COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen ab- geschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur Länderreport 19.4.2012, 13.07 Uhr Familien unter Druck - Alltag im Frankfurter Speckgürtel Autorin: Barbara Leitner Redaktion: Heidrun Wimmersberg Atmo: Kinderbringen Sprecherin: Am Morgen im Bistro des Familienzentrums "Hand in Hand" in Usingen, in Hessen. Einige Eltern bleiben, um ihr Kind einzugewöhnen oder es einen Moment beim Spiele zu erleben. Andere verabschieden sich geschwind von ihren Töchtern und Söhnen, um zur Arbeit zu fahren. 1 Take Berschet Sie brauchen morgens jetzt kein Frühstück mehr vorbereiten. Das ist für Eltern schon entlastend. Wer morgens sein Kind um 7 Uhr hierher bringt, muss nicht erst noch Brote schmieren usw. Atmo: Frühstück Sprecherin: Mit Jeans, roten Pullover und großen goldenen Ringen im Ohr steht Christel Berschet im hellen, offenen Bistro der neugebauten Kita. Im Februar war Eröffnung. Einige Knirpse balancieren ihre Teller mit Obst, Frischkäse und Vollkornbrot zu ihrem Platz. An einem Tisch hilft eine Erzieherin beim Schmieren der Schnitte. An einem anderen sitzen Mutter und Vater mit Kind. Es geht ein bisschen wie in einer Großfamilie zu, und genau das hat die Leiterin des Familienzentrums im Sinn. Seit 38 Jahren arbeitet sie als Erzieherin. Aus dieser Warte sieht sie, wie sich die Gesellschaft verändert und was das für junge Eltern bedeutet. 2 Take: Berschet Der Berufsalltag der jungen Familien sieht heute anders aus. Wir haben nicht mehr die traditionelle Berufstätigkeit der Mutter von 8 bis 12 Uhr, sondern in der heutigen Zeit muss jeder wesentlich mehr Flexibilität zeigen und da haben sie vielleicht einen Beruf, wo sie von 10 bis 16 Uhr arbeiten müssen oder die Vorgesetzten sagen, heute müssen sie länger bleiben.. Sprecherin: Die 55jährige lebt in einem Dorf in der Nähe von Usingen, in dem sie auch aufwuchs. Dort wohnen oft noch mehr Generationen zusammen. Früher nahm man sich auch die Kinder ab. Heute sieht das anders aus. Als berufstätige Großmutter springt Christel Berschet zwar ein, wenn ihr Sohn und seine Frau etwas vorhaben. Eine zuverlässige Kinderbetreuung für den einjährigen Enkel kann sie aber nicht bieten. Da geht es der jungen Familie nicht anders wie den Eltern, die ihre Kinder ins Familienzentrum bringen. 3 Take: Berschet Hier das ist ein großes Neubaugebiet. Die Leute kommen aus dem ganzen Bundesgebiet. Die haben die Großeltern in Hamburg, München oder Dresden. Auf Grund dieser Erfahrung hab ich gesagt, es muss auch etwas Neues für Familien bereit stehen. D.h. einmal ein Haus mit anderen Öffnungszeiten, wie wir es haben zwischen 7 und 18 Uhr. Dann aber auch ein Haus, wo alles zentralisiert ist. Wo die Eltern Beratung, Bildung, wo alles zusammenfließt, wo die Eltern sagen können, ich stoß an die Grenzen. Ich brauche jetzt eine erfahrene Beratung. Atmo: Sprecherin: Die Erzieherin sprudelt vor Ideen, was in ihrem Haus und damit für Usingen alles geschehen soll. Alle Professionellen rund ums Kind von der Hebamme bis zur Familienberatung sind so vernetzt, dass die Eltern sie auch in der Kita treffen. Wenn das weitläufige Familienzentrum fertig ausgebaut ist, werden Vereine hier Sport ebenso wie Musik anbieten und die Eltern nicht mehr fahren müssen. Außerdem werden die Eltern mit ihren Kindern im Haus nicht nur frühstücken, sondern auch ab und an mal Abendbrot essen. Dann brauchen sie nicht extra einzukaufen und das Essen zubereiten. Stattdessen haben sie Zeit, ihren Kindern beim Spiel zuzuschauen und mitzuspielen. Christel Berschet mag es nicht, wenn abfällig über junge Eltern und ihre Leistungsansprüche an sich und ihre Kinder gesprochen wird. Nach Ansicht der erfahrenen Erzieherin brauchen die jungen Familien Verständnis und Unterstützung. 