Deutschlandradio Kultur Länderreport, 22.03.2012 Titel: Ein Fass ohne Boden - Die Elbphilharmonie Autor: Verena Herb, Redaktion: Heidrun Wimmersberg ++++++++Beitrag Anfang+++++++++++ Atmo Wind... Der Wind pfeift über die Stahlkonstruktion der Elbphilharmonie, als die Hamburger Kultursenatorin Barbara Kisseler den prominenten Besucher, EU- Kommissionspräsident José Manuel Barroso über die Baustelle führt. Atmo Stimmengemurmel Barroso und seine Entourage tragen weiße Bauhelme und schwarze Schutzschuhe - der Politiker ist begeistert vom "neuen Wahrzeichen der Hansestadt": O-Ton Barroso (english) - wird dann overvoiced I´m extremely impressed by this project. I know it will be the biggest musical center in Central Europe. Ich bin von diesem Projekt sehr beeindruckt - es wird wahrscheinlich das größte musikalische Zentrum Zentraleuropas werden. Zwischenzeitlich ist es bis nach Brüssel vorgedrungen, dass die Elbphilharmonie sich zu einem Mammutprojekt entwickelt hat - dessen Kosten explodieren und dessen Fertigstellung immer länger dauert. Auch wenn sich Barroso optimistisch zeigt, dass die Querelen früher - eher später - ausgeräumt werden können: die Entwicklungen bei diesem Bau sind doch eher ungewöhnlich: O-Ton Barroso Many places in Europe I saw this kind of projects developing. Probably not so expensive as this one, to be honest. But I´ve seen the huge contribution they have made for the renomée of the cities, for the competitiveness for the cities and for the vitalization of the cities. I´m sure that those problems are going to be solved and at the end it will be very valued for Hamburg - and I hope to come for the opening. An vielen Orten in Europa habe ich gesehen, wie sich solche Projekte entwickeln. Wahrscheinlich nicht so teuer, um ehrlich zu sein. Aber ich habe gesehen, dass sie einen großen Beitrag leisten zum Renomee, der Wettbewerbsfähigkeit und der Vitalität dieser Städte. Ich bin sicher, die Probleme hier in Hamburg wird man lösen - und am Ende wird die Stadt sehr davon profitieren. Und ich hoffe, bei der Eröffnung dabei zu sein. Kultursenatorin Barbara Kisseler lächelt über José Manuel Barrosos zuversichtlichen Blick in die Zukunft - weiß sie doch, dass die Gegenwart sich alles andere als rosig darstellt: Derzeit wird am öffentlichen Teil der Elbphilharmonie, speziell am Dach des Konzertsaales nicht weitergebaut. Zwar schwingen noch Baukräne über das Gebäude an der Spitze der Hafencity, doch die werden von den Bauarbeitern genutzt, die für die Fertigstellung des Luxushotels und der diversen Eigentumswohnungen zuständig sind. Und hier ist nicht die Stadt der Bauherr. Stattdessen: In der Mitte der Elbphilharmonie bleibt es ruhig: Baustopp. Das heißt: Kein Hämmern, kein Fräsen, kein Bohren. Der Grund für den Stillstand: Hochtief hat Sicherheitsbedenken am komplizierten Tragwerk des Daches, sagt Thomas Möller, Niederlassungsleiter des Baukonzerns in Hamburg, im Norddeutschen Rundfunk. O-Ton Hochtief Grund dafür sind Widersprüche in den Ergebnissen der Statik, des Prüfstatikers und unserer Statik. Diese Widersprüche müssen komplett aufgeklärt werden... Sonst wird eben nicht weiter gebaut. Das Architekturbüro Herzog und de Meuron aus der Schweiz ist Generalplaner des Riesenprojekts und für die Bauüberwachung zuständig. Sicherheitsbedenken - nicht bei den Architekten. David Koch, Partner bei Herzog und de Meuron: O-Ton David Koch Das Dach ist