COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur, Länderreport / 3.5.10 Next Generation (5) Die Jugend im Ruhrgebiet auf Zukunftssuche - eine Zwischenbilanz und ein Blick auf die Kultur- und Finanzdiskussionen im Land. Autor: Frank Überall Red. Claudia Perez Einzelne Leuchtturm-Projekte können aber nicht davon ablenken, dass Kulturschaffende unter den vielfältigen Facetten der Finanzkrise leiden. In Schulen fällt der Musik- oder Kunstunterricht aus, für Hochkultur wie für die alternative Szene gibt es immer weniger Geld. Dabei betont der Kultur-Staatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff von der Landesregierung in Nordrhein- Westfalen den besonderen Stellenwert der Kultur: "Kultur gehört zum Menschen. Das ist das, was den Menschen vom Tier unterscheidet. Und zur Bildung gehört eben auch eine kulturelle Bildung. Darauf haben wir ja ganz verstärkt unsere Anstregungen gesetzt. Deswegen Projekte wie ,Jedem Kind ein Instrument'. Kultur und Schule, wo wir systematisch Künstlerinnen und Künstler und die Kulturinstitute in die Schulen holen." (22 sek.) Öffentliche Förderung für Kultur ist in den letzten Jahren an Rhein und Ruhr immer weiter zurück gefahren worden. Städte wie Oberhausen oder Wuppertal sind in Milliardenhöhe verschuldet. Der Bereich der Kultur gehört zu den so genannten freiwilligen Ausgaben. Hier wird zuerst gekürzt, wenn es um Zuschüsse der Kommunen geht. Ein Trend, den auch Grosse-Brockhoff mit Sorge beobachtet: "Ich glaube, es gibt kaum eine dichtere und reichere Kulturlandschaft in Europa als die von Nordrhein-Westfalen. Und bis vor einem halben Jahr ging es ihr auch relativ gut. Wir als Land haben den Kulturhaushalt verdoppelt. Das spürt man. Den Kommunen ging es relativ gut. Aber seit einem halben Jahr macht sich die Finanzkrise gerade auch bei den Kommunen bemerkbar, die ja traditionell, historisch die Hauptlast der Kultur in Nordrhein-Westfalen trägt. Das ist in Bayern und Baden-Württemberg ganz anders." (36 Sek.) Diese Hauptlast führt dazu, dass man sich auf die Kernaufgaben konzentrieren muss. Als Folge wird darüber nachgedacht, Schauspielhäuser zu schließen und freie Theater deutlich weniger zu unterstützen. In manchen Städten wurden die entsprechenden Zuschüsse bereits um 30 Prozent gekürzt. Ein Weg, den der Staatssekretär für falsch hält: "Ich appelliere stets an alle Oberbürgermeister, Bürgermeister, Kämmerer, Kulturdezernenten in den Städten, an die Politiker in den Kommunen, nicht bei der Kultur zu sparen. Sie werden auch über die Kulturhaushalte ihre Haushalte nicht saniert bekommen." (17 Sek.) Mit den drastischen finanziellen Herausforderungen beschäftigt sich auch der Kulturrat in NRW, ein Zusammenschluss unterschiedlicher Verbände der Szene. Vorsitzender ist der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum. Er spricht sich ebenfalls gegen die immer stärkeren Einschnitte in die kommunalen Kulturetats aus: "Wie hoch ist denn der Anteil der Kulturförderung an den Gesamtausgaben? Minimal! Das heißt also, wer glaubt einen Kommunalhaushalt sanieren zu können durch Einschnitte bei den Kulturausgaben, der kommt nicht weit." (12 sek.) Kultur, und vor allem auch kulturelle Bildung, könne nicht alleine an Kennzahlen gemessen werden. Die Ausgaben seien aber mittel- bis langfristig eine gesellschaftlich wichtige Investition, betont Baum: "Diese Bildungsanstrengungen, die fern jeder Effizienzüberlegungen stattfinden, da kann man nicht messen, was daraus wird, aber sie sind dennoch notwendig. Die sind jetzt auch in besonderer Weise gefährdet." (14 Sek.) Der Wert der Kultur wird gerade in finanziell knappen Zeiten immer wieder in Frage gestellt. Kämmerer versuchen, wenigstens einige Tausend Euro für die Sanierung ihrer Etats zusammen zu bekommen. Das