4 Take Berschet Das kann es nicht sein. Die Eltern leisten einen wertvollen Beitrag für unsere Gesellschaft und ich denke durch diese Öffnungszeiten von 7 bis 18 Uhr können sie ganz anders irgendwo ihrem Berufsleben gerecht werden und können trotzdem sehen, wie sie Familie und Beruf verbinden können. Atmo: Usingen Sprecherin: Usingen liegt im Speckgürtel von Frankfurt am Main. Die 14 000 Einwohner zählende Kleinstadt gehört zu den Orten im Taunus, in die Menschen zuziehen. Die hier leben, arbeiten meist in der Mainmetropole und pendeln täglich hin und her. 5 Take: Cycon Wenn man wirklich morgens zu den Hauptverkehrszeiten fährt, kann das schon eine dreiviertel bis Stunde dauern. Sprecherin: Anita Cycon vertreibt für ein Telekommunikationsunternehmen die Produkte an Großkunden. Ihr Mann arbeitet in einem vergleichbaren Konzern - im Schichtbetrieb. Beide sind im mittleren Management gelandet. Als ihr erstes Kind unterwegs war, suchten sie nach einem Ort, um ein Haus für ihre wachsende Familie zu bauen. 6 Take: Cycon Da ist Usingen uns dann aufgefallen. Das Städtchen hat uns gefallen. Es hat alles was man braucht von Feld und Bauernhof über alle größeren Geschäfte... Sprecherin: Ein wichtiges Argument für junge Eltern ist vor allem die Kinderbetreuung. In Frankfurt werden Paare auf der Suche nach einen Krippenplatz für die ganz Kleinen schon mal auf das Angebot der Privat-Krippe verwiesen. 1 000 ? kann ein Platz kosten. In Hessen werden laut Statistik gegenwärtig knapp 22 Prozent der Kinder zwischen Null und drei Jahren öffentlich betreut. Damit liegt das Bundesland in Sachen Ausbautempo im Mittelfeld der westlichen Länder. Usingen übertrifft diese Zahlen. 42 Prozent der Kinder unter drei Jahren werden in der Kita oder von Tagesmüttern behütet. Atmo: Sprecherin: Anita Cycons Tochter war noch keine zwei Jahre alt, als die Mutter sie in die Kita brachte. Die 32jährige wollte neben der Sorge für das Kind wenigstens in Teilzeit zurück in ihren Beruf. Munter springt Tochter Jasmin durch die Kita, öffnet die Fensterläden und Türen eines kindgroßen Puppenhauses, schaut heraus und winkt. 7 Take: Cycon Ich habe Ende November angefangen zu arbeiten. D.h. ich brauchte am 1. November spätestens den Platz, damit wir sie noch eingewöhnen können. Und für unter Dreijährige ist es nicht ganz so einfach und wenn man dann nicht entsprechend hinterher bleibt und auch mit der Stadt und den Kindergärten spricht, wie wichtig der Platz für einen ist, dann wird es schwierig. Das kriegt man auch von anderen mit. Direkt von Usingen kann ich es nicht sagen. Aber von anderen - im Rhein-Main- Gebiete, wie es da Betreuungsmäßig aussieht, wie viel unter Dreijährige da auf die entsprechenden Plätze kommen und wie schwierig es da ist, ein Platz zu finden. Atmo: Sprecherin: Ende März kam das zweite Kind von Anita Cycon zur Welt und das veränderte einiges für die Familie. 8 Take: Cycon Beim ersten Kind war es ja noch so, dass ich noch voll gearbeitet habe, also auch das Elterngeld natürlich noch eine gewisse Höhe ausgemacht hat. Dass man sagen kann, man kann da etwas vertrauensvoller reingehen. Wie es beim zweiten Kind ist, kann ich nicht sagen, weil jetzt ist es nur noch der Mindestsatz, weil ich jetzt nicht lange gearbeitet habe... und im zweiten Jahr muss man gucken, dass es entsprechend funktioniert. Mein Mann verdient gut. Darauf kann man sich nicht immer verlassen. Atmo: Glocken Sprecherin: Diese Nöte von jungen Eltern kennt Reiner Greve. Er leitet das Amt für Jugend, Kultur und Sport in Usingen und hat sein winziges Büro in Rathaus, einem stattlichen barocken Fachwerkbau. Usingen ist ein beschauliches Städtchen in einer ländlichen Region. Bisher waren die "Taunustörtchen" hier zu Hause. So nennen die Hessen jene Frauen, die mit einem gut verdienenden Ehemann im Rücken auf eine Berufstätigkeit verzichten, für die Familie da sind und sich vielleicht noch in einem Verein engagieren. Allerdings wollen die jungen Frauen heute keine "Taunustörtchen" mehr sein. In den zurückliegenden Jahren veränderte sich das soziale Gefüge der hessischen Stadt. 