sicher. Daran haben wir keine Zweifel. Das wurde von unserem Statiker mit zwei Modellen überprüft und mit einem dritten Modell und von einem dritten Gutachter überprüft. Und da hat keiner der Beteiligten Zweifel dran. Die Dachfrage ist zwischenzeitlich zwar nicht gelöst, doch zumindest hat Hochtief nun zugesagt, auf eigene Kosten die Stahlträger zu verstärken und dann per Beweissicherungsverfahren klären zu lassen, ob diese Nachrüstungen technisch notwendig sind, um die erforderlichen Sicherheiten herzustellen und Folgeschäden zu vermeiden. Fest steht: Der Verlierer zahlt das Dach. Entweder Hochtief oder die Stadt. Immerhin: Die Bereitschaft, dass Hochtief die 40 Bauarbeiter, die das Unternehmen bereits im November von der Baustelle abgezogen hat, bald wieder nach Hamburg schicken will, wertet Kultursenatorin Kisseler als gutes Zeichen: O-ton Kisseler In der Tat sind wir im Augenblick in einem sehr konstruktiven und, wie ich hoffe, auch verlässlichen Weg mit Hochtief. Und mein Pendant auf deren Seite, Herr Eichholz, hat mir gerade noch einmal zugesichert, dass sie den zur Zeit aktuellen Konfliktpunkt - das Saaldach - auch weiterbauen werden... Wann genau es mit den Bauarbeiten weitergeht, steht noch nicht fest: Man führe Gespräche mit der Stadt, sagt Hochtief und davon sei abhängig, wann der Hammer wieder geschwungen wird: Voraussichtlich Ende April oder Mai, ist zu hören. Die Auseinandersetzung um die Sicherheit der Stahlträger ist nur ein weiteres Kapitel in dieser "Never ending Story" Elbphilharmonie. Oder anders ausgedrückt: Willkommen in Absurdistan. Dabei hatte alles so schön angefangen... so vielversprechend und euphorisch: Musik Per Gyynt... unter Text Autorin... Im Jahr 2001 spricht der private Investor Alexander Gerard mit den Basler Architekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron über die Vision eines Konzertsaals auf dem damaligen Kaispeicher A am westlichen Zipfel der Hafencity: Der Entwurf zeigt eine kühne Welle aus Glas, unter deren Hülle ein neuer Konzertsaal entstehen soll - modern, avantgardistisch, atemberaubend. Die Vision wird publik, erreicht den damaligen CDU-Bürgermeister Ole von Beust im Juni 2003. Und dessen Augen mögen aufgeleuchtet haben, als er sich vorstellt, wie das neue Wahrzeichen der Hansestadt zu noch mehr Prestige, noch mehr Touristen, noch mehr Einnahmen für die Stadt führen würde. 2005 steht auf dem Preisschild ein "Festpreis" von 77 Millionen Euro, die Kosten für die Stadt. Eröffnungsprognose: Sommer 2010. Im Januar 2008 stellt Ole von Beust das Projekt erstmals in der Hauptstadt vor und verspricht: O-Ton Von Beust Dass ein solches Bauwerk mit einer faszinierenden Architektur - mit einer Verbindung von Tradition, von Backstein, von Hafen, von Wasser etwas ist, was Strahlkraft hat, weit über Hamburg hinaus - nach Berlin, aber auch über Berlin und Hamburg hinaus nach Europa... Die Begeisterung ist groß - auch in der Hansestadt Hamburg. Ein "Leuchtturm der Kultur", ein "Juwel unter den Konzerthäusern"... tönt es aller Orten. Die Kulturschaffenden in der Stadt, allen voran der damalige Chefdirigent des NDR-Sinfonieorchesters, Christoph von Dohnanyi sind überzeugt: Die Elbphilharmonie könnte etwas ganz Großartiges werden: O-Ton Dochnany Die Philharmonie wird als solche wahrgenommen als Plan und als ein ganz beneidenswertes Bauwerk. Ob wir in China waren, ich in New York bin... Wo auch immer ich war