Länderreport Deutschlandradio Kultur Bürger, was nun? - Rostock-Lichtenhagen. 20 Jahre danach - Autor Peter Marx Red. Claus Stephan Rehfeld Sdg. 22.08.2012 - 13.07 Uhr Länge 18.21 Minuten Moderation Wie lebt es sich nun heute in Rostock-Lichtenhagen? Und vor allem : Wie schauen die Lichtenhagener auf die Ereignisse im August 1992 zurück? Das Image des Rostocker Stadtteils ist immer noch angeschlagen. Die Stadt und Bürger vor Ort bemühen sich offenbar um ein friedliches Nebeneinander, aber ist es auch zu einem Miteinander geworden? Peter Marx geht diesen Fragen nach. -folgt Script Beitrag- Script Beitrag Rufe "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus." Rostock - Lichtenhagen, August 1992. Erinnerungen. Der Polizeipräsident von Neubrandenburg Knut Abramowski, damals Einsatzleiter der Polizei in Lichtenhagen: Abramowski Für mich bleibt eigentlich in Erinnerung, ein Hasserfülltes polizeiliches Gegenüber, das mit großer Verbissenheit und sehr hartnäckig mit der Polizei gerungen hat und teilweise bis zur Selbstaufgabe ging, um sich mit der Polizei anzulegen. Das war also schon von der Brutalität her mit das härteste, was ich bisher erlebt habe. Der Oberbürgermeister von Rostock, Roland Methling, damals Organisator des Traditionsseglertreffens "Hanse Sail." Methling Wir haben hier über Jahrzehnte, kann man sagen, eine integrative Zusammenarbeit und ein vernünftiges Zusammenleben praktiziert, insofern war das sehr bitter und beschämend, was 1992 im August hier in Rostock passiert ist, Und ich glaube, ich gehöre zu den Rostockern, die ganz klar sagen: So was darf nie wieder passieren. Hier stehen wir in einer geschlossenen Front in der Verantwortung. Der Bereichsleiter der Rostocker Gesellschaft für Gesundheit, Wolfgang Richter, damals der Ausländerbeauftragte der Hansestadt: Richter Diese Bilder von grölenden, Steine werfenden Menschen, von Polizeibeamten, die, zunächst in Unterzahl, versucht haben das Haus zu verteidigen. Wir haben von oben heruntergeguckt und gesehen, was für ein Gewaltpotential hier da war. Klatschende, grölende Menschen, mehrere tausend. Eine Pogrom-Stimmung, wie ich sie bisher nur aus Büchern gekannt habe, war hier spürbar. Dann in der dritten Nacht die Situation, dass wir hier im Haus drin waren und überhaupt keine Polizei mehr zu sehen war und die Gewalttäter auf der Wiese über die Balkone eingestiegen sind, die Brandsätze unmittelbar vor dem Haus geworfen haben. Sie niemand daran gehindert hat und wir drin waren. Das Haus fing an zu brennen, der Qualm in den Treppenaufgängen wurde immer intensiver und uns war klar, dass wir uns selber helfen müssen. Atmo Straßenverkehr Rostock - Lichtenhagen, August 2012, Mecklenburger Allee. Wolfgang Richter schaut nachdenklich auf die ersten beiden Wohnblöcke, aufgehübschte DDR-Plattenbauten mit Backstein-Fassaden und gelbgestrichenen Balkonen. Schon von der Stadtautobahn nach Warnmünde ist die großflächige Verzierung der Seitenwand zu sehen: Sonnenblumen. Richter geht am Einkaufszentrum vorbei und dahinter auf eine ungepflegte Wiese. Hier campierten vor 20 Jahren über 1.000 Sinti und Romas. Hier war das Zentrum der Krawalle. Im äußersten rechten Block, dem "Sonnenblumenhaus", wohnten damals rund 130 vietnamesische Vertragsarbeiter. Im Block daneben, Hausnummer 18, war die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber. Richter Die Zustände auf dieser Wiese waren schlimm. Sie waren für die deutschen Anwohner schlimm, sie waren für die vietnamesischen Vertragsarbeitnehmer, die hier wohnten, schlimm und sie waren für die Flüchtlinge schlimm, weil die wollten nicht auf dieser Wiese wohnen, lagern, sich aufhalten. Sie wollten