Magazin Länderreport: Intelligente Stromnetze, 18.10.11 1. Thema: Smart Grids - "Modellstadt Mannheim" Autorin: Uschi Goetz Länge: 8.50 Min. Redaktion: Heidrun Wimmersberg ________________________________________________________________ Anmoderation Der Strom kommt aus der Steckdose. Welche Energiequellen dabei den Strom liefern, konnten Stromkunden bislang nicht erkennen. Ist es Atomstrom, Sonnenenergie oder Wasserkraft, was die Waschmaschine zum Laufen bringt? Wir wissen es nicht. Noch nicht. Verbraucher sollen künftig sehen können, woher ihr Strom kommt, und sie sollen in der Folge wählen können, welchen Strom sie verbrauchen. Der Stromfluss soll transparenter gestaltet werden. In Dresden und Mannheim laufen zurzeit Feldversuche, deren Ziel es ist, die Akzeptanz für bestimmte Systeme in Privathaushalten zu testen. Das Projekt "Modellstadt Mannheim" ist eines von sechs Teilprojekten, das im Rahmen des Technologiewettbewerbs "E-Energy" des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie ausgezeichnet wurde und vom Bundesumweltministerium gefördert wird. Unter dem Namen MoMa - Modellstadt Mannheim testet die zweitgrößte Stadt Baden-Württembergs seit über einem Jahr die technische Machbarkeit und kundenfreundliche Umsetzung, die den gesamten Strommarkt künftig revolutionieren könnte. Uschi Götz berichtet: __________________________________________________________________ Atmo: bei Familie Harms im Haus (unter Mod1) A: Claudia Harms ist auf dem Weg in den Keller ihres Hauses. Im Keller steht eine vollbeladene Waschmaschine, die in wenigen Minuten starten wird. Wann genau weiß Frau Harms nicht, das entscheidet der Mannheimer Stromversorger MVV Atmo: (kurz) Atmo Fam. Harms A: 200 Haushalte nehmen zurzeit an dem Feldversuch MoMa -Modelstadt Mannheim teil. Darunter auch das Ehepaar Harm, das mit seinen beiden Kindern in einem Reihenhaus in Mannheim lebt. Getestet wird, wie sich Strom aus regenerativen Energiequellen optimal in Privathaushalten nutzen lässt. Gleichzeitig erfahren die Teilnehmer bei dem Experiment viel über ihren eigenen Stromverbrauch. Der eigene Verbrauch und die Herkunft des verbrauchten Stroms werden durch einen sogenannten Energiebutler sichtbar gemacht. Atmo: Fam Harms (kurz, dann O- TON) O- TON (C. Harms): Für uns war schon interessant, was haben wir für Grundverbräuche, wenn wir z. Bsp. im Urlaub sind. Was haben wir dann noch für einen Grundverbrauch, und wie viel Strom verbraucht eigentlich unsere Waschmaschine, unserer Trockner, wenn er wirklich angeht? A: Der Energiebutler ist ein kleiner, schokoladentafelgroßer Kasten. Bei Familie Harms hängt der kleine Kasten kaum sichtbar im Hausflur. Der Butler ist mit Elektrogeräten im Haus verbunden. Zwei Funktionen hat das Gerät: er zeigt den aktuellen Tarif an, gleichzeitig managt er auf Bedarf den Stromfluss. Jeder Testhaushalt kann frei entscheiden, welche Geräte vom Butler gesteuert werden. Familie Harms hat sich für den Trockner und die Waschmaschine entschieden: O- TON (Frau Harms): Ich kann die Waschmaschine einschalten und ihr sagen: ich möchte dann waschen, wenn es günstig wird, dann geht die Maschine automatisch an. Atmo: Waschmaschine startet A: Kurz nach 14 Uhr ist es soweit, die Waschmaschine startet. Die Testhaushalte werden mit Energie aus Wind, Sonne oder Kraft-Wärme-Kopplung versorgt. Da diese regenerativen Energiequellen nicht rund um die Uhr zur Verfügung stehen, muss der Energieversorger entsprechend flexibel reagieren. Der Strom aus regenerativen Quellen wird bei dem Mannheimer Energieversorger verwaltet. Über 50 