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Autor: Michael Lina leitet die Sportvermarktung bei der ARD-Werbung Jingle 1 (0:15) Bundesliga-Fanfare wieder hochziehen, Wiederholung, unterlegen Autor: Immer, wenn diese Fanfare samstags gegen 18:30 Uhr ertönt, machen es sich Fußballfans von Flensburg bis Passau am heimischen Bildschirm gemütlich. Denn dann startet in der Regel die Sportschau mit der Übertragung der Höhepunkte des jeweiligen Bundesliga- Spieltags. Die Sportschau - eine Institution, die allwöchentlich an die fünfeinhalb Millionen Zuschauer vor der Mattscheibe versammelt. In den nächsten zwei Jahren dürfte das auch so bleiben. Wie es danach weitergeht, darüber wird bereits jetzt zwischen den Branchenbeteiligten hinter den Kulissen verhandelt. Überraschungen sind dabei nicht ausgeschlossen. Take 2 (0:17) Zastrow: Wenn jemand im größten Fernsehmarkt Europas auf die Idee kommen würde, ein neues Format zu starten, wäre Fußball natürlich das richtige Vehikel, und dann gibt es viele denkbare Sender und Sendeformate. Es kann vom Web-TV-Anbieter bis zu Google bis zu Yahoo, da gibt es sehr viele Möglichkeiten, die denkbar wären. Atmo 1 (0:10) Modem-Einwählgeräusche Autor: Hartmut Zastrow sitzt im Vorstand der Marktforschungsagentur Sport + Markt. Die digitale Revolution ist dabei, auch den Fußball zu erobern. Internet, Handys, Tablets und Apps - das sind die neuen Massenmedien des digitalen Zeitalters. Ihre Betreiber gieren nach attraktiven Inhalten, mit denen sich massenhaft DSL-Anschlüsse, Mobilfunkverträge und Pay-TV-Abos in HD-Qualität verkaufen lassen. Da kommt die in Kürze anstehende Neuausschreibung der Bundesligarechte für die Jahre 2013 bis 2017 wie gerufen. Christian Seifert, Geschäftsführer der Deutschen Fußball-Liga (DFL): Take 3 (0:18) Seifert: Wir sind sehr sicher, dass eine Kombination von Neuen Medien, noch dazu in einem Zeitraum bis 2017 mit etablierten Medien, also klassischem linearem Fernsehen durchaus eine interessante Kombination sein kann, aber nicht die einzige Kombination sein muss. Deshalb gibt es ja auch mehrere Szenarien. Autor: An der Live-Übertragung sämtlicher Bundesliga-Partien durch den Bezahlsender Sky dürfte nicht gerüttelt werden. Zündstoff birgt vor allem das Szenario Neue Medien. "Netcast 2", so der Arbeitstitel des Rechtepakets, sieht die Highlightberichterstattung am frühen Samstagabend nicht mehr im Fernsehen vor, sondern im Internet. Und zwar als linearen Stream über Web-TV. Das wäre das Ende der "Sportschau" in ihrer bisherigen Form. Einer, der das für keine schlechte Idee hält, ist Carsten Schmidt, Vorstand Sport bei Sky Deutschland. Take 4 (0:30) Schmidt: Ich finde, dass ein Produkt ab 19 Uhr im Internet einer ganz, ganz großen Gruppe von Deutschen zugänglich gemacht wird, einen interessanten Ansatz. Für uns ergibt sich dadurch eine weitere Möglichkeit, unser Geschäftsmodell noch mal zu rechnen, und das werden wir jetzt tun. Und die Ausschreibung wird dann sicherlich für uns facettenreicher werden als das letzte Mal, wo es ja nur ein Szenario mit der Free-TV-Berichterstattung um 18:30 Uhr gab. Autor: Die wohlwollende Haltung des Sky-Managers hat einen simplen Grund. Von einem möglichen Aus für die Sportschau würde sein Pay-TV-Sender voraussichtlich stark profitieren. Schon immer war die zeitnahe Free-TV-Ausstrahlung im Ersten den Verantwortlichen von Sky und ihres Vorläufers Premiere ein Dorn im Auge. Das minderte den eigenen Anspruch auf Exklusivität und schmälerte so die Entwicklung der Abozahlen. Eine Zusammenfassung der Bundesliga-Höhepunkte im