COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. LR Biolandwirte vor dem Aus? 25.6.2012 Autoren: Axel Flemming, Peter Podjavorsek Red: Heidrun Wimmersberg/ Julius Stucke Auslaufende Pachtverträge, explodierende Bodenpreise - die politische Diskussion in Potsdam Mod: In diesem Jahr laufen langjährige Pachtverträge in der ostdeutschen Landwirtschaft aus. Im Zuge der Flächenprivatisierung der Treuhand-Nachfolgegesellschaft BVVG stehen die finanzkräftigen Investoren oder Großbauern schon Schlange, um in großem Stil Land einzukaufen. Die Biobauern können da nicht mithalten. Wie wird das Problem Landknappheit in Potsdam diskutiert?Axel Flemming: _______________________________________________________ Autor: Brandenburg ist zwar ein Flächenland, aber landwirtschaftliche Flächen sind ein knappes Gut.Der Bauernverband fordert deshalb ihren Schutz und wendet sich gegen Pläne des EU-Agrarkommissars Ciolos, der 7 Prozent der Ackerfläche stilllegen will.Der Verband rechnete aus, für Deutschland würde dies eine Fläche von rund 600.000 ha ausmachen, für Brandenburg immerhin 65.000 ha.Dazu kommt noch die Problematik auslaufender Pachtverträge.Der Bauernverband führt darüber Gespräche mit der Geschäftsführung der BVVG, die ehemals staatliche Flächen der DDR privatisiert.Präsident Udo Folgart:Folgart: "Wir müssen die Härtefälle sozusagen identifizieren. Wir haben ja so eine Gemengelage jetzt, die auch damit im Zusammenhang steht, dass durch die Änderung des 2. Rückübertragungsgesetzes - sag ich mal mit meinen Worten, das heißt ein bisschen anders - eben auch die Alteigentümer wieder in den Genuss kommen noch zu Preisen aus dem Jahr 2004 heraus zu kaufen, wenn sie rechtzeitig den Antrag noch gestellt haben. Und da ist noch nicht quantifizierbar, um wie viel Hektar es sich handelt. Das kann 60.000 ha sein, das können aber 30.000 ha sein. von jetzt noch 90.000 ha, die zu privatisieren sind. Also insofern ist diese Spannungsfeld zu sehen, und wir müssen tatsächlich darauf abstellen, dass wir Härtefälle als Härtefälle behandeln, sehen und dann Lösungen finden, die nicht zu einer Existenzbedrohung der jetzig existierenden Betriebe, die diese Flächen in Wirtschaft haben kommen."Autor: Folgart sitzt auch als Abgeordneter der SPD im Landtag von Brandenburg.Damit kontrolliert er die Arbeit seines Parteifreundes, Landwirtschaftsminister Jörg Vogelsänger, der das Problem nicht so hoch hängen will.Vogelsänger: "Wir müssen dafür sorgen, dass ebend entsprechend auch jeder Hektar Boden möglichst weiter zur Verfügung steht. Und das heißt auch, dass wir dafür sorgen, dass möglichst wenig Flächenverbrauch da ist. Und das machen wir gemeinsam und dann bin ich optimistisch, dass diejenigen, die eben produzieren auch weiterhin diese Möglichkeit entsprechend haben."Autor: Ein Blick in die Statistik von 2011 zeigt: die Bodenpreise für Ackerland, Grün- und Forstwirtschaftsflächen zogen erneut deutlich an. Der Preis je Quadratmeter liegt im Landesdurchschnitt mittlerweile bei 52 Cent. Das entspricht einem Preisanstieg zum Vorjahr von etwa 20 Prozent. Niels: "Nach Meinung vieler Fachleute und gerade nach Meinung von neuen Landwirten haben wir jetzt schon viel zu hohe Bodenpreise, besonders in Ostdeutschland. Auch durch die Verkaufspraxis alter Flächen, BVVG. Ja, ich denke schon, dass die noch weiter in die Höhe gehen werden, die Preise, das ist auch eine Tendenz, die von allen Seiten bestätigt wird. Und