COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandrundfahrt Ritter, Zauberer und Elfen Brokeloh in Niedersachsen - Ein Dorf verwandelt sich von Tim Lang Sendung: 31. Juli 2010, 15.05h Ton: Alexander Brennecke Regie: Karena Lütge Redaktion: Margarete Wohlan Produktion: Deutschlandradio Kultur 2010 Kennmusik Take 01 Es ist halt eine Fantasiewelt mit verschiedenen Kreaturen. Man geht ja auch auf Reisen um neue Kulturen kennen zu lernen. Und hier muss man halt nicht ganz so weit reisen ... Kennmusik: Take 02 Ich will jetzt mal versuchen, dieses Jahr in den Sanitätsstationen vielleicht durch leichte dezente Mönchsmusik so ein bisschen das Ambiente beizubehalten. Kennmusik: Take 03 ... Wir wurden dann auch schon in der ersten Schlacht eingeschlossen, da kocht das Adrenalin dann doch schon hoch, ... Kennmusik: Take 04 Es hat sich eingebrannt in Brokeloh. Es gehört einfach mit dazu. Mythodea gehört zu Brokeloh wie Brokeloh zu Mythodea. Das ist schon ein gutes Duo. Spr. v. Dienst: Ritter, Zauberer und Elfen Brokeloh in Niedersachsen - Ein Dorf verwandelt sich Eine Deutschlandrundfahrt mit Tim Lang Atmo 01: Dorfstrasse in der Mittagssonne unter dem Autorentext Autor: Brokeloh. Irgendwo in Niedersachsen. Genauer 40 Kilometer von Hannover. Mittagszeit. Die Sonne steht hoch am Firmament. Man hört die Kühe kauen und wenn die gerade Pause machen, dann das Gras wachsen. Sonst ist Ruhe. Eine sonnige, mittägliche, dörfliche, entspannte, ... na Ruhe eben. Kein Mensch auf der Strasse. Nur ein Hund, der seinen Nachbarn besuchen will. Aber sonst? Mmh. Brokeloh. Kein Handy-Empfang. Neben der kleinen Strasse hangelt sich ein Drähtchen unmotiviert von Holzpflock zu Holzpflock. Auf einem kleinen, gelben Dreieck steht: Vorsicht Lebensgefahr. Ob das die Kühe auch lesen können. Wenn überhaupt Strom drauf ist. Lebensgefahr. Lächerlich! Aber anfassen? Mmh, später vielleicht. CD: Vangelis: 1492 - Opening Autor: Einmal im Jahr soll hier nämlich Wundersames geschehen, so sagt man. Ein leichter Windhauch streicht durch die aufgehängte Wäsche neben der alten Scheune. Dann wieder diese Ruhe. Eine fast bedrohliche Ruhe. Schön ist es ja hier, aber diese Ruhe. In der Ferne schraubt sich ein Hubschrauber durch das unendliche Blau. Brokeloh, ein Idyll. Der Hund geht wieder nach Hause. Wahrscheinlich war der Nachbar nicht da. Vielleicht klingt die nächtliche Ruhe ja anders. Sonst muss der Elektrozaun doch noch zum Thema werden. Oder - es fällt eine Horde Ritter ein. CD: Jörg Hauschild: Blümchensex Autor: Eine ältere Dame kommt die Dorfstrasse herunter. An einem großen Stein neben der Strasse bleibt sie stehen. Take 05 Mein Name ist Margret Michaelis, ich bin eine waschechte Brokeloherin und wohne hier seit 72 Jahren. ... Ich mache Dorfführungen... Autor: An dem Stein klebt ein verwittertes Metallschild mit Jahreszahlen. Take 06 Brokeloh ist im Jahr 1277 zum erstenmal in Urkunden eingetragen und die Urkunde liegt in Loccum. Und dann haben wir daraufhin 1977 unsere 700 Jahr Feier gemacht, ganz groß. Das war schon ein Riesenfest. Autor: Sie legt ihren Blazer über den Arm und geht weiter die Strasse runter. Rechts Gehöfte, links alte Häuser. Alle aus rotem Backstein gebaut. Die Heimat von Frau Michaelis. Take 07 Die Kindheit war eigentlich sehr gut. Autor: Eigentlich, sagt Frau Michaelis. Auch ein kleines Dorf, kann zu groß sein, wenn man am Rand wohnt. Take 08 Es war ja Kriegszeit. Und weil ich ja am anderen Ende wohnte, kannte ich auch fast keine Kinder, denn es war keine Zeit, dass ich mich mit den Kindern im Dorf traf, mich konnte da ja keiner hinbringen ... es waren schlechte Zeiten. Mit Fliegeralarm und allem möglichen, das war schon etwas anders. Wenn man etwas außerhalb wohnt ist man eben nicht mittendrin. Die Kinder, die hier im Dorf waren, das war anders. Autor: Die kleine Strasse teilt sich für ein paar Meter bevor sie auf die Hauptstrasse trifft. Auf dem Dreieck stehen ein kleines Haus und eine alte Garage. Das Haus war früher der einzige Laden. Heute gibt es keinen mehr. Vielleicht ist deswegen gleich daneben die Bushaltestelle. Take 09 Nein, es gibt keinen Laden, es gibt nur eine kleine Landschlachterei. Der Bäcker kommt mit dem Wagen, [...] Der Bus fährt einmal am Tag nach Nienburg oder man kann mit dem Schülerbus fahren, aber das ist sehr kompliziert. Autor: Ein Holzschild steht an der Strasse: Golddorf Brokeloh. Take 10 Das ist ein ganz wunderbares Gefühl. Als wir unsere Medaille abgeholt haben in Berlin ... das war schon was, da waren 3000 Leute in der Halle und man stand da auf der Bühne und bekam die Medaille in die Hand. Autor: Die Goldmedaille beim Wettbewerb "Unser Dorf soll schöner werden". Frau Michaelis schließt die alte Schule auf. Take 11 Da ist die Urkunde und eine Plakette, die mir die Frau Künast in die Hand gedrückt hatte. [...] 