9 Take Greve Gerade mit unserem Neubaugebiet haben wir gemerkt, dass da ganz gezielte Nachfragen stattfinden, auch bei mir die Anrufe sind: Wie ist bei Euch die Kinderbetreuung? Wie ist die organisiert? Welche Möglichkeiten habe ich? Welche Betreuungszeiten? Sprecherin: In den Dörfern ringsum schließen viele Kitas noch immer um 12 Uhr. In den Städten sind Zeiten zwischen 8 und 16 Uhr üblich. Wie sollen Eltern das mit einer Berufstätigkeit vereinbaren? Greve sieht seine Kleinstadt im Vergleich dazu gut aufgestellt. 10 Take Greve Sie werden im ganzen Hochtanunuskreis nur wenige Einrichtungen finden, wenn überhaupt, die bis 18 Uhr geöffnet haben. Sprecherin: Der Stolz ist aus der Stimme des Amtsleiters zu hören. Die acht Kitas des Ortes gehörten zu denen, die verbindlich nach dem Hessischen Bildungsplan "Bildung von Anfang an" arbeiten. Die Kommune tut viel, die Erzieherinnen entsprechend zu qualifizieren. Noch wichtiger aber ist der Kommune der Ausbau einer bezahlbaren Kinderbetreuung auch für die Jüngsten. Für einen Kitaplatz zahlen die Eltern gerade mal 97 Cent für die Betreuungsstunde, egal wie alt das Kind ist, etwas mehr als 100 ? für die Grundbetreuung. Usingen hat ca 13 Millionen ? Schulden. Dennoch ließ die Kommune für 1,7 Millionen ? das neue Familienzentrum für 100 Kinder bauen, unter denen sind 22 Mädchen und Jungen zwischen wenigen Monaten und drei Jahren. Dieser Neubau allerdings reicht noch nicht, angesichts des Bedarfes. Auch in Usingen warten noch 30 Mütter auf einen Platz für unter Dreijährige. Die will die Stadt nicht im Regen stehen lassen. 11 Take Greve Es macht ja wenig Sinn darüber nachzudenken. 2013 kommt der Rechtsanspruch. Seit 2010 gibt es den bedarfsgerechten Anspruch. Also es gibt gesetzliche Vorgaben, die uns dazu bringen und da ist es mühsig, darüber zu lamentieren, sondern wir versuchen es auszubauen. Weil uns natürlich auch klar ist, wir können hier kein Neubaugebiet bauen, was Usingen in vielen Bereichen nach vorne bringt und wenn es um die Betreuung geht sagen, es ist zwar schön, dass ihr hierher gezogen seid, aber nun seht mal zu, wo ihr eure Kinder betreut. Nein, das steht ganz im Fokus bei uns und deshalb unternehmen wir da auch sehr viel. Nicht nur Plätze zur Verfügung zu stellen, sondern wir unternehmen auch große Anstrengungen, dass die inhaltlich hervorstechen. Atmo: Familienzentrum - Spiel Sprecherin: Inhaltlich hervorstechen heißt für Reiner Greve, vor allem die Kinder als eigenständige Lerner ernst zu nehmen. Für die Eltern ist oft viel wichtiger, dass die Kitas flexibel auf die Anforderungen ihrer Arbeitszeit reagieren. 12 Take Berschet Die Eltern können jederzeit sagen, ich habe eine Grundbetreuung und stehe jetzt irgendwo auf der Autobahn, da können sie anrufen und sagen, Frau Berschet, jetzt ist ein Notfall, ich brauche eine Zukaufstunde und dann kaufen die einfach noch ein paar Stunden dazu. Kein Problem. Das muss man heute schon irgendwo schon bieten. 