Stromquellen müssen gebündelt und ins Netz gebracht werden. Dies wiederum setzt eine gewisse Anpassung beim Verbraucher voraus. Damit Versorger und Verbraucher miteinander kommunizieren können, bedarf es ein intelligentes Stromnetz, smart grid genannt. Dr. Robert Thomann, Leiter des Projekts Modellstadt Mannheim: O- TON(R. Thomann): Wir schauen auf die Erzeugersituation der erneuerbaren Energien, auf der einen Seite. Aber auf der anderen Seite auch (auf)die EX- Preise, wie wir sie für den nächsten Tag erwarten, und diesen Tarif, den wir daraus zusammenbauen, schicken wir den Kunden über den Energiebutler. Atmo: rascheln (Frau Harms ist zu hören) A: Die EX-Preise, also die Strompreise schwanken von Tag zu Tag. Diese Preisschwankungen blieben dem Stromverbraucher bislang verborgen. Jetzt wird der Verbraucher aktiver ins Geschehen einbezogen: Einen Tag vorher erfahren die Testhaushalte den Stromtarif für den nächsten Tag. Rund um die Uhr ist der aktuelle Tarif auch optisch auf dem Energiebutler zu sehen: O- TON(C. Harms): Ich achte hier mehr auf die Lämpchen; also wenn Lämpchen grün leuchtet, dann ist der Stromtarif günstig, steht hier auch nochmal drauf: bis 16 Uhr haben wir den günstigen Tarif, und hier kann auch noch einmal drauf gehen und den ganzen Tagesverbrauch sehen. A: Die Stromtarife richten sich nach dem Angebot aus regenerativen Energiequellen. Zu Zeiten mit hoher Stromerzeugung, beispielsweise aus Wind oder Sonne, fallen die Preise und steigen wiederum, wenn wenig Strom verfügbar ist. So werden die Verbraucher unterstützt, Energie dann zu verbrauchen, wenn sie ausreichend zur Verfügung steht. Bis zu 10 Prozent weniger Strom bezahlen die Harms zurzeit. Das Preissystem gilt lediglich für die Testhaushalte und soll den Beteiligten einen zusätzlichen Anreiz geben, um sich aktiv am Energiemanagement zu beteiligen: O- TON (Frau Harms): Ich finde 10 Prozent viel, wenn man das überlegt, bei uns sind das so drei bis vier Euro dann im Monat, so zehn Prozent vom Gesamtstromverbrauch ist es schon viel, ja. A: Die Waschmaschine läuft und auch der Trockner. Theoretisch könnten die Harms in der grünen Phase zum Beispiel auch bügeln, Staub saugen, Rasenmähen. Bei dem Feldversuch geht es auch darum, wie flexibel sich Privathaushalte auf das schwankende Stromangebot aus regenerativen Energien in Zukunft anpassen können. Im Fall von MoMa ist es Strom, der von der Sonne erzeugt wird, Photovoltaikstrom. Projektleiter Thomann: O- TON(R. Thomann): Wir geben den Kunden einen Anreiz, sich (mit)den Erneuerbaren zu verhalten. Schließlich und endlich mit dem ganzen System helfen wir den Erneuerbaren ins Netz zu kommen. A: Volle Transparenz für den Kunden ist das Ziel. Wer will, kann seinen Stromverbrauch neben dem Butler auch auf dem hauseigenen Computer verfolgen. Wie auf dem Energiebutler lässt sich der Stromtarif für den nächsten Tag erkennen ebenso zeigen Diagramme Tages und Monatsverläufe im Haushalt an: Atmo: Haushalt O- TON(C. Harms): Das ist jetzt der August. Da sieht man das sehr schön mit dem Urlaub: wir waren hier eineinhalb Wochen im Urlaub und direkt nach dem Urlaub, die Tage, wo gewaschen wird, der Trockner angeht, steigt der Stromverbrauch auch in die Höhe. A: Bis jetzt ging es in dem Feldtest um die Akzeptanz der eingesetzten Steuerungselemente. Familie Harms hat kein Problem damit, dass Waschmaschine und Trockner plötzlich starten. Im Gegenteil: Ingenieur Roland Harms findet den Versuch spannend: O- TON (Roland Harms): Ich finde das ganz praktisch, weil man kann dann eben per Internet oder am Gerät selber