2004 haben wir die bekommen. Autor: An der Seite stehen Tischtennisplatten. Wo früher gelehrt wurde, hüpfen heute Pingpong- Bälle, oder man trifft sich um Dorfangelegenheiten zu besprechen. Karl-Heinz Block vom Sportverein kommt dazu. Take 12 - Zu meiner Zeit war erste bis vierte Klasse da drüben in dem Raum, fünfte bis achte Klasse war hier - Hier waren glaube ich 6, die andere Klasse manchmal nur drei oder vier. Die älteren waren halt hier. - Zu meiner Zeit gab noch es nur einen Lehrer hier. Da mussten die älteren Schüler , haben dann die Anfänger unterrichtet. - Das musste ja so sein, sonst ginge das gar nicht. Autor: Frau Michaelis schließt die Schule wieder ab und will mir noch was zeigen. Auf dem Weg erzählt sie vom Küchenchor, in dem sie mitsingt. Autor: Magret Michaelis noch schließt eine Tür auf. Eine alte Schulbank steht im Flur. Atmo: Schulbank Michaelis 2 Take Und dieses war die Lehrerwohnung und hier war anschließend der Stall, weil der Lehrer ja auch eine Kuh haben musste und ein Schwein und so was. Und dann war da ein großer Torfstall dran, dahinter den Ställen, weil die Schule ja auch beheizt werden musste. [...] Torf wird im Moor gestochen. Das machten die Männer im Ort. Aufsammeln mussten die älteren Kinder und einfahren mussten auch die älteren Kinder, aufladen und abladen, das fahren machten die Bauern. ... das war das Heizmaterial. Damit wurde die Klasse beheizt. Da war ein schöner großer Kachelofen. ... Schüler mussten heizen. Take 13 Atmo: 13'17 Michaelis 2 Wir singen alte Küchenlieder. "Sabinchen war ein Frauenzimmer ...", wenn sie das kennen. Nein das kenne ich nicht. Also Moritaten sind das hauptsächlich. Können sie das mal kurz anstimmen. Oh, jetzt wo ich kurzatmig bin. (singt) "Sabinchen war ein Frauenzimmer ... " und so ging das weiter, und dann hat er sie erdrosselt, wegen sechs silberner Teelöffel... Autor: Der Küchenchor, der Sportverein und die Auszeichnungen. So ruhig kann es in Brokeloh doch nicht sein. Aber wundersam und ritterlich? Mmh. - Magret Michaelis bleibt vor einer Telefonzelle stehen. Sie sieht irgendwie merkwürdig aus. CD: Max Rabe Kein Schwein ruft mich an Autor: Frau Schrader kommt aus dem Haus links... Atmo 02: 0'00 Schrader Atmo Brokeloh. Frau Schrader kommt ran. Autor: ... Magret Michaelis übergibt das Wort ... Atmo 03: 1'55 Übergabe: "Ich overgewe..." Autor: ...und bleibt noch dabei. Aus dem Haus rechts kommt Ingeborg Freytag. Aber erst mal muss sie ihren Enkel zurückrufen. Der fährt mit dem Fahrrad quer über die Dorfstraße. Und manchmal kommt eben doch ein Auto. Take 14 Das ist Ingeborg, wir beide (Auto) Hallo ... Ingeborg - Lauren an die Seite (Auto) wir machen zusammen die Telefonzelle... Autor: Eigentlich wäre sie gar nicht mehr da, sagt Margarete Schrader und fängt an zu erzählen. Ingeborg Freytag guckt sich um nach ihrem Enkel, der inzwischen auf die Hofeinfahrt gefahren ist. Take 15 Hier war bis Mitte der 70 Jahre die Post, ich bin ja da hineingeheiratet, Haus 18, die Poststelle mit der Telefonzelle mit drin, wo dann auch, wenn Geburtstag war, auch mal der Kuchen aufbewahrt wurde, weil so eine kleine Telefonzelle im Haus war. Und dann wurde die Poststelle aufgelöst, ... Autor: Ein Auto fährt vorbei. Der Enkel von Frau Freytag hat inzwischen das Fahrrad gegen einen Roller getauscht hat. Take 16 ... und dann kam: Ja wo bleibt das Telefon, wenn die Leute mal telefonieren müssen. Gut, dann sollte die Telefonzelle hier ihren Platz haben, der Briefkasten war hier unten bei uns auf dem Hof, stand der Briefkasten noch. Dann haben wir den Hof irgendwann gepflastert und den Briefkasten da unten hingestellt und dann wars gut. Dann standen Briefkasten gelb und Telefonzelle gelb einträchtig nebeneinander und dann war Magrets Tochter im Gemeinderat und sagte, die Telefonzelle soll weg. Ich sagte, das geht gar nicht, ... wir wollen die Telefonzelle behalten [...] Und irgendwann komme ich hier mit meiner Bohnenpelle hier um die Ecke ... ich machte die fertig und wollte an den Kompost, da sehe ich hier das Auto, stehen mit dem Kran dran. Ich sagte, was macht ihr da? Die sagten, wir holen die Telefonzelle weg, ich sagte nein, genau das passiert jetzt nicht. Ich hatte vorher mit der Gemeinde telefoniert, ich hatte mit der Telekom gesprochen. Von uns aus kann die Telefonzelle bleiben. Und wie ist das mit dem Platz? Alles ist gut, haben die mir gesagt, kann so bleiben, und dann stehen mir diese Knaben hier und wollen das Ding abreißen. Dann habe ich Ingeborg Bescheid gesagt. Wir haben die betäubt mit Apfelsaft und Wasser, die haben telefoniert, ja und irgendwann hieß es dann, sie darf doch bleiben. Autor: Inzwischen hat der Enkel von Frau Freytag einen kleinen haarigen Hund vor seinen Roller gespannt und lässt sich ziehen. Er kommt dazu. Take 17 - Frau Schrader hat immer gesagt, ich setze mich da drauf. Ich setze mich da drauf und sagte, ich bleibe so lange sitzen bis das hier funktioniert. - Der hat mir an die Hose gepinkelt, jetzt wird's aber verrückt. - Wir haben sie nicht aus den Augen gelassen. Der Hund hat jetzt ans Bein gepinkelt? - Ja klar. Der hat unseren Hund gerochen. - Oh oh oh. - Dorf. - Das will ich aber nicht haben. - Heute Abend komme ich, dann muss deine Mama mir die Hose waschen. Autor: Frau Schrader lacht, Frau Freytag schickt ihren Enkel samt Hund nach Hause und Frau Michaelis trägt's mit Fassung. Und die Telefonzelle durfte bleiben. CD: Jörg Hauschild: Blümchensex Autor: Aus ihr ist ein Minimuseum geworden. Wohl die einzige Ausstellungstelefonzelle im ganzen Land, munkeln die beiden Damen. Das Thema zur Zeit: Übernachten. Brokeloh hat 386 Einwohner und über 100 Gästebetten. Ein kleines Holzbett, blau-weiß karierte Bettwäsche, eine Nachttischlampe und schwarze Damenwäsche ist in die Telefonzelle drapiert. Naja, zum Nachdenken, sagt das Telefonzellenteam und lacht. - Bald wird ohnehin wieder ein Ritter in der Telefonzelle stehen. - Ein Ritter? Take 19 Wir kriegen das gut hin, natürlich ist das sehr schwer. Wir ziehen ihn in der Diele an, aber dann muss Herr Schrader schon mal helfen und die ganze Figur mit rübertragen. Wir können ihn ja nicht da drin anziehen, weil wir mit zwei Mann nicht hereinpassen. Das geht nicht. Autor: Ein Ritter in Brokeloh. CD: Vangelis: 1492 - Conquest of Paradise Autor: Derweil ganz woanders. In Regensburg. Take 20 Die Veranstaltung ist zwar jedes Jahr in Brokeloh, aber im Spiel müssen wir den Spagat wagen, dass wir jedes Jahr woanders sind. ... Es ist der Kontinent Mythodea, aber wir spielen an