COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Länderreport "Unter Vorspiegelung falscher Tatsachen - Bayern und seine innere Sicherheit" 11.05.2011 Länge: 19'06 Autor: Michael Watzke Redaktion: Heidrun Wimmersberg ___________________________________________________________________________ In Bayern lebende Nicht-Bayern nennt der Bayer Zugroaste. Ein solcher Zugereister könnte durchaus nervös werden, wenn er dem Bayerischen Innenminister Joachim Herrmann gegenüber sitzt. Herrmann, 54, Mittelfranke, kann einen stechenden Blick aufsetzen und Sätze sagen wie: Joachim Herrmann: "Wer hier als Bazi Unfug macht oder gar Straftaten verübt, den schmeißen wir wieder raus." Als Zugereister ist man sich in solchen Augenblicken nicht ganz sicher, ob man sich sicher oder unsicher fühlen soll. Dazu müsste man erstmal die Definition von Bazi kennen - laut bayerischem Wörterbuch ein "pfiffiger, durchtriebener Bursche". Der gemeine Bayer weiß das natürlich - und mag es, wenn der bayerische Innenminister in deftigem Ton markige Sätze sagt, in denen sich Schlüsselwörter wie Joachim Herrmann: "Null Toleranz!" ... mit krachlerdernen Parolen ... Joachim Herrmann: "Wir lassen uns das in Bayern von keinem bieten!" ... in schneller Folge abwechseln. Sie gehören zum Vokabular der Inneren Sicherheit im Freistaat und geben den Bayern die Gewissheit: Joachim Herrmann: "Die großen und die kleinen Fische, die im kriminellen Teich schwimmen, werden alle irgendwann gefangen!" Joachim Herrmann ist seit 2007 bayerischer Innenminister. In dieser Zeit hat er sein Profil geschärft. Er gilt als Mister Null-Toleranz. Seinem Amtsvorgänger, dem späteren Kurzzeit- Ministerpräsidenten Günther Beckstein, hatten die Bayern den Spitznamen "schwarzer Sheriff" verliehen. Joachim Herrmann: "Beckstein hatte ja nun wirklich ein klares Profil gehabt: Recht und Ordnung. Das ist das, was die Menschen erwarten. Und ich glaube, beim Thema Sicherheit, da sind wir bei den Kernaufgaben des Staates. Für Recht und Ordnung, für Sicherheit, auch für Gerechtigkeit bis in den Bereich der Justiz zu sorgen, das ist das, was Kernkompetenz des Staates ist. Und genau da dürfen wir auch keine Politik nach Kassenlage machen. Sondern da müssen wir immer den Erwartungen der Menschen, den berechtigten Erwartungen, gerecht werden." Keine Politik nach Kassenlage, sagt Herrmann. Dabei hört der Bayerische Innenminister genau diesen Vorwurf immer häufiger. Zu Edmund Stoibers Zeiten war Herrmann CSU- Fraktionschef im Bayerischen Landtag. Wenn es um einen ausgeglichenen Staatshaushalt ohne Neuverschuldung ging, kannte Herrmann null Toleranz - bis heute. Joachim Herrmann: "Das heißt, ich stehe da auch als Innenminister klar dazu: keine Politik auf Pump." Deshalb musste auch Herrmann in seinem Ministerium einsparen. Besonders im Polizei- und Justizwesen. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer hatte in den Haushaltsverhandlungen die FBI-Formel ausgegeben: Familie, Bildung, Innovation. Nur diese drei Bereiche blieben von den Sparzwängen weitgehend verschont. Polizei und Justiz fielen nicht unter FBI. Deshalb hat die bayerische SPD den Begriff "kaputtsparen" geprägt. Fraktionschef Markus Rinderspacher sieht sich gern als Anwalt der Beamten: Markus Rinderspacher: "Die Polizei in Bayern ist seit Jahren unterfinanziert. Die Personalausstattung ist spätestens seit Edmund Stoiber 2004 und dem ganzen Sparwahn nicht so, wie dies sein müsste. Wir