ihren Asylantrag stellen und das wurde ihnen nicht gewährt. Und dadurch hatten wir dann hier Zustände, die in der Tat für alle drei Gruppen unzumutbar waren. Bis die Situation eskaliert: erst drohten Bewohner der Mecklenburger Straße den Asylsuchenden, dann flogen Steine, später Molotow-Cocktails auf die Wiese und in die Wohnungen. Richter Besonders widerlich habe ich in Erinnerung, dass es mehrere Tausend waren, die selber keine Steine geworfen haben, die nicht angegriffen haben, aber die gejubelt und gegrölt haben - bei jedem Wurf, bei jedem Molotow-Cocktail, der flog. Und die in der Mehrzahl junge Menschen aufgestachelt haben , eine Stimmung verbreitet haben, um sie immer wieder hoch zu peitschen, die dann, das haben mir Jugendliche später erzählt, sie waren wie in einem Rausch und wo dann eben keine Grenzen mehr waren rational das, was sie dort tun, zu reflektieren. Das Gebiet zwischen Mecklenburger-Allee und Güstrower Straße ist das Einkaufszentrum des Rostocker Stadtteils: Einkaufsmarkt, Apotheke, ein Fachmarkt für Heimausstattung, Kosmetik- und Friseurgeschäfte sind hier angesiedelt. Etwa 13.000 Menschen leben im Stadtteil, der noch immer sehr beliebt ist. Rainer Fabian, Leiter des Kolping- Begegnungszentrums, sagt das nicht ohne Stolz: Fabian Also hier in Lichtenhagen gibt es keine Wohnung, die nicht durchsaniert worden ist. Die Wohnungen sind alle mit einem höheren Standard versehen worden. In Lichtenhagen ist der Wohnungsleerstand mit am geringsten in der Stadt Rostock. Es liegt daran, dass die Menschen, die hier wohnen, sich wohlfühlen in diesem Stadtteil. Es hat mit der Infrastruktur zu tun und mit der Nähe zur Ostsee und sie fühlen sich einfach wohl hier. Die meisten Frauen und Männer auf den Straßen weichen aus, sobald sie ein Mikrophon oder eine Fernsehkamera sehen. Einige bleiben stehen und schimpfen, die Freundlichen dagegen schütteln nur den Kopf, rennen weg. Umfrage (Mann) Man sollte es mal langsam ruhen lassen, wird langsam Zeit. (Mann) Ja, irgendwie ist das ja schon wichtig, aber ich habe damit auch nichts mehr zu tun gehabt, sage ich mal, meine Generation Rainer Fabian sitzt in der Cafeteria des Kolping-Begegnungszentrums, das er leitet. Das flache, mehrfarbige Haus steht verloren zwischen den hohen Plattenbauten. Fabian schlägt mit dem Zeigefinger auf die Tischplatte, hörbares Zeichen ,daß der 59 Jahre alte Mann sich ärgert. Er versteht die Reaktionen der Lichtenhägener: Fabian Heute sind in diesem Stadtteil noch etwa 30 bis 40 Prozent der Leute ansässig, die zu diesem Zeitpunkt da waren. Die meisten kennen diese Situation überhaupt nicht. Wir erleben aber auch immer wieder, dass genau diese Menschen dann plötzlich vor dieser Situation stehen, die damals gewesen ist, und die in diese sogenannte Rechtfertigungsfalle tappen. Sie fangen dann wieder an beim Urschleim. Die Ursache ist einfach die, dass diese Situation mit der Bevölkerung hier in Lichtenhagen auch nie richtig aufgearbeitet worden ist. Der Urschleim. Die Rechtfertigungsfalle. Die Tage vom August 1992. Sie haben sich tief eingegraben in die Geschichte des Stadtteils. Von außen wirkt alles fast wie geleckt. Saubere Straßen, saubere Geschäfte, ein paar großzügige Grünanlagen. Und von innen? Sind die Menschen, die damals auf den Balkonen saßen und applaudierten oder Steine warfen, geläutert? Ralf Mucha, Vorsitzender des Ortsbeirates von Lichtenhagen, lässt sich Zeit, bevor er antwortet. Er muss vorsichtig formulieren, es sind seine Wähler, über die er spricht, die ihn bei den letzten Landtagswahlen für die SPD ins Schweriner Parlament entsendeten: Mucha Es gab, das kann man nicht verhehlen, einen Unmut unter der