problematisch durchaus." Autor: Sagt Sabine Niels, Landwirtschaftsexpertin der Fraktion Bündnis 90/die Grünen im Brandenburger Landtag. Ob nun ganz normale Folge der Marktwirtschaft auch für landwirtschaftliche Flächen oder Bodenspekulation, könnten die Auswirkungen gerade kleine und mittlere Biobauern treffen?Niels: "Ob Biobauern oder nicht, aber mit klein und mittel träfen Sie's ganz gut: Landkauf ist eine große Investition und insofern kann sich da nicht jeder beteiligen. Es ist aber auch andersrum ein sehr großes Problem, dass Menschen, die jetzt schon landwirtschaftliche Betriebe haben an Großinvestoren verkaufen, sich also gezwungen sehen, weil sie sagen, dass auch aufgrund der Europäischen Agrarförderung das Einkommen nicht groß genug ist für die gesamte Familie Also insofern haben wir auf beiden Seiten die Problematik des Verkaufens und Ankaufens und auch ein Nachwuchsproblem bei den Landwirten." Autor: Die Entwicklung der brandenburgischen Landwirtschaft war gerade Thema in der Enquetekommission "Aufarbeitung" des Landtages.FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kritisieren gemeinsam: Der Großteil der Brandenburger Bauern, die in der DDR zwangskollektiviert wurden und nach 1990 wieder einen eigenen Betrieb aufbauen oder sich ihre Anteile auszahlen lassen wollten, wurde rechtswidrig mit viel zu niedrigen Abfindungen abgespeist und von Politik und Verwaltung alleine gelassen.Statt die Betroffenen bei der Wahrnehmung ihrer Rechte zu unterstützen, vertrete die Landesregierung bis zum heutigen Tag einseitig die Interessen der aus den LPG hervorgegangenen Großbetriebe, werfen die Grünen dem Minister vor.Als Ergebnis sehen sie den Aufbau bäuerlicher Strukturen in der brandenburgischen Landwirtschaft weitgehend stecken geblieben. Bauernland in Bonzenhand? Der Minister wiegelt ab:"Ich bin optimistisch, dass die brandenburgischen Landwirtschaftsbetriebe weiterhin auch mit ihrer Eigentumsquote dafür sorgen, dass in Brandenburg brandenburgische Landwirtschaftsbetriebe produzieren." Länderreport Brandenburgs Biolandwirte unter Druck Autor: Peter Podjavorsek Anmoderation Biolebensmittel haben in den letzten Jahren einen beispiellosen Boom erlebt. Nun scheint es, die Freude war von kurzer Dauer - zumindest für kleine und mittelständische Öko-Landwirte. Die Konkurrenz durch industrielle Agrarunternehmen, die Bio-Lebensmittel günstiger produzieren und sich an Minimalstandards orientieren, macht ihnen zunehmend zu schaffen. Seit kurzem kommt in Brandenburg und den anderen östlichen Bundesländern ein weiteres Problem hinzu: Das Land wird knapp. Viele Pachtverträge laufen in diesen Jahren aus. Finanzkräftige Investoren, Fonds und Großbauern stehen Schlange, um sich in großem Stil Land einzuverleiben. Die Bodenpreise sind regelrecht explodiert, engagierte Biolandwirte können hier kaum noch mithalten. Musik "Im Märzen der Bauer die Rösslein einspannt, er setzt seine Felder und Wiesen instand..." Atmo {das Lied wird überlagert von lauten Trekkergeräuschen} Sprecher Lange ist es her, dass Landwirte mit Ackergaul und Handpflug mühsam ihre Felder bestellten. Selbst Biobauern setzen heute immer mehr auf Maschinen und Massenproduktion, um die wachsende Nachfrage zu bedienen. Atmo {Geräusch vom Scanner der Ladenkasse} O-Ton Kundin 1 Also ich finde es super, dass es mittlerweis auch ein Bioangebot im normalen Discounter gibt. Ich könnte mir gar das nicht leisten, meine ganzen