COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur Länderreport Die Kleine Sprachgeschichte. Alemannisch - Oder : Warum die da so anders sprechen - Autor Uschi Götz Red. Claus Stephan Rehfeld Sdg. 24.08.2012 - 13.07 Uhr Länge 18.27 Minuten Moderation Die Kleine Sprachgeschichte. Heute geht es um eine warme, oft melancholisch anmutende Sprooch. Da wo ein Haus e Huus ist und was vorbei ist, isch gsi. Gerne hätten wir ihnen die gesamte Moderation auf Alemannisch vorgetragen, aber sie ist doch arg anders ... auch was die Aussprache anbetrifft. Nun, Alemannisch gilt als einer der am besten erforschten Dialekte. Kein Wunder: Rund 10 Millionen Menschen sprechen ihn. Doch von den Alemannen wird kaum noch gesprochen. Und gar häufig wird der Dialekt den Schwaben zugeordnet. Für die Betroffenen besonders bedauerlich, denn die Alemannen (übersetzt: alle Mannen) waren vor den Schwaben da. Sprachlich zumindest. Uschi Götz war auf Besuch bei de Alemanne und klärt uns sprachlich auf. Bitte. -folgt Script Beitrag- Script Beitrag Atmo Bergauf Schritte, Kies langsam Autor Um zu verstehen, was da gesprochen wird, müssen wir wenigstens einmal ganz nach oben. Atmo: Leichter Wind, Schritte werden langsam, bleiben stehen Autor Wir sind auf dem Feldberg, fast 1. 500 Meter hoch. Der höchste Berg Baden-Württembergs und der höchste Berg Deutschlands außerhalb der Alpen. Hinter uns liegt Württemberg, vor uns Baden. Baden? Atmo: leichter Wind, Schritte bleiben stehen E 01 (Klaus Poppen - Tonprobe kommt, ob verständlich) "Ich habe drei Jahre lang in Köln gearbeitet. Jeder hat gsagt: hört sich nett an mit ihrem Urlaubsdialekt. Sie kommen sicher aus Bayern? Dann hab ich gsagt, nit aus Bayern. Ja, dann sind sie Schwabe? Dann sag i: nei, i bin kei Schwabe. Dann habe ich gsagt: was gibt's denn noch? Hä? Dann habe ich gsagt: Wenn sie jetzt nach Basel fahren von Köln, wo kommen sie dann da durch, die letzte 100 Kilometer? Ja durch Schwaben! Dann hab ich gsagt, ja am ... nach, gell. Das ischt Baden und bei uns wird Alemannisch gschwätzt." Autor Es geht um den badischen Landesteil von B a d e n - Württemberg. Die Schwaben sagen: alles ab dem Schwarzwald bis in die Schweiz gehört dazu. Doch das alemannische Sprachgebiet ist weitaus größer und auch wenn sie es selbst nicht glauben: auch die Schwaben zählen dazu. Alemannische Sprachinseln gibt es außerdem im Elsass, im italienischen Piemont und im Aostatal, sowie in Österreich und Luxemburg. Atmo leichter Wind Autor Doch wir bleiben im Land! Hoch oben auf dem Feldberg, vorausgesetzt die Sicht ist klar, überblicken wir schon ein großes alemannisches Sprachgebiet. Nach Osten über die Baar in Richtung Bodensee, an manchen Tagen sind sogar die Schweizer Alpen zu sehen. Im Süden der sagenumwobene Hotzenwald. Richtung Westen drei Berge: Belchen, Blauen und Schauinsland. Unterhalb der Berge liegt die Oberrheinebene und die Stadt Freiburg. Überall dort unten wohnen sie, die Alemannen. Dass sie überhaupt noch Alemannisch rede, verdanken sie ein wenig dem Dichter Johann Peter Hebel. Er hat die alemannische Sprooch in der deutschen Dichtkunst etabliert. Goethe und Tolstoi bewunderten ihn. Und für Hermann Hesse war Hebel der größte deutsche Erzähler. Bekannt sind vor allem Hebels im Jahr 1803 veröffentlichten "Alemannischen Gedichte." "Die Vergänglichkeit" findet sich darin, ebenso berührende Naturbeschreibungen: E 02 (gelesen in Mundart) "Der Sommerabend O, lueg doch, wie isch d'Sunn so müed, lueg, wie si d'Heimeth abezieht! O lueg, wie Strahl um Strahl verglimmt, un wie sie's Fazenetli nimmt, e Wülkli, blau mit rot vermüscht, und wie sie an der Stirne wüscht!" Atmo Schritte/ leichter Wind Autor So heiter, süßlich der Dialekt auch klingt, in diesem Fall das Schwarzwälder Hochalemannisch, häufig