bekommen auch die freien Künstler zu spüren - zum Beispiel Thomas Baumgärtel, der als so genannter Bananensprayer überregional bekannt wurde. (Kurz Sprüh-Atmo) Der Kölner Künstler verziert Kulturorte mit seiner Banane. Inzwischen ist sie heiß begehrt, und in der ganzen Republik zeichnet das gelbe Graffiti die Stellen aus, wo besonders hochwertige Kunst geboten wird. In Dortmund soll auf einem alten Hochofen eine mächtige Stahl-Banane angebracht werden, um das Ruhrgebiet als Kulturregion zu adeln. Die intensivste Diskussion wurde bei diesem Projekt über die Finanzierung geführt, berichtet Baumgärtel: "Wenn man das als Künstler natürlich so in die Öffentlichkeit bringt, da gibt es natürlich dann großen Protest aus der Bevölkerung, die dann sagt, das Geld sollte man doch in Kindergärten stecken und in Schulen und so weiter, das ist dann immer die Argumentation. Dagegen muss man also Künstler auch noch ankämpfen." (13 Sek.) Dabei soll die Banane am Dortmunder Hochofen ausschließlich von Sponsoren bezahlt werden. Die aber haben auch immer weniger Geld, so dass es nur noch einzelne Projekte dieser Art gibt. Gerhart Baum befürchtet, dass gerade die freie und alternative Kulturszene darunter leiden wird: "Es brechen jetzt Strukturen zusammen - und ich fürchte, nach der Landtagswahl noch stärker als jetzt - die nur sehr schwer wieder aufzubauen sind. Also Förderungsstrukturen, Infrastrukturen, Theater, bestimmte Aktivitäten, also wenn dieser schöne Rauch sich verzogen hat über die Kulturhauptstadt, dann kommt der bittere Alltag auch in den Ruhrgebietsstädten." (25 Sek.) Thomas Baumgärtel macht sich darüber auch seine Gedanken. Junge Kolleginnen und Kollegen gebe es immer seltener, der künstlerische Nachwuchs dünnt sich seiner Ansicht nach aus - trotz des Wirbels um die Kulturhauptstadt: "Man merkt ja, dass da kein richtiger Nachwuchs mehr kommt, an der Kunst. Mal zehn, zwanzig Jahre weiter, hört man da nichts mehr. Die Leute werden alle in Berlin sein. Die Künstler brauchen immer unglaublich viel Fläche. Wenn die das wirklich in der Innenstadt teuer bezahlen müssen, kann sich das keiner leisten. Dann gehen sie halt da hin, wo Plätze sind. Also, in Berlin werden gerade so Kampagnen gestartet, dass man Künstlern für einen Euro Fläche zur Verfügung stellt." (28 Sek.) Und auch Gerhart Baum warnt vor dieser Gefahr. Im bevölkerungsreichsten Bundesland könne die noch lebendige Kulturszene bald der Vergangenheit angehören, wenn weiter wild gespart werde: "Sehr viele junge Menschen sind engagiert in der so genannten freien Szene, außerhalb der Institutionen. Und sie bringen sich selbst ein, oft bis zur Selbstausbeutung. Was sie da bezahlt bekommen, ist in vielen Situationen lächerlich. Die freie Szene ist besonders gefährdet. Denn da können Sie mit wenig Geld viel in Bewegung setzen, weil viele Leute sehr engagiert sich einbringen. Wenn Sie das wenige Geld, das da ausgegeben wird, auch noch kürzen, brechen Fördermodelle einfach zusammen, sind weg." Ausstellungen, Theateraufführungen, Konzerte und Feste - das ist das Programm des Festivals Ruhr 2010. Es soll Touristen und Kunstkenner aus ganz Europa ins Ruhrgebiet locken, schließlich ist man in diesem Jahr Kulturhauptstadt. Museen und Theater arbeiten zusammen, machen gegenseitig Werbung, es entsteht ein Wir-Gefühl in der Region. Mitte Juli wird es ein besonders Aufsehen erregendes Projekt geben: Da wird eine Autobahn für ein Fest der Kulturen gesperrt. An 20.000 Tischen soll die längste Speisetafel der Welt entstehen. Den besonderen Charme des Ruhrgebiets als ehemalige Hochburg der Kohle- und Stahlproduktion machen aber die alten Zechen- und Fabrikgemäuer aus, von denen auch der Vorsitzende des NRW-Kulturrats, Gerhart Baum, schwärmt: "Kunst ist an Orte