schauen, macht das jetzt Sinn, den Trockner, den Geschirrspüler anzuschmeißen, oder einfach ein bisschen zu warten, weil einfach ist es nicht so dringend, man kann auch gerne mal warten. ..Ich belade die Maschine und sie wäscht, wenn es günstig ist, und ich sehe, aha, sie hat gewaschen, dann kann ich wieder ausräumen. Atmo: Hintergrund Spülmaschine O- TON (Frau Harms) Also uns macht es Spaß, also einfach auch mal hinzugucken, es ist grafisch schön ausgearbeitet und wir machen auch gerne einen dritten Status mit. A: Alle Beteiligten haben das Gefühl, sie können aktiv zur Energiewende beitragen. In diesen Tagen startet ein neuer Feldtest. An diesem Test werden sich rund 1000 Mannheimer Haushalte beteiligen. Bislang wurde das technische System getestet, sozusagen die Systemarchitektur. In der nächsten Runde geht es darum, statistisch verwertbare Daten zu erforschen. Jetzt kommt das gesamte System auf den Prüfstand. O- TON(R. Thomann): Das System, das wir aufgebaut haben, ist sicherlich ein Prototyp, auch für Forschungszwecke. Wir werden jetzt im dritten Feldversuch ein verbessertes System anbieten, dem Kunden mehr Informationen geben, um die Interaktion - ich nenne es immer, nicht die Mensch-Maschine, sondern die Mensch- Energieschnittstelle etwas zu verbessern. Das heißt, dass der Kunde noch mehr involviert wird in die ganze Aktivität, dass die Bedienung noch leichter wird. Das war jetzt in den vorgehenden Tests(das) haben wir festgestellt, der Kunde braucht ein bisschen mehr Information, muss stärker geleitet werden, da haben wir einfach gelernt. Im dritten Feldversuch haben wir ein verbessertes System. Ich würde nicht behaupten wollen, dass es bereits jetzt ein fertiges Produkt darstellt. Hier ist da noch die eine oder andere Verbesserungsmöglichkeit da. A: In der nun folgenden Versuchsphase werden Privathaushalte verstärkt die Möglichkeit bekommen, Stromüberschüsse aus eigenen Energiequellen ins Netz einzuspeisen. Wer zum Beispiel eine eigene Solaranlage auf dem Dach hat und Strom übrig hat, kann diesen Strom über den Energiebutler anbieten. In der Mannheimer Schaltzentrale verteilt man den Strom so, dass er möglichst gewinnbringend ins Netz gegeben werden kann. So entsteht ein Handelsplatz, ähnlich einer Börse, im Fall von MoMa Marktplatz genannt. Eine leistungsfähige Kommunikationsinfrastruktur, für Experten: eine Breitband-Powerline, ermöglicht die Echtzeit-Datenübertragung über das Stromnetz selbst. So weiß der Energieversorger jederzeit, wie viel Strom ins Netz aus regenerativen Energiequellen eingespeist wird und wie viel Energiebedarf besteht. Durch eine intelligente Verbrauchssteuerung wird das Stromnetz im Gleichgewicht gehalten. Atmo: Schnelles rauschen Leitung A: An dem Mannheimer Projekt sind große Forschungszentren und Unternehmen beteiligt, wie beispielsweise das Fraunhofer Institut und IBM. Das Heidelberger Institut für Energie- und Umweltforschung steht beratend zur Verfügung. Die Heidelberger Experten geben zu bedenken, dass die bislang durchweg positive Resonanz damit zu tun habe, dass es sich bei den Testpersonen um meist technisch interessierte Pioniere handle, die viel Verständnis für die Umstellung alter Gewohnheiten hätten. Projektleiter Thomann: O- TON ( R.Thomann): Wir haben eine relativ gesunde Mischung, vor alle jetzt im dritten Feldversuch, wo relativ viele Kunden teilnehmen, haben wir eine durchaus interessante Mischung von Leuten, die drin sind. Es ist auch auffallend, die Leute, mit denen wir am stärksten kommunizieren, die auch das größte Interesse zeigen, sind - wir