COPYRIGHT: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von DeutschlandRadio / Funkhaus Berlin benutzt werden. Sendung Literatur: 15.11.2009/ 00.05 ? 01.00 Uhr Redaktion: Dorothea Westphal Autorin: Heike Schneider Regie: Rita Höhne Titel: "Lady Oracle" ? die kanadische Bestsellerautorin MARGARET ATWOOD Ein Porträt zum 70sten Geburtstag Jingle: Literatur Moderation (aus dem Sendestudio) Nach ihrem Erfolgsroman "Die Räuberbraut" provoziert die kanadische Bestsellerautorin Margaret Atwood ihre Leser mit der modernen Hexe Zenia, dass es "unfeministisch" ist, Frauen ihre dunklen Seiten abzusprechen. Um alte und neue Rollenmuster der Frauen geht es in den meisten ihrer mit vielen Literaturpreisen ausgezeichneten und in über 30 Sprachen übersetzten 60 Bücher. Geschickt pendelt sie dabei zwischen historischen und utopischen Stoffen und wagt sich auch an so brisante Zeitfragen wie die globale Finanzkrise und Klimakatastrophe. Doch so rigoros ihre Gesellschaftskritik ist, so verständnisvoll ist ihr Blick auf glücks- und liebeshungrige Mitmenschen. In drei Tagen feiert die Weltautorin in Toronto ihren 70.Geburtstag. Heike Schneider hat sie für uns interviewt und unter dem Titel "Lady Oracle" porträtiert. Musik (unterblenden mit Text) Heike Schneider: Sie komme von einem wahren Promotion-Marathon, entschuldigt Margaret Atwood unseren abendlichen Interviewtermin in einem Münchener Nobel- Hotel. Erst Frankfurter Buchmesse mit Interviews am Fließband, danach großes Bühnenspektakel mit Burgschauspielern aus Wien, und mit einem Bein stehe sie schon im Flugzeug nach Boston. An meinem mitgebrachten Bildband zu Malern der Provence zeigt sie jedoch lebhaftes Interesse. Und als hätten wir ein Fass Wein angezapft, schießt sie sofort mit einer Episode los. O-Ton Atwood als Atmo unterlegen Auf einer Provence-Reise hätte sie nicht nur van Gogh-Originale bewundert, sondern auch ein kurioses Guillotine-Museum besucht, dessen Chef sich als Nachfahre des letzten Henkers ausgegeben und ihr neben einem funktionstüchtigen Fallbeil stolz auch einen in einer Vitrine konservierten, abgehackten Kopf gezeigt habe. Als Gipfel der Geschmacklosigkeit habe er ihr eine Anstecknadel mit Fallbeil-Bildchen verkaufen wollen. Mit einem sybillinischen Lachen beendet sie die Groteske. Auf meine erste Frage, ob sie sich noch erinnere, dass sie mit 50 gesagt habe, das größte Unglück wäre für sie, noch mal 25 zu sein, antwortet sie schelmisch: Mit 70 dürfe sie doch getrost ein wenig Jugend zurückwünschen, um dann ernster zu relativieren: 1. O-Ton Atwood (jeweils Englisch unterblenden): Für mich wäre heute das schlimmste Unglück, zu erblinden. Meine Mutter ereilte dieses Schicksal als sie 90 war. Glaukom lautete die Diagnose, also grüner Star. Stellen Sie sich vor, ich als Schreibende bekäme das, nicht auszudenken. Gott sei dank spür ich nichts von diesem Erbe, da klopf ich gleich dreimal auf Holz. Heike Schneider: Und sie müssen noch nicht mal eine Brille tragen! 2. O-Ton Atwood: Weil ich Kontaktlinsen trage(Lachen). HS: Betrachten Sie ihren 70sten Geburtstag als eine Art Wendepunkt, oder macht Ihnen das Alter nicht viel aus, da Sie nach wie vor zu den gefeierten Weltautoren gehören? 3. O-Ton Atwood: Wie mystisch hätten Sie's denn gerne? Wir könnten ja sagen: Jeder Lebensmoment ist ein Wendepunkt. Es gibt in meinen Augen nix Magisches an der 70, das ist ein von meinen Eltern gesetztes Datum, lediglich eine Zahl im Kalender. Viel wichtiger ist doch, wie gut man physisch und psychisch drauf ist. Wie heißt es so schön? 70 ist die neue 40! HS: Und wie hält man sich als "neue 40jährige" fit? 4. O-Ton Atwood: Viel hängt von den Erbanlagen ab. Meine Eltern wurden sehr alt. Meine Mutter starb mit 97. Meine Großeltern überschritten die 90, eine meiner Tanten ist jetzt 96 und führt bis heute ein selbstbestimmtes Leben. Ich besuche kein Fitnessstudio, mein Leben mit den vielen Reisen gestaltet sich aktiv und sozial genug. Ich hab drei Großnichten und -neffen sowie zwei Enkel; für die bin ich eine fröhliche Oma. Musik HS: 1939 in Ottawa geboren, verbringt Margaret Atwood einen großen Teil ihrer Kindheit mitten in der kanadischen Wildnis, wo ihr Vater, ein international geschätzter Biologe, jeweils vom Frühjahr bis Herbst Insektenforschung betreibt. Das einsame Leben in der Natur sieht sie rückblickend für ihre Dichterkarriere jedoch nicht so entscheidend wie ihren frühen Zugang zur Literatur. Ich hatte eben Bücher, Stifte und Papier statt TV, Kino und Stadt, sagt sie und: Meine Eltern gaben mir nie das Gefühl, weniger wert als mein Bruder zu sein. Mit 16 beschließt sie, Schriftstellerin zu werden. Mit 18 beginnt sie, in Toronto, Literatur und Englisch zu studieren und macht anschließend an der renommierten Harvard University in den USA ihren Master of Art. Freunde überreden sie, ihre ersten Gedichte einem Verlag anzubieten; inzwischen gehören diese zur Pflichtlektüre an amerikanischen Universitäten. 5. O-Ton Atwood: In der kanadischen Highschool der 50er-Jahre lasen wir keine Literatur, die nach 1900 geschrieben wurde. Wir lasen die Romantiker und viktorianische Schriftsteller: Jane Austen, Charles Dickens, William Shakespeare, George Elliot, Thomas Hardy ... Als ich dann studierte, kamen natürlich Autoren wie Beckett, Camus und Ionesco dazu. Die Romane des 19. Jahrhunderts, Flaubert, Dostojewski, Tolstoi, Hesse und später die Gebrüder Mann bis hin zu Sartre, Gide und natürlich Ondaatje waren für mich prägend. In den 60ern nahm ich mit Gedichten an den legendären Kaffeehauslesungen teil ?mit Folkmusik, Zigaretten, Kerzen und der ersten Espressomaschine Kanadas, der wir wie einer Göttin huldigten. In meinem Buch "Tipps für die Wildnis" gibt es die Story "Isis in der Dunkelheit", wo diese Espressomaschine eine Rolle spielt. Musik HS: Als Literaturwissenschaftlerin macht sich Margaret Atwood mit "Survival", einer präzisen Studie über kanadische Literatur, einen Namen. Überleben ? in Konkurrenz zur Literatur Europas und des großen Nachbarn USA sowie als Schlüssel kanadischer Texte überhaupt. Ihr Prosadebüt "Die essbare Frau" über eine verzehrende Liebe schreibt sie mit 30. Als sie mit 36 ihre Tochter Jess bekommt, bremst das ihre Kreativität keineswegs, sondern beflügelt sie eher. In dieser Zeit erscheinen der Roman "Life before Man", die Satire "Lady Oracle" sowie der Erzählband "Dancing Girls". Ein Gegenbeweis zu Simone de Beauvoirs Behauptung, Mutterschaft und Schriftstellerexistenz ließen sich nicht vereinbaren? 