu finden bzw. einen Lebenspartner zu finden, der das Ganze mitmacht. Also da muss man wirklich einen Sechser im Lotto haben. Ich habe sehr, sehr viele Jahre gesucht, habe auch sehr viel Pleiten, Pech und Pannen erlebt in dem Sinn. Man ist vielleicht dadurch sogar ein gebranntes Kind geworden, das muss ich da ehrlich zugeben, weil ich habe sehr viel – ja, wir nehmen mal das deutsche Wort – „Scheiße“ erlebt. Aber ich muss sagen, eines Tages dann, vor ungefähr anderthalb Jahren, habe ich Glück gehabt und halt über die Truckerzeitung, stand da halt eine Annonce drin, da habe ich mich mal drauf gemeldet. Eigentlich gar nicht mit dem Hintergedanken, dass es da was werden würde. Halt nur also – also aus Gaudi, weil ich bin so halt ein neugieriger, aufgeschlossener Typ. (lacht) Ja, da habe ich darauf geantwortet und irgendwann kam ja auch eine SMS zurück. Ja, und dann hat man sich so hin und her getextet und hin und her und hin und her. Und – ja, irgendwann hat dann mal – hat’s dann irgendwo mal geknubbelt und dann haben wir halt gesagt, wir treffen uns mal. Ja, und da hat es dann funktioniert. Das hat gepasst wie die Faust aufs Auge, ne? (Er ist) auch LKW-Fahrer, hat zwar erst angefangen, aber man ergänzt sich schon so. Ich habe dann komplett aufgehört jetzt mit dem internationalen Fernverkehr und fahre jetzt nur noch, ja nationalen Fernverkehr und man ist am Wochenende zu Hause. Und ich sagte mir mal, wenn man dann Beziehung hat und – und dann sollte man sich dann schon ein bisschen zurückhalten und ein bisschen runterschrauben das Ganze, damit die Beziehung nicht wieder kaputtgeht. Und wenn man sich am Wochenende sieht und die Woche über arbeitet, dann passt das schon – (es) ist auszuhalten. Wenn’s von beiden Seiten kommt, dann ist es kein Problem. Man lebt ja irgendwann schon in einem anderen Leben in dem Sinn. Man ist ständig unterwegs und dieses Verständnis aufzubringen für den Fernfahrer dann, das ist halt schwierig. Und wenn der andere auch Fernfahrer ist, dann weiß er genau wie es einem geht. Also es gibt ja auch viele Männer, die sind Fernfahrer und die Frauen, die, die können das einfach nicht verstehen, dass sie jetzt nicht nach Hause kommen und die werden dann beschimpft: Ja, bist du fremdgegangen und dies und das und jenes. Nee, derweil ist er nicht fremdgegangen, der hat gnadenlos 24 Stunden durchgearbeitet, damit er quasi nach Hause kommt und es hat halt nicht gepasst. Er ist angehalten worden, er ist in den Stau gekommen, es ist irgendwas dazwischen gekommen, die Ladung ist storniert. Ja, und die Frauen denken dann: Hast dich woanders rumgetrieben. Erst hast du erzählt, du kommst nach Hause und jetzt bist du nicht da. Ja, du bist fremdgegangen und so weiter und so fort. Also das – und das geht dann kaputt.“ (2’25) Musik: Isa Vermehren: „Tätowier mir keinen Anker“ (0’15) (oder ein thematisch ähnliches Musikstück) Erzähler: Wie die Seeleute früher drücken heute viele Fahrer ihre Verbundenheit zu ihrem Beruf – und nicht zuletzt auch zu ihren Wagen – durch Tätowierungen aus. Katja ist da keine Ausnahme. (0’12) O-Ton Fahrerin Katja (28): „Das eine Tattoo, das habe ich mit Achtzehn quasi, wo ich meine Lehre gemacht habe, da habe ich das stechen lassen. Ja, das haben wir halt so in der Küche gemacht: schön Becherovka, gib ihm, damit man so ein bisschen da einen in der Lampe hat. Und dann ging das halt los mit so einem selbstgebauten Stecher. Ja, es ist ein Adler, der steht quasi für Freiheit und, und, und ja, immer durch die ganze Welt und dann ist halt unten drunter ein US-Truck. Ja, und das habe ich mir damals so – wann war das, in der sechsten Klasse war das schon, ich hab, dieses Bild hab ich in der sechsten Klasse schon im Kopf gehabt, habe das gemalt. Dann, als ich dann mein erstes Lehrgeld hatte, habe ich mir das stechen lassen. Und die anderen Tattoos – ja, das eine, das ist so mein Highlight, quasi: Ich bin Scania-Freak in dem Sinn. Also ich mag Scania über alles. Ich mag auch Schweden und ich war ja damals auch viele Jahre in Schweden, habe beim Schweden gefahren und – ja, Scania und Elche, das ist alles so ein bisschen, was mir halt so zusagt. Und da habe ich mir halt den Scania – den Greif stechen lassen – großes Tattoo über den ganzen Oberarm. Ja, und unten habe ich mir so – ja, das ist so klein und niedlich – eine Echse, die so sich um den ganzen Arm schlängert. Ja, das ist halt so meine kleine Echse, die ist halt auch mit da.“ (1’15) Musik: Hermann Lammers Meyer: „Hey, Trucker Lady“ (0’20) (0’36 – 0’56) (Text: “Sie fährt ’nen Asphaltelefanten bis der Fahrtenschreiber sie zur Ruhe zwingt. / Die Frau, sie überrascht mich, und alles, was aus ihrem Munde klingt. / Hey hey Trucker Lady / Du stehst täglich Deinen Mann… .“) Erzähler: Wenn Katja von ihren Kolleginnen erzählt, bekommt man den Eindruck, als ob die weiblichen Fahrer besser vernetzt seien als ihre männlichen Kollegen. Man sei ja schließlich trotz allem eine Frau, und da wolle man sich gelegentlich auch einmal über „frauliche Themen“ austauschen, wie Katja es ausdrückt. Aber wenn man sich dann über eine neue Gardine unterhalte, handele es sich dabei eben häufig um eine Gardine für den LKW und nicht für den festen Wohnsitz. Auch komme sie besser mit anderen Fahrerinnen klar als mit den Frauen im Büro – das sei einfach eine andere Welt. (0’30) Musik: Hermann Lammers Meyer: „Hey, Trucker Lady“ (0’20) (1’42 – 1’57) (0’15) (Text: “ Hey hey Trucker Lady / Du stehst täglich Deinen Mann / kämpfst Dich durch von Stau zu Stau / kleine Truckerfrau / auf Deiner Autobahn.