World-Wide-Web erschiene da zunächst vergleichsweise ungefährlich. Natürlich gibt es ihn schon, den Fußball im Internet. Die Deutsche Telekom liefert unter dem Logo "Liga total" bereits seit zwei Jahren Bundesliga-Fußball im Netz und über Mobilfunk. Jingle 2 (0:15) Telekom "Liga total"-Jingle Take 5 (0:16) Stiegenroth: Ich bin davon überzeugt, dass wir aktuell das beste Bundesliga-Programm bieten, weil es gibt bei keinem anderen alle Spiele in HD. Zum Beispiel am Samstagnachmittag fünf Spiele oder sechs Spiele. Wir können sogar am Ende der Saison zehn Spiele parallel in HD zeigen, das kann kein anderer... Autor: Schwärmt Henning Stiegenroth, Leiter Sportmarketing Deutsche Telekom. Billig ist dieses Vergnügen allerdings nicht. Liga total kostet in der laufenden Saison 14,95 Euro, in HD- Qualität noch fünf Euro mehr. Natürlich nur bei gleichzeitiger Buchung eines "Entertain"- Pakets für Surfen, Telefonieren und TV. Derzeitiger Preis: knapp 45 Euro. Könnte das "Neue- Medien"-Szenario der DFL für "Liga total" gefährlich werden? Nein, findet Stiegenroth. Ein zeitversetztes Web-Programm widerspreche den neuen Sehgewohnheiten webaffiner Nutzer. Take 6 (0:19) Stiegenroth: Gerade der 19-Uhr-lineare Webkanal ist fürs Web unattraktiv. Web will on demand haben, Web will zu jeder Zeit anbieten können. Highlight-Clips, das ist die Stärke des Webs, deswegen glaube ich eher an so etwas. Ich glaube nicht an eine lineare Sendung um 19 Uhr im Web, die die Sportschau ersetzen wird. Da glaube ich, in der Tat, ist das noch nicht der richtige Schritt. Autor: Aber warum eigentlich? Theoretisch und praktisch wäre doch auch eine Art "Internet- Sportschau" denkbar. Kein Interesse, sagt Axel Balkausky. Der ARD-Sportkoordinator winkt ab. Take 7 (0:07) Balkausky: Unser Fokus liegt auf dem Fernsehen, unser Fokus liegt darauf, die Sportschau in der bisherigen Form zu erhalten. Auf die Internetrechte können und werden wir nicht bieten. Autor: Mittelfristig, so begründet er, bleibe das Fernsehen das gesellschaftliche Leitmedium. Ein Wechsel der aktuellen Bundesliga-Berichterstattung ins Web hätte zudem schon aus technischen Gründen massive Auswirkungen auf die Reichweite. Gerade in ländlichen Regionen sei eine Vollversorgung der Bevölkerung mit den fürs Web-TV erforderlichen Breitbandanschlüssen längst nicht erreicht. Take 8 (0:13) Balkausky: Wenn man nun auf Internet umstellt, glaube ich, das ist nach derzeitigen Zahlen - sind ungefähr 50 Prozent der Menschen dort Ältere und auf dem Land wohnende Menschen, ausgeschlossen von der Bundesliga, und das halte ich für einen großen Fehler, wenn die Bundesliga dies begeht. Autor: Natürlich geht es Balkausky nicht ausschließlich oder in erster Linie um ältere Zuschauer und die Landbevölkerung. Ein großer Teil der jüngeren Generation hat sich längst von den Programmen der Öffentlich-Rechtlichen, teilweise vom Fernsehen generell verabschiedet. Der Profifußball und andere große Sportereignisse helfen dabei, diesen Generationenabriss im Publikum des Ersten ein wenig aufzufangen. Take 9 (0:17) Balkausky: Der Fußball und auch die Fußball-Bundesliga sind sehr wichtig für die ARD und auch für das Erste, weil es uns sehr viele junge Leute zuführt, die wir in der Regel mit anderen Programmen nicht so einfach erreichen können, und der Sport und der Fußball ist damit auch ein Vehikel, um junge Zuschauer an das Gesamtprogramm der ARD zu führen. Autor: Wie aber stehen die Klubs selbst zu den Vorstellungen ihres Dachverbands DFL? Eine erste Stimme kommt von Jochen A. Rotthaus, Geschäftsführer der TSG 1899 Hoffenheim. Take 