auch gebunden. Und diese Ruhrgebietsorte sind ja einmalig, faszinierend. Diese alten Industriedenkmäler. Ich glaube schon, dass da einiges bleibt. Aber der Humus dieser kulturellen Entwicklung liegt natürlich in den Ruhrgebietsstädten: In Dortmund, in Essen, ja?" Viele Ausstellungsflächen wurden für die Kulturhauptstadt hergerichtet. Das stehe für den Wandel von einer Industrie- zur Kulturregion, betont Staatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff: "Ich bin absolut sicher, dass diese Kulturhauptstadt die nachhaltigste von allen bisherigen ist. Weil wir von vornherein darauf abgesehen haben, nicht ein Strohfeuerwerk abzubrennen, von dem nachher nur die Asche bleibt. Sondern vieles auf den Weg zu geben. Sowohl Gebäude, also richtig in Stein gebaut, als aber auch Strukturen zu schaffen. Und ich glaube es ist gelungen, auch in die Gesellschaft hinein ein kulturelles Engagement zu tragen, das auch langfristig tragen wird." Andere sind da nicht so optimistisch. Abgesehen von den Glanzprojekten, die überregionale Beachtung finden, fühlt sich zum Beispiel der Kölner Bananensprayer Thomas Baumgärtel, wie viele seiner künstlerischen Kollegen, immer mehr bedrängt. So würden kommunale Grundstücke, auf denen günstige Ateliers stehen, an Investoren verkauft, um schnell Geld in die Kassen zu bekommen. Diese Investoren wiederum würden meist mit dem Bau von Wohnungen oder Büros verdienen - für Künstler bleibe da kaum noch Platz: "Wir zahlen sicherlich nicht die Mieten, die jetzt andere zahlen in ner Form, die da ne Wohnung haben. Aber auf langfristig gesehen: Was macht denn Köln so attraktiv? Weil hier ne Kulturlandschaft ist, und das hat immer die Städte über Jahrzehnte, die Firmen angezogen, weil die sagen, wir stehen drauf, eine funktionierende Kulturlandschaft zu haben. Und das ist doch das, was unser Leben ausmacht, hier in den Städten." In den Städten und Gemeinden des Ruhrgebiets gibt es ähnliche Probleme. Es ist ein Teufelskreis: Die Menschen finden in den klammen Kommunen kaum noch Arbeitsplätze. Wegen des immer geringer werdenden Kulturangebots wollen sich aber auch keine neuen Firmen ansiedeln. Die Städte schrumpfen, und die wenigen Einwohner können aus den Steuern nicht so viele öffentliche Einrichtungen bezahlen, wie sie Großstädte eigentlich brauchen. Gerade in den Orten, in denen Theater geschlossen werden sollen, formiert sich deshalb der Protest der Bürger. In Wuppertal gingen sie in einer bundesweit beachteten Aktion auf die Straße, um den Verkauf ihres Schauspielhauses zu verhindern: "Also, ich verstehe die Probleme, die die Stadt hat, aber ich denke, wenn man so die Perlen langsam nach und nach weg fallen lässt, wird Wuppertal noch unattraktiver und Leute aus dem Umland, die hier hinziehen wollen, gibt es dann einfach nicht mehr. Und dann wird es noch schlechter. / Wenn das geschlossen wird, das finde ich absolut traurig. Für die ganze Kultur überhaupt hier. Ich denke mal schon, dass die Häuser hier relativ gut besucht sind. Ich weiß nicht, ob man eventuell die Leute, die natürlich hier die Häuser besuchen, höher belasten sollte. Das könnte man natürlich auch noch in Erwägung ziehen. Aber ich denke schon, dass die Stadt auch ordentlich dazu schießen soll. Trotzdem. Trotz alledem." Im nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampf spielt das Thema der Kultur-Finanzierung kaum eine Rolle. Gerhart Baum, der sich seit Jahren ehrenamtlich im Kulturrat engagiert, ist darüber frustriert. An dieser Stelle vermisst er das neue Wir-Gefühl des Ruhrgebiets. Der Glanz der Kulturhauptstadt werde bald verblassen, wenn nicht schnell ein neues Konzept zur Förderung der künstlerischen Szene gefunden werde: "Ich bin ein glühender Verfechter der These, dass wir eine Kulturnation