liegt ein melancholischer Unterton in der Sprache. Die Landschaft liefert die Kulisse für das Moll: Dunkle Tannen- und Kieferwälder bis hinunter in tiefe, weite Täler. Unten: Wiesen und Bäche in verschwenderischer Zahl. E 03 (Dichterin Carola Horstmann): "Was ich festgestellt habe ist, dass ich bei manchen so eine leichte Melancholie finde. Wir sind nicht so lustig wie die Elsässer. Wir schürfen schon ein bisschen tiefer. Wir machen auch lustige Gedichte oder Geschichten und die haben auch eine Pointe und die zeichnet die Menschen von ihren komischen und ihren liebenswerten Seiten. Aber wir sind vielleicht manchmal ein bisschen schwermütig." Autor Carola Horstamnn ist Dichterin. Aufgewachsen im Wiesental, unweit von Hebels Kinderstube. Auch Carola Horstmanns Gedichte gehen unter die Haut, wenn man sie denn versteht. Die Maiennacht. E 04 (Carola Horstmann): "Nit mit Gwalt wird d Nacht verjagt Kei Schwertschtreich losst si sinke D Amsle isch es Scho mit ihrem erschte Froogezeiche ahnigslos in d Luft ghöklet zieht si Fäde us de Finschtri wird an däm schwarze Liib nit müed bis es dure schiint des jungi Liecht d Heiteri vom neue Tag" Autor Eine Amsel inspirierte die Dichterin zu diesen Versen, die sie nach einer schlaflosen Nacht verfasste. Der schwarze Vogel vermisst jene schweren Stunden zwischen dunkler Nacht und klarem Morgen. Was ist das nur für eine Sprache, die viele für einen bayerischen, andere für einen schweizer oder noch misslicher, einen schwäbischen Dialekt halten? Atmo Schritte Kies langsam / Blende Treppen Autor Wir steigen vom Berg hinab, in Richtung Freiburg, nach Buchenbach im Dreisamtal. Unten angekommen, müssen wir den Kopf einziehen: E 05 (Poppen Dialekt verständlich, im Alemannen-Stübli): "Des waren früher Knechtskammern, mit ganz tiefen Decken und jetzt haben mir halt die Balken nicht rausnehmen können." Autor Klaus Poppen, viele Jahre Präsident alemannischen Muettersproch-Gsellschaft, geht die Treppen hoch. Mer sind huet im Stübli z Gascht. Im Alemannen Stübli. Ein kleines Museum, im Hansmeyerhof, einer der ältesten Schwarzwaldbauernhöfe in der Region. Der Hof wurde um 1620 erbaut. Schautafeln hängen an der Wand. Auch eine Zeichnung, wie die Sprache, zumindest ein Teil der Sprooch mit den Alemannen über den Limes kam. E 06 (Poppen leicht im Dialekt): Die Alemannen haben eine lange Gschicht. Ihre Vorfahren kommen wahrscheinlich aus dem Gebiet zwischen Elbe und Saale. Von dort aus haben sie sich nachher im Gebiet hinter dem Limes angesiedelt und haben jetzt erst den Namen Alemannen gekriegt. Autor Die Römer konnten nach einer Reichskrise den Limes nördlich und östlich des Rheins nicht mehr halten. Im 3. Jahrhundert n. Christus kamen die Germanen, zunächst kleinere Völkergruppen, dann wurden es immer mehr. Alamannia nannten die Römer von nun an das Gebiet bis zum Main. Mit den neuen germanischen Siedlern kam auch sprachlich einiges zusammen. Wissenschaftler haben die voralemannischen Sprachspuren in zwei Gruppen unterteilt: die eine Gruppe wird der vorrömisch, keltisch sprechenden Schicht zugeordnet; in der anderen Gruppe wurden römerzeitliche, provinzialrömisch-lateinische und romanische Sprachreste entdeckt. Was heute als Alemannisch bezeichnet wird, ist also eine Sprachmischung, mit vielen verschiedenen Sprachwurzeln. Prof. Dr. Peter Auer, Sprachwissenschaftler an der Universität Freiburg: E 07 (Prof. Auer) "Man muss es sich so vorstellen, dass die Alemannen in den Süden vorgerückt sind und vom Norden her Neuerungen gekommen sind, also so von dem, was man als den Fränkischen Raum bezeichnen würde. Das heißt, je weiter sie im Norden sind, umso mehr kommen diese innovativen Merkmale, je weiter sie in den Süden gehen, also ganz extrem im Höchstalemannischen, im Süden