“) Erzähler: Katja ist nicht gerade zierlich. Sie ist aber auch nicht das, was viele ihrer Kollegen im Gespräch als „Mannsweib“ bezeichnen. Mit den körperlich anstrengenden Aspekten des Berufs wie dem Reifenwechsel oder dem Bewegen eines tonnenschweren Containers mit einem Handhubwagen hat sie kein Problem. Das hat sie eher mit Bevorzugungen aufgrund ihres Geschlechts – zumal diese häufig nicht ohne Hintergedanken scheinen. (0’26) O-Ton Fahrerin Katja (28): „Das allerbeste Beispiel war: Ich komme da in so einer Firma an und stehen sechs Kollegen vor mir in Reihe und Glied. Ich melde mich an mit meinen Papieren und da wurde man dann vom Stapelfahrer angezwinkert und halt diese Aufmerksamkeit gemacht dann: Ja, kannst ja schon mal vorfahren – so in etwa: Also treffen wir uns dann mal hinterher. So, und da war er bei mir an der falschen Adresse. Habe ich erst mal gefragt, wer denn alles vor mir ist. Da sagt er: Ja die, die können wir ruhig stehen lassen, die sechs Leute hier. Ich sagte: Mein Freund, jetzt hörst du mir mal zu. Ich bin als siebter LKW hier eingetroffen, also bin ich auch der siebte LKW, der hier entladen wird. Ich sage: Meine Kollegen stehen die ganze Zeit schon vor mir und warten, dass sie jetzt hier rankommen, damit sie wieder laden können. Die machen das ja nicht aus Spaß. Und wenn du denkst, dass du hinterher mit mir irgendwo in einer Palette da hier ein Ding abziehen kannst, da bist du bei mir aber völlig falsch, sage ich. Ich sage: Wenn du hier jetzt nicht gleich mir aus die Augen gehst, ich sage, da hole ich mal schnell aus. Ja, da bin ich so. Den sack’ ich am Schlawickel dann.“ (0’58) Erzähler: In den letzten zehn Jahren ist Katja immer wieder in Situationen gekommen, die ihre männlichen Kollegen so sicher nicht erlebt hätten und die zeigen, wie sehr die Fernfahrerei noch immer eine Männerdomäne ist. Aber bislang hat sie es noch immer geschafft, ihre Frau zu stehen. (0’17) O-Ton Fahrerin Katja (28): „2001 bin ich nach Eslöv gefahren, das liegt in Schweden. Und dann war das halt so, man musste sich auf einem Bauernhof oder Försterei melden. Und diese Leute haben einen dann in den Wald mitgenommen. Also, man musste dann so einem Jeep hinterherfahren, dann ging’s dann in den Wald rein – ganz tief rein und dann hat man dann Reisig und Tannenbäume geladen. Ich bin dann dem Schweden hinterhergefahren in den Wald rein, so und habe mich hingestellt, habe auf einer Waldlichtung wenden müssen dann notgedrungenerweise, weil es einfach nicht ging. Dann muss man halt die Seite aufmachen, da aufmachen und dann ging das halt los. Dann kamen da zehn Russen – ja, und die zehn Russen haben dann mein Auto geladen. Ja, aber auf einmal – eine halbe Stunde später hat sich der Schwede verpisst, der da ein bisschen das Sagen hatte. Ja, nun stand ich mit zehn Russen alleine da mitten im deep forest und habe da halt Tannenbäume geladen. Ja, die haben dann – die sind auf die blödesten Ideen gekommen dann halt, dann mit Anbaggern und Angraben und haste nicht gesehen. Und dann hatte ich dann meinen Queue genommen, mit dem man das Edscha oben aufschiebt vom Tautleiner und mit diesem Queue habe ich mich dann auf den Jägerstand gesetzt und habe dann immer vom Jägerstand gebrüllt: „Dawei, dawei, dawei!“ – also volle Kanne. Und habe immer so mit dem Queue dann unten auf die da drauf eingetüdelt da, bis der wiederkam. Der hat dann halt irgendwas gesagt – also auf Englisch: Bleiben Sie im Truck drin und ich mache das schon mal. Ich habe ja – ehrlich gesagt, man kann groß und kräftig sein. Also ich bin eine große, kräftige Frau. Ich kann auch mal zuhauen, also da legt’s bestimmt dann einen nieder. Aber ich schätze mal gegen zehn Russen kommst du nicht an – also gegen zehn kräftige Männer.“ (1’32) Erzähler: Auch wenn es für Frauen nach schwierig ist, sich in der Männerwelt der Fernfahrer zu behaupten, so drängen sie doch immer mehr in diese Männerdomäne ein. Katja berichtet, dass mehr und mehr Unternehmer in ihren Stellengesuchen auch direkt weibliche Fahrer ansprechen – was vielleicht auch daran liegt, dass Fahrerinnen in dem Ruf stehen, etwas vorsichtiger und umsichtiger zu fahren als viele männliche Kollegen. (0’26) Atmo & O-Ton Fahrerin Katja (28): Katja blättert im Fototalbum (T8 bei 2:25) (0’06) „Das ist alles Fähre undsoweiter… da war ich mal auf’ner Straußenfarm… .“ Erzähler: Während unserer Unterhaltung blättert Katja in ihrem Fotoalbum. Beim Erklären der Bilder, die sie auf ihren Reisen gemacht hat, spricht aus ihr noch immer der umtriebige Charakter, der sie zum internationalen Fernverkehr gebracht hat. (0’15) O-Ton Fahrerin Katja (28): „Nachdem ich quasi vom internationalen Fernverkehr gewechselt habe – also wenn man ein halbes Jahr unterwegs ist und ein halbes Jahr mit dem LKW verbunden auf dem LKW lebt – auf der Straße lebt quasi, dann – wenn man dann zurückgeht – auf einer Seite man freut sich, man ist wieder zu Hause in der Familie; man kommt jedes Wochenende nach Hause. Auf der anderen Seite ist es aber wie wenn man sich eingesperrt fühlt - wie so ein Tiger im Käfig; man kommt einfach nicht mehr raus. So, und wenn – und wenn’s irgendwo dann in Gesche oder Emden, dann irgendwo endet, dann im Norden und man nicht mehr nach Holland kommt oder irgendwo – oder unten in Basel endet oder was-weiß-ich wo und man kommt einfach nicht mehr raus, dann denkt man dann schon: Oh ha, wie war das damals? Da bist du hier durchgefahren und dann gib Gummi, damit du noch nach Frankreich kommst oder in Madrid den Kunden triffst. Und jetzt ist auf einmal an der Grenze Schluss, kommst nicht weiter oder kommst überhaupt nicht bis zur Grenze.“ (0’54) Erzähler: Die Beziehung zu ihrem Freund und ihrer Familie ist für Katja heute das Wichtigste – für sie verzichtet sie auf die weiten Fahrten. Und doch – so ganz lässt sie sie nicht los, diese Sehnsucht nach der Ferne. (0’15) Musik: Roger Miller – „King Of The Road“ (0’41) (bleibt unter folgendem O-Ton liegen) (Text: “ Trailers for sale or rent / Rooms to let...fifty cents. / No phone, no pool, no pets / I ain't got no cigarettes / Ah, but two hours of pushin' broom / Buys an eight by twelve four-bit room / I'm a man of means by no means / King of the road.”) O-Ton André Sahorn: „Viele sitzen ja heute auf’m Bock, weil sie es im Prinzip müssen! Die sind arbeitslos geworden, haben in ihrem gelernten Job vielleicht keine Arbeit mehr gefunden, durch’s Arbeitsamt umgeschult, den Klasse 2-Führerschein gemacht, haben sich auf’n Bock gesetzt und sind losgefahren.“ (0’16) Musik (hoch): (1’04 – 1’13) Roger Miller – „King Of The Road“ (0’09) (nach der Zeile “I am a man of means by no means – king of the road” hartes Ende) O-Ton Fahrer Andreas (40): „Ich würde jetzt niemals sagen, dass der Beruf des LKW-Fahrers ein Traumberuf von mir war – absoluter Blödsinn.