sind. Deutschland ist eine Kulturnation. Das ist unser Selbstverständnis, das ist auch das Selbstverständnis unserer Verfassung. Und jetzt sehe ich, dass die Kulturnation gefährdet ist durch die mangelnde Finanzausstattung der Kommunen. Und wenn das wegbricht, wird der Kulturauftrag nicht mehr erfüllt." (2) Länderreport / 3.5.10 Next Generation (5) Die Jugend im Ruhrgebiet auf Zukunftssuche - eine Zwischenbilanz und ein Blick auf die Kultur- und Finanzdiskussionen im Land. Autorin: Friederike Schulz Red.: Claudia Perez Musik "Bruder lass die Waffe fallen, Es gibt andere Wege, denn in dieser Welt muss man alles selber regeln." Wie fast jeden Nachmittag drängeln sich Jasmin, Denis, Abed und Paris im improvisierten Tonstudio in einem Jugendzentrum in Bochum-Wattenscheid. Es ist knapp zwölf Quadratmeter groß. In der Mitte zwei Flachbildschirme und ein Mischpult. Atmo 1 "Hörst du dich?" "Hallo, hallo? Ja." Der Musikproduzent Omid Pouryousefi bedient die Regler und gibt Tipps für die Aufnahme. Seit fast einem Jahr arbeitet der 37jährige hier mit rund 20 Jugendlichen, sie sind zwischen 13 und 18 Jahre alt, die meisten Haupt- oder Realschüler. "X-Vision" heißt das Projekt. Die Gruppe hat sich mittlerweile einen Namen gemacht, die Jugendlichen treten inzwischen regelmäßig bei Festivals auf und werden für Auftritte bei Schulfeiern angefragt. X-Vision ist eines von zehn "Zukunftshäusern" der Kulturhauptstadt Ruhr 2010. Das Projekt wurde gemeinsam von den Dramaturgen des Schauspiels Essen und der Bundeszentrale für politische Bildung entwickelt. Das ehrgeizige Ziel: eine städteübergreifende Zukunftsvision für die Jugend im Ruhrgebiet, sagt Thomas Laue, Chefdramaturg am Schauspiel Essen: "Was passiert, wenn Leute, die zwar in einer Stadt, aber in dieser Stadt unter ganz unterschiedlichen Bedingungen leben, über Zukunft nachdenken? Kommen die alle auf die gleiche Vorstellung von Zukunft, entwickeln sie alle die gleiche Vision, oder haben sie die gleichen Sorgen und Ängste? Oder besteht da doch ein Unterschied, je nachdem, wie man aufwächst, ob man luxuriös aufwächst oder unter schwierigeren Bedingungen? Was passiert, wenn man sich diese unterschiedlichen Vorstellungen von Zukunft gegenseitig erzählt? Was ist das eigentlich für ein Prozess, der da in Gang gesetzt wird? Der hat uns interessiert." Die Zukunftshäuser werden von professionellen Künstlern geleitet: In Herne studiert die New Yorker Choreographin Patricia Noworol mit Jugendlichen eine Tanzperformance ein, im Bochumer Opel-Werk drehen Auszubildende mit zwei Filmemachern eine Dokumentation über die Zukunft ihres Arbeitgebers und in Duisburg-Marxloh arbeiten Videokünstler mit den jungen Teilnehmern an einer multimedialen Analyse des Lebens in ihrem Viertel. Die Jugendlichen sollen sich mit der Lebenswirklichkeit in ihrer Region auseinandersetzen, erklärt Thomas Krüger, der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung: "Ein Teil politischer Bildung ist immer Persönlichkeitsbildung. Man braucht für politische Bildung selbstbewusste Demokraten. Dazu muss ich wissen, wie ich mich selber in einem pluralen, sehr vielfältigen Stadtteil oder in einer Stadt verhalte, selbst erfinde, selbst entwerfe. Eine starke Persönlichkeit ist in diesem Zusammenhang immer eine Investition in eine plurale demokratische Öffentlichkeit, die, frei nach dem Kantschen Imperativ das Handeln des Anderen immer einbezieht in das eigene." Musik 1 "Ruhr 2010, und wir sind dabei! Darum sind wir stark, keiner ist allein!" Der große Auftakt von "Next Generation" war Ende Januar - einen ganzen Abend lang präsentierten die zehn Zukunftshäuser auf der Bühne des Essener Grillo-Theaters erste Songs, Tanzschritte und erste Fragmente selbstgeschriebener Theaterstücke. Seither sind