der Schweiz und in Italien, umso mehr eher sind diese archaischen Züge erhalten. Wir haben schon eine sehr gute Abbildung der kulturellen Entwicklungen. Da ist das Schwäbische zum Beispiel innovativer als das Alemannische in der südlichen Schweiz, wegen dieser historischen Staffelung." Autor Die auch Nord -Süd-Staffelung genannt wird. Die Handelswege und mit ihnen die Dialekt sprechenden fränkischen Händler bestimmten weitgehend die Weiterentwicklung der regionalen Sprachen. Wo die Händler nicht durchkamen, entwickelte sich die Sprache nicht weiter. Heute wird das Alemannische in fünf Dialektgruppen eingeteilt: Schwäbisch, Hochalemannisch, Höchstalemannisch, Oberrheinalemannisch - und Bodenseealemannisch. Doch wie unterscheidet sich der eine vom anderen Dialekt? Hauptmerkmal ist das k, das je nach Region, zum "ch" wird. Im Schwäbischen, am Bodensee und auch in einigen Teilen Badens hat sich das germanische "k" durchgesetzt. Auch rund um Freiburg heißen die Kleinen noch Kinder. Doch je weiter südlich von Freiburg es in Richtung Schweiz geht, werden aus Kindern Chinder. Der Reibelaut "ch", also ch, ersetzt das harte "k". Vom Elsass kommend reicht die k/ch-Linie bis nach Oberbaden. Im Schwarzwald verläuft sie Richtung Südosten bis an den Bodensee, dann den Rhein entlang zwischen der Schweiz auf der einen und Vorarlberg und Liechtenstein auf der anderen Seite. Doch die Linie, die Sprachlinie ist in Bewegung. Besonders in einigen Schwarzwaldregionen verschwindet zunehmend der Reibelaut aus der Alltagssprache. Wie überall hat auch hier das Hochdeutsche Einfluss auf die Sprachentwicklung gehabt. Und doch: Bis heute gibt es gerade im Alemannischen klare Laut- und Wortgrenzen. Manchmal liegen nur wenige Kilometer zwischen zwei völlig verschiedene Bezeichnungen für ein und dasselbe Ding. Im Alemanne- Stübli ist es die Löwenzahn-Schautafel, die den Sprachwortschatz aufzeigt: E 08 (Poppen): "Der heißt in einer Gegend "Schlangenblum", weil wenn man die Stängel der Blum zammensteckt, kann man se als Halskette, als Schlange nehmen. Bettschisser, weil nämlich die Löwenzahnsud die Verdauung fördert. Brunsblome, brunsen ist das Gegenteil von schisse. "Saicher", also Saichblumen, saichen, also Bettsaicher. Sonnewirbel, Sonnenwirbel isch in einer anderen Gegend normalerweise der Salat, aber da unten ist es die Bezeichnung für Löwenzahn. Ist ja verständlich wenn man die gelbe Blüten sieht, die ist ja wunderschön, auch wenn sie zu tausenden in den Wiesen ist." Autor Eine bis heute gut zu hörende Linie trennt Schwäbisch vom Oberrheinalemannisch und das Bodenseealemannisch wiederum vom Oberrheinalemannisch. Manche Sprachwissenschaftler sprechen von der Schwarzwaldschranke. Wie kam es zu dieser Schranke? Einzelne Regionen, gerade im Schwarzwald, wurden zu verschiedenen Zeiten besiedelt. Erst nach und nach kamen die Siedler vom Neckar und Rhein in den von Handelswegen oft abgeschnittenen Schwarzwald hoch. Die Dialekte hatten gleiche Sprachwurzeln, entwickelten sich aber verschieden weiter oder eben nicht. Sprachwissenschaftler Auer: E 09 (Auer): "In großen Teilen des Alemannischen haben wir als Merkmal die nicht- Diphthongierung von den "i"s und "u"s, im Mittelhochdeutschen, also so etwas wie Is, statt Eis, oder Hus, statt Haus. Aber auch das ist das Schwäbische innovativ und hat das verändert und hat "Eis" und "Haus" stattdessen eingefügt. Das heißt, da ist die Einheitlichkeit aufgebrochen worden." Autor Im Schwäbischen heißt die Frau Weib, auf Oberrheinalemannisch ist es ein Wiib. Die schwäbischen Heiser werden rund um Freiburg bis nach Basel zu Hiiser. Doch ein paar gemeinsame Sprachmerkmale gibt es auf beiden Seiten des Schwarzwalds: E 10 (Auer): "Zum Beispiel die sogenannte s-Palatalisierung, also "s" wird zu