Deutschlandradio Kultur Länderreport COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Viel Lärm um den Lärm - Bestandsaufnahme vor dem bundesweiten Aktionstag gegen Flughafenlärm - Autor Anke Petermann (4'54") Michael Watzke (5'22") Axel Flemming (5'57") Red. Claus Stephan Rehfeld Sdg. 02.02.2012 - 13.07 Uhr Länge 19.09 Minuten Moderation (in vorproduzierter Sendung / siehe Script) -folgt Script Sendung- Script Sendung Script Ablaufplan M 01 ErkMu REGIE Musik kurz frei & unter Moderator legen MOD Viel Lärm um den Lärm. Eine notwendige Bestandaufnahme in Sachen Fluglärm. Am Mikrofon begrüßt Sie dazu Claus Stephan Rehfeld. REGIE Musik kurz frei & unter Moderator weg MOD Sie gehen auf die Straße, halten Transparente hoch, veranstalten Montagsdemos am Flughafenterminal, organisieren Menschenketten, verfassen Petitionen. Die Gegner von noch mehr Flughafenlärm machen auf sich aufmerksam - in Frankfurt am Main, in München, in Berlin. Aber verschaffen sie sich auch Gehör? Die Landesregierungen in Hessen und Bayern sahen sich zu Reaktionen gezwungen. Taktische Manöver oder ernstzunehmende Eingeständnisse? M 02 Musikakzent (kurz) MOD Jeden Montag steigen sie auf die Barrikade, klock 18 Uhr. Die Montagsdemo findet am Terminal 1 des Frankfurter Flughafens statt. Und sie richtet sich gegen den wachsenden Fluglärm im Rhein-Main-Gebiet zwischen Offenbach und Mainz. Mit der neuen Landebahn will der Flughafenbetreiber Fraport Europas größten Airport London Heathrow langfristig als Nummer 1 der Europäischen Luftdrehkreuze verdrängen. Profitgier auf unsere Kosten, klagen die Bürger zwischen Mainz und Hanau. Und deshalb soll auf die vergangene Montagsdemo nun am Sonnabend eine Großdemonstration im und am Frankfurter Flughafen den Betroffenen Gehör verschaffen. 70 Bürgerinitiativen haben dazu aufgerufen. Anke Petermann berichtet. LR Flughafenlärm Ffm / Petermann - 4'54 AUTOR Jeden Montag geht Ursula Fechter im Terminal demonstrieren - und zwar nicht gegen den Flughafen, stellt die Steuerberaterin aus Frankfurt-Sachsenhausen klar, sondern gegen den Ausbau, also die neue Landebahn und die langfristige Steigerung der Kapazitäten auf über 700.000 Flugbewegungen im Jahr. Fechter Ich bin total betroffen, wir wohnen am Sachsenhäuser Berg, und zum Beispiel heute morgen um 5 Uhr bin ich wie jeden Morgen aus dem Bett geworfen worden und konnte nicht mehr schlafen, weil die Flugzeuge wirklich im Tiefflug mit über 80 Dezibel mit aufgeblendeten Scheinwerfern über unser Haus donnern. Wir hatten vorher auch Fluglärm, das war über die alten Bahnen, wir hatten die Starts gehabt, das war aber auszuhalten, wir haben damit gelebt - wir sind keine Flughafen-Gegner - aber da ist jetzt die Schraube überdreht. Das ist eine Grenze des Wachstums, die ist damit überdreht, die ist nicht nur erreiht, sondern absolut überschritten. AUTOR Als eine von zehn Kandidatinnen tritt die Frankfurter Frontfrau der Flughafen-Ausbaugegner zur Oberbürgermeister-Wahl im März an. Längst ist der Fluglärm zu einem der Hauptthemen im OB- Wahlkampf avanciert. Die schwarzgelbe Landesregierung in Wiesbaden kann die Proteste nicht mehr überhören. Unlängst lud Ministerpräsident Volker Bouffier von der CDU zwanzig Vertreter des Bündnisses der Bürgerinitiativen in die Wiesbadener Staatskanzlei ein. Er solle die Bahn stilllegen, bekam der Regierungschef zu hören. Sein Vorgänger Roland Koch hatte den Bau der neuen Landebahn per Planfeststellungsbeschluss genehmigt. Bouffier zieht für die neue Piste sogar Rot- Grün zur Verantwortung und stellt klar: Bouffier Eine Schließung der neuen Landebahn - dieses kann die Landesregierung nicht teilen. Wir sind der festen Überzeugung, dass die Gründe der Regierung Schröder-Fischer, denn die haben den Ausbauplan Deutschlands seinerzeit vorgelegt und alle Landesregierungen für richtig gehalten haben - dieser Flughafen ist das wirkliche herzstückweit