“ (0’10) Erzähler: Während Katja schon früh wusste, dass sie LKW fahren wollte, kam Andreas die Idee erst gut 25 Jahre später. (0’08) O-Ton Fahrer Andreas (40): „Ja, also ich bin 40 Jahre alt, Erfolgsgeschichte… (murmelt) verlief relativ kurz. Ich habe halt Abitur gemacht, dann studiert, Geschichte und Politikwissenschaften studiert – nicht jetzt irgendwie darauf ausgelegt, großartig Karriere zu machen, sondern Geschichte studiert, weil ich Geschichte immer sehr gerne in der Schule gemacht habe; das war mein absolutes Lieblingsfach. Ich wusste bei der Immatrikulation schon, dass die Aussichten auf dem Berufsmarkt nicht berauschend waren. Das war mir aber egal. Gut, das Studium ist dann zum absoluten Bummelstudium für mich geworden. Ich habe, glaube ich, 27 Semester zusammenbekommen (lacht), habe im Studium schon für mich so die Erkenntnis gehabt, dass ich in diesem Beruf als Historiker nicht unbedingt arbeiten wollte. Habe das Studium dann vollendet im jungen Alter von 38 Jahren. Und dann kommt irgendwann der Augenblick: Was machst du jetzt? Beworben großartig habe ich mich nicht. Ich bin zum Arbeitsamt gegangen, habe gefragt: Haben Sie einen Job als Historiker für mich? Resonanz war ein kräftiges Lachen, die haben noch nicht mal den Computer angemacht. (lacht) Und es kam gleich die Frage, ob ich mir auch was anderes vorstellen könnte. Dann kam die Idee des LKW-Führerscheins. Ich habe gefragt, ob der finanziert werde und die Antwort war: ja.“ (1’11) Erzähler: Ganz neu war der Beruf für Andreas aber nicht. Bereits im Studium hatte er erste Erfahrungen gesammelt. (0’08) O-Ton Fahrer Andreas (40): „Ich bin zeitweilig neben dem Studium auch als Kurierfahrer tätig gewesen – sogar recht lange, vier Jahre. Habe dann immer nachts gearbeitet. Ich fand das immer ganz gut, sage ich mal, irgendwie… allein zu sein, Auto zu fahren und dann dafür natürlich logischerweise entlohnt zu werden. Also vom Prinzip kannte ich das halt. So gesehen war der Fahrerjob mit einem LKW für mich nichts Neues. Und das fand ich unter dem Aspekt nun mal ganz gut. Ich höre ganz gerne Musik und ich habe immer locker gesagt, ich werde fürs Musik hören bezahlt. Also ich bin ganz ehrlich: Ich könnte mir nicht vorstellen, diesen Job zu machen, wenn ich nicht diese Freude hätte, Musik zu hören. Was ich auch eben gerade meinte, so dieses Prinzip dieser Einstellung: Ich werde fürs Musik hören bezahlt ist – ist nicht zu unterschätzen; für mich quasi die – der Hauptgrund, das überhaupt zu machen. Was ich im Endeffekt für ein Auto fahre, ob das wie zu Studienzeiten bei mir ein ganz normaler Lieferwagen, (ein) Sprinter ist oder ein LKW ist im Prinzip egal.“ (0’55) Musik: Canned Heat – On The Road Again (0’10 – 0’38) (0’28) (bleibt unter dem folgenden Text liegen) (Text: „Well, I’m so tyred of crying / but I’m out on the road again / I’m on the road again. / I ain’t got no woman / just to call my special friend.”) Erzähler: Seit einem halben Jahr ist der studierte Geisteswissenschaftler nun berufsmäßig „on the road“. Obwohl es für ihn nie ein Traumjob war, ist auch er in gewisser Weise ernüchtert von seiner Arbeit. (0’12) O-Ton Fahrer Andreas (40): „Was für Erwartungen habe ich gehabt? Gut, ich hatte durchaus die Erwartungen in dem Job auch viel Geld zu verdienen und zwar in dem Sinne, dass ich in der Lage bin, viel Geld zurückzulegen dadurch, dass ich überhaupt nicht in der Lage bin, mein Einkommen großartig auszugeben; man ist ja ständig unterwegs. Da bin ich dann relativ schnell enttäuscht worden, muss man wirklich sagen, weil dann ist es nun mal so, dass man als LKW-Fahrer in Deutschland nicht sonderlich viel Geld verdient, es sei denn, man arbeitet im Ausland. Das ist jetzt zum Beispiel so das große Ziel, was ich habe. Mein Vorteil ist halt der, dass ich halt Fremdsprachen spreche bedingt durch den Bildungsweg, den man hat. Da ist natürlich jetzt die Zielsetzung: Gut, man versucht es vielleicht mal in Holland oder was-weiß-ich, von mir aus auch England oder wo auch immer zu fahren.“ (0’40) Musik: Grateful Dead: Truckin’ (0’31) (0’00 – 0’31) (Text: “Truckin’ / got my chips cashed in, / keep truckin’, / like the do-dah man / together, / more or less in line, / just keep truckin on. / Arrows of neon and flashing marquees out on main street. / Chicago, New York, Detroit and its all on the same street. / Your typical city involved in a typical daydream / Hang it up and see what tomorrow brings.) O-Ton Fahrer Andreas (40): „Also ich merke es irgendwie recht häufig, dass die Leute sich wundern, wenn man dann eben irgendwie mit einem Kunden zum Beispiel redet und es stellt sich heraus: Was, du hast ein abgeschlossenes Universitätsstudium? Dass die dann wirklich irgendwie vor Staunen den Mund nicht mehr zukriegen. Sehr witzig ist es irgendwie, wenn man mal in Holland ist, dass man da sehr, sehr positiv aufgenommen wird, wenn man z. B. mit Holländern Englisch redet, was ich grundsätzlich mache. Jeder weiß, es gibt ein recht seltsames Verhältnis zwischen Deutschen und Holländern. Ich bin der Meinung, es liegt ein bisschen daran, dass – dass die Deutschen immer recht arrogant auftreten, indem sie sich einfach das Recht herausnehmen, da einfach Deutsch zu reden in der Erwartung, dass sie einen verstehen. Bei mir ist das halt so, ich habe da halt immer Englisch geredet. Dann fragen sie natürlich warum, dann kommt man logischerweise auch wieder auf den Bildungsweg zu sprechen, dann ist doch die Verwunderung teilweise recht groß – das muss man sagen. Weil man halt in der Regel denkt irgendwie der, der LKW-Fahrer kann nichts, ist nichts – so ungefähr. Ich habe schon das Gefühl, dass in der Gesellschaft diese Vorstellungen teilweise vorherrschen.“ (0’58) Erzähler: Die geringe Wertschätzung des eigenen Jobs kennt Andreas aus der eigenen Familie. Seine Mutter war nicht gerade begeistert, dass ihr Sohn in einem Beruf arbeitet, für den er derart überqualifiziert scheint. Andreas spricht Englisch, Französisch und Spanisch – letzteres zumindest so gut, dass er sich bei seiner ersten Fahrt nach Spanien auch ohne Navigationssystem zurechtgefunden hat. Seine Qualifizierung macht ihm die Jobsuche aber nicht unbedingt leichter. (0’26) O-Ton Fahrer Andreas (40): „Ich habe schon durchaus das Gefühl, dass bei manchen Bewerbungen das nicht gerade von Vorteil ist. Wenn, dann hat man irgendwie ganz klar manchmal so den Verdacht, dass einen viele Speditionen ablehnen nach dem Motto: Wir nehmen keinen Akademiker, der könnte uns gefährlich sein, das könnte ein Querulant sein. Aber wie gesagt, das ist ein Gefühl subjektiver Art. Ich weiß nicht, ob’s wirklich so ist.