COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Nachspiel am 25.10.2009 "Sinfonie in Turnschuhen" Die Erfindung des Klangsports Autorin: Sigrun Damas Redaktion: Sabine Gerlach ATMO: Degen, Schlag auf die Glocke (hell, metallisches Geräusch), DAT 5 19:03 (liegt unter bzw. unterbricht Folge-O-Töne) O-Ton: Marina Sahnwaldt, Regie, DAT 1 35:44 oder "Im Klangsport geht es nicht um höher, schneller, besser, sondern es geht um eine andere Dimension: Gucken, wie es klingt." O-Ton: Teilnehmerin, DAT 1 26:08 "Ich finde die Idee unglaublich toll, mit Sportgeräten Musik zu machen." O-Ton: Schirwitz, Sportamtsleiter, DAT 1 01:02:56 "Das Faszinosum besteht darin, dass wir Sport heute sehr visuell wahrnehmen - und mit dem Thema Klangsport eine zweite Ebene, das Hören, dazukommt." O-Ton: Anja Kreysing, Musikerin, DAT 6 01:11:14 15sec. "Dieses ganze Projekt ist durchaus ne Chance für Leute, die so´n Sportunterrichtstrauma haben. Da gibt's - glaub ich - Millionen (...) Kann ich mir vorstellen, dass gerade der Klangsport sehr gut für diese Menschen ist, die da immer schon der Looser der Klasse waren. Die können das jetzt alles aufarbeiten." O-Ton: Jan Becker, Choreograph, DAT 6 42:12 8sec. "Ist praktisch Mannschaftssport, was wir machen. Wir spielen gegen den Rest der Welt, und die Zuschauer sind unsere Gegner. Oder unsere Herausforderer, - vielleicht muss man das so sagen." ATMO: Degen (wie oben) 1 Eine Fechterin schwingt ihren Degen. Ganz anders als sonst. Immer wieder schlägt die Sportlerin mit einem kleinen Stift an die Glocke. Die Glocke ist der Handschutz aus Metall am Ende der Waffe. Der Fechterin geht es nicht um den nächsten Treffer. Es geht ihr um den guten Ton. Das ist Klangsport. Und am Ende wird ein ganzes Orchester daraus. Ein Orchester aus Sportgeräten:(25´) ATMO: DAT 5 , 35:22 / 35:37 min 10sec. Klangsport-Orchester mit Degen, Seilchen, Matten, Reifen, Tischtennisbällen [Hauptteil] ATMO, Bälle prellen unrhythmisch, DAT 1 10:59ff / 11:19 (mit Stimmen) Eine kleine Gymnastikhalle, an einem Dienstagabend in Münster. Holzfußboden, Turnstangen und Sprossenleitern an den Wänden. Ein Dutzend Hobbysportler in T-Shirt, Baumwollhose und Turnschuhen läuft etwas orientierungslos durch den Raum, mit Gymnastikbällen, Volleybällen, Basketbällen. Alle sind zum ersten Mal hier. Sie sind einem Zeitungsaufruf gefolgt: "Mach mit beim Klangsport!" - Was das sein soll, weiß niemand. Aber jetzt klärt Marina Sahnwaldt die Sache auf, ist eine kleine quirlige Person mit rot gefärbten Haaren. Sie ist Theaterregisseurin und leitet diesen Trainingsabend. Und sie will nichts Geringeres, als eine neue Sportart zu begründen, jetzt und hier: Klangsport. Ihre Idee: auch Sport kann Musik sein. Und jedes Sportgerät ein Instrument. (50´) ATMO/O-Ton: Bälle, dann Marina Sahnwaldt, DAT 1 13:50ff 8sec. "Dann guckt doch mal, was ihr mit dem, was ihr in der Hand habt (...) machen könnt. Welche Geräusche könnt ihr damit produzieren?" Auch Marina Sahnwaldt weiß zu diesem Zeitpunkt noch nicht, was Klangsport eigentlich ist. Sie möchte ihn erst in den nächsten Wochen zusammen mit den Sportlern entwickeln. Es geht also nicht nur um Ergebnisse, sondern auch um den Weg dahin. Und es darf experimentiert werden: (15´) O-Ton: Marina Sahnwaldt, DAT 1 16:47 16sec "Nehmt Euch mal ein anderes Instrument, - ich sag mal Instrument. Vielleicht machen wir mal eine Gruppe, die flächige Geräusche produzieren kann. Nicht nur dieses harte Prellen, sondern auch weiche Windtöne produzieren kann." ATMO: Zischen etc, DAT 1 17:36 5sec. ATMO: Holzstäbe ryhthmisch beklopft 18:29 Und so stürzen sich die frisch gekürten Klangsportler auf das Materiallager der Gymnastikhalle, lassen Springseile durch die Luft zischen, betrommeln Holzstäbe, die sonst als Fähnchenhalter dienen. Und am Ende des Trainingsabends hat man sich schon ganz gut aufeinander eingespielt. Die ersten Rhythmen entstehen:(20´) ATMO: Bälle / Stäbe im Rhythmus, DAT 1 19:05 (mit Stimme)/ 20:01ff/ 5sec. darüber: Nach anderthalb Stunden Klangsporttraining ist keiner der Teilnehmer so richtig verschwitzt, aber doch so mancher verblüfft.