OT 1
	ASMR-Video Pinsel
Good evening, everyone. It's so good to see you again this month.    
Today, I am gonna bring you a brush video. (10)

	Regie: (Blende, unter Text weiter)

Autor 1
Eine junge Frau, Mitte zwanzig, lange rote Haare, strahlend weiße Zähne. 
Das kann man besonders gut sehen, weil sie sehr nah an der Kamera ist, mit 
der sie ihr Youtube-Video aufzeichnet. (15)


	OT 2	
	ASMR-Video Pinsel
 	weiter (5)

Autor 2
Sie hält einen Kosmetik-Pinsel mit schwarzen und weißen Borsten in die 
Kamera. Sieht aus wie eine dieser Schmink-Anleitungen, wie man sie häufig 
auf Youtube findet. Aber sie schminkt sich nicht. Stattdessen tut sie so, als 
würde sie dem Betrachter des Videos, also mir, eine Behandlung mit dem 
Pinsel verpassen. (20)

	OT 3
	ASMR-Video Pinsel
	 weiter (5)

Autor 3
Ich weiß nicht mehr, ob es dieses Video war, durch das ich auf die ganze 
Sache gestoßen bin, oder ein anderes. Schließlich gibt es davon eine ganze 
Menge auf Youtube - Unmengen eigentlich. Und viele davon ähneln sich sehr 
stark. Junge, hübsche Frauen, zwischen zwanzig und dreißig, inszenieren 
eine Rollenspiel-artige Situation - einen Besuch im Wellness-Studio, beim 
Arzt, im Schönheitssalon oder beim Friseur. Und immer taucht in der 
Überschrift der Filme oder in den Kommentaren darunter diese 
Buchstabenkombination auf. A-S-M-R. (35)

(1:25)

	Regie: Musik 
	psychedelisch, wabernd, meditativ

	OT 5
	Paula Denner
	Das beginnt mit einem Kribbeln im Kopf.

Titelansage 1
Flüstern im Netz, Kribbeln im Kopf

	OT 6
	Nicolas Semak
	Ich merke, dass da so eine ganze starke innere Ruhe auftritt.

	OT 7
	Niels Galley
	Und das wird eben fast ausschließlich geflüstert.

Titelansage 2
Das unerforschte Phänomen ASMR

	OT 8
	Jenn Allen 
Autonomous Sensory Meridian Response. Probably longer than I 
should've 	named it. 

	OT 9 
	Alexander Graf 
	In den USA ist das schon ein regelrechter Hype

	OT 10
	Donna
Es gibt auch viele Wissenschaftler, die das bezweifeln, dass das 
Phänomen überhaupt existiert.

Titelansage 3
Eine Recherche von Christian Möller

	OT 11
	Marc Bangert
	Jetzt am Anfang muss man erst mal sich vortasten und explorieren.

(2:30)

	Regie: Geräusch
	Computertastatur

Autor 5
A-S-M-R. Ich gebe die Buchstabenkombination ins Suchfeld bei Youtube ein. 
Und bekomme rund zwei Komma drei Millionen Treffer. Nicht schlecht. 

	O-Ton-Collage
	ASMR-Videos 
	liegt unter 

Autor 6
Ich schaue mir ein paar der Videos an. Und trete ein in eine seltsame 
Parallelwelt. Neben weiteren Wellness-Studio-Rollenspielen finde ich eine 
ganze Reihe von sogenannten Tutorials - Filme, in denen vorgeführt wird,  
wie man Handtücher faltet oder Halstücher drapiert. Russische Grammatik-
Lektionen. Und alle sind sie in diesem sanften, ja besänftigenden Tonfall 
gesprochen. Viele sogar geflüstert. (25)

	O-Ton-Collage
	ASMR-Videos 

Autor 7
Überhaupt scheint bei einigen das Hören wichtiger zu sein als das Sehen. 
Man sieht nämlich nichts. Außer vielleicht zwei Hände, die in einer Zeitschrift 
blättern. Mit Geschenkpapier rascheln. Oder mit unendlicher Geduld ein 
Überraschungsei aus der Folie wickeln. 20, 30, 40 Minuten lang.