13 Take Greve In Kindertagesstätten hat man natürlich immer das Dilemma, was bieten wir an und was die Grenze dessen, was wir anbieten. Diese Diskussion hatten wir jetzt auch./ Warum haben die Leute dann noch Kinder. Ich finde das eine schwierige Diskussion, weil wir machen uns Gedanken über diese Dinge, wenn sie benötigt werden. Wenn Arbeitgeber solche Zeiten vorgeben./ Es macht wenig Sinn, die Eltern allein stehen zu lassen. Da ist jede Stunde, die das Kind in der Kita verbringt eine bessere Stunde als mit einer Familie, die weder Zeit noch Lust hat, sich mit dem Kind auseinander zu setzen. Sprecherin: Die 14 Erzieherinnen im Team von Christel Berschet arbeiten in versetzten Schichten, mal früh, mal spät. Das ist für diese Berufsgruppe neu. 14 Take Greve Es ist noch nicht allzu lange her, selbst heute ist es noch in einigen Einrichtungen usus, dass Erzieherinnen ihr ganzes Leben von 7 bis 13.30 arbeiten und auf einmal damit konfrontiert sind, flexible Schichten an Tag legen zu müssen. Das macht es nicht ganz einfach. Sprecherin: Der Ausbau der Kinderbetreuung und längere Öffnungszeiten, die neue hessische Mindestverordnung, die festlegt, wie viele Kinder in einer Gruppe von einer Erzieherin betreut werden dürfen, dazu die Überalterung in dem Beruf - all das führt dazu, dass in Hessen schätzungsweise 2 500 Fachkräfte in den Kitas fehlen. Zu wenig Nachwuchs wurde in den zurückliegenden Jahren ausgebildet. Jetzt wirbt das Sozialministerium mit einer Kampagne "GROSSE Zukunft mit kleinen HELDEN - Werde Erzieherin/Erzieher!" für den Beruf. Das Ministerium klebt riesige Werbeplakate in Thüringen und anderen Ländern, um Fachkräfte anzulocken und lässt auch Quereinsteiger zu. In Frankfurt und Bad Homburg, so erzählt Reiner Greve, bekommen neue Mitarbeiter eine Zulage zum üblichen Tarif gezahlt und werden bei der Wohnungssuche unterstützt. Usingen bietet feste Verträge. 15 Take Greve Aber, toi, toi, toi, wir haben bisher keine Probleme gehabt, die Stellen die wir haben, zu besetzen.... Führen wir auch darauf zurück, dass was wir tun und wie wir es tun, sicher kein schlechter Arbeitgeber sind. Atmo: Kinder Sprecherin: Was Ilka Klaner vor allem schätzt: Sie wird vom Amt angesichts der neuen Anforderungen an die Kita nicht allein gelassen. Auch sie arbeitet seit 30 Jahren in dem Beruf und leitet heute eine Einrichtung in Usingen-Wernborn. Früher fragten die Mütter ab und an mal nach einem Tipp, einer anderen Meinung in Sachen Erziehung. Heute wünschen viele Eltern auch während der regelmäßigen Entwicklungsgespräche über die Kinder fast schon eine Erziehungsberatung von der Kita, bemerkt die blonde hagere Frau. 16 Take: Klaner Das sind eigentlich so Alltagsfragen. Mein Kind isst nicht. Oder mein Kind isst nur Süßes. So Ernährungsfragen.... Oder mein Kind hat kein Respekt gegenüber Erwachsenen. Ich kriege das nicht in Griff. Oder er ist so wild... Oder er schläft nicht.... Also so alltägliche Dinge und dann gibt es schwierige Dinge, Verhaltensauffälligkeiten, wo man schon man mehr in die Tiefe gehen muss, auf andere Beratungsstellen verweisen muss. Atmo: Girolstein Sprecherin: Wie schaffe ich es, von meinem Kind gehört zu werden; dass gilt, was ich sage. Das fragt sich auch Nadja Girolstein. Ihr Sohn Felix ist vier und zeigt der Mutter deutlich, dass er einen eigenen Kopf hat und den auch durchsetzen will. Nadja Girolstein sagt, sie sei konsequent und doch weiß sie, dass sie manchmal gar nicht richtig präsent sein kann, um sich auf ihren Sohn einzulassen. Auch sie arbeitet in der Nähe von Frankfurt am Main. Für ein Großunternehmen organisiert sie den Vertrieb, seit kurzer Zeit als Alleinverantwortliche für Mitteldeutschland. 