verschiedenen Orten. Mal an der Nordküste, mal irgendwo in der Ebene im Süden. ... Dieses Jahr spielen wir ganz im Süden vor der Festung Dörrgard. Das ist eine große Feste des Untoten Fleisches, eigentlich eine Grenzfeste, deren Gebiet hält oder bewacht wird oder die Spieler versuchen, die Feste zu belagern. Das haben sie vor zwei Jahren schon mal versucht und wurden geschlagen. Das war auch ein Novum, dass die Guten, die Spieler, die da hingefahren sind, um ein Abenteuer zu erleben, verlieren. ... Die sind heiß dieses Jahr. Autor: Fabian Geuss ist einer der Erfinder von Mythodea, dem fantastischen Kontinent, der den Spielplatz bietet für ein riesiges LARP. Max Auburger ist einer der Organisatoren. Take 21 LARP heißt Live Action Role Play. Da sind schon die wichtigsten Punkte drin. Es ist live, d.h. es wird improvisiert, man muss vom Fleck weg handeln. Action erklärt sich von selber, d.h. es passiert wirklich was, es wird auch im klassischen Actionsinn, es gibt Geländemärsche, simulierte Kampfhandlungen, Rätsel die gelöst werden müssen. Roleplay, der Gedanke man spielt einen Charakter, also nicht sich selbst, sondern eine fiktive Figur, deren Eigenschaften man sich davor überlegt. Play, das Spiel halt. Autor: Conquest of Mythodea heißt das Spektakel. Zum 7. Mal findet das jetzt in Brokeloh statt. Dort haben die Regensburger den optimalen Ort gefunden. Take 22 Wir haben nach einem Ort gesucht, der relativ nah an den Ballungsgebieten liegt, damit relativ viele Leute die Möglichkeit haben, kurze Wege zur Veranstaltung zu haben, und sind dann aus Regensburg hier los mit dem Auto, und haben uns natürlich vorher erkundigt, welche Gelände kommen überhaupt in Frage und die wurden dann systematisch abgefahren. Die Wahl fiel auf Brokeloh, weil das Gelände vom Herrn Niemeyer, dem Geländebesitzer, gut zu bezelten ist, weil es relativ eben ist und dadurch, dass es einzelne Wiesenparzellen sind, sich die einzelnen Lager, obwohl sie auf einer Fläche sind, nicht ins Gehege kommen, weil das oft durch Baumreihen oder Feldwege von einander getrennt ist. CD: Thema 1442 - Columbus kommt noch mal auf Take 22 ff ... Wir haben die Fläche schon zweimal erweitert, weil gestartet hat das Ganze nicht mit 7000 Teilnehmern, sondern ich glaube, es waren beim ersten Mal 1800 und dann kontinuierlich mehr geworden. Autor: 7000 Spieler werden dieses Jahr nach Brokeloh reisen und Mythodea besiedeln. Alle haben Kostüme dabei. Es ist eine Reise in eine fremde Welt und einen selbstgewählten Charakter. Fünf Tage Urlaub vom Alltag. Atmo 03: Stadt / Kampf Take 23 Unser Grob-Setting ist tatsächlich im fantastischen Mittelalter angesiedelt. Aber auch von Kelten, Römern bis fast napoleonische Epoche ist fast alles mit dabei. CD: Faces of the Almighty: Unapproachbleness Autor: Bettler streunen durchs Land, grüne, hässliche verwachsene Gestalten, genannt Orks, rotten sich zusammen, Hexen tanzen ums Feuer und verwünschen Waldzwerge. Ritter ziehen aus, um fremde Lager anzugreifen, und Elfen schweben über die Wiesen. Mythodea, eine Fabelwelt. Take 24 Es ist gewünscht, dass sich die Teilnehmer ambientegerechte Zelte besorgen. Ambientegerecht ist ein Zelt dann, wenn es ein Naturstoffzelt ist. Also der Schnitt und die Form sind zweitrangig, weil die in der Masse der Zelte untergeht. Aber natürlich würden wir uns wünschen, dass jeder mit einem zweifarbigen Ritterzelt kommt, weil das für die Optik einiges hermacht. Autor: Die Illusion der fremden Welt muss geplant werden. Im Zentrum von Mythodea liegt die Stadt. Atmo 04: Stadt CD: Mittelalterliche Klänge Take 25 Man muss ja unterscheiden zwischen den Lagern, in denen die Leute zelten, und der vorhandenen Stadt, die mehr oder weniger den Mittelpunkt des Geländes darstellt, weil sie zwischen den Spielerlagern eingekreist sein wird. [...] Und das wird dann generalstabsmäßig geplant im Vorfeld. Dann werden die Straßenzüge mit einem Kreidewagen auf die Wiese gemalt, damit man sich schon mal grob orientieren kann, wie ist jetzt der Straßenverlauf und dann müssen sich die Händler auch daran halten und so entsteht dann tatsächlich das Flair einer richtigen Stadt, mit Sackgassen, Plätzen ... Es gibt einen großen Marktplatz, dann wird es dieses Jahr zwei kleinere Kreuzungen geben, wo sich jeweils zwei Straßen kreuzen. ... Wir haben auf dem Marktplatz natürlich den klassischen Pranger, weil irgendwo müssen die Leute angeprangert werden, die dann von der Stadtwache festgesetzt werden. Stadtwache gibts natürlich auch. Take 25a Der Marktplatz wird dann noch mit einer Bühne und einer Tribüne, wo dann Arenakämpfe stattfinden können oder ein Musikant auftritt gestaltet, werden ... CD: Faces of the almighty: Revenge Autor: Und eine große Festung mit hohen Palisadenwänden wird entstehen, die von den Spielern belagert werden soll. Die kommen mittlerweile aus der ganzen Welt. Und sie sind vorbereitet. Take 26 Es gibt eine Gruppe Italiener, die haben aus Holz eine frühzeitliche Kataune nachgebaut. Das ist so eine Landsknechtkanone und das Kanonenrohr ist glaube ich 3,50 lang und wird dank eines Chinaböllers simuliert. Das war mit das Beeindruckendste, was ich gesehen habe. Dieses Jahr hat jemand angekündigt, einen Belagerungsturm zu bauen, um dann eben die Festung, wo dann die Belagerung so aus drei Metern sein dürfte, wie man es eben aus Filmen kennt, rangerollt wird, Zugbrücke klappt runter und die Festung wird gestürmt. Bin gespannt, ob sie das hinbekommen. CD: Jörg Hauschild: Blümchensex Autor: Wieder in Brokeloh. - In der Ferne Gesänge. Atmo 05: Torfköppe singen drinnen "Habicht"; 0'30 Torfköppe 3 Autor: Vielleicht Schlachtgesänge der Ritter oder zartes Elfensummen? Nein, das muss etwas anderes sein. Von der Dorfstrasse links hinein. Ein kleiner Weg. Da steht ... ein Vereinsheim. Atmo 06: 1'45 Torfköpe 3 brechen "Habicht" ab lachen Autor: An einem Tisch sitzen Brokeloher Männer. Dicke Ordner liegen vor ihnen. Liedtexte. Die Torfköppe sind für eine Probe zusammengekommen. Und bei der Probe darf man ja noch ablesen. Proben bei den Torfköppen heißt, ein Bier trinken und Geschichten erzählen - und singen. Atmo 07: Lied: "Torfköppe" - frei, dann drunter weiter Autor: Dieter Meinzen sitzt am Kopfende vom Tisch. Take 27 Hier oben ist der Schießstand. Der Schützenverein wurde 1951 gegründet. 