sch von einem Konsonanten wie bischt oder weischt. Aber wenn man es sich genauer anschaut, stimmt die Grenze gar nicht so genau, weil das ein bisschen in den Norden geht als das Alemannische. Wir haben auch die Abschwächung der Endsilben. Also "haba" oder "habe" statt "haben", wo das "n" getilgt wird. Das ist ziemlich allgemein verbreitet im Alemannischen." Autor Das gilt auch für die Seealemannen. Und doch behauptet Wolfgang Lechler "Mir schwätzed andersch" und hat gleich ein ganzes Buch so genannt. Lechler wohnt in Überlingen am Bodensee, ein echter Seealemanne mit sprachlichem Weitblick: E 11 (Lechler) "Je weiter wir von Überlingen Richtung Westen geht, gehen wir mal in die Richtung, weil nach Osten ist nicht mehr so arg viel mit Alemannisch, gehen wir nach Westen, da haben wir dann schon eher die Endung mit dem i und die Kehllaute, wie man sie in der Schweiz findet, und je weiter wir nach Waldshut oder Lörrach kommen, desto ausgeprägter wird das. Mir hand a Häusle, die hand halt a Hüssli, oder a Nüssle oder' s Nüssli ... immer diese Verniedlichung hinten dran, die haben wir nicht." Autor Im Vergleich zum Schwäbischen sind die Seealemannen durchaus bescheidener, wenn es darum geht, ihren Dialekt einzuordnen: E 12 (Lechler) "Seealemannisch ist kein reiner uralemannischer Dialekt, wie man ihn im Schwarzwald findet, oder das Hochalemannisch, sondern das ist ein Übergangsdialekt zwischen dem Hochalemannischen, aus dem Schwarzwald rüber, ins Österreichische bzw. in Rätoromanische. Ebenso so dünn gesät, dass es nur am nördlichen Bodenseeufer zu finden ist. Auch oben, in Konstanz drüben, dieser schmale Landstrich." Autor In Konstanz, nahe der Schweizer Grenze, gehen Sprachforscher davon aus, dass Knechte und Mägde den Seealemannischen Dialekt über den See mitbrachten. Vom Bodensee wieder zurück in die sprachlichen Tiefen des Schwarzwalds. E 13 (Joachim Löw) Irgendwann habe ich mal gesagt, es ist vielleicht einfach besser, wenn man mal die Zigaretten einfach weglässt. Und es geht au einfach so. Autor Fußball-Bundestrainer Joachim Löw dürfte zurzeit das bekannteste, lebende Sprachbeispiel für Alemannisch sein. Löw kommt aus Schönau, nahe Lörrach. Allerdings kann Löw auch schon fast Hochdeutsch. Fast. E 14 (Joachim Löw) Es gibt natürlich einen festgelegten Terminplan von meiner Seite aus und von Seiten des DFB, wo ganze Medientermine, Pressearbeit, Öffentlichkeitsarbeit... es gibt häufiger Sitzungen in Frankfurt, was den Nachwuchs betrifft. Nachwuchsfußball, konzeptionelle Dinge, Wochenende oder während der Woche viel bei Spielen. Autor Kleine phonetische Probleme. Größer werden die Hürden bei ganzen Sätzen. "Mir send die, wo gwinne welle." Der sportliche Wunsch ging um die halbe Welt. Inhaltlich korrekt, grammatisch daneben, alemannisch fehlerfrei: E 15 (Poppen): Die Frau, welche gebrüllt hat - des sagt man net. De Frau, wo brüllt het. Es gibt also kein Genitiv zum Beispiel. "Der Hund des Vaters" kannscht nie sagen. Musch immer saga: "Im Vadder sei Hund" oder "dr Hund vom Vadder". Autor Die Sprache hat eigene Regeln. Das Wort "war" gibt es im Alemannischen nicht. Alles was war isch gsi. Gsi isch auch die Zeit, als ein alemannischer Spruch die halbe Republik aufmischte: SPR "Nai hämmer gsait". Autor Nein haben wir gesagt. Dieses Motto prägte die Widerstandsbewegung in der Region rund um Kaiserstuhl im Schwarzwald. In Wyhl bei Freiburg verhinderten in den 1970er Jahren Einheimische und Nachbarn aus Frankreich und der Schweiz, den Bau eines Atomkraftwerks. Der Protest gilt mit als Beginn der Anti-Atomkraftbewegung in Deutschland. Die Kulturteile der Zeitungen beschäftigte damals besonders die Sprache des Widerstands. Am 25. Januar 1978 war in der Frankfurter Allgemeine Zeitung zu lesen: ZIT "Insofern