17 Take: Girolstein Da ist jetzt der Druck größer geworden und erfordert auch viel mehr Spielraum und Flexibilität von mir. Wo ich auch sehr dankbar bin, dass es mit den 18 Uhr Öffnungszeiten geklappt hat. Atmo: Abendbrot Sprecherin: Die nimmt sie nur in Ausnahmesituationen in Anspruch. Normalerweise ist sie zu dieser Zeit längst mit Felix zu Hause und beide bereiten als ein gut eingespieltes Team gemeinsam das Abendbrot vor, leider oft ohne den Vater. Nadja Girolstein ist eine sportliche Frau, die mit hochhackigen Stiefeln energisch ausschreitet. Seit sie nach der Geburt von Felix wieder in ihren Job einstieg, arbeitet sie 15 Stunden in der Woche. Wegen des langen Anfahrtsweges ist sie nur an drei Tagen im Büro. Sie ist froh, dass ihr Arbeitgeber zu diesem Zugeständnis bereit war. Dennoch fühlt sie sich jedes Mal gehetzt, wenn sie los muss, um den Jungen von der Kita abzuholen. 18 Take: Girolstein Ich bin schon im Zwiespalt. Einerseits möchte ich gerne länger arbeiten. Ich möchte das jetzt unbedingt fertig machen. Auf der anderen Seite habe ich ja eine Verpflichtung gegenüber meinem Kind. Klar ist die Priorität mein Kind, und deswegen muss ich die Arbeit, Arbeit sein lassen, ob ich das jetzt will oder nicht. Atmo: Girolstein Na komm, gehen wir Schatzi, wir müssen zum Kinderturnen. Sprecherin: Sie will ihren Sohn in seinen Interessen fördern und Usingen und Umgebung bieten von Sport, über Musik bis zum Ballett viele Freizeitangebote. Felix entschied sich fürs Kinderturnen und Schwimmen. Noch heißt das für die Mutter zwei bis dreimal in der Woche hin und her zu fahren. 19 Take: Klaner Es ist ein hoher Anspruch der Eltern, alles richtig zu machen, alles gut zu machen, das Beste für das Kind. Aber auf der anderen Seite der Spagat zwischen Berufstätigkeit und dem ganzen gerecht zu werden. Und da sind die Eltern oft sehr hilflos, hilfsbedürftig kann man fast sagen, weil sie nicht mehr wissen, wo soll der Weg langgehen. Was braucht mein Kind. Sprecherin: Den Eltern fehlt häufig die Gelassenheit, in Ruhe auf ihre Kinder zu schauen. Sie sind getrieben und treiben ihr - oft einziges - Kind an. Sie wollen ihm das Beste bieten und haben Angst, es würde später versagen, wenn sie ein Förderprogramm ausfallen lassen. Die Eltern stehen einfach unter Druck. 20 Take: Klaner Und der überträgt sich auf die Kinder und da kann es passieren, dass in der Interaktion von den Eltern und den Kindern ganz viel schief läuft und dann halt in die falsche Richtung läuft. Und Eltern brauchen immer mehr Zuspruch, Beratung, Stärkung in erster Linie. Denn im Prinzip machen sie ihre Sache schon gut, aber sie schwimmen eben ganz häufig. Atmo Anschub - Diskussion wie miteinander,,, welche Interessen Sprecherin: Und doch ist allen, die sich in Usingen um Kinder kümmern, klar: Um Eltern wirklich zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass alle Kinder die besten Möglichkeiten für ihre Entwicklung bekommen, müssen vor allem die Fachleute enger zusammenarbeiten. Es kann nicht sein, dass sich jede Familie neu alle Informationen über die Vereine und Angebote der Stadt zusammensucht. Die sollten gebündelt werden und für die Eltern leicht zugänglich sein, am besten bei einer Informationsstelle der Stadt. Mit diesem Ziel stiegen die Usinger Jugendhilfe- Akteure bei "Anschwung für frühe Chancen" ein. Das bundesweite Programm der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und des Familienministeriums unterstützt Initiativen bei der Entwicklung der frühkindlichen Bildung und vor allem beim Ausbau der Kinderbetreuung. In Usingen sorgt dieser "Anschwung" zunächst einmal dafür, dass Erzieherinnen, Lehrerinnen, Logopäden, Bibliothekare, Verantwortliche vom Jugendamt der Stadt und aus dem Ehrenamtsbüro miteinander ins Gespräch kommen. Reiner Greve. 21 Take Greve Da hapert es dann dran, weil jeder in sein Alltagsgeschäft natürlich eingebunden ist, das gerne würde. Man redet mal drüber. Aber es ist nie jemand da, der das in die Hand nimmt und vorantreibt. Da kam das Projekt gerade recht. 1