1964 wurde dieses Teil hier in Eigenleitung gebaut, im letzten Jahr hat man draußen gepflastert und eine Boulebahn angelegt ... Autor: Der Küchenchor, die Telefonzelle, Boulespieler, der Sportverein, die Feuerwehr und jetzt auch noch der Schützenverein und die Torfköppe. Brokeloh hat doch gerade mal 386 Einwohner. Wie viele davon sind eigentlich im Schützenverein? Take 28 - Einhundertachtundsechzig. - Oh die Hälfte vom Dorf. Autor: Die Brokeloher scheinen sich selbst zu wundern. Brokeloh hat mehr Vereinsmitglieder als Einwohner. Take 29 Also, ein guter Brokeloher ist in zwei Vereinen und ein Normaler in drei. Heute haben wir nur drei, früher hatten wir noch vier. Feuerwehr, Schützenverein und Sportverein. Wobei der Sportverein der jüngste und der größte ist. Wobei ich nicht weiß, wann die Feuerwehr gegründet wurde. Günther? - 1925. - Das weiß Günther ganz genau, er war jahrelang Brandmeister. - 70 Jahre später wurde auch der Werder-Fan-Club gegründet. Das hat er jetzt als HSV- Fan vergessen. Autor: Der Vorsitzende des Werder-Fan-Clubs hat gesprochen. Den gibt's auch noch. Atmo 08: 27'52 Torfköppe Pauke Autor: Und die Pauke hat er auch gleich grün-weiß angestrichen, damit es keine Missverständnisse gibt. Aber wir wären nicht in Brokeloh, wenn nicht auch der HSV-Fan Mitglied im Bremen-Fan-Club wäre. Man könnte das Gefühl bekommen, in dem kleinen Ort Brokeloh herrscht Freizeitstress. Warum denn dann noch eine Männergesangstruppe? Atmo 09: Lied: "Torfköppe" ff. Take 30 - Schützenverein. 10 jähriges Jubiläum. - Das war bei der Generalversammlung vor dem Jubiläum, ich war nicht dabei, da standen dann hinterher noch welche an der Theke und wollten das Lieblingslied von unserem alten Wirt singen und konnten das nicht fertig kriegen. - Die Strophen waren bekannt, aber wie ordnen wir die. - Dann saß ich da so bei meinem Vater in der Garage mit dem Nachbarn und einem Eimer Bierchen und da habe ich gesagt, wollen wir zum Jubiläum nicht noch mal den alten Heidechor aktivieren, dass die dieses Lied singen und da sagte der Nachbar. Die würde ich gar nicht fragen, das würde ich einfach selbst machen. Und dann habe ich ein paar gefragt und ruckzuck haben wir uns zusammengefunden, hat viel Schweiß gekostet bis wir das Lied intus hatten aber dann hats uns soviel Spaß gemacht, dann haben wir weiter gemacht. Take 31 - Machen wir doch einfach mal ein schönes plattdeutsches Lied. - Fangen wir mal an. - Der Chorleiter. Take 32 Wir singen jetzt auf plattdeutsch wie wir aussehen, aber das wird auch jeder verstehen. - Grünes Tuch und eine Mütze auf. Atmo 10: Lied: Torfkopp kurz frei, dann drunter weiter Autor: In Brokeloh pflegt man den Heimatdialekt. Halt! Plattdeutsch ist kein Dialekt, sondern eine eigene Sprache. Eine Fremdsprache. Der musikalische Leiter übersetzt. Take 33 11'39 Torfköppe 3 Der Chorleiter übersetzt das Lied Also, wittet Hemd, weißes Hemd, eine schwarze Hose, das ist ein Torfkopp. Die Büchs? Die Böchs. Ein grünes Tuch und eine Mütze auf, das muss ein Torfkopp sein. Schluck und Bier, das ist bekannt, das mag er gern, der Torfköpp. Und wenn dazu diese Trommel dröhnt, dann geht das richtig rund, Tag für Tag und Nacht für Nacht singen wir durchs Dorf. Dörp ist Dorf. Das ist alles eigentlich. Autor: Rauchpause. Die Sänger gehen vor die Tür. Zeit für Geschichten. Take 34 Mittlerweile geht's, aber früher war es halt sehr abgeschnitten. Da der Ort vor dem Bruche heißt, wir lagen wirklich im Bruche, also im Moorgebiet. Das ist überwiesen, Tilly? hat im 30 jährigen Krieg alles besetzt gehabt, in Nienburg gab es die Tillyklause nur Brokeloh war nicht besetzt. Das ist geschichtlich erwiesen und es gab auch einen Grund dafür, er hat es einfach nicht gefunden. ... Atmo 11: Lied: "Viva Brokeloh" 4'55 Torfköppe Autor: Nicht gefunden werden. Als ob die Brokeloher das nötig hätten. Ihre Telefonzelle haben sie behalten, gegen den Bau einer Müllverbrennungsanlage haben sie sich auch erfolgreich gewehrt und Straßennamen haben sie nur deshalb akzeptiert, weil sie durchgesetzt haben, dass überall der Ortsname vorkommt. Davor hatte jedes Haus einfach nur eine Nummer. Take 35 Auch die Torfköppe haben darüber ein Text gemacht: Straßennamen sind in großer Mist, jeder weiß, dass das so ist (lacht) Atmo 11 ff.: Lied: "Viva Brokeloh" 4'55 Torfköppe Einblenden bei "...Strassennamen..." und dann leise weiter Autor: Und dann gehen sie wieder rein und singen noch ein Lied. Das letzte für heute. Schließlich wartet noch das Grillfest beim Sportverein. Und bald kommen ja auch die Ritter. Gegen die will sich hier allerdings niemand zur Wehr setzen. Ganz im Gegenteil, die sind willkommen. CD: Mittelalterlied Atmo 12: Schlachtgetümmel Autor: Wieder in Regensburg. Fabian Geuss ist fertig. Die Geschichte steht. Rechtzeitig, sagt er erleichtert. Wenn er das Werk ausgedruckt hätte, lägen 1200 Seiten vor ihm auf dem Tisch. Der Plot für das diesjährige Spektakel in Brokeloh. Abenteuer für 7000 Spieler. Take 36 ... Drehbücher ist der falsche Begriff. Wir schreiben Settings. Einen Ausgangspunkt mit ganz vielen rätselhaften Orten, spannenden Figuren usw., weniger einen zeitlichen Ablauf, wann was passiert. Autor: Hunderte von Handlungssträngen, kleine Nebenepisoden, Aufgaben und Rätsel hat Fabian Geuss und sein Team für das Conquest entworfen. 