	O-Ton Collage
	ASMR-Videos

	Geräusch
	Computer-Tastatur

	

OT 12
	Christian Möller
Autonomous sensory meridian response, Klammer auf, ASMR, 
Klammer zu, is a  neologism for a recently described perceptual 
phenomenon...(5)

Autor 8
Im Internet muss ich nicht lange suchen. Knapp 3 Millionen Treffer gibt's bei  
Google. Gleich der erste davon. Ein englischer Wikipedia-Artikel.  ASMR, 
heißt es da, steht für "Autonomous Sensory Meridian Response". Was 
übersetzt ungefähr "Autonome Sinnliche Meridian-Reaktion" heißt und mir 
leicht esoterisch vorkommt. Meridiane - sind das nicht diese Dinger aus der 
chinesischen Medizin, durch die angeblich die Lebensenergie fließt? Na, 
egal. ASMR, lese ich weiter, steht für ein bestimmtes angenehmes 
kribbelndes Gefühl im Kopf, unter der Schädeldecke, am Rücken oder 
anderen Randregionen des Körpers, hervorgerufen durch auditorische, 
visuelle, olfaktorische oder kognitive Stimuli. (45)

	OT 12
	...olfactory or cognitive stimuli. 

Autor 9
Aha. Das heißt also im Wesentlichen: Die Leute, die ASMR haben, 
bekommen Kribbelgefühle im Kopf, wenn sie jemanden flüstern hören. Wenn 
sie  anderen beim Falten von Handtüchern zusehen. Oder wenn mit Papier 
geraschelt wird. Alexander Graf ist einer, dem das so geht.

	Regie:  Atmo Café


	OT 13
	Alexander Graf 
ASMR ist ein sehr entspannendes Gefühl, das im Kopf beginnt und sich 
in etwa so anfühlt wie eine Gänsehaut im Kopf. Das breitet sich (...) 
langsam im Körper aus, es geht bis in die Arme und bis in die Beine, je 
nach Stärke. (15)

	Regie:  Blende, läuft dann als Atmo weiter)

(5:00)

Autor 10
Graf ist 24, arbeitet im Online-Marketing und betreibt in seiner Freizeit das 
deutsche ASMR-Forum. Rund hundert Nutzer aus Deutschland tauschen sich 
dort über ihre Erfahrungen mit ASMR aus. Er selbst kennt die Kribbelgefühle 
schon seit seiner Kindheit. (20)

	OT 14
	Alexander Graf 
Die ersten Male, wo ich mich dran erinnern kann, ist, dass ich bei 
Verwandten war und dort Personen mit ner besonderen Stimmlage 
gesprochen haben. Und da hab ich gemerkt, dass sich bei mir im Kopf 
etwas ganz gut anfühlt. (15)

Autor 11
Betäubt habe er sich manchmal gefühlt. Sich aber nichts weiter dabei 
gedacht. (5)

	OT 15
	Alexander Graf
Ich hab dem zuerst gar nicht so viel Beachtung geschenkt, weil ich 
gedacht hab, das ist eigentlich normal. Hat jeder. (10)

Autor 12
Vielleicht nicht jeder. Aber doch einige. Das hat Alexander Graf festgestellt, 
als er im Internet nach einem Grund für das seltsame Gefühl recherchiert hat. 
(10)

(6:00)

	OT 16
	Alexander Graf
	 Ich hab auch sowas wie "Kribbeln  im Kopf" gesucht.  (5)

Autor 13
Dabei fiel dann der Begriff ASMR. Auf amerikanischen Internetseiten wurde 
darüber diskutiert. (5)

	OT 17
	Alexander Graf
	Also, in den USA ist das n regelrechter Hype. Da sind 100 Tausend 
	Suchanfragen monatlich nach ASMR. Ne riesengroße Community.  (10)

Autor 14
Im deutschen Web ist der Begriff noch nicht so bekannt. Rund dreieinhalb 
Tausend Suchanfragen gibt es hier pro Monat. Tendenz steigend. (10)

	Regie:  Musik
	
	und 

	Video-Collage

	Geräusch
	Computertastatur

	OT 32
	Christian Möller
	Sehr geehrte Damen und Herren....(5)

Autor 15
Ich will wissen, was es mit ASMR auf sich hat. Ich schreibe Mails an 
Wissenschaftler - Mediziner, Neurologen, Psychologen. Hirnforscher. Ob 
jemand bereit ist, mir eine Einschätzung zu geben? Mal sehen. Im Wikipedia-
Artikel werden ein paar Wissenschaftler zitiert, die das Phänomen 
grundsätzlich für möglich halten. Aber Forschung dazu gibt es scheinbar 
bisher noch nicht. (25)

	OT 18
	Christian Möller
...würde ich mich freuen, von Ihnen zu hören. Mit freundlichen Grüßen. 
So.
Regie: (E-Mail-Absendegeräusch "Swoosh!")
	Mal sehen was passiert. (5)

	Regie:  Musik kurz frei
	dann dazu  Video-Collage
	Knistern, Rascheln etc. 