6. O-Ton Atwood: Beauvoir hat das doch gar nicht selbst versucht, verdammt noch mal(Lachen)! Das Schreiben mit dem Dasein als Mutter und Ehefrau zu verbinden, entsprach vielleicht einfach nicht ihrem Lebensentwurf. Für Ehe und Kinderkriegen braucht man nun mal den richtigen Mann. Sich Sartre als rührigen Daddy vorzustellen, fällt ziemlich schwer. Es ging um ihre konsequente Existenz als Autorin und linke Intellektuelle in der bürgerlichen Kultur- und Boheme-Szene Frankreichs jener Jahre. Erinnern wir uns an ihre Affäre mit Nelson Algren, der sie in Chicago allzu gern als Mrs. Algren vorgestellt hätte. Das hat sie nicht mitgemacht; sie blieb unabhängig. HS: Da Frauen mehr läsen als Männer und sie in Englisch schreibe, habe sie auf dem Büchermarkt Glück, sagt Atwood. Und unterschlägt dabei ihre literarische Qualität, für die es schon ein Adverb, das englische "Atwoodian" gibt und Atwoods Melange aus Understatement, Psychohintergrund, Provokation und Ironie meint. 1986 überrascht sie ihre Stammleser mit dem utopischen und von Volker Schlöndorff erfolgreich verfilmten Roman "Report der Magd" und katapultiert sich damit als würdige Nachfolgerin Orwells in die Weltliteratur. In der fiktiven Republik Gilead erfüllen religiöse Fundamentalisten scheinbar radikalfeministische Wünsche, machen aber die Frauen de facto zu neuen Sklaven. Einen weiteren Bestseller landet Atwood mit "Katzenauge" über die unglückliche Kindheit von Elain, die von ihren Freundinnen brutal gequält wird und sich die Finger blutig beißt. Beruht das Thema destruktiver Frauen- und Mädchen-Beziehungen auf eigener Erfahrung? 7. O-Ton Atwood: Ich habe mich diesem Problem von verschiedenen Seiten genähert. Ich fragte damals viele, die eine acht-, neun- oder zehnjährige Tochter hatten. Das Problem scheint auf der ganzen Welt alterstypisch zu sein. Bloß dass die Girls früher mit Zetteln hinterhältig mobbten und lästerten und jetzt durchs pinkfarbene Handy solche Gemeinheiten loslassen wie "Merkst Du nicht, wie die stinkt?" Jungs sind anders; die tragen ihre Hahnenkämpfe offener aus, mit handfesten Kabbeleien, haben ihren Anführer, der sich in irgendeiner Weise als der Stärkste erweist, schließen weniger Starke lässig aus ihrer Gruppe aus und prahlen gern, dass sie hübsche Mädchen vernaschen und überhaupt tolle Kerls sind. Das fängt aber erst nach dem sechsten Lebensjahr an, wenn die Schule beginnt. HS: Sowohl im Roman "Katzenauge", als auch in den Short Story-Bänden "Das Zelt" und "Moralische UNOrdnung" meinten Kritiker auf Anhieb, autobiografische Elemente ausfinding machen zu können. Atwood amüsiert dieser -wie sie sagt- "never ending instinct". 8. O-Ton Atwood: Kritiker wittern auf jeder Seite Autobiografisches. Besonders bei Schriftstellerinnen wähnen sie sich fündig, weil diese ihrer Ansicht nach nicht das Zeug für Fiktion haben und also aufs pure Leben zurückgreifen müssen. Aber solche Kantonisten ließen sich genau so gut bei Männern ausmachen. Ich vermute, damit hoffen die Kritiker, ein kleines Fenster auf das Privatleben des Dichters aufstoßen zu können. Voyeure haben einen starken Boulevardinstinkt. Natürlich kann man nicht überzeugend über etwas schreiben, wovon man keinen blassen Schimmer hat. So könnte ich mir keine Story über einen afrikanischen Wasserträger im Jahr 1700 aus den Fingern saugen. Aus all meinen Büchern lassen sich autobiografische Erfahrungen filtern, aber keine exakten Lebensgeschichten. Ich war zum Beispiel keine Mörderin wie Grace im 19.Jahrhundert(Lachen). HS: Ob sich ein Weltautor immer auch in den politischen Diskurs seiner Zeit einmischen soll, wie das die Gebrüder Mann oder Pablo Neruda taten und Günter Grass und Nadine Gordimer tun, sieht Margaret Atwood relativ. 9. O-Ton Atwood: Politisches Engagement hängt immer von konkreten Zeitumständen ab. Berühmte Autoren schickt man gern an die vorderste Meinungsfront, weil Worte und Sprache ihr Talent ausmachen und sie auch keine Chefs haben, die sie wegen ihrer Meinung feuern könnten. In Friedenszeiten, wenn es keine Unterdrückung gibt, sehe ich keine Notwendigkeit, zu allem seinen Senf zu geben. Im Zweiten Weltkrieg war das völlig anders, da war eindeutiger Protest gefordert. Aber ich kann mich nicht erinnern, dass von Henry James und Marcel Proust große politische Statements kamen. Dickens war nicht so sehr ein politischer, als vielmehr ein sozialer Agitator, denn er hat sich für Schulreformen eingesetzt. Ein Freund aus dem polnischen Widerstand hat mir mal gesagt: Was auch geschieht, Du hast keine Wahl, ein Held zu sein, es gibt Situationen, die Dir Mut abverlangen und komfortable Zeiten, in denen Du kein Held sein musst. HS: Wer Atwood bei Lesungen erlebt, weiß, dass sie das Zeug zu einer Entertainerin hat. Mit ihrer dunklen Stimme setzt sie geschickt Pausen und dramatische Akzente, imitiert Dialoge, lacht ihren Witz schon vorweg und wartet, bis das Publikum ihn kapiert. Stammt der Humor aus der Familie oder kommt er aus ihr selbst? 