108 Autoren waren daran beteiligt. Was auf dem Papier steht, ist ein Angebot. Manchmal entwickelt sich das Spiel ganz anders. Take 37 Also das Vorgefertigte, dass man sagt, du musst jetzt hier die nächsten Tage das und das und das machen, widerspricht dem, was wir unter LARP verstehen. LARP ist freies Spiel, ... Autor: Am Ende der Spieltage, also am Samstagabend soll es zur großen Schlussschlacht kommen. Tausende von Kriegern werden dann versuchen, die Festung Dörrgard zu stürmen und das Böse zu besiegen. Vor zwei Jahren hatte er das schon einmal geplant und dann kam alles ganz anders. CD: James Horner, Braveheart : Revenge Take 38 Wir dachten, das passiert am 2. Tag oder so, ... und dann schaffen die Spieler das nicht. Es ist Samstagabend und die Festung ist noch nicht gefallen. Wir stehen oben auf der Festung und sehen, die schaffen es nicht. Wir hatten so eine Strichliste, das Tor hatte so 30 Trefferpunkte, d.h. die müssen 30 Mal mit einer Belagerungswaffe das Tor treffen, dann bricht das Tor zusammen. Dann haben sie das nur 15 Mal geschafft. Wir standen da oben, entweder wir schenken den Spielern jetzt den Sieg oder beim 16. Treffer bricht das Tor eben zusammen ... oder was fiktives ... das wäre aber alles gekünstelt gewesen. Dann hätte der Teilnehmer den Eindruck, ok wir haben jetzt gewonnen, weil wir sind die Guten und wir müssen halt gewinnen. Und wir standen oben auf dem Turm und haben gesagt, ok, jetzt warten wir noch ein bisschen und dann ist es Abend geworden und dann ist es fast schon Nacht geworden und dann haben wir gesagt: Ja. Nee! [...] Im übertragenen Sinne haben wir gesagt. Liebe 4000 Spieler, [...], ihr habt verloren. CD: Barber: Adagio op. Untermalung langsam leise dazu, am Ende deutlich hörbar Take 38 ff Das war hart. Da waren auch die Tränen groß. Zu Hunderten haben sie geheult und geweint, natürlich primär im Spiel, aber dadurch, dass ihre Figuren und Charaktere komplett niedergeschlagen waren, waren sie dann selber auch gefrustet, was aber total spannend war und worauf wir gehofft hatten, wo wir aber Bammel hatten, wie sie es dann mittelfristig aufnehmen, die Teilnehmer. Und ich habe den Samstag Abend nach der Veranstaltung damit zugebracht, durch alle Lager zu gehen, um mich ans Lagerfeuer zu setzen und zu fragen, hats euch gefallen oder wie fandet ihrs, und um offene Kritik gebeten, und war positiv verblüfft, dass die meisten gesagt haben, das haben wir echt nicht verdient. Danke, dass ihr uns mal habt verlieren lassen. Wir waren einfach zu schlecht. Jetzt im Nachhinein war das eine der besten Entscheidungen, wie wenn wir es nicht gemacht hätten, hätten wir uns unglaubwürdig gemacht und den Spielern diese krasse Erfahrung nicht geben können. Autor: Fabian Geuss ist gespannt, was diesmal passieren wird. Er wird wieder von Lager zu Laufen, mit seinem Headset, und das Geschehen beobachten. Er wird mit seinen Spielleitern sprechen, er wird reagieren, wenn die Spieler auf eigene Ideen kommen. Und am Samstagabend wird er auf einem Turm stehen und gespannt sein: Fällt die Festung oder fällt sie nicht? Dort, neben dem Rittergut in Brokloh. CD: Johann Strauss: Frühlingsstimmen Autor: Rittergut Brokeloh. Alte Sofas, alte Stühle, der Holzboden, der Kamin. Carsten Niemeyer steht vor den Portraits seiner Ahnen. In jedem Rahmen ein Leben. Die Gesichter aus Öl scheinen den Nachkommen zu betrachten, wie er da so steht, vor ihnen. Die Zeit bleibt kurz stehen. Take 39 Das letzte Portrait ist von meinem Großvater, ganz links oben, das ist mein Urgroßvater, der mit dem Bart, das ist mein Großvater, das ist der Vater meines Großvaters, das sind 1,2,3 Brüder meines Großvaters, die alle im ersten Weltkrieg gefallen sind. Auch ganz interessant mitzukriegen, meine Urgroßmutter, also die Mutter meines Großvaters, hatte fünf Söhne und eine Tochter. Und die eine Tochter war nach England geheiratet, das war, glaube ich, die älteste auch, und dann sind von den fünf Söhnen innerhalb von drei Wochen vier gefallen, ... dann war der Vadder auch noch innerhalb der vier Wochen gestorben ... wenn man sich das überlegt, dass man sechs Kinder großzieht und dann die ganze Familie weg ist, dass muss einen schon ganz schön hart treffen. Auf jeden Fall konnte sie dann erreichen, dass mein Großvater von der Front zurückgezogen wurde, die waren ja damals alle noch freiwillig im Krieg, im ersten Weltkrieg waren sie ja noch sehr patriotisch und wollten ihrem Vaterland dienen ... da sieht man, was so Kriege ausrichten konnten, die konnten wirklich total dezimieren, das waren ja erwachsene, gut ausgebildete Männer, und mit einem Schlag alle weg. Das war schon schlimm für die Mutter damals. Aber gut, jedenfalls das ist dann mein Großvater, der hat dann auch drei Kinder, der älteste ist mein Vater und ich war dann der älteste bei uns fünf Kindern so. Autor: Eine lange Geschichte. Eine große Familie. Carsten Niemeyer hat selbst sieben Kinder. Das Rittergut hat er von seinem Großvater geerbt. Erst das Rittergut und dann die Aufnahme in die Ritterschaft: Carsten Niemeyer ist ein echter Ritter. Take 40 Ja, wobei das Rittersein ist tatsächlich kein wichtiger Begriff in der heutigen Zeit und auch nicht in der Gesellschaft. Gut, es gibt noch die Göttingen-Kahlenberggrubenhagen - Ritterschaft und insofern ist man auch noch Ritter, aber das ist nichts ernsthaft wichtiges. Autor: Gebaut wurde das Rittergut von einem Mann mit einem