unseres Landes, ist die Grundlage für viele Tausende von Arbeitsplätzen und die Existenz von Familien. AUTOR Zunehmend ist die im Oktober eröffnete Landebahn allerdings Anlass für gravierende Existenzsorgen - insbesondere für Familien in Flörsheim und Hochheim. So dicht leben sie unter den donnernd niedergehenden Jets, dass viele überlegen, ihre Häuser aufzugeben. Wie Elisabeth Reitz, die montags mit Kindern und Freunden am Terminal demonstrieren geht und sich eigentlich nicht vertreiben lassen will. Aber: Reitz Selbst wenn wir gehen wollen - wir sind wirtschaftlich alle ruiniert, wir müssen für diese Häuser eigentlich abbezahlen, bis wir in Rente gehen, wer kauf uns dieses Haus dann noch ab? Und wenn Fraport kauft, haben wir schon gehört, dass man höchstens 80% des Wertes bekommt. Wer zahlt uns den Rest? Wir sind wirtschaftlich ruiniert, anders kann man's nicht sagen und nervlich jetzt schon. AUTOR Dass der Flughafen-Betreiber Fraport und die Luftverkehrswirtschaft in den kommenden Wochen mit Unterstützung des Ministerpräsidenten Konzepte einer großzügigeren unbürokratischen Schallschutz-Nachrüstung und Entschädigung erarbeiten sollen, besänftigt die Demonstranten nicht. Dass Flugrouten und Anflugverfahren optimiert werden, ebenso wenig. Den ihrer Meinung nach einzig wahren Lärmschutz bringt Ingrid Kopp, Sprecherin des Bündnisses der Bürgerinitiativen, auf einen kurzen Nenner: Kopp Eine Zurücknahme der Flugbewegungen - eine Reduzierung und nicht noch eine Erhöhung. AUTOR Statt 700.000 Flugbewegungen jährlich zurück auf höchstens 350.000 - inakzeptabel für einen Flughafenbetreiber und eine Landesregierung, die auf Expansion setzen. Auch den Einspruch gegen das jüngst vom Kasseler Verwaltungsgericht verhängte Nachtflugverbot hält der Ministerpräsident gegen wachsenden Protest aufrecht. Nicht weil er Nachtflüge unbedingt wolle, sagt Regierungschef Bouffier, sondern damit das Bundesverwaltungsgericht Leipzig mit seiner Entscheidung den Betrieb am ausgebauten Flughafen rechtssicher macht. Die Bürgerinitiativen kaufen Bouffier die angebliche Neutralität nicht ab. Bündnissprecherin Kopp. Kopp "Es geht nicht um mehr Rechtssicherheit, es geht um mehr Lärm, dass nachts geflogen werden kann. Das ist ein Vorwand, die Rechtssicherheit." AUTOR Als Büttel der Luftverkehrswirtschaft sehen die meisten Demonstranten den christdemokratischen Ministerpräsidenten inzwischen. "Die Bahn muss weg", skandierten Tausende von Menschen seit November vergangenen Jahres, immer lauter erschallt seit jüngstem der Ruf "Bouffier muss weg". Demonstranten "Bouffier muss weg" -ENDE Petermann- MOD Bau einer dritten Startbahn am Flughafen München. "Flugabwehr" steht auf einem Protestschild, "Heimat bewahren" auf einem anderen. Die da protestieren, gehen gegen noch mehr Luftverschmutzung und noch mehr Fluglärm vor, der dann rund 300.000 Bürger in der Flughafenumgebung betreffen würde. "Horror an der Landebahn" sagen die Gegner, die Befürworter rufen Infrastruktur und Arbeitsplätze. Der Lärm darum ist nicht leiser geworden, obwohl die Flugbewegungen eine rückläufige Tendenz haben sollen. Michael Watzke zum Stand der Dinge. LR Flughafenlärm München / Watzke - 5'22" ATMO Fluglärm-Generator AUTOR Es ist ein kleiner silberner Koffer mit zwei Lautsprecherboxen, der infernalischen Lärm machen kann. Hartmut Binner nennt ihn Fluglärm-Generator. Er hat schon den halben Freistaat mit der Höllenmaschine beschallt: Hartmut Binner "Wir fahren in Bayern herum mit unserem Fluglärm-Generator. Haben vor Ort Marktplätze besucht und Abgeordnete aufgesucht. Und denen demonstriert, wie laut wir heute schon mit dem Fluglärm leben müssen. Und da haben wir große Ansprache und Zuspruch gefunden." AUTOR Hartmut Binner ist Sprecher der Bürgervereinigung "Aufgemuckt". MUC ist das Kürzel des Flughafens München. Der 73 Jahre alte Rentner kämpft gegen die dritte Starbahn