(7´) O-Ton: Teilnehmer, DAT 1, 27:22 / 28:24 / 28:08 ca. 30sec "Das war mal was ganz Anderes, weil das jetzt mit Hauptaugenmerk auf die Musik war und nicht auf die Leistung im Sport. " / "Ich fand´s ganz interessant, dass man mit ganz einfachen Sachen Klänge und Rhythmen und einen ganz tollen Eindruck schon erzeugen kann." / ["Wo man Sport macht, macht man auch Geräusche. Und ich denke, man kann mit allem was machen, wenn man´s kreativ angeht."] Auch die so genannten Kreativen sind zufrieden, das ist das Team der Klangsporterfinder um Regisseurin Sahnwaldt, ein Choreograph und drei Komponisten. Zusammen möchten sie den Klangsport in den kommenden Monaten entwickeln, eine Partitur aus Sportgeräuschen schreiben und sie schließlich in einer Art Revue präsentieren, live vor Publikum, in einer großen Turnhalle. (30´) ATMO: DAT 1 20:14ff Bälle prellen, rhythmisch Regisseurin Marina Sahnwaldt ist zwar keine leidenschaftliche Sportlerin, hat aber auch keine Berührungsängste. Sie erkennt in den Parallelwelten von Sport und Kultur auch das Verbindende. Und das will sie im Klangsport zusammenführen. (15´) O-Ton: Marina Sahnwaldt, DAT 1 44:32 20sec. "Rhythmus ist ein grundlegendes Element in der Musik und im Sport auch. Und genauso ist ein grundlegendes Element der Atem. Ein Musiker ist abhängig von seinem Atem, (...) er macht mit seinem Atem Musik. Und der Sportler geht anderweitig mit dem Atem um. Das sind zwei grundlegende Elemente, die sich in der Musik und im Sport treffen." ATMO, DAT 1 1:23:23 / 1:19:38 5sec. Glockenschlag Degen, Fechtatmo Einige Tage später. Training der Fechtergilde Münster. In der Turnhalle laufen Gefechte parallel auf vier Bahnen. Es wimmelt von weiß gekleideten Sportlern mit Florett, Degen und Maske. Dazwischen ein schlanker Mann ganz in Schwarz. Er hält Mikrophon und Aufnahmegerät. Kai Niggemann ist Komponist. Er gehört zum Klangsportteam - und er ist auf der Suche nach schönen Sportgeräuschen.(25´) O-Ton: Kai Niggemann, DAT 1 1:18:01 / 1:17:30 "Deswegen fasziniert mich das Fechten so. Weil das sehr rhythmisch ist, fast wie ein Tanz, total elegant. (...) Angriff, Parade. Man hört dann genau, wie die Waffen aufeinander klatschen. / Das Geräusch an sich ist sehr komplex." Kai Niggemann ist Elektroniker. Das heißt, er nimmt Geräusche auf, verfremdet sie am Computer, rhythmisiert sie und bringt sie in eine Melodie. So will er es auch für die geplante Klangsport-Revue machen. Vom Fechten versteht er nichts. Aber er erschließt sich den Sport auf seine Weise. Er sieht mit den Ohren. Und entdeckt sofort musikalische, zumindest aber dramatische Strukturen:(25´) O-Ton: Kai Niggemann, DAT 1 1:21:30 30sec. "Der Ablauf, der Rhythmus, das Ritualisierte daran. Eine Schrittfolge, ein Verharren, dann ein Angriff, wo man einen Treffer landet. Und dann wieder ein Reorganisieren, die beiden ziehen sich zurück, laufen wieder aufeinander zu. Dieser ganze Aufbau, diese Szene finde ich spannend." ATMO (Beleg): Gefecht DAT 1 1:19:56ff 10sec. Zurück beim Klangsporttraining. Die selbe kleine Gymnastikhalle, eine Woche später. Ein paar neue Klangsportler sind dazugekommen: eine Rentnerin, ein Heizungsmonteur, zwei harte Jungs, die sonst eher Gewichte im Fitness-Studio stemmen, wie sie erzählen. Was alle eint, ist die Neugier auf eine Sportart, die es noch nicht gibt. Die auf Gemeinschaft setzt. Die eine Arena bietet, in der man nicht gegen- , sondern miteinander antritt. Heute soll die Gruppe zum ersten Mal als Orchester arbeiten. Einziges Instrument: der eigene Körper.