in letzter Zeit: London. Ich meine, die warten darauf, dass sie hierher können. Also das ist was absolut einmaliges. Ähnlich sieht es auch sein Nachfolger, der Dirigent Thomas Hengelbrock, der seit vergangenem Jahr das Sinfonieorchester führt. Die Sinfoniker werden als Residenzorchester einmal die Elbphilharmonie bespielen. Weshalb er schon jetzt begeistert ist, von dem was kommt: O-Ton Hengelbrock Die Elbphilharmonie ist nach meinem Dafürhalten das... DAS Haus für die Musik. Und zwar weltweit. Ich glaube, es hat in den vergangenen Jahrzehnten nichts Vergleichbares gegeben. Also ich glaube, das wird als Gebäude eine Ausstrahlung nicht nur über Hamburg, sondern auch weit über Deutschland hinaus haben. Das Eröffnungskonzert in der Elbphilharmonie hätte bereits im November 2011 stattfinden sollen - doch dieser Traum ist längst geplatzt. Die Kosten für das Bauwerk sind zwischenzeitlich um das Vierfache angestiegen: auf derzeit 323 Millionen Euro. Weitere Kostensteigerungen nicht ausgeschlossen. Der Stadt liegen Nachforderungen von Hochtief in Höhe von 60 Millionen Euro vor. Auf der anderen Seite verklagt die Stadt den Baukonzern wegen der Verzögerungen auf der Baustelle auf eine Vertragsstrafe von über 40 Millionen Euro. O-Ton Petters Mit dieser Klage wollen wir gerichtlich feststellen lassen, wer für die bisherigen Verzögerungen bei dem Bau der Elbphilharmonie verantwortlich ist. Wir sind der Auffassung, dass das ganz überwiegend ein Verschulden von Hochtief ist. Sagt Karl Olaf Petters, Sprecher der Elbphilharmonie bei der Kulturbehörde. Und bei dieser Klage sind die Verzögerungen aufgrund des Baustopps beim Saaldach nicht mit eingerechnet. Als Hamburg die Klage gegen Hochtief aufgrund der Verzögerungen und der damit verbundenen Mehrkosten eingereicht hat, waren die Bauarbeiten 14 Monate im Verzug. Zwischenzeitlich lassen sich die Monate kaum beziffern - der neue Übergabetermin wird derzeit noch mit November 2014 angegeben. Doch auf die Frage nach dem Eröffnungstermin kann Hamburgs Kultursenatorin Barbara Kisseler nur müde lächeln: O-ton Kisseler Die Frage stelle ich mir ungefähr im Wochentakt. Und ich würde mich freuen, wenn ich irgendwann eine belastbare Antwort darauf hätte. 2014 sei zwar avisiert - O-Ton Kisseler Ich wäre aber nicht überrascht, wenn es tatsächlich 2015 würde. Doch was ist der Grund für die all die Querelen: Die zeitlichen Verzögerungen, die Kostenexplosionen? Um dem auf den Grund zu gehen hat die Hamburgische Bürgerschaft einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss eingerichtet. Der SPD-Abgeordnete Ole Torben Buschhüter ist der Vorsitzende des Gremiums. Eines der Hauptprobleme ist seiner Meinung nach der überstürzte Baubeginn. O-Ton Buschhüter Was sich abzeichnet ist, dass es doch ein großer Fehler war, und da haben mehrere vor gewarnt, damals schon - zu einem Zeitpunkt auszuschreiben, die Bauleistung, als die Pläne für den Bau noch nicht fertig waren. Am 16. Juni 2006 haben die mit dem Entwurf der Elbphilharmonie beauftragten Architekten Herzog und de Meuron, die bereits das bekannte Vogelneststadion in Peking und die Fußballarena in München geplant haben, Bürgermeister Ole von Beust gewarnt: O-Ton Buschhüter Verschiebt doch die Ausschreibungen. Wir sind mit unseren Plänen noch nicht fertig. Gebt uns noch ein halbes Jahr, oder so... Werde trotzdem final ausgeschrieben, seien - Zitat - "Kosten und Fertigstellung in