am nahegelegenen Airport. Schließlich wäre auch sein Einfamilienhaus am Südrand von Freising betroffen. Die meiste Aufmerksamkeit haben Binner und seine Mitstreiter allerdings nicht mit dem Fluglärm-Generator erzielt - sondern mit einem Ei und zwei Tomaten. Die trafen den CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt bei einer Kundgebung in München im Gesicht. [ATMO] "Ich red sogar mit dem Teufel, wenn es um die dritte Startbahn geht." / "Unser Gesprächsangebot bleibt bestehen..." / "Hört's auf, Schluss damit!" / "Lügenpack, Lügenpack!" AUTOR Alexander Dobrindt, über und über mit Eigelb und Tomaten besudelt, blieb erstaunlich ruhig an diesem turbulenten Tag. Die Staatsregierung sei weiterhin gesprächsbereit, rief er der aufgebrachten Menge zu. Hartmut Binner ist pensionierter Polizeibeamter - früher wäre er gegen Tomatenwerfer eingeschritten. Hartmut Binner "Aber leider muss ich sagen: die Tomate hat uns natürlich deutschlandweit dazu verholfen, dass wir in die Schlagzeilen kamen und dass auf einmal viele Menschen etwas über die dritte Startbahn gelesen haben. Unsere Argumente hatten sich an dem Tag nicht geändert. Nur die Tomate hat das Ganze nach oben gespielt." AUTOR Die Tomate stellt den Höhepunkt der Proteste dar. Seitdem ist es ruhig geworden um die dritte Startbahn am Münchner Flughafen. Und das liegt an der Strategie der Betreiber des Airports. Der Freistaat Bayern und die Landeshauptstadt München wollen zwar weiterhin eine zusätzliche, vier Kilometer lange Betonbahn im Norden des Flughafens bauen. Aber die Bagger sollen später als geplant anrollen, sagt Georg Schmid, CSU-Fraktionsführer im Münchner Landtag. Georg Schmid "Da wurde festgelegt, dass man von dem vorzeitigen Beginn, an dem man hätte starten können, keinen Gebrauch machen will. Sondern dass man das Hauptsacheverfahren abwarten wird, also bis das Gericht endgültig entschieden hat. Und erst dann tritt man in die Realisierung ein. Das ist auch meine Meinung und die der ganzen CSU-Fraktion." AUTOR Im Hauptsacheverfahren des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof geht es um 20 Klagen gegen die dritte Startbahn - von betroffenen Anwohnern, Kommunen und des Bundes Naturschutz. Die Entscheidung über diese Klagen wird voraussichtlich erst im nächsten Jahr fallen. 2013 finden aber auch die Landtagswahlen in Bayern statt. Den taktischen Vorteil sieht die CSU bei sich. Denn sie steht geschlossen hinter dem Bau der dritten Startbahn, sagt CSU-Fraktionschef Schmid: Georg Schmid "Wir haben erkannt und wissen, dass der Flughafen eine der wichtigsten Infrastruktur-Einrichtungen im Freistaat Bayern ist. Das ist das Tor zur Welt. Er wird in hervorragender Weise angenommen. Die Kapazitäten sind erschöpft, wir brauchen langfristig - deshalb auch ein Zukunftsprojekt! - langfristig weitere Kapazitäten. Deshalb wurde die dritte Startbahn geplant und in das Planfeststellungsverfahren gegeben. Wir sind eindeutig dafür." AUTOR Anders die bayerische Opposition: zwar sind Grüne und Freie Wähler geschlossen gegen die dritte Startbahn. Die SPD allerdings ist uneinig. Ihr Spitzenkandidat, der Münchner OB Christian Ude, kämpft vehement für den Bau. Und Ude hatte seiner SPD ein Ultimatum gesetzt: ohne Zustimmung zur dritten Startbahn wollte der beliebte Münchner OB nicht kandidieren. Ohne Ude allerdings ist die SPD in Bayern chancenlos. Deshalb trimmt SPD-Generalsekretärin Natascha Kohnen ihre Partei auf Linie, obwohl sie selbst immer gegen die Startbahn war und weiterhin ist - zumindest privat. Wie die meisten SPD-Abgeordneten im Landtag. Natascha Kohnen "Bei der Diskussion um die dritte Startbahn - und das hat Ude ja auch immer wieder klargemacht - gibt es unterschiedliche Meinungen in der SPD. Es gibt unterschiedliche regionale Betroffenheiten. Und wir respektieren das untereinander. Im demokratischen Prozess müssen möglichst viele Bürger mit