(7:00)

	OT 19
	Paula Denner
	Das beginnt mit einem Kribbeln im Kopf. (5)

	OT 20
	Donna
Und es lässt sich (...) mit einer Kopfmassage vergleichen, die man 
beispielsweise beim Friseur bekommt, wenn man sich da die Haare 
waschen lässt. (15)

	OT 21
	Nicolas Semak
Also ich merke, dass da so eine ganze starke innere Ruhe auftritt. Eine 
starke Entspannung, die sich so breit macht und das hat was fast von 
einer Paralyse, die ich spüre. (15)

	OT 22
	Paula Denner
Für mich persönlich läuft es so ab, (...) dass es sich dann entlang des 
Rückgrats 	in den Rest des Körpers ausbreitet, wobei die Muskeln sich 
dann gleichzeitig wie gelähmt, aber auch irgendwie belebt anfühlen. (...) 
Und je nach Tageszeit 	oder Länge des Videos ist es dann auch keine 
Seltenheit, dass ich davon einschlafe. (20)

(7:55)

Autor 16
Ich führe Interviews mit weiteren ASMR-Betroffenen. Obwohl das wohl der 
falsche Begriff ist. Dass das eine angenehme Erfahrung sei, darin sind sich 
meine Gesprächspartner einig. 

	OT 23
	Donna
Also bei mir funktionieren halt sogenannte unboxing-Videos gut. Das 
sind halt Videos in denen Leute vor der Kamera irgendwelche 
Gegenstände auspacken, die sie sich gekauft haben. Zum Beispiel ein 
Handy oder weiß ich nicht ein Tablet oder irgendwas. Und es ist 
eigentlich so der Prozess des Auspackens der mich fasziniert und halt 
die Geräusche, die dabei verursacht werden. Also 	zum Beispiel das 
Knistern von Verpackung, von Plastik. (20)

	OT 24
	Nicolas Semak
Grundsätzlich sind Situationen wo Leute arbeiten, habe ich das sehr oft. 
Also, 	wenn Leute an einem Tisch sitzen und jeder für sich an einem 
Laptop arbeitet 	und dann ist es schon die Mischung aus der Situation 
und den Geräuschen, die da entstehen. Also, wenn jemand auf einer 
Tastatur herumtippt oder vielleicht irgendwie mit den Fingern tippelt vor 
sich hin wispert. (25)

	OT 25
	Paula Denner
Es hat definitiv mehr als nur eine technische Komponente, die man 
einfach so 	mit einem bestimmten Geräuschmuster reproduzieren 
könnte. Eine sehr menschliche Komponente, die auch mit Empathie 
was zu tun hat und mit Vertrauen. (...) Und dieses Vertrauen wird 
hergestellt hauptsächlich durch das demonstrative Waltenlassen von 
Sorgfalt und von Genauigkeit und eine besondere Zugewandtheit, 
entweder zu Details irgendeiner Sache mit einer gewissen Hingabe 
oder diese Sache ist sehr austauschbar, das kann ganz 	genauso auch 
der Zuschauer selber werden.

(10:00)

	OT 26
	Christian Möller 
(liest Brief vor): Sehr geehrter Herr Möller...für ihre Anfrage...leider 
können  wir...bei uns dazu keinerlei Expertise vorhanden ist..wünsche 
ihnen aber für ihre Recherche...(15)

Autor 17
Die ASMRler sprechen gern über ihre Erfahrungen.  Die Wissenschaftler sind 
da schon zurückhaltender. Psychologen, Neurologen, Hirnforscher - ich hole 
mir eine freundliche Absage nach der anderen. Keine Kompetenz, noch nicht 
erforscht, tut uns leid, viel Erfolg noch. Vielleicht ist es für die einfach zu 
heikel, sich zu einer Sache zu äußern, die sich am Ende einfach als ein 
Hirngespinst erweisen könnte?