höchster Gefahr". Der Baukonzern Strabag, der ursprünglich ebenfalls in Betracht kam, gab gar nicht erst ein Angebot ab, so Ole Torben Buschhüter: O-Ton Buschhüter Die haben kein Angebot abgegeben mit der Begründung, die Pläne wären noch nicht ausgereift. Da könne man kein belastbares Angebot drauf abgeben. Na, das an sich wäre ja schon eine Warnung genug gewesen. Zu sagen: Oh, wenn Strabag sich das gar nicht zutraut - die sind ja auch ein großes Unternehmen - ein Angebot abzugeben... da müssen wir das Verfahren zurücksetzen. In einen Stand, wo wir wieder mehrere Angebote bekommen können. Strabag rügt das Vergabeverfahren - und Ole von Beust persönlich setzt sich dafür ein, dass Strabag diese Rüge zurückzieht. Um das Projekt nicht zu verzögern. Ein Unding, findet auch die jetzige Kultursenatorin Barbara Kisseler und schüttelt den Kopf: O-Ton Kisseler Ich glaube, bei einem so komplexen Bauwerk wie der Elbphilharmonie - sowohl was die Architektur angeht, als auch die Nutzung, also den Inhalt, ist ein absolut zentrales Erfordernis eine differenzierte, sehr genaue Planung. Und wenn sie dabei nur den Faktor Zeit im Auge haben, dass sie der staunenden Öffentlichkeit möglichst schnell verkünden wollen, ab morgen wird gebaut... dann lässt das die nötige Sorgfalt vermissen... Ein Mangel an Sorgfalt, der - wie sich heute zeigt - zu einer Kostenexplosion par excellence geführt hat. Doch warum diese Eile? Ole von Beust, der Anfang Februar dieses Jahres als Zeuge im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss geladen ist, weist sämtliche Vorwürfe von sich. Er habe niemals direkt oder indirekt politischen Einfluss auf Zeitpläne genommen. Für ihn sei es immer unerheblich gewesen, wann die Elbphilharmonie fertig werde. Wichtig sei ihm gewesen, dass sie fertig werde. O-Ton Buschhüter Der Bürgermeister streitet ab, selbst politischen Druck ausgeübt zu haben. Auf der anderen Seite: Bestreiten konnte er nicht, dass einige aber den Eindruck hatten, dass es ganz gut wäre, diese Entscheidung schnell zu treffen. Was steckt also dahinter? Eine Art vorauseilender Gehorsam? Ausschussvorsitzender Ole Torben Buschhüter, SPD: O_ton Buschhüter Es gibt keine andere Erklärung dafür, außer dass es ein Klima gab, bei der Rege, bei der Stadt, bei den Entscheidungsträgern, dass man jetzt hier auch mal zügig zu Ergebnissen kommen sollte. Das ist die einzige schlüssige Erklärung aus meiner Sicht dafür, dass man doch wieder ein Stück weit überhastet, übereilt Entscheidungen getroffen hat. Trotz ernstzunehmender Warnungen. Bei dieser Vorgeschichte wundert es dann auch nicht mehr, dass sich die Stadt auf ein sehr "ungewöhnliches" Vertragskonstrukt eingelassen hat - mit drei Protagonisten: Der Stadt, Hochtief und den Architekten Herzog und de Meuron: Ein kompliziertes Dreiecksverhältnis, wo der Konzern Hochtief baut, was das Architektenbüro Herzog und de Meuron entwirft und was die städtische Realisierungsgesellschaft ReGe steuern und kontrollieren soll. Normalerweise kümmert sich der Generalunternehmer, in diesem Fall Hochtief, um die Details der Ausführungen. Da die Planungen nach wie vor weitergehen, ist Herzog und de Meuron dafür zuständig - also GeneralPLANER. Und während es zwischen den Generalplaner Herzog und de Meuron und dem Generalunternehmer, Hochtief, keine juristischen Regelungen gibt, hat die Stadt mit beiden Verträge... Und so stehen die Entwürfe der Starachitekten