Lebensmittel im Bioladen zu kaufen. O-Ton Kunde 2 Früher war Bioobst oft runzlig und das Brot trocken. Inzwischen sind die Waren aber wirklich besser geworden und ich kaufe öfter mal bio. O-Ton Kundin 3 Vor allem wegen den ganzen Lebensmittelskandalen. Da war ja in den letzten Jahren immer was. Deshalb kaufe ich fast nur noch bio. Atmo {Treckergeräusch hart ran an O-Ton, dann Windrauschen} Sprecher Ein Feld bei Putlitz, einem kleinen Ort zwischen Berlin und Hamburg. Ein Traktor häufelt auf einem 20 Hektar großen Kartoffelacker die Erde auf. Bahn für Bahn zieht die Maschine stoisch ihre Runden. O-Ton KTG 1 Hier im Bereich steht Roggen, hier steht Weizen, wenn wir gegenüber gucken. Wir bauen Wintergerste an, wir bauen Dinkel an. Also ne ziemlich große Palette der Früchte, die man ökologisch vermarkten kann. Sprecher Dirk Warmuth ist Betriebsleiter der KTG Agrar AG am Standort Putlitz. Mit über 35.000 Hektar Anbaufläche ist die KTG einer der größten Landwirtschaftsbetriebe Europas. Er wirtschaftet sowohl konventionell als auch ökologisch. Im Jahr 2007 ging die KTG als erstes rein landwirtschaftliches Unternehmen Deutschlands an die Börse. Über 50 Millionen Euro hat es seitdem von Investoren eingesammelt. Das Ziel: weiteres Wachstum. Vor allem im boomenden Biolebensmittelsegment. Ulf Hammerich, operativer Geschäftsführer des Konzerns. O-Ton KTG 2 Das ist ganz klar auch die Philosophie der KTG Agrar AG. Die immer eine Vision hatte. Nämlich Ökoprodukte auch bezahlbar zu machen. Und wir habens glaub ich auch geschafft, aufgrund unserer Größe tatsächlich den Ökomarkt mit auszubauen und die Bioprodukte aus dem Reformhaus in die Discountläden zu bringen. Sprecher Durch ihre Größe ist die KTG ein idealer Lieferant für den Bio- Massenmarkt. Sie ist in der Lage, große Chargen von Waren gleich hoher Qualität zu liefern. Und sie kann die Preise auf ein Minimum senken: Weil sie durch effizienten Einsatz von Technik und Arbeitskräften Kosten spart und und nicht zuletzt, weil sie Spielräume ausnutzt. Die Spielräume, die das EU-Biosiegel bietet - im Vergleich zu den strengeren Siegeln von Bioland und Co. Atmo {Trecker mit Anhänger fährt vorbei} Musik {... Er mäht das Getreide, dann drischt er es aus. Im Winter da gibt es manch herrlichen Schmaus.} Sprecher Seit Jahrtausenden produzieren Landwirte vor allem Lebensmittel. Doch das ändert sich gerade vergleichsweise schnell. Weltweit boomt der Anbau von Energiepflanzen: für Biosprit und Biogasanlagen zur Erzeugung von Strom und Heizwärme. Befördert durch das Erneuerbare- Energien-Gesetz, kurz: EEG, schießen vor allem in Deutschland die Biogasanlagen wie Pilze aus dem Boden. Auch die KTG hat inzwischen etliche Produktionsstätten in Betrieb. Allein am Standort Putlitz sind es sieben. Diese erzeugen Heizwärme und insgesamt gut 6 Megawatt Leistung. Das entspricht ungefähr der Stromproduktion eines großen Offshore-Windrads. O-Ton KTG 3 Wir füttern jetzt unsere Anlage mit ca. 35 Tonnen am Tag, für eine Anlage. Und da ist dann Mais mit bei, Hirse und Grassilage und Ganzpflanzensilage. Sprecher Die Pflanzen, erläutert ein Mitarbeiter der Biogasanlage, werden extra hierfür angebaut. Allein am Standort Putlitz auf 400 Hektar Land. Und ein Ende ist nicht in Sicht. Die KTG will das lukrative Geschäft mit dem Biogas massiv ausweiten. Denn das EEG garantiert eine Einspeisevergütung für zwanzig Jahre. Damit lässt sich pro Hektar Landfläche erheblich mehr