10. O-Ton Atwood: Oh, der Humor scheint meiner aktuellen Verfassung zu entsprechen. Man schreibt mir auch andere Eigenschaften zu, nennt mich beispielsweise "Hohepriesterin der Angst". Ich denke, dass mein spezieller Humor mit meiner Heimat Kanada zu tun hat, ein schönes Familienerbe ist und nicht zuletzt einem Autor gut zupass kommt. Im Französischen gibt es den Begriff "angelsächsischer Humor", der das Spaßige und Schreckliche ein- und derselben Sache widerspiegelt. Andere Menschen und Kulturen können das Gegensatzpaar von Witz und Schrecken nicht so leicht in einen Topf werfen. Mir fällt dazu Virginia Woolfs Roman "Mrs.Dalloway" ein. Gleich zu Beginn gibt es eine Szene, wo ein Flugzeug einen Werbeslogan in den Himmel schreibt, während es der Frau verdammt schlecht geht. Solches Changieren zwischen Banalität und Schmerz kennt wohl ein jeder von uns. Als Kanadierin nehme ich Antipoden als was ganz Normales. HS: Humorvoll reagiert Atwood auch auf ihren Romancier-Kollegen Philip Roth, der genau wie sie seit Jahren als Kandidat für den Nobelpreis gilt und das Stockholmer Procedere mit einem Pferderennen vergleicht ? unergründlich und voller Überraschungen. 11. O-Ton Atwood: Na ja, und trotzdem sind Autoren keine Pferde, die davon flitzen, sondern sie sitzen lediglich an ihren Schreibtischen. Wenn der größte Kürbis auf einer Agrarmesse prämiert wird, ist es die Jury, die ihn aufs Podest hebt. Natürlich freu ich mich, dass ich Anfang nächsten Jahres mit dem Nelly-Sachs-Preis ausgezeichnet werde, kenne aber vielleicht 200 andere Autoren, die ihn ebenso verdient hätten. Ich erinnere mich, wie Doris Lessing über ihren späten Nobelpreis in hohem Alter witzelte. Sie kam gerade vom Einkaufen, und vor ihrem Haus hatten sich TV-Teams postiert. Sie sagte verschmitzt: Oh shit! Und : Oh mein Gott, auch das noch, und was kommt als Nächstes?(Lachen). HS: Es ist nicht verwunderlich, dass Kritiker und Leser sie oft mit Doris Lessing vergleichen. 12. O-Ton Atwood: Natürlich ist es stets eine Ehre, mit Doris Lessing verglichen zu werden. Ich kann sogar mit einer literarischen Erinnerung an sie aufwarten. Mit 24 reiste ich mit einer Freundin und wenig Geld erst mals nach Paris und wurde krank. Unsere Pensionswirtin bestand aber darauf, dass wir tagsüber unsere Zimmer verlassen. Also legte ich mich draußen auf die erstbeste Bank, und meine Freundin las mir aus dem "Goldenen Notizbuch" von Lessing vor. Da tauchte plötzlich Polizei auf und verjagte uns wütend, weil es verboten war, in öffentlichen Parks zu pennen. So ritzte sich Doris Lessing sehr früh in mein Gedächtnis. HS: Ich schreibe zweihändig, sagt Atwood und meint damit Lyrik und Prosa. In vielen literarischen Genres zu Hause, verfasst sie mit ebenso eleganter Feder Buchkritiken, Theater-, Radio- und TV-Dramen wie Opernlibretti und lustige Kinderbücher. Ihr bei Bloomsbury erschienenes Bilderbuch "Rotznase Ramsay und die röhrenden Radieschen" entzückte nicht nur ihre Enkel und Altersgenossen, auch erwachsene Vorleser, die den rasanten Ritt auf dem Buchstaben R. wagen. Zitat aus "Ramsay" Mit Rotznase Ramsay, der rothaarig war, hauste eine richtige Rasselbande in der Rostlaube ? die rabiaten Rabauken Ron, Rollo und Ruby. Sie waren rundlich, aber robust, und wenn sie nicht gerade Rum soffen, redeten sie endlos rum, rollten auf dem Rasen oder rockten ruhelos zu Retro-Rock'n Roll. Musik Sprecherin Atwood: "Von einer Klapperschlange, die nicht beißt, kann man nichts lernen". H.S.: Dieses Idiom stellt Atwood ihrem 600-Seiten-Roman "Die Räuberbraut" als Motto voran. Den reißerischen Titel entlehnt sie Grimms Märchen vom Räuberhauptmann und transferiert ihn kurzerhand auf das weibliche Geschlecht und die Gegenwart. Doch während der grausige Held bei Grimm zarte Jungfrauen zerhackt, zerfetzt Atwoods Räuberbraut namens Zenia das Selbstbewusstsein ihrer drei Freundinnen und vernascht obendrein noch deren Männer. Ein Alptraum anständiger Frauen ist sie, geil und großmäulig, charmant und siegesgewiss. Warum sich die doch nicht auf den Kopf gefallenen Freundinnen derart von Zenia über den Tisch ziehen lassen, erklärt Atwood so: 13.O-Ton Atwood: Zenia schafft es, dass man ihr vertraut. Bei ihren Tricks setzt sie auf dreierlei. Erstens, dass man sich sehnlichst etwas wünscht. Zweitens gibt sie vor, genau das zu bieten, was man sucht. Drittens, sie lügt perfekt. Alle drei Freundinnen wünschen sich was, worauf sie früher verzichten mussten. Die smarte Zenia und clevere Maskenwechslerin nutzt deren Bedürftigkeit geschickt für ihre Tricks. Die zynische Erklärung ihres Erfolgs ist das Helfersyndrom, die weniger zynische Warnung lautet: Lest das Kleingedruckte. Zenia weiß zum Beispiel, dass niemand von ihr Beweise ihrer menschlichen Güte verlangt. Das wär gerade so, als ob Dir ein Krebspatient seine Diagnose offenbart und Du nach einem Beweis verlangst. Auch mit den Ehemännern der Freundinnen, die alle nicht Mr. Perfect Superman sind, sondern abenteuerhungrige Machos, hat sie leichtes Spiel. Wenn Diebe klauen, lassen sie nicht das Plastikgeschirr mitgehen, sondern das Silber und den Goldschmuck. Und auch Zenia angelt sich als Räuberbraut das Beste. Im Grunde bleibt es aber ein Geheimnis, warum Menschen das Böse ausleben. Selbst Goethe und Milton haben unendlich gerätselt, warum es zum Sündenfall kam (Lachen). HS: Nachdem die Freundinnen erleichtert an Zenias Beerdigung teilgenommen haben, taucht - out of the blue - die Räuberbraut erneut auf und bändelt mit Freundin Roz` Ehemann, Mitch, an. Zitat "Die Räuberbraut" Mitch begegnet Zenia in der Eingangshalle, als sie gerade geht und er kommt. Sie begrüßt ihn mit frostigstem Nicken. >Deine Freundin ist ganz schön feindselig<, sagt er später zu Roz. >Das find ich nicht, sie ist nur müde<, sagt Roz. >Müde?"<, fragt Mitch, >sie hat nicht danach ausgesehen.> >Sie ist es müde, dass die Männer sich ständig an sie ranmachen>, sagt Roz. >Das glaubst du doch selber nicht<, sagt Mitch, >außerdem hab ich mich nicht an sie rangemacht, aber ich wette, es würde ihr gefallen, sie ist eine Abenteurerin.> >Warum sagst Du nicht Abenteurer?>, zieht Roz ihn auf, weil sie weiß, dass feministische Terminologie Mitch nervt. >Weil es nicht dasselbe ist. Abenteurer setzen ihren Verstand ein, Abenteurerinnen ihre Titten.