Bevölkerung über die Situation bei der Zast, bei der zentralen Aufnahmestelle. Und ich denke, dass das mit den Demonstrationen, die am Tage hier stattgefunden haben und mit den Aufläufen, die waren, die Hoffnung verbunden war, die Situation zu verändern. Das man dieses neue Medium, diese neue Sache, die man dann auf einmal konnte, zu demonstrieren. Ich denke, da war auch eine gewisse Reue mit bei. Wenn man mit dem einen oder anderen spricht darüber, der sagt, er war erstaunt darüber, dass es so eine Wende genommen hat. Unterstützung erhält er von Rainer Fabian, der ein mal mehr die Bewohner seines Stadtteiles in Schutz nimmt. Immer wieder klingt in seinen Antworten so etwas wie Verständnis durch: für die Täter - nicht für die Opfer, obwohl er es vermutlich gar nicht so meint: Fabian Wir erleben jedes Mal, wenn solche Jubiläen sind, dass dieser Stadtteil dann von Medien überrollt wird und die Bürger dieses Stadtteils oft sehr überrascht werden, weil sie an diese Zeit überhaupt nicht mehr denken. Aus diesem Grund haben wir uns vorgenommen, eine Initiative ins Leben zu rufen, die beinhaltet, dass wir die Bürger auf diesen Tag vorbereiten. Fabian spricht von der Initiative "Lichtenhagen bewegt sich." 35 Vereine und Initiativen machen mit und haben schon mal Aufkleber verteilt, die zeigen sollen, dass sich die Geisteshaltung zu Ausländern im Stadtteil geändert hat. Es ist der Auftakt für die Gedenktage zwischen dem 23. und 26. August. Schon im Vorfeld gab es Ärger über die Frage : Wie feiert man die Gedenktage richtig. Geplant sind bislang eine Kochwoche und eine Sternfahrt mit Fahrrädern. Höhepunkt soll die Rede von Bundespräsident Joachim Gauck werden, der in der Nachbargemeinde Evershagen lange Jahre als Pastor tätig war. Die Integrationsbeauftragte der Stadt, Stefanie Nelles, spricht seither von einem "sehr sensiblen Thema": Nelles Lichtenhagen 92 ist ein Thema, was die Menschen hier in Rostock nach wie vor sehr stark berührt. Wir müssen diesen Tag auf jeden Fall würdigen. Bisher sind dazu noch relativ kleine Projekte wie z. B. interreligöse Andacht. Und der andere Teil wird sein, dass wir von der Hansestadt Rostock einen Kinderchor planen. Der Chor setzt sich zusammen aus dem gesamten Nordwesten kommen, 1. bis 7. Klasse und wir kriegen locker 300 bis 400 Kinder auf die Bühne. Fakt ist: Nimmt man die Rede des Bundespräsidenten heraus, dann wirkt das Angebot beinahe wie das Standard-Programm eines der sonst üblichen Stadtteilfeste. Lediglich Hüpfburg, Bier - und Bratwurststände fehlen. Noch! In diese Kerbe schlägt Thomas Prenzel, Mitarbeiter im Institut für Politik und Verwaltungswissenschaften an der Universität Rostock, der in seiner wissenschaftlichen Publikation unter anderem fordert, dass "die Mauer des Schweigens" endlich eingerissen wird. Nach seiner Darstellung gab es bis heute seitens der politisch Verantwortlichen kein Interesse an einer umfassenden politischen Aufarbeitung der Ereignisse von 1992. Zitat: "Die Krawalle von Rostock- Lichtenhagen wurde verdrängt, relativiert und instrumentalisiert." Prenzel Man kann in der Tat von konjunkturellen Höhepunkten sprechen, aber eine Form der Verstetigung des Gedenkens an Rostock-Lichtenhagen hat Rostock noch nicht gefunden. Schuld daran trägt, so der 30jährige, auch die juristische Aufarbeitung des Pogroms. Zehn Jahre vergingen bis alle Gewalttäter vor Gericht standen, bis auf drei endeten alle Verfahren mit Freisprüchen. Der Politikwissenschaftler fordert eine Kultur des Gedenkens statt der bisher üblichen Kultur des Vergessens. Aus diesem Anlass wünscht er sich, dass die Hansestadt endlich eine Gedenkstätte einrichtet, die an die Tage von