“ (0’21) Erzähler: Zum Zeitpunkt unseres Gespräches ist Andreas wieder auf Jobsuche – die letzte Stelle hat er gekündigt, weil er vom Unternehmer zu nicht ganz sauberen Praktiken genötigt wurde, wie er sagt. Und hier ist bei ihm die Grenze erreicht – im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen. Für Andreas ist es leichter, so konsequent zu reagieren, da ihn mit seinem Fahrzeug keinerlei emotionale Beziehung verbindet. Die Angst, keinen neuen Job zu finden, kennt er nicht. Er weiß genau, wieviele offene Stellen es gibt. Andreas mag seinen Job. Ihn romantisch aufzuladen würde ihm aber nie in den Sinn kommen. Eine wichtige Motivation scheint er trotzdem mit vielen Kollegen zu teilen: (0’37) O-Ton Fahrer Andreas (40): „Ich möchte um Himmelswillen umgehen, dass ich in meinem Job mit irgendwelchen Leuten konfrontiert werde, mit denen ich nicht klarkomme. Unter diesem Aspekt ist der Job genial.“ (0’08) Musik: Grateful Dead: Truckin’ (0’29) (1’21 – 1’50) Kreuzblende mit: Arie aus Verdi-Oper (0’15) (bleibt unter dem folgenden O-Ton und dem folgenden Erzählerentext liegen) (0’44) O-Ton Markus Studer (62): „Wenn ich über die Ardennen fahre – und das ist eine meiner beliebtesten Strecken, die ich fahren darf – dann höre ich gerne mal etwas Klassisches von Verdi oder was auch immer – eine wunderschöne Oper. Da kann ich dann lauthals mitsingen. Ich höre quer durch den Garten mehr oder weniger alles, auch etwas volkstümliche Musik, habe ich auch Freude daran, aber das schönste ist effektiv, wenn man so auf der Autobahn so rollen kann, mehr oder weniger nicht gedrängt ist in der Zeit und dann irgendeine schöne Oper von Giuseppe Verdi oder von – von wem auch immer hört, das ist – das ist wunderschön, nicht. Also das kann ich dann wirklich genießen.“ (0’38) Musik: Verdi-Oper (hoch) (0’10) (darüber:) Erzähler: Auch dieser Fahrer hört gerne Musik während seiner Arbeit. Gemessen am Klischee des LKW-Fahrers ist sein Musikgeschmack allerdings eher ungewöhnlich. (0’10) O-Ton Markus Studer (62): „Ich heiße Markus Studer, bin in der Region Zürich in der Schweiz wohnhaft, bin 62 Jahre alt, habe Familie mit drei erwachsenen Kindern von 29, 28 und 25 Jahren, die bereits ausgeflogen sind und bin seit fünf Jahren als Fernfahrer tätig.“ (0’18) Erzähler: Markus Studer ist noch später „auf den Bock“ gekommen als Andreas: mit 57 Jahren – und das auch noch ganz freiwillig. Nicht nur deshalb ist seine Geschichte extrem ungewöhnlich. (0’16) O-Ton Markus Studer (62): „Also ursprünglich wollte ich eigentlich Automobil-Ingenieur werden und habe mich dann aber im Alter von 17, 18 Jahren entschieden, Medizin zu studieren, habe dann Medizin studiert, habe die Ausbildung als Facharzt in Chirurgie und später in Herzchirurgie gemacht und habe dann während 25 Jahren, habe ich Herzchirurgie betrieben; zuerst am Universitätsspital Zürich, dann auch in den USA und am Schluss habe ich ein privates Herzzentrum gegründet mit fünf Kollegen und habe dort sechzehn wunderbare Jahre verbracht. Also gesamt gesehen habe ich ungefähr 4.000 Herzen selbst operiert, habe bei 6.000 Herzen assistiert, so dass ich gesamt gesehen ungefähr 10.000 Herzoperationen mitgemacht habe. So im Alter von 40, 45 Jahren habe ich entschieden, dass ich die Herzchirurgie auf dem Höhepunkt der Karriere eigentlich abschließen wollte und dann irgendetwas anderes mir einfallen sollte, was ich machen könnte. Und da ich das Interesse für die Technik und die Interesse für das Reisen hatte, habe ich gedacht, da wäre… LKW-Fahrer wäre eine ideale Kombination.“ (1'10) Erzähler: Studer kann sich noch gut daran erinnern, wie er als kleiner Junge an der Hauptverbindungsstraße zwischen Stuttgart und Zürich gestanden hat und zuschaute, wie die großen LKW an ihm vorbeizogen. Das habe seine Phantasie beflügelt, sagt er. Während seiner Laufbahn als Arzt verfolgte er vor allem die technische Entwicklung bei den PKW. Als er sich entschieden hatte, Ende 2002 mit der Herzchirurgie aufzuhören, begann er noch während seiner Tätigkeit als Chirurg seine Führerscheine und die entsprechenden Lizenzen zu machen. (0’31) Atmo: Crossfade: Geräusche Operationssaal – vorbeifahrender LKW (0’06) Erzähler: Studers berufliches Umfeld reagierte sehr unterschiedlich – mal mit enthusiastischer Zustimmung, mal mit betretenem Schweigen. Als die Kollegen im Herzzentrum Hirslanden realisierten, dass es ihm ernst war mit der Umsetzung seines Plans, habe es einige Diskussionen gegeben. Seine Frau allerdings war nicht geschockt, sondern habe ihn in seinem Entschluss noch unterstützt. (0’23) O-Ton Markus Studer (62): „Also ich habe immer wieder mal davon gesprochen und dann sagt sie: Musst nicht immer davon sprechen, sondern mach’s endlich jetzt. Also sie hat mich noch animiert, diese Fahrstunde zu nehmen für den LKW und die Sattelzüge und ich habe ihr auch gesagt ungefähr wie das aussehen wird, unser Sozialleben, nämlich, dass ich im Prinzip unter der Woche weg bin und nur eigentlich über’s Wochenende zu Hause bin. Aber sie sagt, das Sozialleben heute ist strukturierter als vorher. Vorher sind immer irgendwelche Notfälle dazwischen gekommen. Also wenn man etwas abgemacht hat mit Kollegen und so weiter, dann eine Stunde vorher ist ein Notfall eingetroffen, man musste dort tätig werden. Und dann ist die Verabredung natürlich ins Wasser gefallen. Und das ist heute eigentlich nicht der Fall. Also sie sagt, das wäre eigentlich für sie fast einfacher, weil das strukturierter ist; also das ist berechenbarer jetzt.