haben eine Erhebung dazu gemacht - schon Leute meistens mit einem kleinen Häuschen, etwas älter, die sich einfach mit der Thematik Energie einfach intensiv auseinandersetzen. A: Ziel sei es künftig auch weniger informierte und interessierte Stromkunden von der MoMa-Idee zu überzeugen. Nach Einschätzung des Heidelberger Instituts für Energie und Umweltforschung sind vor allem Aufklärung und die richtigen Tarifanreize nötig. Länderreport Magazin: Intelligente Stromnetze, 18.10.2011 2. Thema: Projekt "Smart Country" in der Eifel, ein Öko-Stromnetz der Zukunft Autor: Ludger Fittkau Länge: 8.42 Min. Redaktion: Heidrun Wimmersberg ___________________________________________________________________ Anmoderation "Smart Grids" - der Begriff steht für ein intelligenten Stromnetz, das es schafft, Spannungsschwankungen auszugleichen. "Smart Grid" gilt als ein Schlüssel für die Energiewende. Weil die Sonne nicht immer scheint und auch der Wind nicht immer weht, können gerade regenerative Energien für Spannungsschwankungen im Netz sorgen. In der Schnee-Eifel bei Winterspelt an der belgischen Grenze wird nun in einem bundesweit einmaligen Modellprojekt seit fünf Monaten das mögliche Öko- Strom-Netz der Zukunft ausprobiert. Großunternehmen wie RWE und ABB arbeiten in diesem vom Bundeswirtschaftsministerium mit 3 Millionen Euro geförderten Projekt mit der TU Dortmund zusammen. Ludger Fittkau berichtet. ___________________________________________________________________ Beitrag beginnt mit Atmo Auto innen Am Ortsausgang von Bleialf das Hinweisschild: Winterspelt 3 Kilometer. Winterspelt gibt es also wirklich. Das Dorf in der Eifel, direkt an der belgischen Grenze, ist keine Erfindung des Schriftstellers Alfred Andersch. In seinem Roman "Winterspelt" erzählt er die fiktive Geschichte eines Wehrmachtoffiziers am Ende des 2. Weltkrieges, der ein ganzes Bataillon an die von Westen heranrückenden Amerikaner übergeben will - kampflos. Zu Beginn des Buches schreibt Andersch: Geschichte berichtet, wie es gewesen. Erzählung spielt eine Möglichkeit durch. Heute wird in der Gegend von Winterspelt eine Möglichkeit durchgespielt, die keine Erzählung bleiben soll. Hier soll wieder Geschichte gemacht werden. Allerdings: Keine, die sich um Krieg und Frieden dreht. Wieder steht am Beginn eine Erzählung. Die Erzählung von Winterspelt und Umgebung als Nukleus für einen ganz großen Schritt hin zum regenerativen Zeitalter. Die Schneeeifel, in der Winterspelt liegt, soll ein sogenanntes "Smart Country" werden. Eine Ökostrom-Modellregion, in der erstmals in Deutschland eine sichere und kontinuierliche Verteilung von Strom aus 100 Prozent regenerativen Quellen funktioniert - ohne Energieschwankungen im Stromnetz. "Smart Grid" ist der internationale Fachbegriff für ein intelligenten Stromnetz. In Winterspelt und Umgebung wird es seit ein paar Monaten erprobt - ausschließlich mit einem Mix aus regenerativen Energiequellen. Das ist bisher einmalig in Deutschland. Nochmal Atmo Auto innen Einer derjenigen, der aus dieser Zukunftsidee eine verallgemeinerbare Geschichte machen will, sitzt jetzt auf der Landstraße bei Winterspelt am Steuer seines Dienstwagens mit Essener Kennzeichen. Michael Rosen ist aus der RWE- Konzernzentrale im Ruhrgebiet in abgelegene Schneeeifel gekommen, um sein "Smart Country" vorzustellen. O-Ton 1 Rosen Die Energiewende spielt sich vor allem in ländlichen Regionen ab. Hier sehen wir das Phänomen, dass wir einen enormen Zubau an Stromerzeugungsanlagen haben, die sich aus erneuerbaren Energien speisen. Also sehr, sehr stark