Lichtenhagen erinnern soll: Prenzel Wir konnten diesen Punkt, insbesondere in der Frage nach einem permanenten Gedenkort bzw. eine Form des Gedenkens außerhalb der Jahrestage beobachten. Das ist eine Diskussion, die seit fast 10 Jahren immer wieder in Rostock aufflammt, die allerdings nie von der Politik oder von größeren Teilen der Zivilgesellschaft aufgegriffen worden ist, um sich Gedanken zu machen, etwa über einen Gedenkstein, ein Mahnmal oder eine auch Dauerausstellung, die z. B. an Formen von rassistischer Gewalt nach der Wiedervereinigung, nicht nur hier in Rostock, sondern auch in anderen Städten erinnern kann. Prenzel ist nicht der Einzige der eine Gedenkstätte fordert und nicht der Erste, der damit scheitert. Fabian ... weil wir genau dem entgegen wirken wollten, dass Menschen auf Dinge, die vor 20 Jahren passiert sind, konfrontiert werden. Also kein Gedenkstein, keine Gedenktafel, damit die Gefühle der Lichtenhägener nicht belastet werden. So lässt sich der Satz von Rainer Fabian auch übersetzen, dem SPD-Landtagsabgeordneter Mucha jedoch gleich zur Seite springt: Mucha Also, da bin ich schon bei Herrn Fabian, dass das in der Vergangenheit nie richtig ein Thema war. Es ist jetzt mit "20 Jahre - Lichtenhagen bewegt sich" auch wieder ein Thema geworden. Und ich glaube, die Initiative und viele um uns rum sind sich einig geworden darüber, dass wir keine Gedenktafel, keinen Gedenkstein setzen, also wir kein Symbol schaffen, was in Zukunft irgendwelche Angriffsziele bringt. Allerdings: Die Protagonisten für ein ausländerfreundliches Lichtenhagen können sich vorstellen, dass auf der Wiese vor dem Sonnenblumenhaus vielleicht ein Baum gepflanzt wird. Mucha Wir werden einen Baum pflanzen. Es wird glücklicherweise auch eine Eiche sein, die wir zusammen mit den Lichtenhägener einpflanzen. Das wird die Form auch der Erinnerung sein. Immerhin eine deutsche Eiche! Atmo Straße Rostock, Lichtenhagen, Mecklenburger Str. 19. Drei vietnamesische Familien leben heute in diesem Block. Die übrigen rund 120 Bewohner sind ausgezogen - in andere Stadtteile, in andere Städte. Die ausgebrannten Wohnungen, in die Demonstranten Molotow-Cocktails geworfen hatten, wurden nur wenige Wochen nach den Krawallen saniert. Der Eingang ist heute mit grauen Steinplatten gefliest, nicht schön, aber zweckmäßig. Im ersten Stock sind eine Zahnarztpraxis, eine Ergo-Therapie und eine Klavierschule. An der Seitenwand sind dutzende von Briefkästen. Vor knapp einem Jahr waren sie gefüllt mit Werbeschriften der NPD zur Landtagswahl. "Lauter Lügen über Lichtenhagen" stand auf dem Flyer. Die Rechtsextremen waren wieder auf Stimmenfang in Lichtenhagen. Wie 1992. Damals verteilte Michael Andrejewski, Jurist aus den alten Bundesländern, Flugblätter mit Aufschriften wie "Widerstand gegen Ausländerflut." 19 Jahre später machten knapp 1.000 Wähler im Wahlkreis Rostock I, dazu gehört Lichtenhagen, ein Kreuz für die NPD. Deutlich weniger als früher, trotzdem kam die NPD wieder in den Landtag, darunter auch der Landtags-Abgeordnete Michael Andrejewski, der als einer der geistigen Brandstifter des Pogroms gilt. Wolfgang Richter, der ehemalige Ausländerbeauftragte der Stadt, steht verloren im Flur des ehemaligen Vietnamesen-Blocks und grübelt. Hat die Stadt, haben die Einwohner was dazugelernt? Auf diese Frage antwortet er bedächtig: Richter Ich glaub,e die politisch Verantwortlichen haben etwas daraus gelernt und es sind hier Maßnahmen und Projekte zur Förderung der Integration möglich gewesen, um die mich viele Kollegen auch bundesweit beneidet haben, was wir in dieser Stadt haben aufbauen können. Das hat für mich eine Wirkung gehabt Doch diese