“ (0’54) Atmo: Crossfade: Geräusche: Vorbeifahrender LKW – Operationssaal (0’06) Erzähler: Im Gespräch wird Studer nicht müde, die schönen Seiten seines Berufes herauszustellen. Das dürfte ihm leichter fallen als seinen meisten Kollegen, da er nicht im selben Ausmaß wie sie auf den Job als Broterwerb angewiesen ist. Zudem kann Studer als selbstfahrender Unternehmer mit eigenem, modernem LKW sein Auftragsvolumen und seine Arbeitszeiten selbst bestimmen. (0’22) O-Ton Markus Studer (62): „Also ich habe das Privileg, dass ich zwischen Zugmaschine und Auflieger relativ viel Platz habe. Dort habe ich ein Fahrrad montiert an der Rückseite der Kabine. Und wenn ich nicht mehr fahren kann, dann nehme ich das Fahrrad und schaue mir die Umgebung etwas an. Und das gibt natürlich viele Möglichkeiten, wo man das Fahrzeug an einen schönen Ort hinstellen kann. Also ich kenne in Mitteleuropa viele Flüsse und Seen, wo ich das Fahrzeug am Fluss oder am See abstellen kann. Ich freue mich, wenn ich nachts um elf Uhr ein Bad nehmen kann irgendwo im Rhein oder in der – in der Rhône oder in der Aare oder an irgendeinem See. Natürlich geht das nur, wenn man keinen großen Umweg machen muss, nicht? Also ich übernachte nicht gerne an diesen Rastplätzen wie sie zum Teil in Deutschland sind, nicht, in der ersten Reihe mit der Kabine gegen die Autobahn, damit man auch wirklich jedes Fahrzeug, das vorbeifährt, morgens um drei Uhr auch hört. Also das ist etwas, was ich große Probleme damit habe. Ich gehe eher auf die Autohöfe, die etwas abseits der Autobahnen sind oder dann gehe ich irgendwo in die Pampas oder auch zum Teil gibt’s auch in den Städten selbst – gibt es Möglichkeiten, wo man an einem schönen Ort das Fahrzeug hinstellen kann, z. B. in Rotterdam, auch in Antwerpen. Also ich möchte etwas sehen um den LKW. Ich finde es wirklich schade, dass viele Kollegen außer ihrer Kabine und der Autobahn nichts von der Umgebung sehen. Das ist für mich eigentlich das Schöne an dem Beruf, dass man die schönen Gegenden sieht. Ob das nun in Frankreich ist, in Deutschland, in der Schweiz, in Belgien, Holland oder wo auch immer, überall gibt es wunderschöne Dinge zu sehen und die muss man einfach sehen, die muss man manchmal auch suchen.“ (1’30) Erzähler: Unter www.markus-studer.ch stellt sich der ehemalige Herzchirurg mit seinem LKW einer weltweiten Öffentlichkeit vor. Sieht man sich seine Fotogalerie an, stellt man fest, dass er auffällig oft Beifahrer an Bord hat. (0’14) O-Ton Markus Studer (62): „Die meisten, die haben sich gemeldet über die Homepage, haben gesehen, dass da Mitfahrer dabei sind. Es gibt da Damen und Herren, die sich bei mir melden, die mal eine Woche Urlaub im LKW und nicht auf dem Bauernhof machen wollen. Die haben, häufig haben die einen anderen Beruf als LKW‑Fahrer, also die sind Juristen oder Polizisten oder Kaufmann oder Unternehmer oder was auch immer, oder auch Handwerker. Also ich fahre im Jahr, fahre ich nicht mehr als sechs, sieben Wochen alleine, sonst habe ich immer Gäste dabei. Selbstverständlich muss man Rücksicht nehmen aufeinander, das ist klar. Das ist relativ eng in der Kabine, auch wenn es eine große Kabine ist. Aber man muss Rücksicht nehmen, vor allem dann auch im Winter, wenn man dann relativ häufig in der Kabine sein muss. Im Sommer ist das natürlich viel besser oder im Frühling, weil man dann draußen sein kann und dann draußen sitzen kann, etwas essen, über Gott und die Welt schwatzen kann. Also das sind sehr interessante Begegnungen, die ich da machen konnte und durfte. Und ich freue mich jedes Mal, wenn ich einen optimistischen gutgelaunten Beifahrer habe, mit dem ich über Gott und die Welt sprechen kann und der dann manchmal eben auch, wenn er die entsprechende Erlaubnis hat, dann auch ins Lenkrad greifen kann, und mal von Rotterdam nach Luxemburg fährt und dann die größte Freude dran hat. Ich habe bis jetzt sehr gute Erfahrungen gehabt. Ich habe noch nie jemanden da beim nächsten Bahnhof aussteigen lassen.“ (1’20) Erzähler: Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen ist Markus Studer nicht gern allein in seiner Fahrerkabine. Unter den Mitfahrern, die auf der Galerie seiner Webseite verewigt sind, findet sich ein ganz besonderer Fall. 2003 wird Studer von einer Organisation angesprochen, die sich für krebskranke Kinder einsetzt. Man fragt ihn, ob er einem schwerkranken Jungen nicht dessen Herzenswunsch erfüllen könne, einmal auf große Tour mit einem LKW zu gehen. (0’31) O-Ton Markus Studer (62): „Beim ersten Mal, als er mitgekommen war, war er Vierzehn. Der hat seit dem siebten Lebensjahr hat er einen Knochentumor, einen bösartigen. Man hat den entsprechend behandelt mit Chirurgie und mit – mit Medikamenten. Der war einige Jahre sogenannt rezitiv-frei, das heißt, der Tumor – man hatte das Gefühl, der Tumor wäre geheilt, das war aber nicht der Fall. Das hat dann in seinem Körper diverse Metastasen gegeben, also Ableger, die musste man dann operieren. Also musste man ihm z. B. das Kniegelenk ersetzen, man musste ihm das Schultergelenk ersetzen, man musste einen Teil der Lunge rausnehmen und einen Teil der Rippen rausnehmen. Und der ist ein Jahr mitgekommen, ich habe gedacht nach diesem Jahr, wahrscheinlich werde ich ihn das nächste Jahr nicht mehr sehen, weil er hatte damals schon mehrere Metastasen, hat dann diverse Eingriffe gehabt in diesem Jahr und hat sich dann gemeldet kurz vor dem Sommer nach dem ersten Jahr und gefragt, ob er noch eine Woche mitkommen darf. Sagte ich: Selbstverständlich. Dann ist er noch eine Woche mitgekommen und er ist dann ungefähr sieben Monate danach ist er – ist er gestorben dann. Das war ein sehr imposantes Erlebnis für mich, weil ich auch dort gesehen habe wie reif, dass jemand mit fünfzehn Jahren sein kann. Der Junge wusste, was er hatte, wir haben darüber offen gesprochen. Er hat auch von sich aus entschieden, dass er nicht eine zweite Behandlung mit Krebs abtötenden Medikamenten haben wollte, weil er die erste Behandlung – die war schrecklich für ihn. Also das war für mich schon ein ganz spezielles Erlebnis. Und ich freue mich, dass ich Simon zweimal eine Woche mitnehmen durfte.