berühmtem Namen: Von Münchhausen. Es war aber nicht der auf der Kanonenkugel, sondern Glamour von Münchhausen. Take 41 Und der Glamour von Münchhausen hat ursprünglich gesiedelt ... in der Nähe des Steinhuder Meeres, ca. 15 km von hier entfernt und da gab es den Ort Mönchhusen, der 1520 zerstört wurde, und Glamour von Münchhausen hat dann hier das Herrenhaus gebaut 1545, das ist auch das älteste Gebäude hier im Dorf, ... Autor: Heute züchtet Carsten Niemeyer hier Pferde, hat ein Heuhotel in den ehemaligen Kuhstall gebaut, betreibt Landwirtschaft und in dem ehemaligen Pächterhaus sind Ferienwohnungen. Und hinter dem Herrenhaus liegt eine riesige Wiese. Weideland bis hinten an den Waldstreifen. Ruhe, Natur, grasende Kühe. Take 42 Ja, das ist ca. ein Viertel der Fläche die bespielt wird, also Sie sehen jetzt ungefähr 9 Ha, und ca 40 Ha Grünland sind nötig für dieses Hobby. Und das Schöne an der Gegend ist eben, dass wir relativ viel Wald und Heckenstreifen haben, Baumstreifen und dadurch ist das Gelände sehr schön gegliedert. Autor: Der Kontinent Mythodea. Hier wird er also lebendig. Nur durch einen Holzzaun getrennt vom Rittergut. Carsten Niemeyer hat einen Kontinent vor der Tür, zumindest für ein paar Tage im August. Take 43 Die letzten Jahre war diese Wiese immer ein Großteil Stadtbereich. Der Stadtbereich ist sowieso ein befriedeter Bereich, in dem nicht gekämpft wird, [...] und der andere Teil der Wiese war die Schlachtwiese. Autor: Schwer vorstellbar, dass dieses Stückchen Idyll bald von 7000 Orks, Elfen, Rittern und Bettlern belagert sein wird. Sie werden Zelte aufbauen, Lager aufschlagen, Festungen stürmen und eine Stadt errichten. Take 44 Man kann einkaufen, man kann sich bespaßen lassen, man kann Kultur erleben, man kann relaxen. Sämtliche Funktionen, die man heute in der Stadt hat, kann man in der Stadt da auch erleben. Autor: Mitspielen, nein, das will er nicht. Lieber den Überblick behalten. Aber am Abend, wenn die Arbeit getan ist, dann geht er doch mal mit seiner Frau rüber - in die Stadt. Take 45 Wir haben es dann auch einmal während der Veranstaltung genossen, da in den Badezuber zu gehen, und das wird dann ja zelebriert und mit Stil gemacht, also es gibt hier auch verschiedene Bader, die das hier anbieten. Die einen machen das eben sehr getrennt mit Massagemöglichkeiten, man trinkt vorher Tee. ... Man guckt sich die vielen Shows an, die stattfinden. Man hört sich die Barden und Musikgruppen an, die mitmachen, ... CD: Jörg Hauschild: Blümchensex Autor: Ein paar Tage bleiben noch bis die Spieler kommen und ihre Zelte aufbauen. Bis dahin bleibt noch einiges zu tun. Rohre müssen verlegt werden und die Wiese muss gemäht werden. Aber erst mal holt Carsten Niemeyer das Geschehen auf dem Hof wieder ein. Atmo 13: Ich gucke gerade, was da hinten ... ach da ist eine Kuh ausgebrochen. Ah, ein Kalb ist ausgebrochen, aber glücklicherweise sind die Weiden von mir, dann sind sie nicht auf einer Weide vom Nachbarn. Autor: Dann klingelt das Telefon. Der Sattelschlepper findet den Weg nicht. Er kommt wegen des LARP. Es geht um die Kulissen. CD: Vangelis: 1492: Opening Take 46 Es ist Theaterspielen ohne Drehbuch und ohne zu wissen wie das Ende läuft. Eine Mischung aus Theaterspielen und sich eine Kinofilm anschauen, den man noch nie gesehen hat. Autor: Nürnberg. Chris Fano hat sich auf den Boden gesetzt. Eine schmale zierliche Frau mit dunklen langen Haaren. Im wirklichen Leben ist sie Lehrerin für Biologie und Englisch am Gymnasium. Auf dem Conquest spielt sie Aniesha Fey, die Herrin der Leere. Take 47 Ich versuche meinen Job gut zu machen, und mein Job ist es, Furcht zu verbreiten. Dadurch dass ich kein großer Mann bin mit breiten Schultern und Rüstung drauf kann ich nicht diese aggressive Form verbreiten, dass ist ja eine Form, Furcht zu verbreiten. Ich versuche es eher auf mystische Art und Weise. Ich spreche mit sehr wenigen, und die mit mir sprechen dürfen, das ist schon was Besonderes für die Charaktere und die Spieler, und ich versuche es einfach sehr unmenschlich zu machen, so unmenschlich wie möglich. Ich bin ständig in Bewegung mit den Fingern und versuche so eine Alien-Bewegung ... Ich habe noch Aufsätze auf den Fingern. Die Bewegung wird dadurch noch grotesker. Ich versuche grotesk zu sein. Es ist schwierig, ich bin ja auch nur ein Mensch. Autor: Es gibt die Spieler und die sogenannten NSCs, die Nicht-Spieler-Charaktere. Sie können von den Organisatoren gelenkt werden, um in das Spielgeschehen einzugreifen. Chris Fano spielt so eine Rolle - was ist der Reiz an der Figur? Take 48 Ich finde das unglaublich schön zu sehen, dass Spieler wirklich Angst haben, das klingt jetzt böse, ich meine das gar nicht so, also ich will nicht, dass Menschen vor mir Angst haben, aber ich möchte so gut spielen, dass die ein Erlebnis haben und manchmal sehe ich das so, Oh Gott Aniesha Fey, was, sie redet mit mir. Und das ist schön, dass ich bei denen was auslösen kann. Dass sie nach dem Gespräch, so sie es denn überleben, weggehen können und sagen können, wow, das war gut. Und das hätte ich gerne, anderen ein Erlebnis bieten und dafür sind wir ja auch da, ... Autor: Für Chris Fano ist die Reise nach Brokeloh eine Reise in eine besondere Welt. Take 49 Es ist halt eine Fantasiewelt mit verschiedenen Kreaturen. Man geht ja auch auf Reisen um neue Kulturen kennen zu lernen. Und hier muss man halt nicht ganz so weit reisen und kann ganz neue Kulturen kennen lernen und das wird da schon geboten. Es gibt unter den Elementen, Element Völker, das Feuerlager hat die Luna Acarta, das Luftlager hat die Nalda. Das sind Völker die werden dort bespielt. (teilweise auch als NSCs) Und