< Aber er irrt sich, denkt Roz. Eines Tages ist Mitch weg, er ist weggegangen, um mit Zenia zusammenzuleben. Eine ganze Romanze hatte sich genau vor Roz' Nase abgespielt, und sie hat nichts gemerkt, das Ganze muss schon Monate laufen. Aber nein, das stimme nicht. Mitch erklärt ihr, dass alles sehr plötzlich kam. Zenia sei eines Abends in sein Büro gekommen und dann ... , er wolle ja nur, dass sie versteht. >Wer interessiert sich denn einen Scheißdreck dafür, ob ich versteh oder nicht?<, fragt Roz. >Ich<, sagt Mitch, >weil ich Euch beide liebe!<. >Verpiss Dich>, sagt Roz. Mitch nahm nichts mit, was ihm nicht gehörte, nichts, was Roz für das Haus gekauft hatte. Roz war überrascht, wie wenig er mit ihren Einkäufen und Entscheidungen zu tun gehabt hatte. Sie war ihm immer zuvorgekommen, hatte jeden Wunsch von ihm erfüllt, mit einem magischen Wedeln ihres Scheckbuchs. Vielleicht war sie ihm mit ihrer Großzügigkeit auf die Nerven gefallen. Mitch hatte nur mit offenem Mund auf dem Rasen liegen müssen, sofort war Roz auf den Baum geklettert und hatte die goldenen Äpfel runtergeschüttet. Vielleicht war das Zenias Trick. Vielleicht hatte sie sich als Hunger dargestellt, als die leere Schale eines Bettlers, vielleicht hatte sie eine knieende Haltung eingenommen, die Hände nach Almosen flehend hochgereckt. Vielleicht sehnte sich Mitch danach, selbst ein paar Münzen zu verteilen. Vielleicht hatte er es satt, immer derjenige zu sein, dem gegeben wurde, vielleicht wollte er endlich einmal selbst ein bisschen geben. Und besser noch als eine schöne Frau auf Knien war ein d a n k b a r e Frau auf Knien. War Roz nicht dankbar genug gewesen? Musik HS: Von Kleopatra über die Dietrich bis zur Monroe bieten Geschichte und Kunst schillernde Beispiele für den Typ " femme fatale". Mit Zenia hat Atwood sie literarisch wiederbelebt. Denn die lieben Mamis und ewigen Opfer männlicher Dominanz langweilten sie. Dass die Frauenbewegung Atwood zu ihrer Ikone machte, amüsiert sie genau so, wie der Begriff "feministische Autorin" sie irritiert. 14. O- Ton Atwood: Manche glauben ja, dass jede Frau, die Worte zu Papier bringt oder in den PC, schon Feministin sei. Dann gab es die feministische Bewegung von 1968 bis etwa 1975, wo es von Belang war, ob du einen BH und Makeup trugst oder nicht. Existenzieller sind natürlich Fragen wie gleicher Lohn für gleiche Arbeit, adäquate Aufstiegschancen, Schutz vor männlicher Gewalt und Dominanz, soziale Netze für die Kinderbetreuung usw. Wenn sie mich im Einzelnen fragen: Über Körperschmuck von Frauen mach ich mir keinen Kopf, über notwendige Rechte der Frauen - aber ja! Sind Frauen und Männer gleich? Da melde ich Protest an. Wahrscheinlich besteht der Lackmustest darin, dass Frauen nicht 24 Stunden mit dem Job verbandelt sein möchten. Beim Angebot, Firmenchefin zu werden, macht sich eine Frau sofort klar, dass sie damit Familie, Freunde, Freizeit und ihre Seele vernachlässigen muss. Deshalb sagt sie: Nein danke! Ich finde, es können doch nicht nur Ophelias rumlaufen, die Ladies Macbeth sind viel spannender. Außerdem: Wer hat "Anna Karenina" geschrieben? Ein Mann namens Tolstoi! HS: Dass Margaret Atwood eine waschechte Grüne ist, wissen ihre Leser inzwischen. Sie ist Ehrenpräsidentin im Internationalen Schutz-Klub für seltene Vögel und Mitinitiatorin der Long-Pen-Kampagne, damit Weltautoren nicht mehr so oft fliegen müssen, wenn Original und Übersetzung synchron erscheinen. Am Video- Bildschirm signiert sie Bücher und beantwortet Live-Fragen ihrer Fans und Leser. Zum Twittern, dieser Mode von Teens und Twens, bekennt sich die 70jährige, ohne mit der Wimper zu zucken. Bei den Grünen Nordamerikas gilt sie als gefürchtete Stimme. Manchmal aber, gesteht sie, nehme man ihre Berühmtheit bloß als Feigenblatt. Auch im Alltag und beim Reisen achtet sie strikt darauf, keine Papiertücher zu benutzen, verzichtet sie auf elektrische Haartrockner und Aircondition im Haus und ist Kundin bei einem grünen Stromanbieter. Ökologie fange im Kleinen an, sonst handele es sich um Sonntagspredigten. Ich zeige ihr ein aktuelles Zeitungsfoto von der spektakulären Unterwasser-Sitzung der maledivischen Regierung in Tauchermontur, die an den Westen appelliert, den CO2-Ausstoß zu reduzieren, sonst versinke ihr Land schon bald im Meer. Und frage sie, ob die Horrorvision ihres Thrillers "Jahr der Flut" nicht schon mit Realität untersetzt ist und warum sich die reichen Länder mit einer Öko-Umkehr so schwer tun. 15. O-Ton Atwood: Der legendäre "Club of Rome" hat schon im Jahr 1972 alle Horrorszenarien vorausgesehen. Aber niemand hat sich darum geschert ?trotz der wissenschaftlichen Brisanz, einfach weil 35 oder 40 Jahre noch weit weg schienen. Und heute sitzen wir mittendrin im Katastrophenszenario. Sie haben recht, meine Fiktion im Buch "Jahr der Flut" ist von der Wirklichkeit schon eingeholt. Leider. Dass die Gottesgärtner zum Beispiel Gemüse auf Dachgärten anbauen, das gibt es schon. Oder was die Graswurzel-Initiativen weltweit bewirken, damit ihre Kommunen weniger CO2 in die Luft pusten, erst kürzlich gab es in 182 Ländern einen Klima- Aktionstag. Der Anbau von Bio-Kaffee, den ich selber trinke, weil er gesünder ist, dass viele Stadtmenschen mit dem Fahrrad statt mit dem Auto fahren, dass Hausbesitzer ihre Dächer mit Solarzellen bestücken, dass sich manche Kunden vor dem Einkauf im Internet die Liste bedrohter oder vergifteter Fischarten ansehen ... .Das ist doch schon eine ganze Menge. Die großen Klimakonferenzen der Politik machen dagegen viel Lärm um nichts. Kein Industrieland will doch wirklich den Anfang machen mit konsequenten ökologischen Schritten. Wie kann es einen Konsens geben in einer Welt mit so ungerechter Verteilung an natürlichen Ressourcen, an Bildung und Wohlstand? HS: Ihren jüngsten Roman "Jahr der Flut" nennt Atwood nicht Science Fiction, sonder spekulative Fiktion. Das nimmt der Apokalypse jedoch nichts von ihrem Schrecken. In einer Geisterstadt 25 Jahre nach einer Flut, der kein Tsunami sondern eine Seuche war, die die Menschheit lautlos überraschte und fast auslöschte, versuchen sogenannte