die Photovoltaik, aber auch nicht zu verachten, die Windkrafterzeugung. Aber wir haben hier noch ein Netz, das noch aus den Zeiten stammt, wie wir eine ganz simple Formel hatten: Wir haben Stromerzeugung in Großkraftwerken und der Strom wird zu den Verbrauchern transportiert. So hat das der Energiekonzern RWE, für den Michael Rosen arbeitet, ja seit Jahrzehnten selbst gemacht. Strom in riesigen Kohle- und Atomkraftwerken erzeugt und dann übers Land verteilt- auch in die menschenarme Schnee-Eifel. Nun schlägt der Konzern mit Hilfe der Uni Dortmund und anderer Kooperationspartner in der Schneeeifel den umgekehrten Weg ein: Jetzt soll der Ökostrom, der hier dezentral erzeugt wird, zu den Stromverbrauchern gebracht werden - auch in die weiter entfernten Städten an Rhein und Ruhr. Die Krux: Der Strom, den Sonne und Wind unregelmäßig liefern, soll aus der Steckdose der Endverbraucher regelmäßig, verlässlich und ohne Stromschwankungen fließen. Atmo Öffnung Stromkasten Stefan Elgers ist als Monteur des RWE für die das Stromnetz im Eifelkreis Bitburg- Prüm zuständig. Auf einer Bergkuppe öffnet er einen unscheinbaren grünen Stromkasten - eine Umspannanlage. Sie ist mit einem Computer ausgestattet, der automatisch in sekundenschnelle Spannungsschwankungen bis zu 10 Prozent ausgleicht. In der Vergangenheit geschah das oft noch per Hand und dauerte manchmal Stunden, so Monteur Stefan Elgers: O-Ton 2 Elgers Um es ganz grob zu sagen, haben wir eben die Problematik, dass Strom sich ein bisschen verhält wie Wasser. Dass heißt, bisher war man gewöhnt, der Strom läuft sozusagen den Berg runter, von den Kraftwerken zu den einzelnen Verbrauchern. Gerade hier im Ländlichen sind die Wege sehr lang. Wir haben hier ca. 40 Kilometer Leitungslänge, noch hinter unserer Umspannanlage, bis wir letztendlich beim Kunden sind. Beziehungsweise bei den Mittelspannungsstationen, von da aus geht es ja noch mal weiter. Da kommen enorme Leitungslängen und damit enorme Verluste zustande, was dann dazu führt, dass der Kunde selber im schlimmsten Fall eine zu niedrige Spannung haben könnte. Wie kann das verhindert werden, wenn keine Kohle-, Gas- oder Atomkraftwerke mehr zur Verfügung stehen, die durch ihre kontinuierliche Energieproduktion die natürlichen Schwankungen von Wind und Sonne ausgleichen? Das ist das Thema des Modellprojektes "Smart Country" in der Schnee - Eifel. Gleich neben dem Stromkasten auf dem Hügel erklärt auf einem Infoschild eine Grafik die einzelnen Elemente des Projektes. Michael Rosen übernimmt die Bildbeschreibung: O-Ton 3 Rosen Ja, wir sehen erst einmal ganz im Hintergrund die Höchstspannungsleitungen. Dann sehen wir eine Reihe von Windkrafträdern, die wie gesagt hier eine große Rolle in der Region spielen. Dann sehen wir eine Biogasanlage, da fahren wir gleich noch hin. Diese Biogasanlage hat den Charme, dass sie so etwas wie ein Stromspeicher ist, wenn zu wenig oder zu viel erneuerbare Energien im Angebot sind. Dazu gehört dann auch der Biogas-Speicher. Also immer dann, wenn wir zuwenig Strom aus Windkraft und Sonne im Angebot haben, wird ausgespeist und mit diesem Gas kann dann ein Blockheizkraftwerk betrieben werden. Atmo Maschinengeräusch Blockheizkraftwerk Das Blockheizkraftwerk steht im Dorf Üttfeld. Es ist Teil der Biogasanlage auf dem Bauernhof von Heinz Hoffmann. Über dem Tor zum Kuhstall hat Hoffmann ein großes Schild angebracht: Energiewirt. Neben dem Blockheizkraftwerk steht ein hausgroßer, runder Stahlbehälter, in dem sogenanntes "Roh-Biogas" gespeichert werden kann. Damit liefert Hoffmann ein Kernstück