10 (0:24) Rotthaus: Ich denke, was ganz spannend ist an der neuen Rechtevergabe, sind die verschiedenen Szenarien, weil natürlich auch der technische Fortschritt - Stichwort iPad und webbasiertes Fernsehen - da hinzu kommen und weil wir alle so richtig, glaube ich, noch nicht einschätzen können, wie intensiv auch das Nutzungsverhalten bei den neuen Medien der Zuschauerbevölkerung, bei der relevanten Zielgruppe sein wird. Autor: Das klingt vorsichtig abwartend. Nicht so richtig überzeugt von den Gedankenspielen der DFL erscheint auch Hans-Joachim Watzke, Manager des amtierenden Deutschen Meisters Borussia Dortmund. Soeben wurde er auf bei den Deutschen Sponsoringtagen als "Player des Jahres" ausgezeichnet. Auf die Frage, ob er sich wirklich die Bundesliga ohne "Sportschau" vorstellen könne, kontert er zunächst trocken Take 11 (0:04) Watzke: Der Friedhof liegt voll von Menschen, die glaubten, dass es ohne sie nicht geht. Autor: Dann aber schwächt er ab. Take 12 (0:16) Watzke: Grundsätzlich sag ich, wäre es auch nicht so verkehrt, wenn wir bei der Sportschau bleiben, weil die Sportschau ist für mich als Älteren natürlich auch ein Stück gelebte Fußballkultur, da brauchen wir auch nicht drüber diskutieren, dann sollen sie aber auch endlich mal einen marktgerechten Preis zahlen, und ich glaube, dass der momentan etwas zu niedrig ist. Atmo 2 (0:10) Geldzählmaschine, unterlegen Autor: Das Geschäft mit dem Fußball wird immer lukrativer. Vor allem für die Klubs. So liegt der Preis für die TV-Rechte an den Spielen der Bundesliga mittlerweile 25 Mal höher als noch vor 20 Jahren. 412 Millionen Euro kassiert die DFL derzeit jährlich von ihren diversen Medienpartnern. Mit rund 225 Millionen entrichtet der Pay-TV-Sender "Sky" den Löwenanteil dieses Betrags. Geschätzte 100 Millionen Euro zahlt die ARD gegenwärtig. Das ZDF ist mit rund 25 Millionen dabei und präsentiert im Rahmen seines "Aktuellen Sportstudios" das samstags um 18:30 Uhr angepfiffene"Topspiel" Der Rest verteilt sich auf die Telekom und auf Sport 1, das frühere Deutsche Sportfernsehen (DSF). Für Vermarkter Zastrow ist der Fußball eine so genannte "Killerapplikation". Take 13 (0:14) Zastrow: Killerapplikation heißt zum Beispiel, dass Sky ohne Fußball nicht überleben könnte. 90 Prozent der Europäer in den entsprechenden Kernmärkten in Europa kaufen Pay TV wegen Fußball, wegen der nationalen Liga. Das ist unter Killerapplication zu verstehen. Jingle 3 (0:15) Sky Bundesliga Autor: Sky Deutschland, der immer noch defizitäre Nachfolger des von Leo Kirch gegründeten Abo- Kanals Premiere, überraschte zuletzt mit positiven Geschäftszählen. Im dritten Quartal dieses Jahres gewann der Sender fast 100.000 Abonnenten hinzu, sicher auch wegen des Starts der neuen Spielzeiten von Bundesliga und Champions League. Damit standen die Sky- Dekoder Mitte November in knapp 2,9 Millionen bundesdeutschen Haushalten. Drei Millionen sind angeblich nötig, um die Gewinnzone zu erreichen. Take 14 (0:24) Schmidt: Der Fußball spielt eine große Rolle, und trotzdem müssen wir uns realistisch einordnen in die Abonnenten-TV-Anbieter Europas. Sky Italia hat fünf Mio. Abo-HH, in England gibt es zehn Millionen bei geringeren Größen von Volkswirtschaften und auch Bruttosozialprodukten. Von daher ist ein großes Potential in diesem Segment für uns noch absehbar, welches wir noch nicht mal ansatzweise ausgeschöpft haben. Autor: Das langsame Wachstum des deutschen Pay-TV-Marktes hängt vor allem mit dem seit jeher größeren Angebot von Free TV, also frei empfangbaren Fernsehprogrammen zusammen. Positiv