	Geräusch
	Skype-Anruf-Ton

Autor 18
Anruf von Jenn Allen aus New York. Mit ihr habe ich mich für ein Interview per 
Skype verabredet. Allen ist nämlich, wenn man so will, Schuld daran, dass 
nun so viele Leute über etwas namens ASMR reden. Sie hat sich den 
medizinisch klingenden Namen für das Phänomen ausgedacht. (20)

	OT 28
	Jenn Allen 
Autonomous Sensory Meridian Response. (...) Probably longer than I 
should've 	named it. (5)

(11:00)

	OT 29
	Jenn Allen 
	It was my attempt to give a name that described all the key
      characteristics...(5)

	Regie:  (Blende, läuft unter Text weiter)

Autor 18
Der Name, erklärt sie, sollte die Schlüsselcharakteristika des Gefühls 
beschreiben. "Autonom" zum Beispiel steht dafür, dass die Trigger von ASMR 
so vielfältig sind. Und es sollte ein Terminus sein, der nichts mit "Kribbeln", 
oder gar "Orgasmus" zu tun hat. Solche Begriffe ließen ASMR wie einen 
seltsamen Fetisch aussehen. Und hielten Leute davon ab, darüber zu reden. 
Inzwischen bessere sich das. Und die Leute glaubten nicht mehr, dass sie mit 
ihren Erfahrungen allein sind. (30)

	OT 30
	Jenn Allen
	...word is getting around, that this is not something that they experience 
	alone...(5)

Autor 19
Durch den Namen ASMR haben die Leute leichter die Chance, auf andere zu 
stoßen, die ähnliche Erfahrungen machen wie sie. Das war Allens Idee. Und 
sie scheint zu funktionieren. Seit 2010, als sie ihn in einer Facebook-Gruppe 
erfand, geht die Zahl der Suchanfragen bei Google weltweit steil nach oben. 
Von rund dreitausend Anfragen monatlich auf bis zu 100 Tausend in den 
Jahren 2012 und 2013. Die meisten davon kommen aus den USA und 
anderen anglophonen Ländern. Doch geographisch ist ASMR anscheinend 
nicht beschränkt. (35)

	OT 31
	Jenn Allen
	We can say for sure that ASMR...(5)

(12:20)
	 
Autor 20
Auf allen Kontinenten gebe es ASMR, sagt Jenn Allen, es seien die meisten 
größeren Ethnien vertreten. Insgesamt seien es eher jüngere Menschen, was 
aber wohl damit zu tun habe, dass sich vieles im Internet abspiele. (15)

	OT 32
	Jenn Allen 
	...that it is on the internet. (5)

Autor 21
Die Annahmen beziehen sich auf die statistischen Erhebungen, die sie und 
ihre Mistreiter aus der "ASMR Support and Research Group" in den letzten 
zwei Jahren gemacht haben. Keine professionelle Forschungsorganisation, 
wie Allen betont, sondern Freiwillige, die dazu beitragen wollen, dass ASMR 
erforscht wird. Und weil bis dahin keine Wissenschaftler sich der Sache 
angenommen hatten, fingen sie an, ihre eigene Forschung zu betreiben. 
Unter anderem mit Fragebögen im Internet. (35)

	OT 33
	Jenn Allen 
	These are preliminary data...(5)

(14:00)

Autor 22
Die Daten, die dabei erhoben wurden, sind vorläufig, das ist den 
Hobbyforschern klar. Ihre Arbeit, sagt Allen, sei vor allem dazu da, um 
Aufmerksamkeit bei Wissenschaftlern zu wecken. Und das scheint geklappt 
zu haben. Immer mehr Interessierte melden sich, Neurologen, Psychologen. 
Einige Forschungsvorhaben laufen bereits. In rund einem Jahr, vermutet 
Allen, werde es schon Ergebnisse geben.

	OT 34
	Jenn Allen 
	...solid results from a number of different scientists.

	Musik-Trenner oder direkt dran?

Autor 23
Auch bei mir hat sich nach all den Absagen doch noch ein Wissenschaftler 
gemeldet. 