zum "Smart-Country"- Modellprojekt in der Schneeeifel. Die Biogasanlage dient nämlich dazu, die Schwankungen bei Sonne und Wind regelmäßig auszugleichen. Zwei BHKW- wie Heinz Hoffman die Blockheizkraftwerke abkürzt - werden automatisch immer dann mit gespeichertem Roh-Biogas befeuert, wenn die Leistung von Sonne und Wind zurückgehen: O-Ton 4 Heinz Hoffmann: Manchmal kommen Leute hier hin und meinen, das ist ja nichts Besonderes. Natürlich, wir haben nur - und da haben sie vollkommen recht - wir haben nur Technik verwandt, die in der Biogasbranche normal handelsüblich ist und eingebaut wird. Das, was es unterscheidet, das wir halt mehr lagern können, an Roh-Biogas und das dann mit etwas mehr BHKW stundenweise zeitversetzt einspeisen können. So wird nachts, wenn keine Sonne scheint, in den beiden Blockheizkraftwerken von Energiewirt Hoffmann mehr Biogas verstromt und ins Netz eingespeist als an sonnenreichen Tagen. Wenn der Himmel blau ist und die Photovoltaikanlagen auf Hochtouren laufen, stehen auf dem Hof von Heinz Hoffmann die Blockheizkraftwerke still. Das Biogas wird gespeichert - bis es wieder dunkel wird. Die Biomasse, vor allem Mais- und Getreideschrot, die er für die Biogasproduktion braucht, baut Heinz Hoffmann zum größten Teil selbst an: O-Ton 5 Heinz Hoffmann Wir bauen 85-90 Prozent selber an. Und ein paar Prozent, wenn halt eben genug wächst und die Natur lässt das zu und wir können das günstig einkaufen, dann lagern wir ein bisschen mehr ein. In diesem Jahr fällt die Maisernte ganz gut aus und dann werden sie wieder mit ganz geringem Zukauf parat kommen. Atmo Stromgeräusch Der Strom, der aus dem Mix von Biogas, Sonne und Wind in der Schnee - Eifel produziert wird, fließt schließlich in eine sogenannte "Mittelspannungsstation". Das ist ein garagengroßer Container mit viel Technik drin, der für das Modellprojekt in der Eifel eigens aus Neuseeland herangeschafft wurde, wo er für die Versorgung strom- fressender Hochleistungscomputer entwickelt wurde. Auch in diesem Container sind High-Tech-Spannungsregler eingebaut, die nun rund zwei Jahre getestet werden, so Michael Rosen: O-Ton 6 Wir testen natürlich hier auch Spannungsregler deshalb, um herauszufinden, ob man immer Netzkilometer zubauen muss oder nicht. Das heißt, die Erkenntnisse daraus können uns auch dabei helfen, herauszufinden, wo müssen wir Netzkilometer zubauen, wo kommen wir mit moderner Technik im Spannungsbereich aus. Das kann dann auch Kosten sparen. Und Ärger beim Bau neuer Hochspannungsleitungen. Schon bei der Installation des Containers in der Eifellandschaft hat man daran gedacht, dass eine solche Station irgendwann auch in einer Stadt stehen könnte, betont Stefan Elgers: O-Ton 7 Der Mittelspannungscontainer ist so aufgebaut, dass an der Rückseite Luft eingesaugt wird, gefiltert wird und dann zur Kühlung des kompletten Systems genutzt wird und hier vorne wieder austritt. Man hat sich da besondere Mühe gegeben, das zum einen von der Lautstärke erträglich zu halten und zum anderen von der ausgestoßenen Luftmenge her, dass wir hier die Umwelt nicht beinträchtigen. Man merkt es ja, es ist jetzt kaum ein Luftausstoß zu spüren. Die große Öko-Stromnetz-Erzählung in der Schnell-Eifel soll also der Beginn einer freundlichen Geschichte sein. Ob und wie daraus dauerhaft Wirklichkeit werden könnte, entscheidet sich etwa in zwei Jahren. So lange wird in der Gegend von Winterspelt die Möglichkeit des intelligenten Öko-Stromnetzes für die Energiewende auf dem Land durchgespielt. Alfred Andersch hätte womöglich seine Freude daran gehabt. 4