Wirkung scheint inzwischen wieder zu verpuffen, fügt Richter noch hinzu und erzählt: Richter Ich erschrecke in letzter Zeit über Diskussionen und Debatten, die kommen, wo ich geglaubt habe, wir sind schon mal weiter gewesen in dieser Stadt. Z.B. das Projekt Internationale Gärten. Das sollte im Stadtteil Evershagen realisiert werden, wo also Zugewanderte und Deutsche zusammen Kleingärten betreiben. Und im Ortsbeirat Evershagen ist dieses Projekt einstimmig abgelehnt worden mit der Begründung: " Wenn wir hier diese Gärten haben, erinnert euch an Lichtenhagen. Wir müssen aus Lichtenhagen lernen, wir dürfen doch kein Angriffspunkt schaffen, wo Ausländer konzentriert sind." Der Stadtteil Evershagen liegt nur drei Kilometer von der Mecklenburger Straße entfernt und wirkt mit seinen Plattenbauten wie eine Kopie von Lichtenhagen. Bei der Abstimmung war auch Rostocks Oberbürgermeister Roland Methling dabei, der das peinliche Ergebnis nicht verhindern konnte. Methling In Ewershagen war das Feld schon bereitet. Aber wir mussten feststellen, dass es doch erhebliche Vorbehalte der anliegenden Einwohner gegeben hat. Vorbehalte gegen ein Zentrum, gegen Konzentration von Ausländern in einem Projekt. Und das war durchaus erschreckend, dass in dieser Deutlichkeit zu hören. Und das hat uns zusätzlich sensibilisiert und natürlich auch im Ausländerbeirat - Migrantenbeirat wie wir ihn heute nennen -zusätzliche Aktivitäten einzuleiten, um das, was in den Leitlinien der Stadtentwicklung Rostock festgeschrieben ist, auch wirklich auf Kurs zu halten. Der Oberbürgermeister wehrt sich dagegen, aus dieser Abstimmung den Rückschluss zu ziehen, das die Einwohner latent ausländerfeindlich sind. Vor allem - es gibt kaum welche in Rostock. Nach der städtischen Statistik leben 7.649 Ausländer in der Hansestadt, bei einer Gesamteinwohnerzahl von etwas über 203.000. Methling Es sind über 50 Institutionen und über 150 Projekte, die in der Hansestadt Rostock auf diesem Gebiet bearbeitet werden. Und ich höre das von unseren ausländischen Mitbürgern, sie fühlen sich hier zu Hause, sie fühlen sich ernst genommen und Rostock ist ihre Heimat geworden. Ich denke, dass es eine permanente und dauerhafte Aufgabe, das ist eine Selbstverständlichkeit ist. Wir müssen sie täglich leben und wir versuchen das. Wolfgang Richter verlässt Lichtenhagen. Er geht nur noch selten in den Stadtteil. Die Erinnerungen sind nach wie vor stark. Mit der dramatischen Flucht über das Dach hat er damals vermutlich den meisten Vietnamesen das Leben gerettet. Niemand wurde verletzt, niemand getötet. Das allein zählt heute für ihn. Das Amt des Ausländerbeauftragten gab er bald nach den Pogromnächten auf. Zuviel hatte sich bei ihm aufgestaut gegenüber Behörden der Stadt und des Landes, die 1992 untätig die Entwicklung in Lichtenhagen verfolgten. Kann es in Rostock wieder zu solchen Krawallen kommen? Wieder gerät Richter ins Grübeln, lässt sich Zeit mit der Antwort. Richter Ersten glaube ich nicht, dass es in dieser Weise nochmals möglich ist, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass die Polizei noch einmal so hoffnungslos versagt und dass es in der Vorbereitung auf das, was dort passieren könnte, so ein eklatantes Versagen von Polizei gibt. Was ich mir immer wieder vorstellen kann, dass Menschen dann, wenn sich bestimmte Zustände zuspitzen, auch durch Manipulation auch von außen, in eine Stimmung versetzt werden, die dann diese pogromartigen Zustände, diese rauschhafte Gewaltanwendung gegen Menschen, die wehrlos sind, die sich nicht verteidigen können, dass es das wieder gibt, das kann ich mir zu jederzeit vorstellen nach diesen Erfahrungen. -ENDE Beitrag- 1