	OT 35
	Niels Galley
Ja, also, mein Name ist Niels Galley. Und meine Vorgeschichte ist, dass 
ich mich mit sensorischen Phänomenen beschäftigt habe, als ich noch 
an der Uni 	war...(15)
	
Autor 24
Galley ist emeritierter Professor für Biopsychologie von der Uni Köln. Wir 
sitzen in seinem kleinen, mit Büchern vollgestopften Arbeitszimmer im Keller 
seines Hauses. Forschung speziell zu ASMR hat er zwar nicht betrieben, 
aber er hat sich einige ASMR-Videos für mich angesehen und ist bereit, mir 
eine Einschätzung zu geben. (25)

	OT 36
	Niels Galley 
Alle die ich mir angeguckt habe, hinterlassen das Gefühl, dass der 
Betreffende  sehr nahe bei mir ist, obwohl dieser Medienzustand ja 
einem ganz klar macht, dass im Grunde eine erhebliche Entfernung 
besteht, aber der ganz nahe Ton 	induziert tatsächlich das Gefühl der 
Betreffende ist mir ja ganz nah. Und das wird eben sehr gerne geflüstert 
und fast ausschließlich geflüstert. (25)

(15:30)

Autor 24
Die Suggestion von Nähe erklärt nicht nur das Flüstern, sondern auch die 
Geräusche wie Papierrascheln, Knistern mit Folie, die für viele ASMR-Trigger 
sind und in den Videos dementsprechend oft auftauchen. Verstärkt sehr oft 
durch eine Aufnahme, die die hohen Frequenzen der Klänge stark betont. Ein 
aus der Psychoakustik bekannter Effekt.

	OT 37
	Niels Galley 
Entfernungshören ist frequenzabhängig. Das heißt, alles was aus 
weiterer Entfernung kommt, hat in erster Linie tiefe Frequenzen, weil 
die hohen werden von der Umgebung weggefiltert. Das heißt (...) hohe 
Frequenzen, denen die Tiefen fehlen, induziert automatisch eher Nähe 
der betreffenden Quelle. Das heißt also, man würde sofort sagen 
können, allein aus hohen knisternden 	Geräuschen, das muss nahe 
sein.  (30)

Autor 25
Das werde aber nicht automatisch als positiv empfunden...(5)

	OT 38
	Niels Galley  
...weil die Nähe ist potentiell gefährlich. Und dieses potentielle 
Gefährlichkeitsgefühl macht auch einen Aktivierungszustand des	 
prickelnden. Es könnte ja gefährlich sein. (...) Sexuelle Beziehungen 
sind ja prickelnd, die Sind nicht nur Wellness sondern auch irgendwie 
aufregend. (20)

Autor 26
Auch diese Aufregung sei Teil der ASMR-Erfahrung, vermutet Galley. 
Allerdings überwiege irgendwann wohl der entspannende, beruhigende 
Effekt, den wir mit Nähe verbinden - schon seit der Kindheit, wenn uns die 
Eltern in den Armen hin und her wiegen. Und dabei in ähnlich 
besänftigendem Ton mit uns sprechen wie man es oft in den ASMR-Videos 
hört. (25)

	OT 39
	Niels Galley
Das ist ja sehr beruhigend auch. Das heißt, es wird sehr klar, obwohl 
der nahe 	ist und unerwartete Nähe eher als gefährlich angesehen 
wird, (...) ist erwartete 	und zugelassene Nähe, die noch dazu 
sozusagen die negative Emotionierung 	vermeidet, beruhigend, positiv, 
ja opioidausstoßend. Jetzt sind wir mal bei ganz 	wichtigen Sachen, 
weil unser Wellness-Gefühl, unser Glücksgefühl, läuft über 	ein 
Transmittersystem, was wir Opioide nennen. (25)

Autor 27
Genauer gesagt: sogenannte Endorphine, körpereigene Botenstoffe, die 
unter anderem dazu dienen, unser Schmerzempfinden zu regeln. Sie sind 
vermutlich mit verantwortlich für das Entstehen von Euphorie-Zuständen. 
Durch Hautberührung können Endorphine ausgeschüttet werden. Und das 
sogar dann, wenn die nur indirekt stattfindet, also zum Beispiel, wenn jemand 
in einem ASMR-Video so tut, als würde er mir eine Kopfmassage 
verabreichen, kann das für eine solche Ausschüttung sorgen. Ein ähnlicher 
Effekt also, wie die seit den 90er Jahren bekannten Spiegelneuronen - 
Nervenzellen, die beim bloßen Ansehen eines Vorgangs genau die gleiche 
Aktivität zeigt als würden wir sie tatsächlich ausführen. (50)