Geld erwirtschaften als mit dem Anbau von Lebensmitteln. Atmo {Vogelgezwitscher, Schritte, muhende Kühe} Sprecher Knapp zweihundert Kilometer südöstlich, zwischen Berlin und Frankfurt/Oder. Der Landwirt Martin Suer bewirtschaftet einen rund 800 Hektar großen Biobauernhof. Nach den strengen Richtlinien des Naturland-Verbandes baut Suer verschiedene Getreidesorten an. Darüber hinaus hält er rund 100 Mutterkühe, die sein Grünland pflegen und Dünger für die Felder liefern. Atmo {muhende Kühe} Sprecher Martin Suer hat sein Land von privaten Eigentümern gepachtet. Darüber hinaus bewirtschaftet er Flächen von der BVVG Bodenverwertungs- und - verwaltungs GmbH, der Nachfolgegesellschaft der Treuhand. Von den aktuellen Entwicklungen in der Landwirtschaft ist der Biobauer gar nicht begeistert. O-Ton Suer 1 Die Pachtpreise haben sich in 20 Jahren vervier-, fünffacht. Teilweise verzehnfacht. Kommt drauf an, in welcher Region Sie sind. Und im besonderen der Preissprung in den letzten vier, fünf Jahren. Man merkt es ganz stark, seitdem es das erste Mal gekracht hat mit der griechischen Währung. 2008. Das war genau der Punkt. Da haben wir gemerkt, dass Leute anfangen, Grund und Boden zu kaufen, weil sie Angst haben ums Kapital. Kaufen sie Grund, also Boden, Wiesen, Teiche, Wald. Wenn die Rendite auch klein ist. Sie ist sicher. Sprecher Die Unsicherheiten auf dem Kapitalmarkt sind nur eine Ursache für die stark steigenden Bodenpreise. Die Weltbevölkerung wächst, und mit ihr der Fleischkonsum, für den rund um die Welt riesige Flächen benötigt werden. Seit auch noch der Anbau von Pflanzen für Treibstoffe und Biogasanlagen boomt, wird für Landwirte die Luft zum Atmen immer dünner. Mit den finanzstarken Großbetrieben, Investoren und Fonds können viele Landwirte nicht mehr konkurrieren. Martin Suer kennt in seinem näheren Umkreis gleich mehrere Höfe, die aufgekauft wurden. O-Ton Suer 2 Meistens passiert das: Was, der Betrieb? Kann doch nicht sein! Dann ist das alles schon unterm Deckmäntelchen passiert. Und dann geht der Betrieb an irgendein Konsortium. Das ist vor zwei Jahren passiert. In Schulzendorf bei Wrietzen. Ist ein Agrarbetrieb mit 6000 ha ist zur Lindhorst Gruppe gegangen. Der Nachbarbetrieb mit 800 ha auch. Beide Anlagen, alles weg. Alle Kühe weg. Da werden dann große Biogasanlagen gebaut. Haben 70 Prozent der Leute nachhause geschickt. Und lassen alles durch ein riesen Lohnunternehmen machen. Die sind schlagkräftig, eiskalt wird das berechnet. Und die Leute sitzen im Dorf und gucken übern Zaun. Sprecher Martin Suer droht dieses Schicksal noch nicht. Doch mit seinen immerhin 50 privaten Verpächtern hat er alle Hände voll zu tun. Ständig läuft irgendein Pachtvertrag aus. Immer wieder muss Suer darum kämpfen, die Preise wenigstens halbwegs im Rahmen zu halten. Mit mäßigem Erfolg: Mindestens fünfzig Prozent Preisaufschlag musste der Landwirt bisher jedes Mal drauflegen. Damit nicht genug: O-Ton Suer 3 Wir haben früher immer 12-Jahres-Pachtverträge gehabt. Das ist eigentlich orts- oder bundesüblich. Vielleicht auch mal 10 Jahre. Die Leute wollen am liebsten nur noch drei Jahre. Das heißt, wenn Sie eine Fläche haben von 800 Hektar. Sie sind nur zugange: Bitte und danke, könn'wa nich. Dann muss man manchmal schon für einen längerfristigen Pachtvertrag noch mal 50 Euro oben drauflegen. Sonst kriegen sie den nicht mehr. Sprecher Kurze Pachtverträge haben das Problem, dass der Landwirt immer