“ (1’50) Erzähler: So sehr Studer seinen neuen Beruf – oder auch seine neue Berufung – auch liebt – er wird ihn vielleicht in naher Zukunft bereits wieder aufgeben müssen. (0’10) O-Ton Markus Studer (62): „Ich kann nicht leben von dem, was ich verdiene, auch wenn ich hundert Prozent arbeite; das ist das Problem, weil die Frachtraten werden ja immer schlechter, obwohl die Preise ja des Diesels langsam in astronomische Höhen steigen und wahrscheinlich noch weiter steigen werden, die Straßensteuern ständig zunehmen. Also das ist wirklich ein Problem, das Wirtschaftliche. Aber ich habe das Privileg, dass ich was auf die Seite legen konnte vom vorhergehenden Beruf und dass ich nicht zu hundert Prozent von diesem Verdienst leben muss. Weil, das wäre fast nicht möglich. Und wenn ich den Stundenlohn ausrechnen würde, dann komme ich natürlich nie auf einen Wert wie es eine Raumpflegerin bekommt. Und ich mache das, solange ich noch Lust habe dann am Fahren. Und ich werde, wenn es mir nicht mehr passt und wenn es vom Wirtschaftlichen nicht mehr möglich ist, dann würde ich mir etwas anderes suchen.“ (0’54) Musik: Verdi-Oper (0’15) Erzähler: Über die ungewöhnliche Karriere des Markus Studer ist in TV-Boulevardmagazinen wie auch in den Fernfahrerzeitschriften ausgiebig berichtet worden. Der Ex-Chirurg bestätigt, dass er gelegentlich erkannt wird. Dann kommt es immer wieder zu interessanten Diskussionen. Am Ende des Tages sei er aber eben doch nur der Fernfahrer Markus Studer – einer unter vielen. Er gibt zu bedenken, dass die meisten seiner Kollegen ebenfalls keine ausgebildeten Fahrer seien. Immer wieder betont er, man müsse die schönen und interessanten Dinge an dem Beruf sehen. Dazu gehört nicht zuletzt ein gewisses Quäntchen Freiheit. (0’37) O-Ton Markus Studer (62): „Wissen Sie, wenn ich nachts um elf oder um zwei Uhr auf der Straße fast alleine bin und ich selbst wählen kann, welche Route ich fahre und vielleicht jetzt eine Route fahre, die zwanzig Kilometer länger ist als die andere, weil sie schöner ist, dann freue ich mich über diese Freiheit, auch wenn es eine relative und eine kleine Freiheit ist.“ (0’19) Musik: Willie Nelson – „On The Road Again” (0’27 – 0’40) (0’13) (Text: “On the road again / Goin' places that I've never been / Seein' things that I may never see again, / And I can't wait to get on the road again.”) O-Ton Markus Studer (62): „Man wird von einem Virus befallen und ich glaube, den wird man nicht mehr los. Ich habe ja auch bei Kollegen, die das schon seit dreißig Jahren machen, durfte ich mitfahren am Anfang. Ich habe mir ein Bild machen müssen, was das bedeutet dann, bin einige Wochen mit denen mitgefahren, die haben mich auch fahren lassen und so weiter. Und dort habe ich auch gesehen, was es eigentlich bedeutet. Und dort bin ich schon vom Virus befallen worden und das bleibt, also das ist keine Frage – [das] hat ein sehr hohes Suchtpotenzial das Fahren mit dem LKW.“ (0’33) Erzähler: Was macht denn nun den eigentlichen Reiz dieses Berufes aus? Wenn man Fahrer befragt, hört man immer wieder, dass es das erhabene Dahingleiten zwei Meter über dem Boden sei – genauso wie eine gewisse durch die Größe des Gefährts bedingte Überlegenheit, die man verspürt. Das und die kleine Freiheit, die sie noch besitzen, hält viele Fahrer trotz widrigster Umstände bei der Stange. Aber eine Sucht bringt Abhängigkeit mit sich. Und so kommt es, dass sich viele Fahrer kaum noch einen anderen Job vorstellen können. (0’27) O-Ton Fahrer Sven (35): „Man lebt hier auf zwei Quadratmetern und das war’s natürlich. Und da kommt natürlich schon der Punkt, da sagt man sich: Ist das das richtige, was man gemacht hat? Aber andernfalls ist es so… ich könnte mir auch nicht vorstellen, noch mal wieder irgendwo inner Firma zu arbeiten, morgens um sieben Uhr dreißig: Die Glocke schellt, alle laufen rein, bis neun Uhr dreißig warten, bis ich das erste Mal in mein Butterbrot reinbeißen darf – ich glaube, das könnte ich auch gar nicht mehr, weil… wenn ich jetzt hier die Meinung hab, morgens mal’ne Stunde länger zu schlafen, dann schlaf ich die länger – dass es im Endeffekt hinterher irgendwelche Probleme gibt, das steht auf’m anderen Blatt, aber… in erster Linie kann ich das so halten und machen, wie ich will. Und wenn ich meine, dass ich einen Kaffee trinken gehen will, dann gehe ich einen Kaffee trinken.“ (0’34) O-Ton Fahrer Otto (60): „Irgendwo, wenn es auch nicht mehr viel ist – aber es ist noch so’n kleines Stückchen, auch heute noch, so’n kleines Stückchen Freiheit ist immer noch dabei. Das ist der Reiz an dieser ganzen Sache noch. Man steht unter Bewachung – durch Telefon, wir jetzt durch unser’n neuen Telematik, die wir drinhaben, sattelitengestützt, die wissen, wo wir sind und alles, aber…man entscheidet selber. Man teilt sich das ein… und man ist noch so ein bisschen, unterwegs, wenn man den Hof verlässt, so’n bisschen der eigene Chef. Und das ist dieser Reiz noch, was einen noch bei der Stange hält. Sonst, wenn das nicht wär… dann hätte ich einen Nagel in die Wand gehauen schon längst und das Lenkrad hing da schon drauf, dann wär schon Ende.“ (0’42) O-Ton Gunter Gabriel: „Ich kenne viele Jungs, die können gar nicht mehr absteigen. Die brauchen das, die brauchen das. So wie Seeleute – die ich auch nicht verstehen kann, dass die wochenlang ewig durch diesen Ozean plantschen mit ihren Schiffen da… ja, was soll das, was soll das, Du siehst nichts… ja.“ (0’17) O-Ton Fahrer Tim (32) (in der Küche): „Manchmal hab ich auch ein bisschen Bedenken – wenn ich jetzt denke, ich geh aus dem Fernverkehr raus und bin jeden Abend zuhause, dass ich dann irgendwann nach einem halben Jahr sag, ich bereu’ das. Und will gerne mal wieder abends für mich alleine mein Bierchen trinken, auf ’ner Parkbank (lacht) im Wald… ja, es gibt ja auch immer noch schöne Momente dabei, möchte ich nicht verhehlen, also ganz sicher. Und ich glaube, die meisten sehen das so, aber viele wollen’s einfach nicht zugeben.