	OT 40
	Niels Galley
Das heißt, das System ist auch symbolisch ansprechbar. (...) Wir sind 
nämlich sehr antizipatorisch, also vorwegenehmend konstruiert. Das 
heißt wir brauchen gar nicht direkt diese Art der Stimulation, sondern 
die unmittelbare Erwartung, 	dass das jetzt gleich kommt, löst das auch 
schon aus. (...) Und je näher der 	Betreffende mir ist, umso mehr 
Opioid stoße ich aus. Und deshalb glaube 	ich, 	dass hier Wellness-
Gefühle und Glücksgefühle sozusagen durch Nähe 	(...) 	induziert 
werden können, bei sehr empfindlichen Menschen. (35)

	Regie:  Musik 
	und/oder Video-Collage

Autor 28
Also Opioid-Ausschüttung durch Suggestion von Nähe. Das ist schon mal ein 
Ansatzpunkt. Aber - wenn es um Nähe geht, wieso ist diese ASMR-Szene 
dann vor allem so viel im Internet unterwegs? Wahrscheinlich hat es auch 
damit zu tun, dass man im Netz anonym kommunizieren kann, sagt 
ASMRlerin Paula Denner.

	OT 42
	Paula Denner
Ja definitiv, weil es einfach keine Alltagssituation gibt, in der es 
irgendwie angemessen scheint, es zur Sprache zu bringen oder 
darüber zu reden. Und da hatte ich sicherlich ganz genau die gleichen 
Hemmungen, die dafür gesorgt haben, dass das Phänomen eben so 
lange unentdeckt blieb. (...) Da ist es definitiv unendlich viel leichter in 
der Kommentarsektion eines Videos zum Beispiel zu fragen, sag mal, 
geht es euch auch so, warum schaut ihr das an? Denn Seltsamkeit ist 
im Internet ja irgendwie keine Schande, sondern eher ganz im 
Gegenteil. (40)

Autor 29
Die Verbreitung von ASMR ist ein Phänomen, das ohne die sozialen 
Netzwerke nicht so schnell bekannt geworden wäre. Unter anderem liegt das 
auch an der Möglichkeit zur Personalisierung, sagt der 
Medienwissenschaftler Roman Marek. Sein Forschungsgebiet ist die Video-
Plattform Youtube, auf der sich ja ein Großteil der ASMR-Aktivitäten 
abspielen. (25)

	OT 43
	Roman Marek
Also einerseits man kann sich genau die Sachen genau dann 
anschauen, wenn man das Bedürfnis danach hat und auch wo man sie 
anschauen möchte. Im Bett, oder (...) zum Einschlafen, auf dem 
Tabletcomputer, auf dem Telefon, auf dem 	Laptop vielleicht. Und auf 
der anderen Seite auch kann man sich genau das raus suchen, was 
einem gefällt, was einen anspricht. Wenn mir bei einer Person die 
Stimme zum Beispiel nicht zusagt (...), dann finde ich garantiert 
irgendwann jemanden, der mir genau zusagt und genau auf mich die 
gewünschte Wirkung hat. (40)

(20:25)

	Regie: Video-Sound 

Autor 32
Und wenn nicht, dann bestellt man sich halt das Video mit dem ganz 
persönlichen Trigger. In der wachsenden ASMR-Szene geht das inzwischen, 
sagt Alexander Graf vom deutschen ASMR-Forum. (15)

	OT 44
	Alexander Graf 
Das funktioniert dann per Request-System, also die User stellen 
Fragen, also Requests an die Leute, mit besonderen Wünschen, wie 
sie ihr Video gern hätten. Das wird dann persönlich auf sie 
zugeschnitten und entsprechend umgesetzt. (15)

Autor 33
ASMRtists, so nennen sich die Leute, die ASMR-Videos nicht nur gucken, 
sondern auch selbst produzieren. Eine von ihnen nennt sich auf Youtube 
"Donna ASMR". Sie ist 24, Studentin in Siegen und möchte im Radio lieber 
anonym bleiben.  (15)

	OT 45
	Donna
Also, ich habe zum Beispiel ein Überraschungsei ausgepackt, ich habe 
eine 	Legofigur zusammengebaut und solche Sachen, Bonbons 
ausgepackt und 	durch ein Buch geblättert...(15)
		
Autor 34
Und obwohl das so einfach klingt, sei die Produktion dieser Filme oft ein ganz 
schöner Aufwand. Was sie dazu motiviert?