(30´) O-Ton: Stefan Froleyks, DAT 2 08:57 20sec. "Unser Körper hat verschiedene Klangzonen. Es gibt unterschiedliche Arten von Klängen, die wir machen können. Das kann ein Klatschen sein, das ist ein Schnipsen, das ist ein Stampfen, das ist ein Patschen auf verschiedenen Stellen. Und da (...) probieren wir einfach mal verschiedene Dinge aus." ATMO (setzt unter Folgetext ein) DAT 2, 15:13-25 rhythmisches Klatschen Gruppe, darüber Heute leitet Stefan Froleyks das Training. Ein schlaksiger Typ in blauer Turnhose. Auch er ist Komponist - und er ist Schlagzeuger. Professor für Percussion an der Musikhochschule Münster. Er erklärt kurzerhand den Körper des Sportlers zum Schlaginstrument, lässt die Gruppe an sich herum trommeln und liefert dabei gleich ein bisschen Musiktheorie. (20´) O-Ton: Stefan Froleyks, DAT 2 16:02 12sec. "Jetzt ist das eine Klangkette, die durch unseren Körper durchgeht. Und jetzt wollen wir mal gucken, ob wir die musikalisch einsetzen können, indem wir zwei Stimmen haben." Und so entsteht, nach einer knappen halben Stunde, das erste gemeinsame Stück. ATMO: Gruppe, DAT 2 20:45ff oder 23:33 5-10sec. Rhythmisches Klatschen etc., zweistimmig, darüber O-Ton: Stefan Froleyks, DAT 2 46:25 10sec. "Dass die Leute sagen: Ich bin nicht musikalisch, - das ist so´n antrainiertes Ding. Das kann man aber zum Glück auch wieder abtrainieren. Vielleicht eben auch bei solchen Veranstaltungen." Klangsport ist für alle da. Ein ´niedrigschwelliges´ Angebot. Ein Sammelbecken für alle die, die sich weder für sportlich, noch für musikalisch halten - und dann überrascht die Fähigkeiten des eigenen Körper entdecken. (10´) ATMO Gruppe, anderer Sound/Klatschkombination, DAT 2 34:26ff darüber O-Ton: Teilnehmer/in DAT 2 38:35 (13sec) / 40:24 (15sec.) /39:20 (5sec.) / 41:20 (20sec.) "Am Anfang hatte ich ein bisschen Angst. Aber mittlerweile finde ich das total interessant. Gerade dieses Gruppengefühl." "Man spürt sich selber einerseits wieder. Man kann den Körper wieder spüren. (...) Hier darf man irgendwie alles, was sonst irgendwie verpönt ist oder belächelt wurde. (...) "Das war lustig. (...) Es tut auch gut. Man ist danach viel lockerer." ["Wir haben eigentlich eine ganz gute Gruppendynamik, weil wir alles aus verschiedenen Bereichen kommen und keiner weiß, was ihn erwartet. Und sich alle als Gruppe zusammenschließen, weil man einfach nichts weiß. Verloren wäre alleine. (...) ] Ich glaube wir fungieren ganz gut. Als Orchester." ATMO Gruppe, Trommel-Sound , DAT 2 37:34ff darüber: O-Ton: Stefan Froleyks, DAT 2 45:48 (20sec.) "Musik wird's durch Differenzierung. Wenn ich ein Klatschen als solches wahrnehme und auch wahrnehme, dass das eine Klatschen anders klingt als das nächste. - Damit habe ich den entscheidenden Schritt getan. (...) Und dann bin ich auf dem besten Weg, es zu gestalten. Und dann kann ich´s an einen Puls ketten, es in eine Klangfarbe bringen - da fängt Musik an." Musik: Fechten, im Computer verfremdet, geloopt etc. DAT 3 00:33 oder 00:58 (mehr Glocke) 10sec. Wo fängt Musik an? Kann Sport, können Geräusche Musik sein? Und ist das dann