Deutschlandradio Kultur Länderreport COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Ländersache Kultur (2b) Die Kulturpolitik der Bundesländer Rheinland-Pfalz Autor Ludger Fittkau Redaktion Julius Stucke Sendung 20.01.12 - 13.07 Uhr Sprecher Joachim Schönfeld Regie Stefanie Lazai - M A N U S K R I P T B E I T R A G - Wir haben uns selber schon dabei ertappt, das wir überlegt haben, an welchen Orten wir hier ne Leiche hinlegen können. Die Landschaft reizt einen dazu, ein bisschen zu fantasieren und diese Einsamkeit auch. Zwei Krimitouristinnen aus Hamburg sitzen bei Kaffee und Kuchen im "Café Sherlock" im Eifelstädtchen Hillesheim. Es sind die Eifelkrimis des Bestseller-Autors Jacques Berndorf, die sie in diese einsame Gegend in den äußersten Westen der Republik gelockt haben: Die Leute liefen mit den Romanen hier durch die Orte, weil die Romane alle sehr authentisch sind, die Schauplätze stimmen, die gibt es in der Realität und es gab dann irgendwann mal einen Eifel-Reiseführer und in dem war Hillesheim umzingelt von Schauplätzen aus diesen Krimis... Manfred Schmitz, Tourismusmanager in Hillesheim. ...und da war es das Naheliegendste, diese mal ein bisschen aufzulisten. Wir haben den Eifel-Krimi-Wanderweg installiert mit zwei Routen, der bis heute so ein richtiger Renner ist. Eine Chance nicht nur für die Stadt Hillesheim, sondern für die ganze Eifel, glaubt die rheinland-pfälzische Kulturministerin Doris Ahnen von der SPD. Deshalb unterstützt das Land das große Krimifestival "Tatort Eifel", das alle zwei Jahre Krimiautoren, Fernsehproduzenten und Verleger zusammenbringt - zu einem großen Branchentreff an verschiedenen Orten in der Eifel. Doris Ahnen: Ein ganz besonderes Highlight ist sicher das Thema "Eifelkrimi". Ich finde das ist richtig zu einer Marke geworden, der Regionalkrimi. Und in der Region ist es nicht nur Tatort Eifel, sondern es ist richtig zu einem touristischen Konzept geworden, um diese Region bekannt zu machen. Ein Erfolg, den die rheinland-pfälzische Landesregierung auch durch die Förderung anderer Festivals in der Provinz wiederholen will. Kulturdenkmäler werden zu diesem Zweck in Szene gesetzt: Der Wormser Dom ist Kulisse für Regisseur Dieter Wedel und dessen Nibelungenfestspiele, die römischen Thermen in Trier für antikes Theater. Klöster an der Mosel bieten den Rahmen für das Mosel-Musik-Festival, das Hambacher Schloss in der Pfalz für das Jazz-Festival "Palatia-Jazz". Gebündelt und gefördert wird all das vom Land seit zwei Jahrzehnten unter der Marke "Kultursommer". Der glaube ich der Struktur dieses Landes in besonderer Weise gerecht wird, das eben nicht nur in den städtischen Ballungszentren stattfindet, sondern die Kultur ganz bewusst auch im ländlichen Raum ihren Platz hat und das vor allem die Künstlerinnen und Künstler und die Kulturschaffenden selbst auch gefordert sind, sich in den Kultursommer einzubringen, Dinge mit zu entwickeln, das ist ein Ansatz, der gut zu diesem Land passt. Im Bekenntnis zu Kunst und Kultur im ländlichen Raum spiegelt sich ein neues Selbstbewusstsein des Landes, das sich erst in den vergangenen zwei Jahrzehnten herausgebildet hat. Lange Zeit galt Rheinland-Pfalz als das Land der "Rüben und Reben", dessen Kultur sich weitgehend im Weinbau und den gut 500 Burgen und Schlössern aus dem Mittelalter erschöpfte. Lediglich in einigen Städten wie Mainz, Trier, Kaiserslautern oder Koblenz gab es so etwas wie den bürgerlichen Kulturbetrieb - Mehrspartentheater, eine kleine, eher unbedeutende Museumslandschaft oder Musikschulen. Die große, weite Kulturwelt tobte hinter den Landesgrenzen: Am Museumsufer oder in der Oper von Frankfurt am Main, in den Konzertsälen des Raumes Köln/ Bonn oder an den baden- württembergischen Nationaltheatern. Rheinland-Pfalz zählt in Sachen Kulturausgaben zu den Schlusslichtern im bundesweiten Vergleich. - Das Land gibt noch nicht einmal halb so viel Geld für Kultur aus wie Sachsen, bei fast gleicher Einwohnerzahl. - Aber eine Steigerung des Kulturetats liegt in weiter Ferne. Die rheinland- pfälzischen Kulturpolitiker sind heute eher froh, wenn sie die bisherigen Mittel für Kunst und Kultur im Haushalt verteidigen können. Das Land erhöht seit einigen Jahren nicht mehr die regelmäßige Zuwendung - etwa an die Stadttheater in Koblenz und Mainz - anders als die