da ist man natürlich sehr frei, man kann trotzdem einen Schüchternen spielen, einen Aggressiven, man ist da frei den Charakter zu entwickeln, aber man gehört zu dem Volk der Nalda und tut eben was die so tun. Das sind eben gute Bogenschützen. Dh. ich kann nach Mythodea reisen und neue Kulturen kennen lernen und schauen, nach welchen Konzepten die so leben. Autor: Die Grenzen zwischen Spiel und Nichtspiel sind klar definiert. Intime und Outtime, nennen das die LARPER. Im Spiel und außerhalb des Spiels. In der Rolle oder privat. Kreuzt man die Arme vor der Brust ist man raus. Man kann natürlich die Arme kreuzen, und auch mal mit gekreuzten Armen zu den Leuten sagen, ich meine das übrigens gerade ganz anders. Das geht immer. Wenn man merkt das entwickelt sich jetzt in eine Situation rein, die nicht gewünscht war oder die Emotionen aufbauscht, die gar nicht nötig wären, kann man outtime gehen. Man kann auch versuchen im Spiel mit dem Charakter dagegen zu rudern. Das geht natürlich auch, wenn man jetzt nicht das Spiel kurz beenden will, weil man gibt ja kurz ein Pausezeichen. Autor: Die Lehrerkollegen finden das spannend, wenn Chris Fano von ihrem Hobby erzählt. Lehrersein ist ja schließlich auch eine Rolle. Take 50 Ich denke, fast jeder Mensch liest Bücher oder schaut sich Filme an oder geht ins Kino und erlebt Abendteuer in dem Moment. Man lebt mit dem Charakter, der im Buch beschrieben wird, man lebt mit den Charakteren im Film mit, man ist entsetzt, wenn jemand stirbt, kann da richtig drin aufgehen. [...] Und im Live Rollenspiel kann man es noch intensiver erleben, als wenn ich es nur lese, weil ich wirklich dabei bin, es ist wirklich kalt und es regnet. Das ist eine andere Sache. [...] Und es ist schön. Ich erlebe es und bin noch mein eigener Regisseur. CD: Jörg Hauschild, Blümchensex Autor: Auch in Brokeloh machen sich die Spieler bereit. Jens Hoffmann kommt aus dem Keller und hat eine Flasche Bier in der Hand. Selbstgebraut, sagt er stolz. Dann setzt er sich auf die Couch. Eigentlich arbeitet er bei der Bahn, aber die Tage im August nimmt er sich frei. Natürlich. Take 51 Es macht einfach nur Spaß. Man ist völlig frei von irgendwelchen Zwängen, man kann das sein, was man sein möchte, man hat kein Handy dabei, keinen PC, Arbeit ist ganz weit weg. Abschalten und für gut eine Woche richtig abspannen. Autor: Wenn Jens Hoffmann rüber nach Mythodea reist, dann wird er zum Mönch Johannes, der in der Abtei "Zur geschwollenen Leber" Bier braut. Und das ist nicht alles, was der Mönch kann. CD: Vangelis,1492 Columbus als Atmo Take 52 ... Der Bruder kann den Frauen die Jungfräulichkeit wieder geben. Natürlich gegen ein kleines Entgeld für die Kirchenkasse, für angehende Waisen ... man kann sich auch freikaufen von den Sünden bei uns, wir haben auch ... wunderschöne Ablassbriefe. Autor: Was ihm die Orks und Elfen gebeichtet haben, das verrät Bruder Johannes lieber nicht. Auf Mythodea gilt nämlich auch das Beichtgeheimnis, sagt Jens Hoffmann und lacht. Und Bettler gibt's auch. Take 53 Da sind Leute bei, das soll man nicht glauben. Ich habe einen kennen gelernt, der kam am Donnerstag bei uns vors Zelt gekrochen, richtig auf allen Vieren, gebt mir Brot, gebt mir Brot. Da haben wir ihm einen Kummen Brot gegeben. Da hat er uns Geheimnisse dargeboten, hört sich an wie Blödsinn, aber es macht einfach nur Spaß, und dieser Kerl kam dann am Sonntag, als alles vorbei war zu uns an, hat noch ein Kaffee mit uns getrunken und hat sich vorgestellt, er wäre Bänker in Frankfurt, ein Manager. Ein Bankmanager ist da wirklich als Bettler übers Gelände gekrochen. CD: Vangelis: 1492 Light and Shadow Autor: Abends, wenn die Sonne über Mythodea versunken ist und die Lagerfeuer brennen, kann es auch zu unheimlichen Begegnungen kommen. Take 54 Also ich habe nachts mal einen gesehen, da wäre ich fast weggelaufen. Der wurde geführt von zwei Leuten, einer links einer rechts und dieser Mensch in der Mitte, guckte nach unten und hatte die Augen zugehabt. Und als ich direkt vor ihm war, hat links der neben ihm gesagt: Jetzt! Da hat er die Augen aufgemacht. Er hatte flureszierende Kontaktlinsen drinne, da hat der vorher in eine Lampe reingeguckt und die Augen haben geleuchtet, richtig hell. Da habe ich mich dermaßen verjagt, .. der muss direkt aus einem Horrorfilm gekommen sein. Noch die richtig fetten Narben reingeschminkt ins Gesicht herrlich. Autor: Wenn Mönch Johannes sein Tagwerk verrichtet hat, die Beichten abgenommen hat und die Krüge geleert sind, dann schnappt Jens Hofmann aber doch seine Sachen und verlässt Mythodea. Take 55 Ich habe irgendwie Heimweh, ich hab es ja nicht weit. Autor: Im eigenen Bett zu schlafen ist doch schöner. Und am nächsten Morgen ist er ja früh wieder da. Der Bruder Johannes. Take 56 Es hat sich eingebrannt in Brokeloh. Es gehört einfach mit dazu. Mythodea gehört zu Brokeloh wie Brokeloh zu Mythodea. Das ist schon ein gutes Duo. CD: Jörg Hauschild, Blümchensex Autor: Udo Friedmann sitzt auf der Holzbank in seinem Garten. Die Johanniter-Kollegen kommen gleich. Vorbereitungen fürs LARP müssen besprochen werden. Take 57 Der Johanniterorden ist der älteste noch bestehende Ritterorden. Wir haben also die Verbindung auch zu dem Mittelalter, denn damals waren es die Ritter, die sich um die Verletzten gesorgt haben. Also beiderseits, da wurde gekämpft und nach der Schlacht, wenn Feierabend war, dann zog man sich eben die Rüstung aus und zog sich den Johannitermantel über und kümmerte sich um die Verletzten, also beiderseits. Auch die Feinde wurden versorgt. Autor: Seit 1974 ist Udo Friedmann bei den Johannitern. Der Einsatz bei dem Spektakel ist für ihn eine besondere Freude. Da ist er ehrenamtlicher Einsatzleiter. 