“ (0’21) Erzähler: Angesichts der teilweise haarsträubenden Arbeitsbedingungen der Fahrer taucht immer wieder die Frage auf, warum sie sich nicht geschlossen zur Wehr setzen. Andere Berufsgruppen setzen Beschäftigungsverbesserungen mit Streiks durch. Wenn die Fernfahrer den Zündschlüssel abziehen würden, hätte das weitreichendere Konsequenzen als beispielsweise ein Streik bei der Bahn: Schon nach wenigen Tagen käme es zu eklatanten Versorgungslücken – im Supermarkt wären die Regale leer, die Autoproduktion stünde still, die Zapfsäulen an den Tankstellen würden versiegen. Aber in Deutschland haben die Fahrer bereits seit 25 Jahren nicht mehr für Verbesserungen in ihrem Job gestreikt – was vor allem daran liegt, dass sie so schlecht organisiert sind. Benedikt Frank ist Gewerkschaftssekretär bei der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Dort betreut er den Fachbereich Postdienste, Speditionen und Logistik. Den Grund für den schlechten Organisationsgrad sieht Frank in der Struktur der Arbeit – und nicht zuletzt auch im Selbstverständnis der Fahrer. (0’51) O-Ton Benedikt Frank (ver.di): „Die Fahrer sind häufig auf sich alleine gestellt. Wenn man sich mit Kolleginnen und Kollegen besser absprechen kann im Betrieb, wenn man als Gruppe arbeitet, dann ist der Wille, sich gemeinsam zu organisieren, gemeinsam zu handeln, auch in der Regel schneller da, als wenn man, ja, der einsame Steppenwolf ist, der eh immer auf sich allein gestellt ist, der es auch in der Regel kennt, sich um seine Probleme allein zu kümmern oder auch allein damit konfrontiert zu sein mit seinen Problemen. Das hat vielleicht auch ein bisschen was mit der Mentalität der Fahrer zu tun, die eben in der Regel keine Gruppenerfahrungen haben, was arbeiten angeht, sondern immer für sich alleine arbeiten.“ (0’36) Erzähler: Hier wird ein Dilemma des Berufes offensichtlich: Für eine nicht gerade kleine Gruppe der Fahrer macht genau dieses Arbeiten als Einzelkämpfer einen großen Teil der Attraktivität des Berufes aus. (0’09) O-Ton Fahrer Bernie (40): „Was mir an dem Job gefällt ist, dass man so unterwegs auf sich selbst gestellt ist. Ja? Also hier kommt nicht alle fünf Minuten da einer vorbei und sacht Dir, was du machen musst. Bei uns in der Branche iss mehr so, da muss man erstmal selber sehen, wie man klarkommt.“ (0’13) Erzähler: Hinzu kommt, dass das Gros der Fernfahrer in Deutschland in mittelständischen Betrieben beschäftigt ist. Laut einer Zahl des Bundesamt fürGüterverkehr waren 2003 über 50% der Fahrer in Speditionen beschäftigt, die einen bis vier LKW unterhalten. Bei solchen Größen ist der Aufbau eines Betriebsrat aufzubauen. Einen möglichen Ausweg aus der Vereinzelung könnte aber vielleicht das Internet bieten. Immer mehr Fahrer haben Laptops in ihren Kabinen, immer mehr Raststätten und Autohöfe stellen auf ihren LKW-Parkplätzen einen drahtlosen Internetzugang zur Verfügung. Das führt dazu, dass nicht nur auf der Autobahn, sondern auch in den vielen unterschiedlichen Fernfahrerforen im Internet reichlich Verkehr herrscht. Hier diskutieren Fahrer die drängendsten beruflichen Themen. (0’37) Atmo: Tippen auf Tastatur (0’02) Erzähler: Aus anderen europäischen Ländern hört man immer wieder von Streiks der LKW-Fahrer. Benedikt Frank erklärt, woran das liegt. (0’08) O-Ton Benedikt Frank (ver.di): „Es gab in der Vergangenheit da einen Streik, den sie vielleicht auch vor Augen haben, der vor allem von den Arbeitgebern organisiert worden ist und nicht von den Arbeitnehmern. Die Organisationszahlen sind in Frankreich und Italien noch schlechter als in Deutschland, aber – die haben eine andere Streikkultur. Das fängt damit an, dass viele dort streiken und dann tatsächlich auf Lohn verzichten. Das ist ja erstmal bei einem Streik nicht so, man bekommt ja sozusagen Streikgeld von uns, seinen Lohn weitergezahlt, weil der Arbeitgeber nicht zahlt – dort ist es tatsächlich so, die leben dann auch erstmal einen Monat ohne Geld, machen’s aber trotzdem. Und äh, das wissen wir denke ich auch, Streiks sehen da häufig auch anders aus. Also ich denke da durchaus mal gelegentlich an – was bei uns nicht vorkommt – das mein Auto anfängt zu brennen – das ist da vielleicht schon mal schneller der Fall, ist natürlich auch nicht die Regel.“ (0’46) Erzähler: In anderen Ländern wie den Niederlanden oder Frankreich genießen die LKW-Fahrer zudem ein wesentlich höheres gesellschaftliches Ansehen. Dass die Fahrer hierzulande so ein schlechtes Image haben, scheint, abgesehen von der negativen Darstellung in den Medien, mehrere Gründe zu haben: Deutschland ist ein Transitland, in dem es auf Autobahnen kein generelles Tempolimit gibt. Dadurch gelten LKW oft als „Bremser“ – zumindest deutlich öfter als in anderen europäischen Staaten. Auch ist es in den letzten Jahren innerhalb der Speditionsbranche zu extremen Fällen von Korruption gekommen. So wurden erst vor kurzem zwei Großspediteure zu erheblichen Geldbußen verurteilt. (0’34) Atmo: Vorbeifahrender LKW (0’05) Erzähler: Und trotzdem fahren die Fahrer noch immer. Wenn man es negativ ausdrücken wollte, könnte man vielen von ihnen unterstellen, dass sie Opfer ihres eigenen, romantisierten Selbstbildes sind – der einsame, freie Mensch, eingesponnen in den Kokon seines Führerhauses, der gleich einem Astronauten die Welt von oben betrachtet und nicht wirklich ein Teil von ihr ist. Der gleich einem Cowboy alleine unterwegs ist, abgeschnitten von sozialen Beziehungen und daher auch außerhalb sozialer Normen und Gesetze steht – eben ein Outlaw. Dieses Bild gerät aber immer stärker in Konflikt mit der Vielzahl an Kontrollmechanismen, die den Menschen hinter dem Steuer immer mehr zum gläsernen Fahrer werden lassen. Von ihm wird letztlich die gleiche Effizienz und Funktionalität verlangt wie von der Maschine, mit der er arbeitet und in der er lebt. (0’46) Atmo: Vorbeifahrender LKW (0’05) Erzähler: Auf der anderen Seite ist die Gesellschaft auf diese Menschen angewiesen, die ihren Job mit seinen vielen Einschränkungen überhaupt auf sich nehmen. Denn noch immer ist der LKW das Transportmittel, mit dem heutzutage die meisten Waren bewegt werden – ein strukturelles Problem, für das die Fahrer schlecht verantwortlich gemacht werden können. Der Respekt, der ihnen für diese wichtige Tätigkeit früher gezollt worden ist, ist heute am Nullpunkt angelangt. Das hat bei vielen Fahrern im Laufe der Jahre einen erheblichen Leidensdruck aufgebaut. Dieser entlädt sich bei manch einem geradezu explosionsartig, wenn sie in eine Fernsehkamera oder in ein Radiomikrophon sprechen sollen. So auch bei Katja, der Fernfahrerin aus Dresden. (0’33) O-Ton Fahrerin Katja (28): „Dieses