schon Kunst? - Eine Streitfrage mit Tradition. Zum ersten Mal wurde sie Anfang des 20. Jahrhunderts gestellt. Und radikal beantwortet. Von John Cage: Musiker, Komponist und Provokateur. (17´) O-Ton: Zitator (John Cage) ca. 20 sec "Wo immer wir sind, wir hören meist Geräusche. Ignorieren wir sie, so stören sie uns. Achten wir auf sie, so finden wir sie faszinierend. Wir wollen diese Klänge einfangen und beherrschen. Nicht, um sie als Klangeffekt einzusetzen, sondern als Musikinstrumente." Der Amerikaner John Cage brach radikal mit der Tradition der europäischen Musik. Er hatte Klavier studiert und Komposition - doch dann warf er alle geltenden Regeln der Musik über den Haufen. Er komponierte fortan mit Geräuschen, als Instrumente dienten ihm Küchengeräte, Möbel oder Müll. Harmonien wurden überflüssig, die alte, klassische Musik langweilte ihn. Der Zufall, so sein Credo, ist der wahre Meister der Kreativität: (25´) O-Ton: Zitator (John Cage) ca. 10 sec. "Wenn Sie sich Mozart anhören oder Beethoven, werden Sie feststellen, dass es immer das Gleiche ist. Aber wenn Sie sich den Straßenverkehr anhören, merken Sie: Es ist immer anders." ATMO: Straßenverkehr 5sec. ATMO/Musik: verfremdete, verhallte Fechtgeräusche DAT 3, 00:33 oder (19:18ff) oder 22:06 5sec. Der Zufall als Schöpfer. Musik, die im Alltag entsteht. Auf John Cage und seine so genannte Neue Musik berufen sich auch die Macher des Klangsports, der gerade in Münster entsteht. Komponist Kai Niggemann zum Beispiel. Ein erklärter Cage-Fan. Er sitzt inzwischen in seinem Tonstudio und experimentiert mit den Geräuschen, die er beim Fechten gesammelt hat. Sein Studio ist eine kleine digitale Audiowerkstatt, vollgestopft mit Elektronik: alten Lautsprechern, E-Gitarren, Keyboards, Kisten voller Kabel und Stecker. Kai geht beginnt soeben die digitale Verarbeitung der Sounds. Das heißt, er speichert die unterschiedlichen Fecht-Geräusche auf einzelnen Tasten seines Keyboards ab. Dann klimpert er ein bisschen darauf herum. (45´) O-Ton/ Atmo: Kai Niggemann (im Hintergrund div. Sounds, die er auf Tastendruck erzeugt), DAT 3 19:18-26 + 19:40 30sec. [kürzen!] "Da liegen jetzt mehrere Samples übereinander. Und eins liegt über der ganzen Tastatur. Und deswegen [sound] kann ich das in verschiedenen Tonhöhen abspielen. [sound](...)Das ist jetzt so tief, viel tiefer als das Original. Das Original dürfte hier liegen [sound] (...)(20:18:)Und ich suche jetzt [sound] mein Quietschen von den Schuhen, das ich gerade hatte." Musik / Atmo: Fechtgeräusche, geloopt 22:13-22, darüber: 5sec.+ Wiederholen, verfremden, verhallen, die Tonart verändern - der Komponist experimentiert mit den Klängen. Daraus möchte er eine Bewegungsabfolge entwickeln, eine Art Choreographie, die er dann mit den Fechtern einstudiert. (15sec.) ATMO, Juchzen/Schrei DAT 3 36:16+35:20 25sec ATMO/ O-Ton: Markus Kuchenbuch "Ja, besser, komm in deine Stimme rein. / Mehr so ein freudiges Juchzen (...) - als Schrei. So: Haaaaa! [schreit]. Sowas. - (35:35)[sie schreit] Hiiiiii! - Oder so Huuuh - wie zum Kindererschrecken. - Hiiiii [sie schreit] Er: so wie auf dem Kinderspielplatz auf Sylt. 1000 Kinder und los geht's." Inzwischen ist auch der dritte Komponist bei der Arbeit. Markus Kuchenbuch versucht, Klangsportlerin Jenny zu stimmlichen Höchstleistungen zu bringen. Jenny, eine blonde Frau Mitte 20, Hotelfachangestellte, hängt in den Seilen, ganz buchstäblich. Man probt eine Szene für die Klangsportrevue, inzwischen in einer großen Turnhalle. Dort soll Jenny an Turnringen durch die Halle schaukeln und Geräusche produzieren, während