ist der Gebrauch des Dialektes immer schon Gegenwehr. Ein Stück Widerstand gegen egalisierende nivellierende Tendenzen. Insofern ist Dialekt Waffe. Autor Das wiederum wollten die Hüter des Dialektes nicht auf sich sitzen lassen und gingen ihrerseits auf die Barrikaden E 16 (Poppen) Denn, wenn der Dialekt Waffe wird, dann kommt er auf ein Gleis, wo nicht in unserem Sinne ist. Dialekt ist das, was in einer Gegend geschwätzt wird. Und wir haben für neue Mitglieder so einen Werbebrief, da haben wir reingeschrieben: Im Dialekt kann man protestieren, das haben wir ja erlebt, oder au die Schönheit von den Blümli und den Wolken besingen und die Liebe und so. Da haben wir eine Zeitlang Probleme gehabt mit dem Protest." Autor Diese Zeit ist lange vorbei und doch hat sie eine ganze Bewegung geprägt. Untrennbar gehört eine andere Zeit, eine immer wiederkehrende Zeit, zu den Alemannen: die Fastnacht. Atmo Treppen/ Blende Fastnacht/ Atmo Umzug unter Mod Autor Umzüge und Feste rund um die alemannische Fastnacht gelten als mystisch, manchen gar als gruselig. Die Fastnachtsumzüge finden meist vor der Kulisse mittelalterlich geprägter Städte statt. Anders als etwa als beim rheinischen Karneval variieren die Kostüme, Häs oder Kleidle genannt, nicht von Jahr zu Jahr. Jedes noch so kleinste Dorf hat einen Verein und eigene Verkleidungen. Die Kostüme sind oft mit Glöcken verziert, so dass es beim Gehen und Hüpfen richtig scheppert. Fast alle Häs- und Kleidleträger sind hinter aufwendig geschnitzten Holzmasken verborgen. Atmo Alemannische Fastnacht (Umzug) Autor Der Spuk beginnt meist am Dreikönigstag, am 6. Januar, und endet in der Nacht zum Aschermittwoch. Kurz danach beginnt die Baseler Fastnacht in der benachbarten Schweiz; ein Spektakel das in jedem Jahr tausende Besucher anzieht: Atmo Fastnacht - Glocken Hästräger Autor Die alemannischen Fastnachtsbräuche unterscheiden sich von Ort zu Ort, wie die Sprooch von Berg zu Berg, von Tal zu Tal. Den Feldberg hoch, runter an den Bodensee, rüber nach Österreich und in die Schweiz. Die Sprache widersetzt sich den Grenzen. Für den Schriftsteller Hermann Hesse war Heimat zu beiden Seiten des Oberrheins, ob das, wie er -nach dem ersten Weltkrieg schrieb, Schweiz, Baden oder Württemberg hieß. Atmo Bergbach einbauen (kurz frei & unter bis zum Ende) ZIT ("Alemannisches Bekenntnis" Hesse) "Dies südwestdeutsch-schweizerische Gebiet ist mir Heimat, und dass durch dieses Gebiet mehrere Landesgrenzen und eine Reichsgrenze liefen, bekam ich zwar im kleinen wie im Großen oft genug einschneidend zu spüren, doch habe ich die Grenzen in meinem innersten Gefühl niemals als natürliche empfinden können." Autor In dem autobiografischen Text "Alemannisches Bekenntnis" schreibt Hesse weiter von seinem Misstrauen gegen Landesgrenzen. Aus diesem Misstrauen ist eine "innige, oft leidenschaftliche Liebe zu allen menschlichen Gütern" gewachsen. Eine Liebe, so Hesse, welche ihrem Wesen nach die Grenzen überfliegen und andere Zusammengehörigkeiten schaffen als politische. Am Ende seines "Alemannisches Bekenntnis" schreibt Hesse: ZIT "Das alemannische Land hat vielerlei Täler, Ecken und Winkel. Aber jedes alemannische Tal, auch das engste, hat seine Öffnung nach der Welt, und alle diese Öffnungen und Ausgänge zielen nach dem großen Strom, dem Rhein, in den alles alemannische Wasser rinnt ..." Atmo Bergbach kurz frei & langsam ausblenden -ENDE Beitrag- MOD Die Kleine Sprachegschichte. Oder : Warum die da so anders sprechen. Uschi Götz klärte uns über das Alemannisch auf. Die nächste Kleine Sprachgeschichte können Sie daheim schon mal für den 26. September notieren. Südschleswigdänisch steht dann auf dem Programm. Am Mikrofon verabschiedet sich von Ihnen Claus Stephan Rehfeld. -ENDE Ablaufplan- 2