Gottesgärtner, mittels Religion und Verzicht, die Erde vor Genchirurgen und Pharmakonzernen zu retten. Seltsame Lebewesen bevölkern Flora und Fauna. Zitat "Das Jahr der Flut" Auf der nördlichen Wiese liegt noch immer der tote Eber. Die Geier waren schon an ihm, sie müssen vorerst mit Augen und Zunge vorliebnehmen und warten, bis seine feste Schwarte fault und platzt. Toby dreht ihr Fernglas himmelwärts, wo die Krähen lärmen. Als sie wieder zurückschaut, überqueren gerade zwei Löwenlämmer die Wiese, ein Weibchen und ein Männchen. Sie bleiben vor dem Eber stehen, beschnuppern ihn kurz und laufen weiter. Fasziniert starrt Toby hin. Sie hat noch nie ein echtes Löwenlamm gesehen, nur auf Fotos. Es müssen Zootiere sein, denkt sie, die in den Wirren der letzten Tage von einer fanatischen Sekte befreit wurden. Sie sehen nicht gefährlich aus, sind es aber. Diesen Löwen-Schaf-Spleiß hatten die Löwen-Jesajaisten in Auftrag gegeben, um die Ankunft des Friedensreiches zu beschleunigen. Der einzige Weg der Löwe-Lamm-Freundschafts-Prophezeiung wäre die Verschmelzung beider zu einem einzigen Tier, Das Ergebnis war allerdings nicht gänzlich vegetarisch ausgefallen. Sanftmütig wirken sie zwar mit ihrem goldgelockten Fell und den kreisenden Schwänzen. Die Löwenlämmer knabbern an den Blumen. Dann reißt das Männchen sein Maul auf, entblößt lange, scharfe Eckzähne und stößt einen Ruf aus. Es ist eine eigentümliche Mischung aus Brüllen und Blöken, ein Bröken, denkt Toby. Kein schöner Gedanke, dass sich ein solches Wesen auf sie stürzen könnte. Sollte es ihr Schicksal sein, in Stücke gerissen zu werden, wäre ihr ein konventionelles Raubtier lieber. Sie beobachtet die beiden beim Herumtollen, bis sie am Waldrand verschwinden. Die Gottesgärtnerin und Freundin Pilar wäre von dem Anblick bezaubert gewesen, denkt Toby. Doch sie ist tot. Hör auf, sagt sie zu sich, hör jetzt sofort damit auf. Musik HS: Ein Kontrastprogramm zu Atwoods utopischen oder richtiger, dystopischen, Romanen ist ihre Beschäftigung mit Geschichte und Mythologie. So behauptet sie, Penelopes Schicksal, wie es die Odysse erzählt, sei (Zitat) "nicht wasserdicht". Was dachte und tat Penelope wirklich, fragt sich Atwood und ähnelt in ihrer Antwortsuche Christa Wolf mit deren Kassandra- und Medea-Romanen. Und wieder streift sie dabei das Thema Mobbing unter Frauen. Denn die bildschöne Helena versprüht nicht nur erotische Reize auf Männer, sondern auch Giftpfeile gegen ihre Cousine Penelope. Zitat "Penelopiade" >Ich finde, Odysseus wäre ein sehr passender Gatte für unser kleines Entchen<, sagte Helena. >Penelope hat einen gewissen Hang zum ruhigen Leben, und das wird sie ja bekommen, wenn er sie nach Ithaka mitnimmt, wie er laut verkündet hat. Sie kann ihm beim Ziegen-Hüten helfen. Sie und Odysseus haben viel gemeinsam. Sie haben beide kurze Beine.> Sie sagte das wie nebenbei, aber die Dinge, die sie so nebenbei sagte, waren oft ihre schlimmsten Grausamkeiten. Warum denken schöne Menschen eigentlich, dass alle anderen in der Welt nur zu ihrem Amüsement da sind? Die Mägde kicherten. Ich war am Boden zerstört. Mir war nicht klar gewesen, dass meine Beine so kurz waren. Aber was die körperlichen Vorzüge und Defekte anderer betraf, entging Helena kaum etwas. Das trug ihr später die Scherereien mit Paris ein ? er sah so viel besser aus als Menelaos, der untersetzt und rothaarig war. Die Mägde sahen mich alle an, weil sie neugierig waren, was ich sagen würde. Aber Helenas Art machte andere sprachlos, und ich war keine Ausnahme. >Mach dir nichts draus, kleine Cousine<, sagte sie, während sie mir den Arm streichelte. >Man sagt, Odysseus ist sehr schlau, und du bist auch sehr schlau. Du wirst also in der Lage sein zu verstehen, was er sagt, ich könnte das bestimmt nie! Es war ein Glück für uns beide, dass er m i c h nicht gewonnen hat!< Sie ließ mir das herablassende Grinsen eines Menschen zuteil werden, der eine wenig appetitliche Scheibe Wurst mit überlegenem Geschmack abgelehnt hat. Es stimmte, Odysseus war unter ihren Freiern gewesen, und wie jeder andere Mann hatte er verzweifelt um sie gekämpft. Jetzt bewarb er sich um das, was man im besten Fall nur den zweiten Preis nennen konnte. Helena schlenderte davon, sie hatte genug gestichelt. Die Mägde begannen, über ihre prächtige Halskette und ihre elegante Frisur zu sprechen. Es war, als wäre ich nicht vorhanden. Und es war mein Hochzeitstag. Musik HS: Atwoods Penelope ist zurückhaltend und intelligent. Ihr Leben lang leidet sie unter Missachtung und Mobbing ? durch den tricksenden Odysseus, ihre schöne wie gemeine Cousine, ja selbst durch den eigenen Sohn. Und doch weigert sie sich, vom Wasser des Vergessens zu trinken und ein zweites Leben zu bekommen. Sind es die Klugen, die lieber nicht verdrängen, sondern sich dem Elend stellen? Ein salomonisches Lachen ist Atwoods Antwort. 16.O-Ton Atwood: (Lachen)Das kann ich Ihnen gar nicht so genau sagen. Vergessen Sie nicht: Meine Penelope ist pure Fiktion. Für mich als Schreibende spielt eher eine Rolle, wie ich meine Story enden lassen möchte? weniger die Alternative mit oder ohne Wasser des Vergessens. Man könnte die Geschichte ja auch so interpretieren, dass Penelope zu pessimistisch oder gar feige ist, sich für eine Wiedergeburt zu entscheiden. (of being born again) HS: Die Helena-Typen, jung, sexy, modisch auf der Höhe der Zeit ... Sind das nicht diejenigen, die von den Medien und der Werbung als die begehrenswerten gepusht werden? Stehen sie für eine gewisse Retrobewegung in puncto Emanzipation der Frau? 17. O-Ton Atwood: (That 's what sells) Das verkauft sich nun mal besser. Das sexy Weibchen sieht auf dem Foto besser aus als die gestresste, berufstätige Mutter. Entschuldigen Sie bitte, auch männliche Schimpansen sehen die jungen, hübschen Weibchen lieber an. HS: Sicher gibt es ein ganzes Geflecht von Ursachen, warum das Single-Dasein heute besonders in Städten zunimmt. Doch trotz demonstrativer Unabhängigkeit verspricht es auch nicht 100 Prozentiges Glück. 