	OT 46
	Donna
	Also für mich ist das eigentlich das ausschlaggebende, das Feedback. 
	Also würde ich jetzt kein Feedback bekommen, dann wüsste ich ja gar 
	nicht wofür ich das mache,

Autor 35
Der Austausch innerhalb der Community ist wichtig. An dem nehmen auch 
die Stars der Szene teil, die für ihre Video-Kanäle bis zu hunderttausend 
Abonnenten haben. Und eine Menge Fans auf Facebook. (15)

	OT 47
	Donna
Also eigentlich fast jeder von den "Künstlern" in Anführungsstrichen hat 
einen Facebook-Account, würde ich sagen. (...) Die schreiben dann, 
dass sie gerade an einem neuen Video arbeiten oder posten 
Screenshots vom nächsten 	Video. (20)

Autor 36
Fast wie eine Band, die Einblicke in ihre Plattenproduktion gibt. Sogar Geld 
wird mit ASMR-Videos inzwischen verdient. (5)

	OT 48
	Alexander Graf 
Ja, es gibt erste Youtube-Channels (...), die ihre Videos auch 
kostenpflichtig anbieten. (5)

	Musik oder Video-Trenner

(22:10)

	OT 49
	Marc Bangert
Die Musikwissenschaftler und die Psychologen nennen es "Chill". Es ist 
dieses Gefühl einer starken emotionalen Reaktion beim Anhören auf 
Musik. Also, wenn es einem sprichwörtlich kalt den Rücken runterläuft, 
aber eben nicht aus Furcht, sondern aus einem Gefühl der tief 
befriedigenden Wirkung, die eine 	bestimmte musikalische Passage auf 
einen hat. (20)

Autor 36
Marc Bangert ist Neurobiologe aus Dresden und hat sich in seiner Forschung  
viel mit Musik beschäftigt. ASMR noch gar nicht, aber als ich ihm das 
Phänomen beschrieben habe, ist er spontan bereit, sich die Sache einmal 
genauer anzusehen. Vielleicht auch, weil ASMR Parallelen zum emotionalen 
Erleben von Musik aufweist. (20)

	OT 50
	Marc Bangert
Der persönliche Gänsehaut-Effekt, das ist für jeden irgend ein anderes 
Musikstück. Das ist ganz unterschiedlich. Und das haben wir bei ASMR 
auch. Die Trigger, die funktionieren bei dem einen, werden überhaupt 
nicht 	funktionieren bei dem anderen. Und entsprechend vielfältig ist 
dann ja auch das, was im Internet kursiert an Videos.  (20)	

Autor 37 
Genau das, vermutet er, dürfte eine große Schwierigkeit sein, bei der 
Erforschung von ASMR. Dass das Phänomen existiert, das hält er allerdings 
für plausibel...(15)

	OT 51
	Marc Bangert
...denn an vielen Punkten kann man durchaus biologische Parallelen 
sehen zu dem, was unsere Primatenverwandten so machen und so 
erleben. (10)

(23:35)

Autor 38
Zum Beispiel das Phänomen des sogenannten "Grooming", das es bei vielen 
Primatenpopulationen gibt...(10)

	OT 52
	Marc Bangert
...also das Lausen, das aber nicht mehr primär dem Entfernen von 
Läusen dient, sondern einen sehr habituellen, fast rituellen Charakter 
hat und der sozialen Bindung untereinander dient. 


Autor 39
Das Grooming findet vor allem am Hinterkopf statt. Also, dort, wo auch viele 
ASMR-Fähige das charakteristische Kribbelgefühl lokalisieren. Auch einige 
der Videos auf Youtube mit ihren virtuellen Massagen beziehen sich ja auf 
diese Körperregion.

	OT 53
	Marc Bangert
	Es ist ja schon eine auffällige Parallele. Auch dieses befriedigte Gefühl, 
	was beschrieben wird. 