unter ihr das Publikum lauscht und zu träumen beginnt. - Solche Ideen sind typisch für Komponist Kuchenbuch, der die Improvisation liebt und gern mit Stimmklängen experimentiert. [ Weil das Ganze noch nicht so klingt, wie er es sich vorstellt, hängt er sich schließlich selbst in die Ringe. (45´) ATMO/ O-Ton: Markus Kuchenbuch DAT 3 , 45:16 (Anlaufen, Anschrieben) + 43:33 / [schreit, zischt, lacht] - nee, das ist nicht gut, aber: zischt [44:54] Man muss nur an Sidney ans Meer denken, dann geht's." ] Bei diesen Lauten soll es aber nicht bleiben. Die Turnerin soll noch mehr Wind machen. Kuchenbuch, studierter Flötist, möchte ihr eine Windharfe bauen. Eine Art Flöte aus dünnen Rohren, die dann im Luftzug beim Schaukeln wie von selbst Töne erzeugt. (15´) ATMO: Flöte Windklang DAT 3, 49:13/49:48/50:00 Musik darüber: O-Ton: Markus Kuchenbuch DAT 3 56:40 20sec. "Was mich reizt, ist der Atem. Wir haben ja das Gemeinsame, Musik und Sport, dass wir alle atmen müssen. Alle Musiker müssen atmen. Besonders bei Blasinstrumenten und Sportlern haben wir das Gemeinsame, dass alles davon abhängt, (...) wie wir atmen, dass wir atmen, in welchen Sequenzen wir atmen. (...) Diese Verbindung interessiert mich sehr." Sport und Musik, zwei Welten, die sich im Klangsport berühren. Überhaupt hält der Komponist wenig von trennenden Klischees über zielstrebige Sportler auf der einen und verträumte Künstler auf der anderen Seite. (15´) O-Ton: Markus Kuchenbuch DAT 3, 1:01:07 22sec. "Es ist nicht so: der Künstler ist so frei und der Sportler hat ein Ziel. Die Musiker haben auch ein Ziel, die wollen durch ihr Stück durch. Und ihre Komposition vom Anfang bis zum Ende bringen in einer bestimmten Zeit. Nur nicht gegen die Zeit, sondern mit der Zeit. Sportler rennen vielleicht gegen die Uhr. Und Musiker rennen mit der Uhr." ATMO/Musik: Bassflöte über Atemgeräuschen DAT 5 01:24:55 darüber: Nach wochenlanger Arbeit rücken Sport und Musik einander also immer näher. Der Klangsport ist auf dem Weg zur Premiere. (8´) ATMO/ Musik: diffuses Tröten, Gartenschläuche DAT 4, 49:52ff, 10sec., darüber: Noch eine Woche bis zur Uraufführung. Das Klangsportteam ist bei den Proben. Rund zwanzig Hobbysportler sind dabei geblieben, ein buntes Grüppchen aus Studierenden, Handwerkern, Schülern und Rentnern. Immer mehr Bausteine der Partitur, die Musik und Sport verbinden soll, stehen jetzt fest. Gerade proben die Klangsportler die so genannte Atemkakophonie. Komponist Kuchenbuch hat sich das ausgedacht. Die Sportler müssen dafür im Springt an die Grenze gehen. Und wenn sie schließlich aus dem letzten Loch pfeifen, greifen sie zum Instrument: abgeschnittene Gartenschläuche, an deren Ende ein Haushaltstrichter hängt. So schlägt der Atem eine hörbare Brücke. Aus dem Sportler wird ein Musiker. Und je mehr sich der Atem erholt, desto kräftiger wird das gemeinsame Blasorchester:(45´) ATMO / Musik s.o. Steht kurz frei, dann O-Ton: Marina Sahnwaldt, DAT 4, 51:16 10sec. "Spielt mal noch weiter. In der Mitte der Zuschauer auch. Einmal durch die Zuschauer wandern (...) und werdet immer virtuoser." Regisseurin Marina Sahnwaldt gibt die letzten Anweisungen. Denn schließlich wird man die Klangsportler bei der Premiere nicht nur hören, sondern auch sehen. Musik in Bewegung sozusagen. Alles ein bisschen skurril, alles fremd, alles unkonventionell. Klangsport hat seinen eigenen Reiz. Und jeder Teilnehmer erlebt ihn anders.