Miteinander auf der Autobahn – also, einfach zu respektieren, dass die LKW da sind, überhaupt mal daran zu denken, dass der LKW im Prinzip die ganze Wirtschaft hier am Laufen hält, dass über den LKW Güter transportiert werden, die jeder Mensch braucht zum Überleben, weil eine Salatgurke und einen Mandarine und eine Apfelsine, die wachsen nicht im Discountregal. Ja, das kommt vom Bauern, das ist richtig, aber der Bauer, der stellt’s ja irgendwo in die Kühlung, und dann kommt ein LKW und der holt’s ab, ne? Ich hab’ keen Bauern gesehen oder ich kenn’ keenen, der mit’nem Traktor sein Zeug da sagen wir mal von Osnabrück nach München fährt. Kenn ich keenen. Das macht ein LKW! Also wir holen das Zeug, die Verpflegung für diese ganzen Leute, für die Menschen. Wir sind wochen-, monatelang unterwegs, um die ganze Menschheit hier zu versorgen in dem Sinn, ne? Wir sind Weihnachten draußen, Silvester draußen, wo andere schön um den Tannbaum sitzen, in der Familie sind, sind wir allein draußen und karren für die Leute die Apfelsinen hoch, die Bananen, die… das kommt ja nicht alles vom Himmel. Und die Bahn, die fährt nicht bis in’ Netto, die fährt nicht bis in’ Real, die fährt nicht bis dahin, das machen wir, wir LKW-Fahrer! Wir stehen Tag und Nacht, 24 Stunden, sieben Tage die Woche, auf der Strasse sind wir und transportieren für die Leute die Güter, damit die bauen könne, damit die Grabsteine haben, Obst und Gemüse, Lebensmittel, Backwaren, alles, alles kommt mit dem LKW! Ne, man wird vollgeholzt ohne Ende, wenn man mal irgendwo an’nen Straßenrand sich hinstellen muss um abzuladen, dann blockiert man halt mal die Straße, ja, aber man macht’s ja nicht, weil man die Autofahrer ärgern will – man macht’s, damit man da halt zum Beispiel beim Bäcker Mehl abladen kann, damit der Bäcker halt diese Brötchen zusammenrühren kann. Und das Brot. Ja, Brot für die Welt! Das kommt alles von uns! Ja, das iss so! Aber die Leute verstehen’s nicht, die verstehen das nicht – man wird immer wieder kritisiert. Man ist das Arschloch quasi. Die scheiß LKW, die scheiß LKW, immer wieder dasselbe.“ (1’57) Erzähler: Natürlich gibt es auch unter den Fernfahrern Schwarze Schafe, wie in jeder Branche. Wegen des enormen Drucks, unter dem die Fahrer tagtäglich stehen, vielleicht sogar ein paar mehr als anderswo. Kein Wunder, dass kaum ein Fahrer im Interview seinen vollen Namen nennen will. Es scheint, als müsse sich vieles ändern, damit der Beruf des Fahrers endlich wieder ein menschliches Antlitz bekommt. Bis dahin aber ist es, auch das ist mir klar geworden, noch ein langer Weg. Viele der Fahrer wünschen sich eigentlich nur, dass die Menschen endlich anerkennen, wie wichtig und schlichtweg unentbehrlich ihr Job für die Gesellschaft ist. Das Schlussplädoyer für die Fahrer hält Gunter Gabriel. (0’42) O-Ton Gunter Gabriel: „Sie sind einsame Hunde, die mit dieser Einsamkeit klarkommen müssen. Und mit ihrer Verantwortung, die hinter ihnen ist. Diese 40 Tonnen, die sie hinter sich haben. Die haben Verantwortung und müssen wach bleiben. Und das, das hebt sie hoch, dass sie es trotzdem tun, dass sie trotzdem ihre Arbeit tun und ihre Bahn fahren… tja, es sind für mich richtige Helden, es sind Helden… für mich sind das Helden. Die aber nicht diese Würdigung haben, die sie eigentlich verdient haben. Darum schreibe ich die Lieder über sie. (zieht an der Zigarette) Mehr kann ich dazu nicht sagen, sonst werde ich seidenweich. Und noch ganz sentimental.“ (0’43) Wortende: 52’10 Schlußmusik: Kris Kristoffersen: This Old Road (Text: “Look at that old photograph / Is it really you / Smiling like a baby full of dreams / Smiling ain't so easy now / Some are coming true / Nothing's simple as it seems / But I guess you count your blessings with the problems / That you're dealing with today / Like the changing of the seasons / Ain't you come a long way down / This old road. / Looking at a looking glass / Running out of time / On a face you used to know / Traces of a future lost / In between the lines / One more rainbow for the road / Thinking of the faces in the windows / That you passed along the way / Or the last thing you believed in / Ain't you come long way down / Say you tried to chase the sun down / And you let it slip away / And the holy night is falling / Ain't you come long way (Ain't you come a long way) / Ain't you come a long way down / This old road / Look at that old photograph / Is it really you.”) Musiklsite Nr Titel/Ausführender Komponist/Text/ Bearbeitung LC-Nr. Plattenfirma Plattennummer/Take Dauer 1 Tfantic freeway Levine, C;Brandt,C 00316 RCA Take 12 1.00 2 Ramblin´Man Williams, Hank 04270 Unsere Stimme Trikont Take 19 0.55 3 Wo ist zuhause, Mama J.Cash, J.Relin 05197 Bear Family Take 21 0.25 4 Dieselknecht G.Gabriel 05680 Koch Take 11 2.40 5 Foggy Mountain Breakdown E.Scruggs/John Forgerty 01056 MCA Nashville Take 7 4.48 6 The Return of the Grievous Angel Gram Parsons 03708 Wait&See Music Take 16 2.00 7 Truck Driver´s Blues Daffan, Theron 05197 Bear Family Take 27 2.00 8 Truck Drivin Man Fell, Terry 05197 Bear Family Take 3 2.17 9 Six Days on the Road Earl Green,C.Montgomery 01622 Ganse&Handke Media Take 11 2.00 10 Ich möchte so gern Dave Dudley hör´n Bach, Rainer 04324 Polystar Take 10 2.06 11 Convoy Davis Louis F. 00136 Brunswick Take 7 1.20 12 Ich bin CB-Funker G.Gabriel 8259 Delta Music Take 12 0.40 13 Wer die Oma nicht kennt, hat die zeit echt verpennt Löhmer, Klaus, Astor, Tom 05680 Koch Records Take 12 1.05 14 Truck Stop, Tom Astor und ich Gunter Gabriel 05064 Spectrum Take 2 3.21 15 Truck Drivin´Man van Zant,R.,King,E. 01056 MCA Take 7 2.25 16 Tätowier mir keinen Anker K.Bortfeldt,E.Nick 08681 duo phon records Take 6 0.15 17 Hey, Trucker Lady H.Lammers Meyer, Jansen,G. 12466 Countri Rooads Take 4 1.20 18 King of the Road R.Miller 00136 Brunswick Take 15 1.41 19 On the Road Again Wilson, A.,Jones,F. 01622 Ganser&Hanke Take 1 0.30 20 Trucking Garcia, Jerome,Les Phil, Weir R.Hunter R. 02982 RHINO Take 1 0.30 21 On the Road again W.Nelson 00316 Sony Take 1 1.00 22 Southern Flover Bill Monroe 05197 MCA Recordungs Take 9 1.00 23 This is Old Road Simien, Terrance 03397 Tone Cool Take 4 5.43