30-40 Einsatzkräfte sind dabei, Ärzte, Chirurgen, Anästhesisten. Schließlich ist eine große Ortschaft dazugekommen, sagt er. 7000 Menschen. Take 58 Wir haben uns darüber unterhalten, wollen wir jetzt so ein bisschen ambientemäßig das darstellen, die Johanniter von früher, so ein bisschen auf Mittelalter getrimmt oder bleiben wir bei unserer Einsatzkleidung. Und wir haben uns ganz klar entschieden, nein, wir dürfen nicht mischen. Jeder Teilnehmer soll klar erkennen können, das ist jetzt kein Spaß, es gehört nicht mit zum Rollenspiel, das ist Ernst, von daher heißt es, die Einsatzkräfte, Feuerwehr und Johannitereinsatzkräfte bleiben in ihrer normalen Einsatzkleidung, denn auch bei den Teilnehmern gibt es ja Heiler und Ärzte und die Wunden sind teilweise so echt geschminkt und die Verletzungen werden so täuschend echt ausgespielt, dass wir uns manchmal fragen, ist das jetzt ernst oder gespielt und dann laufen da auch Leute hin, es werden Verbände angelegt von diesen Heilern, dass wir dann merken, es gehört zum Rollenspiel dazu. Autor: Wenn es ernst wird, ist das Spiel vorbei. Dann wird das Blaulicht eingeschaltet. Take 59 ... Wir bekommen dann die Adresse, in dem Fall kein Ort, sondern das Luftlager, 3. Zelt rechts, oder wir werden am Eingang vom Lager in Empfang genommen, das geht sehr gut, wir werden dann weiter gereicht. ... Dann ist eben der Spaß zu Ende, dann ist eben Ernst, den Menschen zu helfen. Autor: Schwere Verletzungen gibt's glücklicherweise nur selten, sagt Udo Friedmann, und zündet sich eine Zigarette an. Ein Rettungswagen hält vor dem Haus. Andre Schöne kommt mit einem Kollegen um die Ecke und setzt sich dazu. Er ist normalerweise der Einsatzleiter bei den Johannitern. Wenn aber Larp-Zeit ist, tauscht er die Rettungsweste gegen eine Rüstung und spielt lieber mit. Seit zwei Jahren ist das so. Take 60 Das erste Mal hier auf dem Conquest, das war dann schon relativ beeindruckend. Wir wurden dann auch schon in der ersten Schlacht eingeschlossen, da kocht das Adrenalin dann doch schon hoch, ... Autor: Brille, kurze blonde Haare und ein leichtes Schmunzeln auf den Lippen. Andre Schöne wirkt nicht wie einer, der in die Schlacht ziehen will. Take 61 Ich spiel jetzt einen untoten Ritter. Wir sind da in Lerdems eingeteilt, dass muss man sich wie so eine Company vorstellen, das sind ungefähr 100 Mann. Autor: Vollplatte, Waffenrock, Klingenbrecher, Kettenhemd, ein massiver Eisenhut. Andre Schöne hat dann über 30 Kilo am Körper hängen. Und er heißt dann nicht mehr Andre Schöne. Take 62 Sir Milword of Hailsam, Loyl of Dorpsdale. Autor: Andre Schöne lacht, als könne er es selbst nicht glauben, was da auf dem Schlachtfeld mit ihm passiert. Take 63 Mein Loyl das ist eigentlich ein ziemlich, der ist schon ziemlich gemein und brutal, das bin ich im eigentlichen Leben nicht. Ich bin eigentlich sehr friedlebend und zurückhaltend ... Autor: Udo Friedmann nickt. Er hat das Kinn auf die Hand gestützt. Ja, wenn Larp-Zeit ist, muss er auf Andre Schöne verzichten. Take 64 Du drehst dich um 180 Grad. Bei den Johannitern bist du es gewohnt, Leuten zu helfen, Wunden zu versorgen und dann klinkst du dich auf einmal aus, und dann wird rumgedroschen, auf Leute eingeschlagen, symbolisch Wunden zugefügt, dann bist du auf einmal ein anderer, hast modellierte abgehackte Hände an dir rumhängen, dann sieht man auf einmal genau das Gegenteil und dann wird wieder der Schalter umgelegt und ist wieder der liebe nette Sanitäter, wie man ihn seit Jahren kennt. Autor: Wenn Andre Schöne zwischen den Schlachten frei hat und seine Rüstung auszieht, dann geht er natürlich auch mal rüber, ins Feldlazarett und setzt sich zu seinen Kollegen. . Ausruhen und die alten Geschichten erzählen, von damals als er noch nicht mitspielte und Orks noch Fremde waren. Damals im Krankenhaus. Take 64a Die ersten, das weiß ich noch, das waren Orks ... der Wartebereich der war offen, da standen auf einmal so ein paar Orks im Wartebereich und so ein paar kleine Kinder. Die hatten richtig Angst vor denen, die haben sich natürlich nicht abgeschminkt, das sorgte schon für Aufregung. Mittlerweile haben sie sich in den Krankenhaus dran gewöhnt ... Autor: Plötzlich piepst es in seiner Hemdtasche. Ein Notruf. Das LARP und die Schlachten sind vergessen. Die beiden Sanitäter springen auf und rennen zum Rettungswagen. Atmo 14: Blaulicht Autor: Der Notarztwagen rast los. Tja, so ist das, sagt Udo Friedmann. Fantasie und Realität direkt nebeneinander. Wie auf dem LARP. Für dieses Jahr hat er auch eine Idee. Take 65 Ich will mal versuchen, dieses Jahr in den Sanitätsstationen vielleicht durch leichte dezente Mönchsmusik so ein bisschen das Ambiente beizubehalten. Mal sehen wie das wirkt, so im Hintergrund. CD: Mönchsmusik : Alma Redemptoris Mater Autor: Das Setting ist geschrieben, die Stadt geplant, die Kulissen gebaut. 7000 Spieler machen sich auf den Weg nach Brokeloh. Und die Brokeloher sind bereit. Aus den Dachkammern werden die alten Leinenhemden geholt, die Johanniter haben ihr Feldlazarett aufgebaut, die Telefonzelle ist mit einem Ritter geschmückt und die Wiesen auf dem Rittergut sind gemäht. CD: Jörg Hauschild, Blümchensex Autor: Ob die Festung dieses Jahr fällt oder nicht, das weiß keiner. Und irgendwie ist es auch nicht so wichtig. Hauptsache, es gibt ein schönes Spiel und wundersame Tage in Brokeloh. Am 4. August geht es los. - Mitspieler sind willkommen, für Besucher gibt es den Mittelaltermarkt auf dem Rittergut. Sp. v. Dienst: Ritter, Zauberer und Elfen Brokeloh in Niedersachsen - Ein Dorf verwandelt sich Sie hörten eine Deutschlandrundfahrt mit Tim Lang. 1