überlegen muss: Wie viel investiere ich überhaupt noch? Wer befürchtet, in zwei oder drei Jahren ein Grundstück abgeben zu müssen, macht nur noch das Nötigste, um für diese Zeit die Erträge zu sichern. Pächter, die dann das Land übernehmen, bekommen ein heruntergewirtschaftetes Stück Erde. O-Ton Suer 4 Sie brauchen eigentlich Spielräume von wenigstens 10 Jahren. Um auch in den Boden was reinzustecken und damit der Boden auch zum Schluss nicht ausgebeutet ist. Sprecher Besonders erzürnt Martin Suer das Verhalten der Politik und der Treuhand-Nachfolgegesellschaft BVVG. Diese ist dafür zuständig, den aus der DDR übernommenen Grund und Boden zu veräußern. Landwirt Suer hat zweihundert seiner achthundert Hektar von der BVVG gepachtet. 50 Hektar davon hat er gerade verloren. Die restlichen 150 werden demnächst folgen. Denn die BVVG wollte die Flächen nicht mehr an den Ökolandwirt weiterverpachten, sondern schrieb sie öffentlich zum Verkauf aus. Meistbietend. Martin Suer hat bei der Ausschreibung nicht einmal mitgeboten. Derart hohe Preise kann er an seine Kunden nicht weiterreichen. Im Gegenteil. Vor 15 Jahren bekamen Ökolandwirte für ihr Getreide noch das Doppelte dessen, was konventionelle Landwirte erhielten. Heute ist es nur noch das Anderthalbfache - höchstens. O-Ton Suer 5 Das erste Los ist jetzt verkauft worden, den Hektar für 12.400 Euro. Ein Geldanleger aus Niedersachsen. Der hat es uns das auch wieder angeboten, zum Pachten. Ich sag: Guter Mann, das sind 480 Euro. Ich kann Sie gern an meinen Nachbarn oder all die andern vermitteln. Musik "Kein schöner Land in dieser Zeit..." Sprecher Seit ihrer Gründung im Jahr 1992 hat die BVVG knapp 13.000 Quadratkilometer land- und forstwirtschaftliche Flächen privatisiert. Das entspricht fast der Hälfte der gesamten Fläche Brandenburgs. Rund fünf Milliarden Euro hat der Bund dadurch eingenommen. Was den überschuldeten Staatshaushalt freuen mag - für kleine und mittelständische Biolandwirte ist es ein Desaster. Carlo Horn, Fachberater beim ökologischen Anbauverband Naturland und selbst Bio-Landwirt, sieht schwarz für den Ökolandbau in den Neuen Bundesländern, wenn die Politik nicht endlich umsteuert. O-Ton Horn 1 Wenn wir das mal in die Zukunft interpolieren, dann ist es so, dass es diese heterogene Agrarstruktur, die man in der Milka-Werbung sieht, vielleicht noch in gewachsenen Strukturen geben wird. Aber hier in Ostdeutschland, wo die ganzen ostdeutschen Bundesländer meistbietend verkauft werden, wird es die bäuerliche, inhabergeführte Landwirtschaft über kurz oder lang gar nicht mehr geben. Und wenn es in den nächsten Jahren so weitergeht, setzen sich hier sechs, sieben Leute an den Tisch und sagen, was im Land Brandenburg gemacht wird. Sprecher Bislang verhallen diese Warnungen ungehört. Die BVVG, mit über 400.000 Hektar land- und forstwirtschaftlicher Fläche immer noch größter Anbieter auf dem Bodenmarkt, sieht sich nicht in der Verantwortung und schiebt den Schwarzen Peter von sich. Der Geschäftsführer Dr. Detlev Hammann. O-Ton BVVG Wenn Sie sich in die Lage versetzen in die Lage eines, der öffentliches Vermögen verkauft. Dann können sie gar nicht anders, als den Preis nehmen, der unter transparenten, fairen Bedingungen am Markt erzielt werden kann. Wir haben keinen Spielraum. Die Politik ist uns vorgegeben. Der zuständige Staatssekretär des Bundeslandwirtschaftsministeriums, der hat zuletzt auch ganz klar gesagt: Es gibt