auf der einen Seite - und ein knapp kalkulierender Konzern, der sämtliche neu dazukommenden Planungsentwicklungen auch neu honoriert, auf der anderen Seite. O-Ton Kisseler Ich glaube, in der Tat, das hat der damalige erste Bürgermeister nicht ganz sehen wollen... vielleicht... Zumindest ist es de facto so, dass die Planung entschieden nicht sorgfältig genug ausgeführt worden ist, und dass die Konflikte, die es da gegeben hat - zwischen Entwurfsplanung der Architekten auf der einen Seite und technische Ausführungsplanung auf der anderen Seite - dass es da soviele konfliktäre Schnittstellen gegeben hat, dass eigentlich das Drama absehbar war. Ole von Beust will davon so richtig nichts mehr wissen. Der 56jährige hat sich aus der Politik zurückgezogen: Und so scheinen die Vorkommnisse in den Entstehungsjahren der Elbphilharmonie für ihn weit weg. Im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss als Zeuge befragt, kommt nur selten eine detaillierte Antwort. Er habe die politische Linie vorgegeben, sich ansonsten auf den damaligen Chef der städtischen Realisierungsgesellschaft Rege, Hartmut Wegener, verlassen: O_Ton Beust Sie können nur das wissen, was Ihnen gesagt wird. Wenn mir´s keiner sagt, dann weiß ich´s nicht. Dass schon die Architekten massiv vor der Ausschreibung gewarnt hatten, das Strabag gar nicht erst ein Angebot abgegeben hat, warum die von der Stadt ausgehandelten Verträge nicht von den Behörden noch einmal nachgeprüft wurden und wer letztendlich Druck gemacht hat um an einem baldigen Eröffnungstermin festzuhalten... - der Freiherr kann sich nicht mehr erinnern. Erinnerungslücken und Vorwärtsverteidigung prägen die Befragung des Ex- Bürgermeisters. Denn schon vor seinem Auftritt im Untersuchungsausschuss erklärt er gegenüber der Presse: O_Ton von Beust Für den Zeitraum in dem ich das Amt hatte, habe ich für alle Dinge der Stadt, die mit Politik was zu tun haben, und die exekutiv entschieden worden sind, natürlich die politische Verantwortung. Aber es gibt einen Unterschied zwischen Verantwortung und Schuld. Aber die Verantwortung habe ich ohne Frage. Und Schuld sei ein juristischer Begriff, ergänzt der 56jährige: O_Ton von Beust ... heißt, dass man entweder vorsätzlich oder fahrlässig Dinge falsch gemacht hat... vorsätzlich schließe ich aus. Fahrlässig ist man hinterher immer klüger. Sehe aber auch, wenn ich mich prüfe jetzt, und dann zurückdenke an den Zeitraum damals, als die Entscheidungen getroffen worden sind, nicht, dass ich dort Fehler gemacht habe... Politische Verantwortung: ja - eigene Fehler: nein. Das Eingeständnis Ole von Beusts hat keine große Wirkung, ist er den Forderungen nach einem Rücktritt doch bereits im Sommer 2010 zuvorgekommen. Nun arbeitet er als Jurist in seiner Kanzlei, agiert als Schlichter, bekommt Geld als Senior Advisor bei der Unternehmensberatung Roland Berger und schreibt seine Memoiren. Während der ehemalige Politiker von Beust augenscheinlich nichts mehr mit den Problemen der Elbphilharmonie zu tun haben will, steckt der Architekt Pierre de Meuron mitten drin. Auch er muss sich Kritik gefallen lassen - seine architektonischen Entwürfe seien kompliziert, schwer umsetzbar - und deshalb auch teuer. Doch der Schweizer Starachitekt weiß: Vieles wäre nicht passiert, wäre die Ausschreibung des Projektes nicht so übereilt durchgezogen worden, hätten sie die Hauptplanungen erst einmal abschließen können. Und