(20´) O-Ton: Teilnehmer, div. DAT 5, 55:22 // DAT 6, 50:00 (umstellen) / DAT 6 43:38 "Dass man praktisch mitbestimmt, was Klangsport ist. (...) Weil ich selbst Musik mache, hatte ich selbst Ideen, die dann eingeflossen sind. Letztlich war es dann auch spannend (...) nicht das Konventionelle zu machen, sondern mal davon weg zu gehen, Klangexperiment zu machen." "Ich sitze in der Firma, und man hat viel mit Excel-Tabellen zu tun - aber man kommt nicht in Bewegung. Und seit ich jetzt Klangsport mache, hab ich kaum Rückenprobleme mehr." "Ich höre jetzt anders. Ich merk das auch, wenn ich nicht hier bin. Auf der Arbeit oder wenn ich beim Joggen bin. Es ist ganz eigenartig, wie offen man ist für alles. (...) Die Geräusche in der Küche, beim Schneiden - das hat jetzt einen Rhythmus für mich." ATMO/ Musik: Bodypercussion mit Regieanweisung, DAT 5, 38:18-44 oder[Bodypercussion mit Kontrabaß DAT 6, 07:03 ]??? darüber Ein Rhythmus, der im Ensemble entsteht. Klangsport ist Teamarbeit. O-Ton: Teilnehmer DAT 5, 14:39 / DAT 5, 13:42 // DAT 6 45:50 30sec. "Körperlich total anstrengend. Ich bin nass geschwitzt immer. (...) Und die verschiedenen Arten von Sport, die man machen kann." "Es macht einfach Spaß, Schritte zu lernen, Rhythmen zu lernen. Und das Miteinander. Es ist auch lustig zu sehen, wie es nicht klappt." "Ich hab vorher schon eine Verbindung gehabt. (...) Ich fahre Rad. Und wenn´s dann lange Pässe raufgeht, dann hab ich das immer wieder so empfunden, dass das Rauschen der Kette und auch der eigene Atem so rhythmisierend für die ganze Bewegung wurde. (...) Und da sehe ich viele Parallelen zu dem, was hier heute passiert." Musik: Bodypercussion mit Kontrabass und Bassflöte DAT 6 8:23ff-09:35, 10 sec. darüber: oder ATMO: Anfang Orchester: Bälle, Matten, Seilchen, Sprungbrett jeweils solo DAT 6 3:47-4:35 (dann alle zusammen) Klangsport kann alles sein, Hauptsache, es hat mit Sport zu tun und es macht Geräusche. Und so üben sich die Sportler im rhythmischen Seilchenspringen, im Mattensurfen quer durch die Halle, im Rennen und Atmen. Versuchen, Trampolinfedern zum Quietschen zu bringen und Sprungbretter zum Ächzen. Sport ist Sound. Eine ganz neue Form der Körperkultur. Doch wie alles, was neu ist, hat es auch der Klangsport schwer. Regisseurin und Produzentin Marina Sahnwaldt weiß ein Lied davon zu singen. Klangsport passt in keine Schublade - und das wird in Deutschland schnell zum Problem. Marina Sahnwaldt hat es erfahren, als sie die ersten Fördermittel beantragte: (40´) O-Ton: Marina Sahnwaldt, DAT 2 58:01 25sec. "Da rief mich jemand aus dem Kuratorium an und war total empört, dass ich diesen Antrag bei der Kultur einreichen würde. Er hat sich richtig empört. (...) Interessant war: Eine Stunde später hatte ich ein Telefonat mit jemandem vom Sport. Und der sagte: Was wollen Sie denn bei mir? Sie müssen zur Kultur. " Aber es gab auch andere Reaktionen. Bei fortschrittlicheren Geistern rannte Klangsporterfinderin Marina Sahnwaldt offene Türen ein. O-Ton: Bernd Schirwitz, DAT 1 46:16 (14) ig40sec. "Kurios fand ich das nicht. Im Gegenteil, ich fand´s insofern interessant, als damit auch neue Seiten von Sport deutlich werden können, neue Sichtweisen./ sagt Bernd Schirwitz, Sportamtsleiter der Stadt Münster. O-Ton: Bernd Schirwitz Fortsetzung DAT 1 55:40 Wir müssen auch dahin kommen, dass wir uns selbst wieder hören können, uns selbst auch zuhören können. Nicht bei dem was wir sagen. Eher bei dem, was wir an non-verbalen Kommunikationsmöglichkeiten haben. Und das ist etwas, das beim Klangsport realisiert werden könnte." Hören lernen durch den Sport - und deswegen dürfen die Klangsportler auch in den städtischen Hallen trainieren, sich ausprobieren und so - wer weiß? - vielleicht