keine Notwendigkeit zur Änderung dieser Privatisierungsrichtlinien. Sprecher Ob die BVVG tatsächlich keinen Ermessensspielraum hat, ist allerdings umstritten. So hat der Bundesgerichtshof im Jahr 2011 die Methode der BVVG zur Ermittlung des Marktpreises kritisiert. Die Gesellschaft wurde in einem konkreten Fall zur Rückzahlung des zu viel gezahlten Betrages verurteilt - immerhin 36 Prozent des Verkaufspreises. Etliche andere Käufer beschreiten zurzeit ebenfalls den Rechtsweg. Auch sie hoffen auf Erstattung wegen überhöhter Preise. Atmo {Muhen} Sprecher Auch andere Landwirte wollen sich ihrem Schicksal nicht kampflos ergeben. In der Schorfheide, einem Naturschutzgebiet nördlich von Berlin, liegt die größte zusammenhängende ökologische Anbaufläche Europas, 12.000 Hektar. Ein Dutzend Biolandwirte kam vor einigen Jahren zusammen, um eine Strategie gegen die steigenden Bodenpreise und Spekulanten zu entwickeln. Ulf Dobroschke vom Gut Peetzig war einer der Initiatoren. O-Ton Dobroschke 1 Und dann haben wir mit der BVVG gesprochen und gesagt: Wir wollen dieses gesamte Gebiet kaufen. Und zwar komplett. Und dann war eben die Frage, wie weit kann man da jetzt mitgehen. Kommt die BVVG uns preislich entgegen, oder tut sie das nicht. Die Absicht hatte sie gar nicht. Es ist schön, was ihr da vorhabt. Aber ihr braucht nicht glauben, dass ihr einen andern Preis kriegt. Sprecher Da die Uckermärcker Landwirte nicht selbst kaufen konnten und wollten, setzten sie sich mit der GLS-Bank an einen Tisch. Diese investiert ausschließlich in ökologische und nachhaltige Unternehmen und Projekte. Gemeinsam wurde entschieden, einen Fonds einzurichten: den Bio- Bodenfonds. Dieser sollte einen Teil der Flächen kaufen. Anleger konnten dafür Genussscheine zu 3.000 Euro erwerben. Schon nach kurzer Zeit war der Fonds überzeichnet, obwohl die Rendite nur 2,5 Prozent beträgt - gespeist aus der Pacht, die die Landwirte nun den neuen Eigentümern überweisen. O-Ton Dobroschke 2 Im Gegenzug haben wir vom Bio-Bodenfonds langfristige Pachtzusagen bekommen. Das sind erstmal 18 Jahre, mit einer weiteren Verlängerungsoption von 12 Jahren. Und die Gegenleistung, die wir zu erbringen haben, ist die Verpflichtung ökologisch zu wirtschaften. Also, ein Verstoß gegen die Bewirtschaftungsauflagen, und der Vertrag ist gekündigt. Aber das war auch genau das, was wir wollten. Sprecher Auch der Fachberater Carlo Horn vom Anbauverband Naturland ist überzeugt: Kleine und mittelständische Biolandwirte dürfen nicht nur darauf warten, dass die Politik sich bewegt. Nach dem Beispiel der Uckermärcker Landwirte sollten sie versuchen, Flächen zu sichern - und gleichzeitig alternative Vermarktungsstrukturen schaffen. Etwa, in dem sie ihre Höfe für Besucher öffnen und dem Kunden zeigen, welche Vorteile sie bieten. Nur so könnten sie auf Dauer gegen die großen Ökokonzerne bestehen. O-Ton Horn 2 Und genau deshalb ist es meine Leidenschaft, mit den Möglichkeiten des Ökolandbaus an die Verbraucher heranzutreten und zu sagen: Ist es das Gesellschaftsmodell, das ihr wollt? Und wenn es das nicht ist, dann kauft Produkte, die das Naturlandzeichen tragen, und haltet die Landwirtschaft in dem Level, in dem ihr das gerne möchtet. Weil ihr könnt auf die Landwirte zugehen und sagen: Hört zu! Wir hätten das gerne so und so. Mein Ei soll so groß, diese Farbe haben. Oder die Hennen sollen so gehalten oder gefüttert werden. Und dann werden wir es tun. 1