auf die Entwicklung der Abonnentenzahlen von Sky wirkten sich in jüngster Zeit offenbar auch technische Innovationen aus: etwa die moderne Übertragungsnorm HD und mobile TV-Dienste. Einer dieser immer stärker nachgefragten Dienste ist Sky Go: Gegen einen Zuschlag von zehn Euro lassen sich damit Filme, Serien und Live-Sport ansehen: auf iPhone, iPad, Xbox und im Internet. Auch DFL-Geschäftsführer Seifert verweist auf den Zusammenhang von sportlichen Großereignissen und kommunikationstechnischen Neuheiten. Take 15 (0:21) Seifert: Das war bei der WM 1954 so, wo es danach in deutschen Haushalten deutlich mehr Fernseher gab als davor. Das war bei der Einführung von Farbfernsehen so, das war bei der Einführung von Privatfernsehen so und das ist sicherlich auch so, wenn wir uns den Erfolg der Angebote beispielsweise der Telekom oder Sky auf mobilen Endgeräten ansehen. Autor: Hoffenheims Geschäftsführer Rotthaus gibt sich hin- und hergerissen zwischen technologischer Revolution und konservativen Sehgewohnheiten. Take 16 (0:21) Rotthaus: Ich genieße Sky auf meinem iPad zu schauen. Das ist n Traum, überall, wo Sie schauen können. Auf der anderen Seite bin ich auch n öffentlich-rechtlicher Anhänger, n Kind doch der Sportschau. Ich glaube, dass der Zuschauer im Fokus sämtlicher Überlegungen stehen muss. Weil: dafür tun wir das Ganze und er muss es am Ende auch bezahlen, ob durch Gebühren oder auch seinen Beitrag bei Sky. Autor: Michael Lina von der ARD-Werbung bereitet dagegen die Nutzung digitaler Dienste nicht immer Freude Take 17 (0:20) Lina: Wenn ich versuche, bei den Kollegen der Privaten mir - weil ich irgendein Spiel verpasst habe - nur die Tore anzuschauen, schaff ich's nicht drei Minuten am Stück, ohne dass es ruckelt, stehen bleibt, Pause, wieder lädt usw. usf. Deswegen eine einstündige Sendung zwischen 19 und 20 Uhr im Netz? Hm, hab ich(...) aus technischen Gründen Probleme, mir das vorzustellen. Autor: Ein gewichtiges Wort mitzureden bei der Vergabe der Ligarechte hat das Bundeskartellamt. Bereits bei der letzten Lizensierungsrunde im Jahr 2008 hatte die DFL ein alternatives Modell eingereicht. Die Eckpunkte: zeitnahe Highlight-Berichte im Pay TV; Free-TV-Sendungen nicht vor 22 Uhr. Dahinter verbarg sich die Absicht, dem Pay-TV-Unternehmen des inzwischen verstorbenen Medienmoguls Leo Kirch mehr Exklusivität und damit mehr Abonnenten zu bescheren. Und natürlich im Gegenzug höhere Rechteerlöse zu kassieren. Der Deal scheiterte jedoch am Veto des Bundeskartellamts. Der damalige Präsident Bernhard Heitzer legte seinerzeit fest, dass Zusammenfassungen der Samstagspiele im frei empfangbaren TV zeitnah zum Schlusspfiff gezeigt werden müssen, also vor 20 Uhr. Faktisch eine Art Bestandsgarantie für die "Sportschau". Nachfolger Andreas Mundt hält diese Beschränkungen offenbar nicht mehr für nötig. Er schätzt den Sportrechtemarkt wegen der zügig fortschreitenden Digitalisierung als dynamisch ein. Musik (0:10) Akustische Trennung Autor: Am System der Zentralvermarktung wollen alle relevanten Player festhalten. Anders als etwa in Spanien, wo die einzelnen Klubs ihre Medienrechte in eigener Regie an die Fernsehsender verkaufen, übernimmt in Deutschland die DFL diese Aufgabe. BVB-Geschäftsführer Watzke weiß das deutsche Modell zu schätzen. Take 18 (0:31) Watzke: Ich bin ganz klarer Anhänger der zentralen Vermarktung. Bin auch ein klarer Anhänger davon, dass wir in der Regel so verteilen wie bisher. Dass wir nicht die Situation haben, dass der Meister 10 mal mehr bekommt als der Letzte, sondern so wie es jetzt