einbezogen werden. Rechtlich bindend bei der dritten Startbahn ist die Stadt München, die Bürgerinnen und Bürger der Stadt München." AUTOR Die Einwohner der Stadt München sollen in einem Bürgerentscheid und einem Ratsbegehren über die dritte Startbahn abstimmen. Am 17. Juni. Bis jetzt ist das Interesse der Münchner gering. Die Grünen haben noch immer nicht die erforderlichen 34.000 Unterschriften für das Bürgerbegehren gesammelt. Umfragen deuten eine leichte Mehrheit für die dritte Startbahn an. OB Ude will das Ergebnis in jedem Fall respektieren. Nicht so die Startbahn-Gegner draußen am Flughafen, in Freising, Erding und vielen kleinen oberbayerischen Gemeinden. Sie sind viel stärker vom Lärm betroffen als die Münchner weiter im Süden, sagt Protest-Leiter Hartmut Binner. Hartmut Binner "Wir würden direkt überflogen werden, und da kann ich hier nicht mehr leben. Da bin ich einer von 25.000, einschließlich aller anderen Ortschaften wie Berglern, Attaching und Kranzberg. Die sind alle schwerst betroffen." AUTOR In den nächsten Wochen wollen die Startbahn-Gegner neue Aktionen starten. Vor allem in München - denn draußen am Flughafen gibt es noch keine Baugrube, an der man demonstrieren könnte. -ENDE Watzke- MOD Auch in Berlin gibt es viel Lärm um den Fluglärm. Aber den gab es ohnehin schon, seit das Projekt eines Grußflughafens Berlin-Brandenburg den Sprung in die Zeitungen geschafft hatte. Inseln der Glückseligkeit wie Potsdam können weiterhin auf Ruhe hoffen, andere Orte haben sich zu Startbahnen für Wutbürger gewandelt. Daran ändert auch die jüngste Beschlußlage wenig. Und der lautstarke Protest gegen noch mehr Fluglärm dürfte noch eine ganze Weile zu vernehmen sein. Axel Flemming setzt uns in Bild. LR Flughafenlärm BB / Flemming - 5'57" Atmo BER-Demo, darauf Autor AUTOR Immer wieder gehen mehrere tausend Menschen gegen Fluglärm und einen Ausbau des Flughafens Schönefeld zum Drehkreuz auf die Straße. Sie rufen, pfeifen und trommeln. Ihre Plakate sind bunt und verkünden den Protest: "Fluglärm kann tödlich sein", "Gesunder Schlaf ist Menschenrecht" oder "Gestern belogen - heute überflogen". VoxPop "Wir fürchten eine durchgängige Verlärmung. 1993, nach dem Beschluss des Raumordnungsverfahrens haben wir uns entschlossen, nach Müggelheim zu ziehen, weil wir wussten, Schönefeld kommt nicht, Schönefeld war der ungeeignetes Standort. Und das Ergebnis kennen wir heute. Und wir befürchten einfach eine dauernde Verbrämung und auch einen drastischen Wertverfall unserer Immobilie. Und auch für unsere Kinder ist das nicht schön." AUTOR Veranstalter der Demonstrationen ist meist das Aktionsbündnis Berlin-Brandenburg. Es fordert unter anderem ein absolutes Nachtflugverbot von 22.00 bis 6.00 Uhr morgens. Demosprecher "Die Nacht wird für die Anwohner auf 5 Stunden reduziert. Und das auf höchstrichterliche Anordnung. Ist das im Namen des Volkes? Nein, das ist im Namen der Wirtschaft. Das geschieht im Namen der Luftfahrtlobby." AUTOR September 2010 hatte die Deutsche Flugsicherung Flugrouten vorgestellt, die anders verliefen als bis dahin bekannt. Massive Proteste und die Vorschläge der Fluglärmkommission führten im letzten Jahr zu einer leichten Veränderung, damit weniger Menschen weniger häufig vom Krach belästigt werden. Jetzt hat das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung die vorläufig endgültigen Routen präsentiert. Direktor Nikolaus Herrmann: Herrmann "Im unmittelbaren Nahbereich dieses Flughafens ist es sehr laut. Im weiteren Umfeld eines Flughafens ist es immer laut. Das, was durch die Routenführung bewirkt werden kann, ist nur - aber immerhin - den Fluglärm zu kanalisieren, in bestimmter Weise zu verteilen. Entweder dadurch, dass man versucht, ihn an einem bestimmten Korridoren entlang zu bündeln oder aber in der Fläche oder durch Alternativen zu verteilen." AUTOR Damit ist klar, dass die Flugzeuge am