drei Monate vergangen, in denen die Jugendlichen intensiv an ihren Projekten gearbeitet haben. Die Hip- Hopper von X-Vision wollen demnächst ein erstes Album herausbringen, in Essen-Altendorf feilen die Jugendlichen an der Schlussszene ihres selbstgeschriebenen Theaterstücks über ihren Stadtteil, und im Bochumer Opel-Werk beginnen die Auszubildenden mit den Dreharbeiten. Allerdings arbeiten bisher die Jugendlichen in jedem Zukunftshaus alleine an ihrem konkreten Vorhaben. Spricht man sie auf die Idee einer städteübergreifenden Zukunftsvision für ihre Generation im Ruhrgebiet an, zucken sie ratlos mit den Schultern. Mit dem philosophischen Anspruch der Organisatoren kann keiner so recht etwas anfangen, die jungen Leute definieren sich vielleicht noch als "Bochum-Wattenscheider" oder "Essen-Altendorfer" aber nicht als "Ruhrgebietler". Auf die Frage, warum sie bei "Next Generation" mitmachen, antworten sie bisher alle wie die 16jährige Lea aus Essen-Altendorf: "Mich interessiert Schauspielen, Singen, Tanzen, mich interessiert eigentlich alles. Wie spielt man in einer Gruppe, das ist ja noch was ganz anderes als wenn man so alleine spielt. Das ist ja ein Gruppenspiel. Auch noch vom Stadtteil finde ich das voll cool. Das ist gut." Die einzelnen Projekte werden gut angenommen, die Jugendlichen sind mit Begeisterung dabei. Was bisher noch fehlt, ist der große Bogen, der daraus dann wirklich ein städteübergreifendes Projekt für die Jugend im ganzen Ruhrgebiet macht. Und der "Next Generation" dann auch abhebt von anderen, regulären Jugendprojekten. Ob das noch gelingen kann, scheint fraglich. Anspruch und Wirklichkeit klaffen hier im Moment noch auseinander. Das gesteht auch der Dramaturg Thomas Laue ein. "Wenn ich im Moment so auf das Projekt drauf gucke, stelle ich fest, dass alle unglaublich intensiv arbeiten und dass in jedem Haus etwas entsteht, und dass das, wo wir die meiste Kraft reinstecken müssen, eben dieses Zusammenbringen ist. Da werden wir im nächsten halben Jahr ein besonderes Augenmerk darauf richten, denn das ist ja so eine Grundidee von Next Generation, dass man auch guckt, was haben die Leute aus dem Essener Norden mit den Leuten aus dem Essener Süden gemeinsam, oder was haben die Leute aus Duisburg mit den Leuten aus Herne zu tun? Da liegt eine ganze Wegstrecke aber auch an sozialen und kulturellen Unterschieden dazwischen." Für die jungen Teilnehmer in den Zukunftshäusern von "Next Generation" wird es in den kommenden Monaten zunächst darum gehen, ihr Theater- oder Tanzprojekt auf die Bühne zu bringen. Der Theaterregisseur und Filmemacher Nuran Calis, der bereits an ähnlich ambitionierten Projekten in anderen Bundesländern mitgewirkt hat, will zudem mit Jugendlichen aus allen zehn Häusern ein gemeinsames Theaterstück erarbeiten. Das soll dann den großen Bogen zwischen Herne, Essen, Duisburg und Bochum schlagen. Zudem sind für den Sommer zahlreiche gemeinsame Auftritte der Häuser geplant. Wenn es gelingt, dass daraus dauerhaft Freundschaften zwischen den Jugendlichen aus den verschiedenen Städten entstehen, ist bereits viel gewonnen, meinen die Veranstalter. Denn ansonsten gilt im Ruhrgebiet, was auch für Jugendliche aus anderen Ballungsregionen in Deutschland stimmt: Man bleibt dann doch meisten in seinem Viertel oder Kiez unter sich, sagt der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger: "Was wir hier wollen, ist, einen urbanen Raum in den Blick zu nehmen, der über die einzelne Stadt hinausgeht, nämlich Ruhr 2010 Ernst zu nehmen als Programm, um mal zu fragen: Wo sind denn vielleicht Gemeinsamkeiten? Wo sind Lebenshaltungen, die in Duisburg, in Bochum, in Herne, in Essen vergleichbar sind, die einem Lebensgefühl, einer Lebenskultur dieses urbanen Raums Ruhr entsprechen?