18. O-Ton Atwood: Das hängt mit dem Konfliktpotenzial menschlicher Wünsche zusammen. Oft machen wir selbst kaputt, was wir uns wünschen. Wir wünschen uns ein aufregendes Liebesleben, und gleichzeitig sehnen wir uns nach einem treuen Partner und Nestwärme. Schon haben wir den Salat. Wir pendeln hin und her. Genau so wie wir uns einen Tag im Spiegel klasse finden und am anderen Tag wie ein Maulwurf, der Erdlöcher aushebt. Individuen, ihre Wünsche und Stimmungen sind eben nie aus einem Guss. HS: In ihren Geschichten über die Beziehung zwischen Mann und Frau geht es Margaret Atwood explizit um Macht. Aber womöglich versuchen moderne Paare ganz bewusst, alte Rollen - und Machtspiele zu vermeiden und damit Erich Frieds Weisheit zu beherzigen: "Liebe ist ? Dich Dich sein lassen". 19. O-Ton Atwood: Ja, das klingt gut. Aber wenn man Kinder hat, rutscht die schöne Weisheit schnell durchs Raster. Das fängt bei so einfachen Fragen an, wer kümmert sich heut Abend um die Kinder, wer macht den Abwasch? Theorie und Praxis sind zwei paar Schuhe. Jeder muss das für sich aushandeln. Wobei moderne Eheverträge nur sinnvoll sind, wenn die Beziehung gut läuft, sonst funktionieren sie nicht. HS: Der frühe Romanbestseller "Life before man" trägt im Deutschen den Titel " Die Unmöglichkeit der Nähe". Entspricht dieser Befund der Lebenserfahrung der Autorin? 20. O-Ton Atwood: Nein, nein, gar nicht! Diesen Titel hab ich nicht gemacht. Der Verlag meinte damit wohl, deutsche Leser anzusprechen. HS: Wenn Sie die weiblichen Protagonisten Ihrer Stories weder als reine Engel, noch als bloße Opfer beschreiben, sondern auch mit Machthunger und Mobbingkapazität ausstatten, hat dann ergo jede Frau ihre dunklen Seiten? 21.O-Ton Atwood (pathetisch-ironisch): Jeder Mensch hat seine dunklen Seiten. Mr. Jung hat uns das gelehrt. HS: Vier Jahre bevor die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise ausbricht und zum Medienhype avanciert, startet Margaret Atwood für Ihren Essay "Payback" Recherchen zum Thema Schulden und legt anhand beeindruckender Beispiele aus Geschichte und Literatur die Schattenseiten von Wohlstandskultur und Geldgier bloß. Spätestens da hat sie sich den Titel einer Kassandra verdient. 22. O-Ton Atwood: Ja, im September, Oktober 2008 kam mein Buch "Payback" zeitgleich mit dem Finanzcrash auf den Markt. Sie müssen mir aber dafür nicht mit Kassandra schmeicheln. Schließlich gab es handfeste Krisensignale. In meinem "Brief an Amerika", den ich schrieb, als die US-Truppen in Bagdad einmarschierten, warnte ich meine Nachbarn in den USA: Mit diesem Krieg grabt Ihr Euch ein Riesen- Schuldenloch. Die Weltgeschichte ist doch voll von Beweisen, dass Schulden mit Kriegen zu tun haben. Dazu kam, dass große US-Banken im Immobilienmarkt wie die Händlerhaie mit irrrationalen Hypotheken und astronomischen Profiten jonglierten. Auf einmal war es schick, mit hohen Schulden zu leben. Dann sah ich in der Metro und an Litfaßsäulen in Toronto überall Annoncen von Schuldenberatern. Alles untrügliche Krisen-Vorboten. HS: Ob die großen Banker mit ihrer Skrupellosigkeit und dem Knowhow, Geld auf Teufel komm raus zu vermehren, allerdings Lehren aus der Krise ziehen, provoziert nicht nur bei Nichtbankern Skepsis, auch bei der Essayistin selbst. 23.O-Ton Atwood: Die Banker scheinen auf ihrer Gier und Großmannssucht zu beharren. Das Casino geht weiter. Auch wenn sich die Öffentlichkeit lauthals mokiert. Da hilft auch kein Karl Marx, der einiges am Kapitalismus richtig analysierte, anderes nicht. Profitmachen finde ich nicht per se teuflisch. Wenn ein Unternehmer eine neue Firma für Ökostrom aufbaut und Arbeitsplätze mit fairem Lohn schafft, ist das doch nicht verwerflich. Leider gehen jetzt immer mehr Großunternehmen pleite und fördern massenhaft Arbeitslosigkeit. Ein wichtiges Sachbuch von James Buchan trägt den Freudschen Titel "Frozen Desire", "Unsere gefrorenen Begierden", weil Geld eine komplett symbolische Erfindung des Menschen ist, kein Tier braucht Geld, um zu überleben. HS: Was tun? Der "Western Way of Life" zielt auf Wachstum und Wohlstand, auf Egoismus in der Karriere und Annehmlichkeit im Alltag. Stellt Atwood das zur Disposition? 24. O-Ton Atwood: Meine Binsenweisheit lautet: Wenn alles verloren ist, gibt es nichts mehr. Es ist nicht so sehr die Gesellschaft, die zu hinterfragen ist, die alles entscheidenden Faktoren sind heute unsere Nahrungsmittel, das Verhältnis zwischen Bevölkerung und Ernährung, zwischen einerseits fortschreitender Zerstörung von Landwirtschaftsflächen und andererseits Produktionssteigerung genmanipulierter Agrarprodukte. Im fruchtbaren Kalifornien herrschen derzeit Trockenheit und verheerende Waldbrände, in Australien große Dürre genau wie in Ostafrika, wo Hunger dazukommt. Die küstennahen Fischfangzonen sind überfischt. Jetzt fahren die großen Fischfangflotten immer weiter raus aufs Meer und verbrauchen mehr Diesel. Nicht die Banker und Politiker können uns letztlich retten. Das Wichtigste für die Zukunft sind: Wasser, Erde und genug Saatgut. Ausrufezeichen! HS: In "Payback" lässt Atwood die alte Dickens-Figur "Scrooge" , der im ersten Leben als Gläubiger den Menschen immer nur was wegnahm und im zweiten Leben als Schuldner an die Nächstenliebe appelliert, im heutigen Toronto an einer Party teilnehmen, wo es nur gut genährte und gut gekleidete Reiche gibt, die im klimatisierten Luxussalon über Lebensmittelknappheit in ? wie sie sagen - "Krawallregionen" palavern. Zitat "Payback" >Die Lebensmittelspekulanten sind schuld<, sagt ein Gast gerade. >Sie horten alles. Wissen Sie, wie viele Milliarden die Groß-Konzerne schon daran verdient haben?< >Nein, es gibt wirklich nicht genug Nahrungsmittel<, entgegnet ein zweiter Gast. >Wir können ja jederzeit mehr anbauen<, sagt ein anderer. >Bis wir 's irgendwann nicht mehr können>, sagt der Vorredner. >Man kann nicht immer nur nehmen, ohne je etwas zurückzugeben.