eine neue Sportart begründen. Sportamtsleiter Schirwitz schließt das nicht aus. Und auch der Landessportbund Nordrhein-Westfalen hat ein wohlwollendes Auge auf das Projekt Klangsport geworfen. Denn Sport und Kultur werden im Landessportbund seit langem als eine Einheit betrachtet: (25´) O-Ton: Elisabeth Lütke, DAT 5 1:18:03-15 + 1:21:27-36 ig 20sec. "Wir würden uns wünschen, dass viel mehr Menschen diese beiden Aspekte nutzen für sich, in ihrer Bewegungsvielfalt. Da muss sich (...) der Sport insgesamt mehr öffnen und viel flexibler werden." meint Elisabeth Lütke, Beauftragte für Kultur beim Landessportbund. Heute ist sie zusammen mit einer Kollegin extra angereist, um sich ein eigenes Bild von den Klangsportproben zu machen. Ihr Anliegen: mehr Menschen für Sport zu begeistern. Sie will weg von alten Dogmen und Leistungsansprüchen, hin zu mehr Bewegungsfreude. Und deswegen kann sie sich auch für die Klangexperimente begeistern, die die Hobbysportler hier in der Turnhalle anstellen, mit Hilfe von Mattenwagen, Holzkästen und Houla-houp-Reifen. Wie auch Gudrun Neumann, beim Landessportbund zuständig für kulturelle Arbeit im Sport:(35´) O-Ton: Gudrun Neumann, DAT 6 1:23:03-39 33sec. "Es gibt keine Bewegungsnorm dabei, es gibt keine festgelegte Bewegungstechnik. Man nähert sich ja durch den Klang an die Bewegung. Wie klingt es und wie kann ich einen anderen Ton entwickeln? Da komme ich natürlich ganz anders in Bewegung. Dadurch, dass ich mein Interesse nicht auf den Körper richte: funktioniert er so wie er funktionieren soll - oder nicht?" ATMO: Klangsport, Beklopfen der 10 Klangzonen d. Körpers, DAT 5 1:34:16ff, (ab 1:34:30 mit Bassflöte) darüber: O-Ton: Gudrun Neumann, DAT 6, 1:25:36 50sec. [kürzen!!!] "Es ist so deutlich, was man in manchen Sportarten macht, im Badminton zum Beispiel. Da gehen Sie rein, Sie wissen, was auf Sie zukommt. (...) Auch keine Verunsicherung. (...) Man spielt, man weiß, mit wem man es zu tun hat. Und hier beim Klangsport ist es so, dass es auch Unsicherheiten zwischendrin gibt, ne Ratlosigkeit: Was mach ich denn hier? (...) Und manchmal eine Lücke, bis was entsteht. (...) Aber es ist unglaublich viel eigener Spaß dabei. / Im Hintergrund schwingen die Sportler gerade Klanghölzer an langen Seilen und erzeugen damit ein zischendes Windgeräusch [Windgeräusch DAT 5, 1:47:36] Viel Wind um nichts? Zumindest Gudrun Neumann gefällt es. Sie ist sich sicher: Klangsport hat eine Zukunft. O-Ton: Gudrun Neumann, DAT 6 1:20:30 25sec. "In zehn Jahren... Ich kann mir vorstellen, dass diese ganze Richtung mehr Raum haben wird. Wir wollen ja auch gemeinsam mit Frau Sahnwaldt Fortbildungen anbieten für (...) Lehrer, die sich interessieren, Übungsleiter, (...) Wir sind dabei." Musik: Bassflöte, über Lautsprecher, dahinter Stimmengewirr DAT 6 [ab 1:13:00 aufnehmen s.u.] / 1:14:05!! - 1:14:58 "Habt ihr das, habt ihr eure Matten alle?", steht länger frei, dann darüber: Die Premiere rückt näher, wenige Tage noch. Die Nervosität steigt. Die Klangsportler haben jetzt zwei Wochen lang geprobt, jeden Tag mehrere Stunden. Töne entwickelt, Schritte gelernt, Rhythmen einstudiert, eine Choreographie erarbeitet. Höhepunkt soll das große Klangsport-Orchester sein, ein Orchester nur aus Sportgeräten. Plus Dirigent. Komponist Markus Kuchenbuch soll das Orchester leiten. Gerade prellt man sich gemeinsam ein: (25´) ATMO: gleichzeitiges Ballprellen, DAT 5, 30:25, 15sec dann Kuchenbuch: "Vier, drei, zwei, eins! - (...) Ihr fangt alle zur gleichen Zeit an, ok? - [Ballprellen mit Rhythmuswechsel]31:08: über Kommandos: Jetzt