künftigen Hauptstadtflughafen BER Krach machen werden. Streit gibt es derzeit um das Schallschutzprogramm für tausende betroffene Wohnungen in der Umgebung. Die Flughafengesellschaft verkündet, dass für die meisten der 14.000 Anträge mittlerweile Kostenübernahmevereinbarungen unterzeichnet seien. Sie habe ihren Anteil erfüllt. Aber es gibt insgesamt 25 000 berechtigte Anrainer. Das Brandenburger Verkehrsministerium besteht auf dem Planfeststellungsbeschluss, wonach es am Tage in Wohnungen der Umgebung durch Fluglärm keine Überschreitungen der Maximalpegel von 55 Dezibel geben darf. Das beschäftigt auch die Parteien im Landtag. SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher: Holzschuher "Es gibt einen eindeutigen Planfeststellungsbeschluss mit einer Verpflichtung der Flughafengesellschaft, Lärmschutzmaßnahmen vorzunehmen, das ist selbstverständlich Konsequenz aus den gesetzlichen Grundlagen. Und die Flughafengesellschaft ist verpflichtet, das schnellstmöglich so umfassend wie möglich und so unbürokratisch wie möglich umzusetzen. Das ist keine Frage von irgendwelchen Haushaltsmitteln, das muss finanziert werden." AUTOR Die Flughafengesellschaft hält dies bei 6.000 Wohnungen aber technisch nicht für realisierbar. Dieser Streit wird noch lange nach Eröffnung des Flughafens eine Rolle spielen. Eine Initiative aus Friedrichshagen und die Grüne Liga haben eine Beschwerde bei der EU-Kommission eingelegt, weil es für das Überfliegen des Müggelsees im Berliner Südosten keine Umweltverträglichkeitsprüfung gab. Vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig liegen noch weitere Klagen von Bürgern, meist mit dem Ziel, den ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss doch noch zu Fall zu bringen. Letztes Jahr hatte das Gericht allerdings entschieden, dass die Planung zum eingeschränkten Nachtflugverbot in Ordnung gehe. VoxPop "Auf jeden Fall Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr! Weil es gibt beispielsweise Straßenschilder, wo die Nachtruhe, Tempo 30 von 22 bis 6 Uhr gilt, warum soll das über unseren Köpfen anders sein als auf der Straße." "Übrigens auch bei Herrn Wowereits Haus gibt es auch eine Lärmbegrenzung von 22 bis 6 Uhr." AUTOR Und Klaus Wowereit ist nicht nur Regierender Bürgermeister von Berlin, sondern auch Aufsichtsratsvorsitzender der Flughafengesellschaft. Die Anwohner hoffen auf neuen Wind nach einem Lärmgutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes, das die Flugrouten-Pläne für unzureichend hält. Der Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/die Grünen, Axel Vogel hofft durch die Studie auf genügend Munition für ein neues Klageverfahren: Vogel "Das Bundesverwaltungsgericht hat gesagt, die Ermessensentscheidung auf Basis der Informationen, die vorlagen, geht aus ihrer Sicht in Ordnung. Das heißt nicht, dass es nicht eine andere Ermessensentscheidung hätte geben dürfen. Wenn sich jetzt herausstellt, dass die Ermessensentscheidung auf Basis unvollständiger Informationen erfolgte, dann könnte das durchaus sein, dass es noch einmal überprüft wird. Was heißt Hoffnungen wecken? Wir haben uns auch immer gegen Atomenergie ausgesprochen, auch wenn alle gesagt haben, wir sind für Atomenergie. Und trotzdem haben wir den Anwohnern von Atomkraftwerken Hoffnung gemacht, dass wir irgendwann mal aus der Atomenergie aussteigen. Auch Politiker dürfen ab und zu mal Hoffnung wecken." AUTOR Bis zur geplanten Eröffnung des neuen Flughafens am 3. Juni werden die Proteste weiter gehen. Atmo Demo hoch und ausblenden -ENDE Flemming- MOD Viel Lärm um den Lärm. Eine notwendige Bestandaufnahme in Sachen Fluglärm von Anke Petermann, Michael Watzke und Axel Flemming. Morgen dann im Länderreport ab 13.07 Uhr : Ländersache Kultur. Die Kulturpolitik der Bundesländer Sachsen-Anhalt und Bremen. Am Mikrofon verabschiedet sich von Ihnen Claus Stephan Rehfeld. -ENDE Sendung- 2