< >Die grüne Revolution hat doch mit ihren Düngemitteln, Pestiziden und genverändertem Saatgut die Produktion gesteigert>, sagt wieder ein anderer. Und was passiert, wenn erst mal alle Chinesen und Inder Autos haben und wir alle ersticken?<, wirft jemand ein. >Das werden steigende Benzinpreise verhindern<, tröstet der Erste. >Zu viele Menschen<, sagt der Zweite. >Nur 20 Prozent der Erde ist Land, und nur 3 Prozent davon eignen sich für Pflanzenanbau. Der Großteil der Menschheit lebt auf 2 Prozent der gesamten Landfläche unseres Planeten, und wir sind fleißig dabei, das, was uns bleibt, zu zerstören.< >Solche malthusianischen Vorhersagen haben wir schon oft gehört<, sagt der Dritte. >Was nicht heißt, dass sie nicht wahr sind<, sagt der Vierte. >Wie auch immer<, schaltet sich ein fünfter Gast ein, >ich kann nicht das Geringste tun, das alles aufzuhalten. Das ist zu groß für uns! Also sollten wir uns amüsieren, solange es noch möglich ist<. Darauf erheben alle ihre Gläser. Musik HS: Margaret Atwood kokettiert gern und zu recht damit, eine "Nomadin zwischen Wildnis und Großstadt" zu sein. Noch immer lebt sie wochenlange Intermezzi in ihrem Blockhaus im Norden von Quebec ? ohne Strom und fließend Wasser, vor der Tür die Gummistiefel, zwei Kanus und der Fluss. Eines Tages auf die Wildnis verzichten zu müssen, wäre ein schlimmes Anzeichen von Alter für sie. Für die zehn Jahre ältere Christa Wolf heißt Altern vor allem, gute Freunde durch deren Tod zu verlieren. 25. O-Ton Atwood: Ich habe natürlich auch schon gute Freunde und Kollegen so verloren, aber auch jüngere Freunde gewonnen, die die alten zwar nicht ersetzen, aber lebendige Beziehungen bescheren. Du kannst mit denen jede Menge Spaß haben. ZUM BEISPIEL wenn Du ihnen erzählst: Es war einmal eine Zeit, da gab's noch keine Anti-Babypille. Großes Aufjaulen. Es war einmal eine Zeit, da gab's weder Computer, noch Internet. Wie bitte?! HS: Dass Atwood neben Ahornsirup und Whisky zu den größten Exportschlagern Kanadas gehört, wie ein Kritikerfan nicht zuletzt wegen so renommierter Preise wie dem Toronto- und London- Literary-Award, dem Prinz von Asturien- und dem stolzen Booker-Preis schwärmt, findet sie zwar komisch, doch immerhin handele es sich einschließlich ihrer Bücher um Lebensmittel. Ihr Ehemann Graeham Gibson ist Hobbyfarmer und auch Schriftsteller. Als er mal an einem Roman scheitert und das Weiterschreiben verflucht, schenkt er kurzerhand seiner Frau den Titel "Moralische UNOrdnung". Mit den Geschichten des alternden Paares Nell und Tig bedankt sich die Beschenkte literarisch. Schätzt sie das literarische Verständnis ihres Mannes, oder ist er eifersüchtig auf ihren Ruhm? 26. O-Ton Atwood: Wir schätzen gegenseitig unsere literarische Arbeit, unser Gespür fürs Schreiben. Es ist doch immer sympathisch, wenn der Partner sich für deine Arbeit interessiert und respektiert, wenn Du nicht gestört sein willst. Ich darf ihn aber stören ? und zwar jeden Nachmittag um Fünf, da trinkt er nicht etwa Tee, sondern ein Glas Scotch(Lachen). Mein Mann ist Löwe vom Sternzeichen her, und Löwen sind nicht eifersüchtig; sie mögen zwar selbst gern bewundert werden, kehren sich aber einen Dreck drum, wenn man Dich bewundert. Würden Sie Graeham fragen, wie's sich mit einer Schriftstellerin lebt, würde er antworten: Ich leb mit Margaret zusammen, nicht mit einer Autorin, was immerhin noch besser ist als mit einer Zahnärztin. HS: Im Roman "alias Grace" erzählt Margaret Atwood das historisch verbriefte Schicksal des Dienstmädchens Grace Marks, die 1843 in Toronto gemeinsam mit dem Hausangestellten McDermott des kaltblütigen Doppelmords an ihren Arbeitgebern schuldig gesprochen wird. Während der Komplice hingerichtet wird, verbringt Grace viele Jahre hinter Gittern und in einer Irrenanstalt, bis der Nervenarzt Simon Jordan aus Gesprächen mit Grace deren Unschuld zu beweisen versucht. Atwoods subtiler Blick hinter patriarchale Machtstrukturen und psychologische Verdrängung veranlasste den kanadischen Schriftstellerkollegen Michael Ondaatje zu dem Lob: Sprecher: Margaret Atwood ist eine stille Mata Hari, die sich wie eine Brandstifterin gegen die geordnete, zu saubere Welt wirft. Zitat "alias Grace? Gegen sieben Uhr kam Mr.Kinnear die Treppe herunter und trank seinen Tee. >Jetzt tu ich's <, sagte McDermott, >Du musst zu ihm gehen und ihn in die Küche bitten, damit ich ihn auf dem Steinboden erschießen kann<. Aber ich sagte, das würde ich nicht tun. Er sagte, in diesem Fall würde er es selbst tun und Mr. Kinnear dazu bringen, mit ihm zu kommen, indem er sagte, mit seinem neuen Sattel sei etwas nicht in Ordnung. Ich wollte damit nichts zu tun haben und trug das Teetablett in die Sommerküche, in deren Herd Feuer war, weil ich dort den Abwasch machen wollte; und als ich das Tablett gerade abstellte, hörte ich den Schuss. Ich lief zurück in die Winterküche und sah Mr. Kinnear tot auf dem Boden liegen. McDermott stand über ihm, und das Gewehr lag auf dem Boden. Ich wollte wieder hinaus, aber McDermott schrie und fluchte, ich sollte die Falltür zum Keller öffnen. Ich sagte, das würde ich nicht, und er sagte, ich müsste. Und da tat ich es, und McDermott warf den Körper die Treppe hinunter. Ich hatte solche Angst, dass ich aus dem Haus lief und dann um die Pumpe herum zur Sommerküche. Und dann kam McDermott mit dem Gewehr aus der Winterküche und schoss auf mich, und ich fiel ohnmächtig zu Boden. Und das ist alles, woran ich mich erinnere, Sir. >Aber Jamie Walsh hat ausgesagt, er sei gegen acht Uhr abends auf den Hof gekommen, Du seist wohlauf, guter Stimmung und besser gekleidet gewesen als sonst und hättest weiße Strümpfe angehabt. Er hat angedeutet, dass es Strümpfe der Haushälterin Nancy waren<, sagte Simon. >Ich war im Gerichtssaal, Sir. Ich habe gehört, was er sagte, doch das waren meine Strümpfe. Aber Jamie hatte da schon seine früheren Gefühle für mich vergessen und wollte mich hängen sehen.