stellen sich die Sportler nach den Vorgaben des Dirigenten auf, jeder an sein Instrument. Der Hallenboden wird zum Orchestergraben: links Rike am Seilchen, Yoshkun mit dem Houla-houp-Reifen, Barbara an der Gartenschlauch-Trompete. Im Hintergrund Konstantin auf dem Sprungbrett, Scarlett mit dem Degen, rechts Oliver und Dennis an Gymnastik- und Basketball, Katja und Daniela mit den Fahnenstöcken. Im Zentrum: Jenny, die vor einem Xylophon kniet und Tischtennisbälle bereithält. Erste Versuche: (30´) ATMO: Degen, Sprungbrett, Tröte DAT 5, 19:03ff (verdichten) 20sec "Barbara, nicht lachen dabei" - Das ist wirklich schwer. [19:44] nochmal Tröte, jetzt sauberer Klang Dann hebt der Dirigent seinen Stab - Aufmerksamkeit! - und es geht los: Musik: Klangsportorchester, DAT 5 35:05-36:07 ca. 30sec., darüber: O-Ton: Markus Kuchenbuch, DAT 5 44:45 + 43:30 (umstellen) 30sec. [oder: + DAT 6, 1:06:16 Die beherrschen ihre Instrumente alle sehr gut. Entscheiden tut das der Dirigent, was drankommt. Das ist eine Komposition des Moments."] "Es ist wie in einem klassischen Orchester. Da sind Stöcke und Bälle zusammen. Da sind Brass und Percussionselemente. Dann etwas Feineres wie das Xylophon ist in der Mitte. Damit die Klänge überall hingehen. Es ist improvisatorisch: Wie klingt das - und was könnte dazu kommen?" Musik: Bassflöte, über Lautsprecher, dahinter Stimmengewirr DAT 6 [1:13:24] / 1:14:05!! - 1:14:58 1:13:00 Stimme über Mikro: "Jetzt kontrolliert Ihr die Matten, wenn alle Matten kontrolliert sind in den Feldern (...) dann holt ihr euch eure Flaschen und richtet die ein. Viel Spaß." Endlich -Klangsport-Premiere. Eine riesige Turnhalle, 200 Zuschauer sitzen erwartungsvoll und stilecht auf Turnbänken aus Holz. Blaues Scheinwerferlicht durchflutet den Raum. Lautsprecher, Mikrophone, alles ist installiert. Und dann beginnt die Show: O-Ton: Jan Becker, Choreograf DAT 5, 1:14:45 "Spitzen Sie Ihre Ohren, gönnen Sie Ihren Augen eine Rast. Denn hier heißt es hingehört und weggeschaut." ATMO: Mattentrommeln, dramatisch DAT 5 1:39:30ff Die Klangsportler entfachen ihr sportlich-akustisches Feuerwerk: liefern sich Trommelgefechte auf Turnmatten, stemmen stöhnend Medizinbälle, rollen Holzstäbe, machen Wind mit Seilchen und Degen, rennen um die Wette, prellen Bälle auf Kommando, turnen, tanzen, atmen. Und erfrischen sich, auch das ein typisches Sportgeräusch, aus der Sprudelflasche: ATMO: Sprudelflaschen zischen (über Computer verstärkt u. als loop) DAT 5, 1:31:05, steht frei, liegt unter Text u. O-Tönen: Es wird ein Abend, der Körper und Geist verbindet, Ohren und Augen, Sport und Musik. Der Klangsport hat die Bühne betreten. Eine neue Bewegungsform auf der Grenze zwischen Sport und Kultur. Und sie kommt gut an. Musik: Klansportorchester / oder CD Revue 1:40:40 + Applaus bis ENDE O-Ton: Zuschauerin, DAT 6 1:37:57 8sec. "Da hatte ich echt das Gefühl: Ich hab das noch nie gehört. Das ist wirklich eine ganz eigene Musik gewesen." O-Ton: Zuschauerin, DAT 6 1:31:32 "Fitness für die Ohren." O-Ton: Teilnehmerin, DAT 6 27:15 "Ich würde schon sagen, dass ich (...) mehr meine Ohren geöffnet habe, für die Geräusche, die es eigentlich gibt, um uns herum. Ich denke generell, dass man die Ohren vielleicht zu oft dicht macht im Alltag." O-Ton: Bernd Schirwitz, DAT 1, 58:26 "Und ich glaube, dass man dadurch auch zu einer differenzierten Wahrnehmung von Sport kommen kann. (...) Auch eine Chance für den Sport, ganz klar." Musik bis ENDE-------28:00min + 02:00min Musiküberhang------------------- 1 00´50sec ?? ?? ?? ?? Sinfonie in Turnschuhen Manuskript.doc