	OT 54
	Marc Bangert
Ein anderer, in eine ganz andere Spekulationsrichtung gehender 
evolutionärer  Zweck wäre bei der Sorte von Triggern zu sehen, die 
auch häufig berichtet 	wird, die gar nichts mit dieser Kopfnähe zu tun 
haben, sondern damit, dass 	offensichtlich es da Videos gibt, wo 
Menschen einfach zeigen, wie sie Handtücher zusammenfalten oder 
wie sie Dinge einsortieren oder irgend etwas 	aus ihrem 
Kompetenzbereich vorführen. 

Autor 40
Ganz ähnlich bei Primaten, bei denen in einer Lernsituation der Spiegel der 
Endorphine steigt... 

	OT 55
	Marc Bangert
	...von denen wir wissen, dass die der Gedächtnisbildung 	ganz 	stark 
förderlich sind - also, was man sieht in solche freudigen Momenten, 
bleibt auch viel besser und viel länger hängen, ne? (50)

Autor 41
Dann wäre ASMR möglicherweise ein Relikt der Evolution.  

	OT 56
	Marc Bangert
Zu einer gewissen Zeit, die sehr sehr lange her ist, mag es sehr sehr 
sinnvoll gewesen sein, dass man einen richtigen Kick daraus 
bekommen hat, wenn man versucht Kenntnisse und Fertigkeiten von 
jemand anderem  abzugucken und eben dieser Kick könnte ja nach wie 
vor erhalten sein. 


Autor 42
Könnte. Denn das alles sei hochspekulativ, sagt Marc Bangert. 
Wissenschaftlich seien die Endorphine zwar nachzuweisen, aber das bringe 
Probleme mit sich.

	OT 57
	Marc Bangert
Entweder, man versucht sie nur im Blut nachzuweisen, was ein etwas 
indirekterer Weg ist. Direkt im Gehirn gäbe es die Möglichkeit, dass 
man da ein Kontrastmittel, also ne radioaktive Substanz spritzt, die sich 
an den Opiatrezeptoren ansetzt, so dass man mit einem PET-Gerät 
sehen kann, inwieweit diese Opiatrezeptoren aktiv sind, während ASMR 
geschieht oder nicht. Aber es ist natürlich n invasives Verfahren, da 
werden radioaktive Materialien gespritzt. Ist ethisch bei so ner 
grundlegenden Einsteigeruntersuchung natürlich schwierig zu 
realisieren. (45) 

(26:20) 

	OT 57
	Marc Bangert
Das andere, was dazu kommt: Durch diesen sehr spezielle Natur, der 
Trigger, die bei manchen Leuten funktionieren, die bei manchen Leuten 
funktioniert, bei andern wiederum nicht, ist es sogar nicht abwegig 
davon auszugehen, dass nicht nur ne kleine Gruppe von 	Menschen 
ASMR-fähig ist, sondern vielleicht ist es die ganze Menschheit, nur der 
überwältigende Teil ist 	einfach noch nicht seinem persönlichen Trigger 
begegnet und wird es 	vielleicht auch zu Lebzeiten nicht. (35)
	
	Musik und 
	Video-Sound 
	
Autor 43
So wie es bisher aussieht, gehöre ich eher zu diesem Teil der Menschheit. 
Ein paar Mal habe ich mich während der Recherchen abends vor den 
Computer gesetzt und ein ASMR-Video nach dem anderen geguckt. Sogar 
mit Kopfhörer auf, damit ich mich besser darauf konzentrieren kann. Nichts, 
absolut nichts. Aber wer weiß, vielleicht kommt das irgendwann. Wenn ich 
meinen Trigger finde.
	 
	OT 58
	Marc Bangert
Also es ist wie die Nadel im Heuhaufen. Oder es ist eigentlich noch 
mehr wie die Suche nach einer schwarzen Katze in einem stockdunklen 
Raum. Das wird 	am Anfang sehr explorativ sein, aber je mehr man 
über das Phänomen lernt,	wenn man sich da n bisschen herantastet, 
kann ich mir auch vorstellen, dass man eben dann eher weiß, wie man 
das auch untersuchen kann. Das heißt, 	wenn man im stockdunklen 
Raum ist, würde man dann zumindest schon mal sowas wie ne 
Taschenlampe an der Hand haben. Aber jetzt am Anfang muss man 
erstmal sich vortasten und explorieren. 
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