COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur Länderreport vom 29.7.2010 Schulreform im Saarland Autorin: Tonia Koch Red.: Claudia Perez -------------------------------------------------------- Das saarländische Schulmodell basiert auf 2 Säulen. Auf einer Gemeinschaftsschule an der sämtliche Bildungsabschlüsse erworben werden können und dem Gymnasium, das daneben als eigenständige Schulform erhalten bleiben soll. Beide Schulformen setzen auf der Grundschule auf, die - und da ist das eigentlich Brisante an der Reform - um ein Jahr von 4 auf 5 Jahre verlängert werden soll. Mit diesem einen Jahr des längeren gemeinsamen Lernens, will die Jamaika-Regierung im Saarland für mehr Bildungsgerechtigkeit sorgen. O- Ton Körner: "Das 5. Grundschuljahr soll dazu dienen, das Bruchhafte der Übergänge aufzufangen. Einen gemeinsamen Unterricht zu ermöglichen und mit dem Klassenlehrer, der Klassenlehrerin aus der Grundschule und dem Fachlehrer der Fachlehrerin aus der weiterführenden Schule. Wir setzten auf eine größere Verlässlichkeit, ob ein Kind die eine oder andere Schulform später wählt." 40 Prozent der Gymnasiasten, sagt Stephan Körner der Grüne Bildungsstaatssekretär, gäben im Verlauf ihrer Schullaufbahn auf, das zeige eindeutig, dass viele Eltern ihre Kinder mit dem Gymnasium überforderten. Aber sowohl die Lehrerverbände als auch die Elternverbände zweifeln daran, ob diese Problematik mit einem einzelnen Jahr längeren gemeinsamen Lernens aus der Welt geschafft werden kann. Der pädagogische Effekt dieser Maßnahme wird von den Eltern als gering eingeschätzt. Bernhard Strube, Sprecher der Landeselterninitiative für Bildung im Saarland. O - Ton Strube: "Wir haben Zweifel, ob dieses eine Schuljahr die notorische Bildungsungerechtigkeit ausgleicht. Wir wissen andererseits aber auch, welchen Aufwand es mit sich bringen wird, das umzusetzen und was das für Schüler, Lehrer, Eltern, Schulträger und Verwaltungen bedeutet, welche Kräfte und Mittel da aufgebracht werden müssen, die würde man besser in die Verbesserung der Qualität von Unterricht und Lernen direkt investieren." Auch die Opposition, zumindest die Sozialdemokraten, möchten zum jetzigen Zeitpunkt keine Debatte über Schulstrukturen führen, sondern plädieren wie die Eltern für kleinere Klassen, vernünftige Ganztagsschulangebote, mehr gezielte Förderungen und alternative Arbeitsformen in den Schulen. Ulrich Commercon, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, will vielmehr über die Qualität im System reden. O - Ton Commercon: "Für uns ist viel wichtiger, dass wir integrierten Unterricht bekommen, da kann man viel von der Grundschule lernen, weil da vieles vernünftig läuft. Die Verlängerung um ein Jahr bringt da überhaupt gar nichts, das ist nicht unser Projekt sondern ein Projekt, das aus einem faulen Koalitionskompromiss heraus geboren worden ist, eigentlich will das keiner. " Darüber, ob das fünfte Grundschuljahr tatsächlich der Wille aller drei Koalitionspartner ist, wird im Saarland heftig diskutiert. Und allmählich gehen Teile der mitregierenden CDU und der FDP auf Distanz zum Grünen Koalitionspartner. Die ursprüngliche Vorstellung der saarländischen Grünen beinhaltet eine sechsjährige Primarschule nach dem Vorbild von Hamburg. Dieses Modell aber ist mit CDU und FDP nicht zu machen. Deshalb hat sich die Regierungskoalition auf 5 Jahre verständigt und möchte das letzte Kindergartenjahr für schulische Angebote öffnen, um der Ursprungsidee möglichst nahe zu kommen. Die Idee, früher mit der Vermittlung von Lerninhalten zu beginnen hat viele Befürworter. Der saarländische Wissenschaftsminister Christoph Hartmann von der FDP besteht darauf, dass das 5. Grundschuljahr auf keinen Fall als Einstieg in längere gemeinsame Lernformen zu begreifen ist, wie der grüne Koalitionspartner dies tut. O- Ton Hartmann: "Das fünfte Grundschuljahr ist das, was wir gemeinsam festgelegt haben. Aber wir sind nicht bereit, weiter zu gehen." Es mehren sich auch jene Stimmen, über die beabsichtigte Schulreform im Saarland - ähnlich wie in Hamburg - von der Bevölkerung abstimmen zu lassen. O -Töne Umfrage: "Das würde ich gut finden. Ja, auf alle Fälle, ich bin sowieso der Meinung, dass viel mehr Leute abstimmen wollte und nicht die Politik von oben herab so viel bestimmen sollte. Obwohl wir keine kleinen Kinder mehr haben, das Volk soll mitentscheiden. Volksabstimmungen bin ich generell dafür, man sollte mehr und viel öfter Volksabstimmung machen, ich wäre dabei." Das ist jedoch im Saarland praktisch unmöglich. Die Voraussetzungen für eine Volksbefragung auf Landesebene sind außergewöhnlich restriktiv. Abgesehen von den hohen Quoren, ist jedes Plebiszit, das sich auf den Landeshaushalt finanziell auswirkt, von vorneherein unzulässig. Und Schulreformen sind immer mit finanziellen Auswirkungen verbunden. Und selbst wenn die Jamaika-Koalition wie versprochen die Hürden für Volksbegehren senken sollte, könnte ein Schulgesetz nicht wie in Hamburg zur Abstimmung gestellt werden, denn eine Schulreform, so Bildungsstaatssekretär Stephan Körner, hat noch eine andere Hürde zu nehmen. O- Ton Körner: "Wir benötigen eine Verfassungsänderung für das 2 Säulen-Modell; außerdem ist es so, dass das grundständige Gymnasium nach dem 4. Grundschuljahr beginnt und wenn wir ein fünftes Grundschuljahr einführen möchten, bedarf es auch hier einer Änderung der verfassungsrechtlichen Grundlagen."