benachbarten Länder Baden-Württemberg und Hessen. Daher müssen beispielsweise Tariferhöhungen für die Beschäftigten an den rheinland- pfälzischen Theatern irgendwie aus dem Etat herausgeschnitten werden. Das geht meist zu Lasten der Produktionen, so Wolfgang Litzenburger von den Mainzer Theaterfreunden: Das ist eine erhebliche Summe. In Baden- Württemberg garantiert der Koalitionsvertrag allen Stadttheatern den Tarifausgleich, in Rheinland- Pfalz gibt es diese Möglichkeit nicht. Und das in einer Zeit, in der die Kommunen ihre Zuschüsse um jeweils mehrere hunderttausend Euro senken. Das Theater Mainz muss deshalb eine ganze Spielstätte aufgeben. Die rheinland-pfälzischen Kommunen kappen die Zuschüsse für die Theater - und hoffen, dass das Land mehr tut. Die Kulturministerin zuckt mit den Schultern: Jährlich 200 Millionen Euro muss Rheinland-Pfalz bis zum Jahr 2020 einsparen, um die Schuldenbremse einzuhalten. Da bleibt auch die Kultur nicht ungeschoren, so Doris Ahnen: Das Land kann nicht übernehmen, wenn in den Kommunen die Zuschüsse an die Theater gekürzt werden. Wir alle stehen vor der schwierigen Aufgabe, die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren und das trifft die Landesebene und das trifft auch die kommunale Ebene. Es trifft auch das Theater Koblenz. Es muss wegen einiger hunderttausend Euro weniger öffentlicher Mittel das Angebot einschränken. Der Koblenzer Theatermanager Michael Stein: Konkret heißt das für das Theater Koblenz, dass wir im großen Haus die Produktionen einschränken werden. Wir reduzieren von 13 auf 12, konkret: Wir bieten eine Oper weniger an. Es droht eine künstlerische Abwärtsspirale: In einem Land, in dem die Theaterlandschaft ohnehin dünner ist, als in anderen Bundesländern, gibt es weniger Aufführungen. Damit könnte auch das Interesse des Publikums sinken, mit der Folge, dass die Legitimation der Theater schwieriger wird. Wenn Rheinland-Pfalz nicht wieder den Stempel der kulturellen Provinz haben will, muss es da - trotz knapper Kassen - gegensteuern. Das Wiederaufblühen jüdischen Lebens in Deutschland setzt sich hiermit fort und seine Wurzeln werden wieder stärker. Hier, in der rheinland- pfälzischen Landeshauptstadt Mainz wird besonders deutlich, dass Juden durch ihr religiöses, kulturelles und geistiges Erbe Deutschland über viele Jahrhunderte lang positiv geprägt und positiv bereichert haben. Bundespräsident Christian Wulff bei der Einweihung der neuen Mainzer Synagoge im Herbst 2010. Mainz bildete mit Speyer und Worms schon im Mittelalter als sogenannte "Schum" - Stadt" ein geistiges Zentrum des europäischen Judentums. "Schum" ist eine hebräische Abkürzung - ein Akronym lateinischer Namen der drei ehemaligen jüdischen Hochburgen am Rhein. Friedhöfe, Bäder und Synagogenreste: zahlreiche Denkmäler der einst großen jüdischen Geschichte finden sich auch heute noch in Speyer, Worms und Mainz. Das ist der Grund, warum das Land Rheinland- Pfalz die drei "Schum" - Städte auf die deutsche Vorschlagsliste für neue UNESCO-Welterbestätten setzen lassen will. Das sei eines ihrer wichtigsten kulturpolitischen Ziele für das Jahr 2012, betont die rheinland- pfälzische Kulturministerin Doris Ahnen: Und man muss leider feststellen, dass es bisher auf der Welterbeliste keinen entsprechenden Platz gerade auch für die Bedeutung des entsprechenden jüdischen Erbes gibt. Und daran wollen wir in Rheinland- Pfalz etwas ändern und glauben, dass mit der gemeinsamen Antragsstellung für Speyer, Worms und Mainz, die sogenannten "Schum"- Städte wir dadurch einen wichtigen Beitrag leisten können. Rheinland-Pfalz ist also nie nur das Land der Reben und Rüben gewesen, sondern kann ein vielschichtiges kulturelles Erbe vorweisen. Das will die Politik vor allem für die vielen Touristen aufbereiten, die das Land bereisen. Die Gefahr allerdings: bei all der Förderung von Sommerfestivals und der Neu-Präsentation jahrtausende alter Kulturgeschichte für Bildungsreisende - könnte das "ganz alltägliche" Kulturleben zu kurz kommen: Das Stadttheater um die Ecke, die Bibliotheken und Musikschulen. Ob das Land künftig wieder vor allem als grünes Wein- und Waldland wahrgenommen wird, hängt maßgeblich von der Förderung des "alltäglichen" Kulturangebotes für die Bürger vor Ort ab. Nicht nur vom Blick auf die Touristen. - E N D E B E I T R A G -