ist, ist es gut. Weil wir ne spannende Liga haben, und da bin ich auch Romantiker - ich möchte nicht ne Liga haben, wo du schon heute schon weißt, wer 2012 in England wieder vorn ist. Das weiß ich jetzt schon, da brauche ich gar nicht mehr die Liga beobachten. Das ist in Deutschland besser, sonst wäre Borussia Dortmund wahrscheinlich auch nie Meister geworden. Autor: DFL-Geschäftsführer Seifert hält das deutsche System für das solidarischste unter allen Vermarktungsarten des Profifußballs. Im Ergebnis, da stimmt er mit Watzke überein, laufe so manche Bundesligasaison wesentlich spannender ab als in anderen europäischen Ligen. Take 19 (0:29) Seifert: Der Tabellenerste der Bundesliga bekommt im Verhältnis zum Tabellenletzten der Bundesliga genau doppelt so viele TV-Gelder. Dieses Verhältnis sieht in anderen Ligen ganz anders aus. Was auch dazu führt, dass in anderen Ligen der Wettbewerb eben in gewisser Hinsicht schon vor Anpfiff vorentschieden ist. Und wir haben gerade in der letzten Saison in Deutschland gesehen , wie offen der Wettbewerb ist, nämlich so offen, dass Hannover, Mainz, Nürnberg und Kaiserslautern die Plätze 4 bis 7 belegen können, was in anderen Ligen definitiv unmöglich wäre. Autor: "Kicker"-Herausgeber Rainer Holzschuh ist ein Kenner der internationalen Profifußballszene. Er warnt vor einer Aufweichung des deutschen Solidarmodells. Take 20 (0:29) Holzschuh: Man sieht es in Ländern wie Italien, wie Spanien, wo die Einzelvermarktung ja noch gang und gäbe ist. Italien ist fast kaputt, Spanien ist außer den Großen auch fast kaputt, außer den ganz großen Vereinen, Real Madrid, FC Barcelona, vielleicht noch Valencia, die zwar auch kaputt sind, aber zumindest über die Einzelvermarktung noch viel Geld generieren. Die Schere innerhalb einer solchen Liga, von der Leistungsklasse her, geht so weit auseinander, wie man es sich in Deutschland Gott sei Dank nicht vorstellen kann und vorstellen wird. Autor: Wohl wahr. In Spanien nahmen die 20 Klubs der Primera Division in der Saison 2009/10 rund 600 Millionen Euro an Fernsehgeldern ein. Mehr als die Hälfte davon - 337 Millionen Euro - entfiel auf die beiden Topvereine FC Barcelona und Real Madrid. Die restlichen 18 erhielten somit im Schnitt jeweils 15 Millionen. Dass ein derartiges Einkommensgefälle auf die Dauer dem Wettbewerb nicht gut tut, leuchtet unmittelbar ein. Atmo 3 (0:10) Ausschnitt aus spanischer Fußballreportage Autor: Eines aber würde mancher deutsche Profiverein gern von der Primera Division oder gar der englischen Premier League gern übernehmen oder kopieren: die wesentlich höheren Gesamterlöse aus der TV-Vermarktung, die dort erzielt werden. Die Premier League als reichste Fußball-Liga der Welt kassiert jährlich mehr als 1,2 Millliarden Euro für die TV- Übertragungsrechte im In- und Ausland Hauptgeldgeber ist der Pay-TV-Kanal Sky Sports von Rupert Murdoch mit seinen zehn Millionen Abonnenten. Hoffenheims Geschäftsführer Rotthaus verweist auf die unterschiedlichen Voraussetzungen in Deutschland und empfiehlt, auf dem Teppich zu bleiben Take 21 (0:24) Rotthaus: Man muss da einfach auch realistisch sein. Wir können nicht sagen, dass das Produkt Fußball eine Milliarde wert ist, hab ich auch schon mal gehört, und in Wirklichkeit bekommen wir nur die Hälfte. Weil wir müssen auch ein Margenverständnis haben für unsere Partner. Wie früher bei Kirch. Wenn man Kirch immer noch weiter geschröpft hätte , dann ist irgendwann einmal der Ast, auf dem wir alle sitzen, bricht der weg und dann haben wir alle nichts. Autor: Aber selbst die mächtige englische