< >Nun Grace<, sagte Simon forsch, >ich sehe, dass Du müde bist. Früher oder später werden wir der Geschichte auf den Grund kommen.< >Ich hoffe es, Sir<, sagte Grace matt. >Es wäre eine große Erleichterung für mich, endlich die ganze Wahrheit zu kennen.> Musik HS: Von Ingeborg Bachmann stammt der Satz: "Die Geschichte lehrt, aber sie hat keine Schüler?: 27. O-Ton Atwood: Natürlich lehrt Geschichte, aber nur wenige schenken dem Aufmerksamkeit. Die Sorge teile ich mit Bachmann. Das rührt mit aus der Tatsache, dass wir unverbesserliche Optimisten sind. Doch dann erleben wir, wie indifferente Wählermehrheiten sich zum Beispiel einreden lassen, der Westen könne mit seinem Militär in Afghanistan für demokratische Verhältnisse sorgen und dabei schlauer als Alexander der Große oder die britischen Kolonialmacht agieren. Obwohl klar ist, dass am Hindukusch noch keine Besatzungsmacht das Land befrieden und vereinen konnte. Ich sehe keine rettende Brücke zwischen der Erkenntnis aus der Geschichte und der Herausforderung für die Gegenwart, nur eine große Kluft. Das kommt mir so vor, wie wenn Mütter ihre Töchter warnen ? geh bloß nicht mit dem Jungen, er ist nicht gut für dich. Und die Töchter bäumen sich auf gegen die altmodische Bevormundung. HS: Dass Margaret Atwood mit ihrer grauen Lockenmähne, den leicht schrägen Augen und dem sehr schrägen Humor oft mit Barbara Streisand verglichen wird, nimmt sie mittlerweile gelassen. Ihr Achselzucken passt zur lakonischen Antwort: Sprecherin Atwood: "Der Hollywoodstar spielt und singt gut, ich schreibe gut". H.S.: Ihr langjähriger Berliner Verleger Arnulf Conradi stellt eine plausible Frage nach dem Wilden und Stolzen seiner Autorin. Sprecher: "Könnten die Axtschläge des Vaters an die Bäume in der kanadischen Wildnis, damit die Insekten herunterfielen, nicht mit Atwoods poetischer Strategie gespielter Naivität contra zivilisatorischem Zynismus zu tun haben?" HS: In der Titelstory des von Atwood eigenhändig illustrierten Erzählbandes "Das Zelt" sitzt eine Frau mitten in der Wildnis in einem Zelt ? allein mit einer kleinen Kerze und ihrer großen Angst. Draußen nichts als unwirtliche Landschaft aus Eis, Fels, Sand, bedrohliches Heulen des Windes und näherkommender Eindringlinge. Die Einsame versucht, ihre Angstfantasien zu vertreiben, indem sie die Zeltwände damit bekritzelt. Und sie fragt sich, warum es so schwer gelingt, die eigenen Lieben zu beschützen und der Wahrheit des Geheuls auf die Schliche zu kommen. Zitat "Das Zelt" Du schreibst, als hinge dein Leben davon ab, dein Leben und das ihre. In Steno schreibst du ihr Wesen, ihre Gewohnheiten, ihre Geschichte an die Wände; du änderst natürlich die Namen, weil du keine Spuren legen willst, du willst nicht falsche Aufmerksamkeit wecken an deinen Lieben, von denen einige gar keine Menschen sind, sondern Städte und Landschaften, Orte und Seen und Kleidung, die du einmal getragen hast, und Cafes in der Nachbarschaft und vor langer Zeit verlorene Hunde. Du willst die Heulenden nicht anziehen, aber sie werden sowieso von dir angezogen. Die Wände sind so dünn, dass sie das Kerzenlicht sehen und deinen Umriss erkennen können; und natürlich sind sie neugierig. Du könntest etwas sein, was sie töten, mit Triumphgeheul umtanzen und dann essen würden. Du hast dich auffällig gemacht und verraten. Sie kommen näher, sie halten im Heulen inne, um herumzuschnüffeln. Warum glaubst du, dass dein Schreiben, diese Graphomanie in einer dürftigen Höhle, dieses Rauf-und Runtergekritzel an den Wänden dessen, was dir nun wie ein Gefängnis vorkommt, in der Lage sein sollte, überhaupt jemanden zu beschützen? Dich eingeschlossen. Es ist eine Illusion, dass dein Buchstabensalat eine Art Panzer ist, so etwas wie ein Zauber, denn niemand weiß besser als du, wie zerbrechlich dein Zelt in Wirklichkeit ist. Schon hört man das Stampfen von lederumhüllten Füßen. Wind kommt herein, deine Kerze fällt um und flammt auf, und eine lose Ecke des Zelts fängt Feuer. Und durch den sich schwarzgeränderten Riss kannst du die Augen der Heulenden sehen, rot und im Licht deiner brennenden Papierzuflucht glänzend. Aber du schreibst trotzdem weiter, denn was sonst kannst du schon tun? HS: "Du schreibst trotzdem weiter". Ein Satz, in dem sich sowohl Sinnfrage als auch Selbstbehauptung der Schriftstellerin verbergen. Dabei erweist sich Margaret Atwood als Kassandra und Phönix zugleich, weil sie nicht aufhört, uns ihre Geschichten aus Schrecken und Träumen, Skepsis und leidenschaftlichem Hoffen zu erzählen. Ob sie in ihrem Leben jedoch Pessimistin oder Optimistin ist, darüber lässt sie keinerlei Zweifel. 28. O-Ton und Schluss Atwood: (I am a complete optimist) Ich bin eine vollkommene Optimistin. Wie sonst könnte ich Bücher schreiben? Früh aufstehen, eine Geschichte zu Papier bringen, hoffen, dass sie den Leser berührt. Dazu braucht man Optimismus. Ich muss optimistisch sein, wenn ich das Ergebnis dann an den Verlag schicke und hoffe, dass es genug Menschen gibt, die das Buch kaufen und verstehen. Mehr Optimismus geht wohl kaum!(more optimistic than that) Musik (darauf Absage/Sprecher): Sie hörten: "Lady Oracle" ?ein Porträt der kanadischen Schriftstellerin Margaret Atwood zu ihrem 70. Geburtstag. Die Interviewpassagen und Lesezitate sprachen Maren Kroymann und Corinna Kirchhoff. Eine Sendung von und mit Heike Schneider. Regie: Rita Höhne, Technik: Marion Groth und Lutz Pahl, Redaktion: Dorothea Westphal. Zitate wurden aus folgenden Büchern von Margaret Atwood verwendet: "Die Räuberbraut", S.Fischer Verlag, Frankfurt/Main, 1994, Deutsch von Brigitte Walitzek "Das Jahr der Flut", Berlin Verlag, 2009, Deutsch von Monika Schmalz "Die Penelopiade", Berlin Verlag, 2005, Deutsch von Malte Friedrich "Payback", Berlin Verlag, 2008, Deutsch von Bettina Arbarbanell,Grete Osterwald,Sigrid Ruschmeier,Gesine Stempel und Brgitte Walitzek "alias Grace", Berlin Verlag, 1996, Deutsch von Brigitte Walitzek "Das Zelt", Berlin Verlag, 2006, Deutsch von Malte Friedrich 1