so wirkt er fast schon traurig, als er auf einer Veranstaltung des Freundeskreises der Elbphilharmonie erklärt: O-Ton de Meuron Diese erheblichen Schwierigkeiten, die leider immer noch das Projekt begleiten, dass uns das sehr betroffen macht... Und dass wir das noch nie erlebt haben und dass das für mich - für uns, als Büro ganz, ganz schwierig ist, mit diesen Sachen konfrontiert zu werden. Und das ist eine große Betroffenheit, das können Sie mir glauben. An seiner Seite an diesem Abend: Christoph Lieben-Seutter, seit 2006 Generalintendant des monumentalen Konzerthauses, das es noch gar nicht gibt. Ein König ohne Land, sozusagen. Der aber schon jetzt versucht, durch sogenannte "Elbphilharmonie-Konzertreihen" an anderen Orten in der Stadt für das Projekt zu werben. Schon mehrfach hat er Eröffnungskonzerte für die eigentliche Elbphilharmonie erdacht, ein Programm erarbeitet, Künstler überzeugt und eingekauft. Und: Wieder abgesagt: O-Ton Christoph Lieben-Seutter Das ist ja auch das Schöne: die Welt entwickelt sich weiter. Das Konzept, was es für die Elbphilharmonie 2008 gab, das wird jetzt anders aussehen im Jahr 2014 oder 2015. Das Eröffnungskonzert wird das NDR-Sinfonieorchester bestreiten, das ist klar. Das ist das Hausorchester. Wir haben Ideen gewälzt, aber was es sein wird, bleibt noch lange erstens in Diskussion und zweitens dann wahrscheinlich ein Geheimnis... Schließlich kann sich bis zum tatsächlichen Termin noch einiges ändern. Ans Aufgeben - ja, daran habe er gedacht - gibt er zu. Sagt aber jetzt: O_Ton Lieben-Seutter Mir fällt da nur ein Wort von Cher ein, dem amerikanischen Popstar. Die irgendwann mal gesagt hat: Somebody has to do the Job. Ich gebe gerne zu, dass es Phasen von großer Frustration gab und auch schon mal gewisse Fluchtreflexe... Aber das ist jetzt Jahre her. Mittlerweile hat sich auch die politische Landschaft verändert: Seit über einem Jahr regiert die SPD in Alleinherrschaft und der Tonfall, vor allem gegenüber Hochtief, ist jetzt ein etwas anderer. Die Möglichkeiten der Zusammenarbeit sind... vielfältig - erklärt die Kultursenatorin O-Ton Kisseler Wenn man jetzt bösartig wäre, würde man sagen: Es hat was mit Zuckerbrot und Peitsche zu tun. Der erste Bürgermeister der Hansestadt, Olaf Scholz, formuliert es ähnlich: O-ton Scholz Das wird immer in einer Mischung aus Kooperation und Konfrontation erfolgen, damit wir einen möglichst schnellen Baufortschritt erreichen und es am Ende auch hinbekommen, dass das Gebäude zu nicht allzu großen zusätzlichen Preissteigerungen dann noch rechtzeitig fertig wird. Wobei rechtzeitig ein großes Wort in dieser Hinsicht ist. Der Senat werde mit klarer Kante vorgehen - die Senatorin kündigt an: O-Ton Kisseler Keine Spielchen mehr Und Olaf Scholz zeigt auch deshalb keine Nachgiebigkeit gegenüber dem Baukonzern - auch wenn das wohl nicht als Ankündigung zu verstehen sei, macht der Sozialdemokrat klar: O_Ton Scholz Wir könnten sie ja auch zu jedem Zeitpunkt alleine zu Ende bauen. Dauert dann etwas länger... würde aber auch gehen. Die Elbphilharmonie ohne Hochtief - durchaus eine Option, wenn auch eher unrealistisch. Doch zeigt dieser Satz von Olaf Scholz: Die neue Regierung wird die Fehler des Vorgängersenats nicht wiederholen und zur Not auch weiterhin juristisch die Dinge klären. Denn Fakt ist: Ob vor Gericht oder nicht - teuer kommt die Elbphilharmonie die Hamburger ohnehin zu stehen...