Premier League wird künftig vielleicht unerwartete finanzielle Einbußen haben. Grund ist das so genannte Murphy-Urteil des Europäischen Gerichtshofes von Anfang Oktober dieses Jahres. Darin geht es um den Streit der Liga mit der Pub-Besitzerin Karen Murphy. Die hatte mit einer preisgünstigen griechischen Dekoderkarte in ihrer Kneipe Ligaspiele über Pay-TV gezeigt. Damit handelte sie sich eine Klage der Premier League ein, die dadurch ihr Geschäftsmodell bedroht sah. Der Europäische Gerichtshof entschied nun, dass ausländische Dekoderkarten zugelassen werden müssen. Dem Gericht zufolge verstoßen Exklusivitätsrechte gegen EU-Recht, da sie die Regeln des europäischen Binnenmarkts verletzen. Ob dieses Urteil Bestand hat, ob es gar auf andere Länder und Ligen ausgedehnt wird, ist noch nicht klar, meint Hermann Schlindwein, Sportrechtexperte der Kanzlei Klinkert Zindel Partner. Take 22 (0:23) Schlindwein: Die spannende Frage ist, welche Auswirkungen es für die anderen Rechteinhaber, z.B. für die DFL hat. Das heißt, man kann jetzt nicht ohne Weiteres die Auswirkungen, die es bestimmt für die Premier League hat, auf Deutschland übertragen, weil die Rechtevergabe und auch die Wertschöpfung, die die englische Liga im Ausland besetzt, durchführt, ne andere ist als in Deutschland. Autor: Aus Verbrauchersicht klingt der Tenor des Urteils eigentlich gut. Sich eine der besten Ligen Europas oder auch die Bundesliga live zum Schnäppchenpreis ins Haus oder in die Kneipe zu holen - bei dieser Vorstellung schlagen sicher einige Fanherzen höher. Aber Schlindwein kann da wenig Hoffnung machen. Take 23 (0:18) Schlindwein: Ob der Verbraucher wirklichen einen Vorteil hat, europaweit gesehen, ist die große Frage. Kann auch durchaus sein, dass es für die Märkte außerhalb des jeweiligen Heimatmarktes der Verbraucher viel tiefer in die Tasche greifen muss oder die Rechte gar nicht mehr angeboten werden, weil zu wenig Absatzpotential da ist und keiner mehr investieren will in diesen Märkten. Autor: Will sagen: Sollte das Murphy-Urteil auch in der Revision Bestand haben, ist nicht mit generell sinkenden Preisen für den Pay-TV-Empfang in Europa zu rechnen. Eher dürften die Ligaverbände auf die Vermarktung im europäischen Ausland ganz oder teilweise verzichten. Viele Fußballfans sehen das vor drei Jahren von der DFL durchgesetzte Vermarktungsmodell nach wie vor kritisch. Vor allem die Zerstückelung des Spieltags mit fünf verschiedenen Anstoßzeiten an drei Tagen war und ist ihnen ein Dorn im Auge. Fritz Pleitgen, als ehemaliger WDR-Intendant seinerzeit auch mitverantwortlich für die ARD-Sportschau, verteidigt diese Regelung indes als halbwegs akzeptablen Kompromiss. Take 24 (0:18) Pleitgen: Ich denke, dass da nicht zu weit gegangen wurde, aber eine weitere Spreizung könnte schon problematisch werden. Denn diese Zeit 15:30 Uhr ist ja schon fast eine Kultzeit, ähnlich wie die "Tagessschau". Und ich glaube, die Liga wird da gut beraten sein, daran nicht zu rütteln. Autor: Ein Rat, den DFL-Boss Seifert gern annimmt. Zumindest für die kommende Rechteaus- schreibung. Take 25 (0:13) Seifert: Wir halten an dem bestehenden Spielplan fest und werden dort keine Änderungen vornehmen. Ganz im Gegenteil zu anderen Ligen, die, wenn wir beispielsweise nach Spanien blicken, zehn verschiedene Spiele zu zehn verschiedenen Anstoßzeiten anstoßen. Autor: Sportschau-Fans müssen bekanntlich seit einigen Jahren auf das samstägliche Top-Spiel um 18:30 Uhr verzichten. Jingle 4 (0:15) "Aktuelles Sportstudio" Autor: Die Höhepunkte dieser Partie zeigt das ZDF in seinem "Aktuellen Sportstudio". Das begann ursprünglich einmal gegen 22 Uhr, wurde aber aus programmpolitischen Gründen zuletzt immer weiter nach hinten geschoben. Wenn vorher eine Sendung wie "Wetten, dass" läuft, müssen sich die Fußballfreunde gelegentlich bis weit nach 23 Uhr gedulden. ZDF-Sportchef Dieter Gruschitz erläutert, warum das so ist. Take 26 (0:16) Gruschwitz: Ein Sportstudio um 22 Uhr würde dem ZDF, jetzt mal nur aus der Sicht der Einschaltquoten, nicht den Erfolg bringen wie das ZDF mit der Ausstrahlung eines Kriminalfilms um 22 Uhr hat. Das sind in der Regel zwischen drei und vier Millionen Zuschauer. Das wird ein Sportstudio um 22 Uhr nicht erreichen. Autor: Die ARD verzichtet sogar ganz auf ausführliche Zusammenfassungen der beiden Bundesliga- Sonntagspiele im Ersten. Sie überlässt entsprechende Berichte den Sportredaktionen der Dritten Programme. Weshalb sich BVB-Chef Watzke eine Retourkutsche nicht verkneifen kann. Take 27 (0:13) Watzke: Mir gefällt in dem Zusammenhang auch nicht so die Argumentation der ARD: Am Samstag ist der Fußball als Grundversorgung unglaublich wichtig für die gesamte Bevölkerung. Am Sonntag schickt man's dann ins Programm nach dem Tatort. Das passt meiner Meinung nach nicht. Autor: Für die ARD passt es schon. Auch im Ersten ist man daran interessiert, im Interesse der Quote den Programmfluss nicht zu unterbrechen Der Sonntagabend gehört nun mal traditionell dem Krimi und dem Polittalk. Kicker-Herausgeber Holzschuh denkt mit ein bisschen Wehmut an frühere Zustände. Take 28 (0:08) Holzschuh: Ich kenn noch die gute alten Zeit, da gab's Freitagabend ein Spiel, und alles andere war Samstag 15:30 Uhr, und diese 15:30 Uhr-Zeit war eine heilige Zeit. Jingle 5 (0:17) Sportschau 70er Jahre Autor: Während demnächst der Run auf die Bundesligarechte in die heiße Phase tritt, fristet der DFB-Pokalwettbewerb eher ein Schattendasein. Erst Anfang November wurden der Deutsche Fußballbund und sein Vermarktungspartner mit den beiden einzigen Interessenten - der ARD und Sky - handelseinig. Die ARD zeigt künftig acht Spiele live, der Pay-TV-Sender Sky auch die übrigen 55. Sportkoordinator Balkausky sieht den Pokalwettbewerb gerade bei der föderal strukturierten ARD gut aufgehoben: Take 29 (0:18) Balkausky: Wir glauben, dass der DFB-Pokal sehr öffentlich-rechtlich ist und sehr ARD-spezifisch, mit der Verbreitung insbesondere in der ersten beiden Runden, wenn die kleinen Vereine aus den Regionen dort spielen. Dies sehen wir als ein sehr wichtiges Recht an. Wir fokussieren uns sehr stark auf den deutschen Fußball und nicht auf den internationalen Fußball. Autor: Dennoch: Unter dem Strichbekommen die Fans künftig weniger Pokal im frei empfangbaren Fernsehen serviert. Das ZDF, das bisher einen Teil der Partien übertrug, bot diesmal nicht mit. Mit nachlassendem Interesse am Fußball hat dieser Ausstieg allerdings nichts zu tun. Eher mit einer Schwerpunktverlagerung: Ab dem nächsten Jahr blicken die Mainzer nach Europa. Jingle 6: (0:15) Champions-League-Fanfare: Autor: Anfang April sicherte sich das Zweite für drei Jahre die Rechte am attraktiven Champions- League-Wettbewerb, nach Branchenschätzungen für rund 54 Millionen Euro jährlich. ZDF- Sportchef Gruschwitz: Take 30: (0:19) Gruschwitz: ... ein Angebot, das erstens marktüblich war, das auch nicht die Preise auf dem Markt gesprengt hat. Ein Angebot, das abgesichert war, im Hause diskutiert war, ein Angebot, das sich zusammenstellt aus dem Verzicht auf andere Sportereignisse, um die wir uns jetzt nicht mehr beworben haben, um den DFB-Pokal. Autor: Der ausgebootete bisherige Rechteinhaber, die ProSiebenSat.1 Media AG, reagierte verschnupft bis empört. Der Vorwurf: Es sei Wettbewerbsverzerrung, wenn ein gebührenfinanzierter Sender wie das ZDF einen Privaten mit nicht marktkonformen Geboten aus dem Geschäft dränge. ARD-Mann Balkausky verteidigt seinen ZDF-Kollegen. Take 31 (0:17) Balkausky: Es gibt kein Verbot für öffentlich-rechtliche Sender, sich um alle Sportrechte zu bemühen, die auf dem Markt sind, zu marktgerechten Preisen. Wenn man sich anschaut, dass das ZDF nach meinen Informationen in etwa die Summe geboten hat, die Sat.1 vorher auch gezahlt hat, kann man hier nicht unbedingt von unlauterem Wettbewerb sprechen. Autor: Die Kritik der Privaten ist nicht neu. Seit Jahren schon werfen sie ARD und ZDF vor, auf der Grundlage eines gesicherten Gebühreneinkommens den Sportrechtemarkt leer zu kaufen. Anders als privatwirtschaftliche Unternehmen seien die öffentlich-rechtlichen Anstalten nicht gezwungen, diese Rechte zu refinanzieren. ARD-Sportvermarkter Michael Lina stellt klar: Take 32 (0:31) Lina: Es gibt kein Sportrecht, was refinanzierbar ist. Entweder sind die Sportrechte sehr günstig, dann kucken aber wenige Leute zu, sonst wären sie auch nicht günstig, und man kann über Bande oder Werbespots halt wenig Geld verdienen. Auf der anderen Seite, bei den großen Sportereignissen wie Formel Eins, wie Olympische Spiele. Dort sind die Summen, die aufgerufen werden, derart groß, dass das für niemanden refinanzierbar wäre. Das lässt sich wohl nur mit einer Mischfinanzierung bzw. mit Gebührengeldern überhaupt noch stemmen. Autor: Während um die Champions League hart gerungen wurde, gilt die kleinere Schwester Euro- League als Ladenhüter. Seit einem halben Jahr sucht die UEFA händeringend nach Medien- Interessenten für den Wettbewerb, den Franz Beckenbauer einst abschätzig als "Loser-Cup" bezeichnete. Einstweilen hat nur Sky die Pay-TV-Rechte erworben. Bis Ende des Jahres läuft die Euro League noch bei Sat.1 und Kabel 1. Anders als die Champions League ist sie offenbar ein riskantes Produkt: Während in der Königsklasse im kommenden Jahr mindestens drei Bundesligisten spielen, gibt es in der Euro-League keine garantierten Startplätze für deutsche Teams. Das frühzeitige Ausscheiden von Mainz 05 in der Qualifikationsphase des laufenden Wettbewerbs - unter Quotengesichtspunkten für ProSiebenSat.1 sicher eine kleine Katastrophe. Auch für nicht-kommerzielle Sender ist die Quote wichtig, wie ZDF- Sportchef Gruschwitz unumwunden einräumt. - Take 33 (0:17) Gruschwitz: Der Fußball ist ein Quotengarant im Programm des ZDF. Sicherlich, und da muss man ganz ehrlich sein, hat man aus diesem Blickwinkel heraus auch um die Rechte der Champions League bemüht, wobei wir dann uns einfach erhoffen, dass der Fußball und die Champions League eine Art Sogwirkung auf das andere Programm des ZDF ausüben wird. Autor: Was dem einen die Champions League, ist dem anderen die Bundesliga. ARD-Sportchef Balkausky geht jedenfalls mit Optimismus in die Verhandlungen mit der DFL. Take 34 (0:08) Balkausky: Ich glaube, dass die Bundesliga sehr genau weiß, was sie an der Sportschau hat, an der Verbreitung, die über die Sportschau zu erreichen ist und auch über die Sonntagspiele in den Dritten Programmen. Autor: Kicker-Urgestein Rainer Holzschuh bekräftigt aus der Fan-Perspektive. Take 35 (0:10) Holzschuh: Die Sportschau ist ein Stück der deutschen Sportkultur, der Fernsehkultur und der Fußballkultur. Und ein Kulturgut darf man nicht ohne weiteres drangeben. Jingle 7 (0:15) "Fanfare" Sportschau 1