haben einen Personalmangel bei der bayerischen Polizei. Und der wird in den nächsten Jahren gewiss nicht geringer. Allein in diesem Jahr gehen über 600 Polizeibeamte in Bayern in Pension. Bis zum Jahr 2020 werden es jedes Jahr zwischen 600 und 1100 Beamte sein, die in Pension gehen. Das gilt auch für die Justiz. Dort gibt es ebenfalls einen eklatanten Mangel an Personal. Die SPD hat bei allen Haushaltsverhandlungen in den letzten Jahren intensivst darauf hingewiesen, dass die Justiz hier Schaden nimmt, wenn nicht genügend Personal zur Verfügung gestellt wird." Es rumort in der Bayerischen Beamtenschaft. Der bayerische Richterverein klagt in einem Offenen Brief, die Justiz in Bayern arbeite am unteren Ende der Personaldecke. Etwa in Augsburg. Zu viele Sparrunden, so die Richter, hätten den Personalkörper der Gerichte und Staatsanwaltschaften so ausgezehrt, dass jederzeit und überall der Kollaps eintreten könne. Der Richterverein beendet seinen flammenden Aufruf mit den Worten: "Augsburg ist überall!" Und was für die bayerische Justiz gilt, das trifft auch auf die Polizei zu, sagt Peter Schall, stellvertretender Vorsitzender der Landespolizeigewerkschaft: Peter Schall: "Bayern hatte ja bis vor kurzem den Schwerpunkt "Innere Sicherheit". Auch in der Politik. Da sind wir jetzt ein bisschen zurückgefallen. Man hört derzeit nichts, man schückt sich zwar gern noch mit den Erfolgen, aber momentan ist im Tagesgeschäft der Politik einfach Bildung das Thema. Das ist auch in Ordnung so. Bloß darf man nicht übersehen: wenn Sie bei der Polizei zu lange sparen, das ist so, als hätten Sie ein Haus und investieren da nichts mehr. Und irgendwann wird das Dach undicht, dann verschieben sie noch eine wichtige Reparatur - und irgendwann kommen dann die richtig großen Hämmer daher. Und da knabbern wir derzeit dran." Bisher allerdings haben die Sparzwänge der bayerischen Politik kaum Auswirkungen auf die glänzende Bilanz der Inneren Sicherheit im Freistaat. Kriminalkommissar Peter Schall holt die Bayerische Kriminalitäts-Statistik 2010 hervor. Für ihn lässt sie nur einen Schluss zu: Bayern ist das sicherste deutsche Bundesland: Peter Schall: "Also Bayern schmückt sich ja mit diesem Titel, und zwar total berechtigt, wenn man die Statistik anschaut. Da gibt es ja im bundesweiten vergleich die sogenannte Häufigkeitszahl. Das ist also die Zahl an Straftaten pro 100.000 Einwohner. Und da hat Bayern 2010 die 5000er-Schwelle unterschritten. Auch München liegt recht gut. Ist ja die sicherste Großstadt der Welt, wie sie sich selbst schmückt. Es gibt andere Städte in Deutschland, da haben Sie eine Häufigkeitszahl von 15.000 - also das dreifache von dem, was wir hier in Bayern haben." Nimmt man die Häufigkeitszahl zum Maßstab, dann ist München fast doppelt so sicher wie Berlin, Frankfurt oder Bremen. Dort kommen auf 100 Einwohner 15 Straftaten pro Jahr. In München sind es weniger als 10, in ganz Bayern sogar weniger als 5. Peter Schall: "Vor allem, was auch gut ist in Bayern: die schweren Straftaten sind zurückgegangen. Teilweise erheblich. Wenn ich mir die Statistik anschaue für die letzten zehn Jahre, dann stell ich fest: in Bayern gab's z.B. in den letzten zehn Jahren keinen Banküberfall mit Geiselnahme mehr. Gibt's einfach nicht mehr. Auch die Raubüberfälle selbst sind um 30 Prozent zurückgegangen. Also das sind teilweise doch sehr gute Zahlen." Grundsätzlich ist ein Trend zu beobachten in Bayern: Diebstahl-, Raub- und Tötungsdelikte sind massiv zurückgegangen. Gleichzeitig ist die Aufklärungsquote bei diesen Delikten angestiegen. Teilweise auf über 90%. Es scheint fast so, als spürten die Täter, dass sich bestimmte Straftaten in Bayern immer weniger lohnen. Peter Schall: "Wer heute mit ner Schreckschusspistole in eine Tankstelle oder eine Bank läuft, ist eigentlich ein Depp. Weil das Risiko, erwischt zu werden, sehr hoch ist. Und wenn er erwischt wird, liegt die Mindeststrafe nicht unter 5 Jahren. Das ist dann schon zu überlegen, wenn ich mir heute mit einer Internet-Betrügerei relativ leicht was ergaunern kann, dann muss ich mich fragen, ob das sinnvoll ist, als Räuber durch die Gegend zu laufen." Als Räuber durch die Gegend laufen - das ist in Bayern dümmer als die Polizei erlaubt. Peter Schall glaubt, dass sich mancher Täter genau überlegt, in welchem Bundesland er eine Straftat begeht oder nicht. In Bayern wirke die sprichwörtlich harte Hand der Polizei im Zusammenspiel mit kompromisslosen Gerichten. Peter Schall: "Ich denke schon, dass die Höhe der Strafen, die Professionalität der Polizei und dann eben hintenraus auch die Justiz, die im Großen und Ganzen Recht und Ordnung gelten lässt - das hat schon einen abschreckenden Effekt. Und hier hat Bayern - auch was z.B. Sicherungsverwahrung angeht - immer die konsequente Linie gefahren. Da brauchen Sie bloß den Rauschgiftbereich anschauen. Ein Schmuggler aus dem Frankfurter Raum, der wird, wenn er nicht ganz verblödet ist, schauen, dass er die Übergabe des Giftes in Hessen macht, weil er da halt mit der Strafe günstig wegkommt. Im Vergleich zu Bayern." Ist es tatsächlich der Abschreckungs-Effekt, der Bayern in der Kriminalitäts-Statistik so glänzend dastehen lässt? Weichen Verbrecher von einem Bundesland in ein anderes aus? Wenn dem so ist, dann muss Bayern in einem Verbrechens-Feld noch an seiner Abschreckung arbeiten. Bei den Wirtschafts- und Steuervergehen steht Bayern nicht so glänzend da. Markus Rinderspacher von der bayerischen SPD kritisiert: Markus Rinderspacher: "... dass wir zu wenige Betriebsprüfer und zu wenige Steuerfahnder haben. Dem Freistaat Bayern gehen hier jedes Jahr knapp eine Milliarde Euro durch die Lappen. Weil wir eben, anders als andere Bundesländer, das nicht so ganz ernst nehmen. Die CSU toleriert es, behaupte ich, dass es hier Möglichkeiten gibt zur Steuerhinterziehung. Und das kann eigentlich nicht sein, dass der Freistaat Bayern zu einem Steuerparadies für Steuerhinterzieher wird. Hier wäre der Finanzminister gut beraten, mehr Steuerfahnder und mehr Betriebsprüfer einzustellen." Peter Schall: "Da muss man vielleicht im Steuerrecht mehr arbeiten. Ist ja auch ein Punkt, dass Bayern sagt: wir brauchen nicht so viele Betriebsprüfer. Weil: der Freistaat muss das Personal bezahlen, und die Einnahmen kriegt dann der Bundesfinanzminister oder, im Rahmen des Länderfinanzausgleichs, die anderen Länder, die mehr Schulden am Kopf haben als wir. Und deshalb ist die Motivation nicht sonderlich hoch, da gegenzusteuern. Obwohl man sehenden Auges weiß, dass Jahr für Jahr zweistellige Milliardenbeträge am Fiskus vorbeigeschleust werden." Milliardensummen, die der Innenminister gut gebrauchen könnte. Gerade im Bereich Wirtschaftskriminalität. Ob es nun der Siemens-Schmiergeld-Skandal ist oder die dubiosen 40-Millionen-Euro-Überweisungen an Gerhard Gribkowsky, den früheren Risiko-Vorstand der Bayerischen Landesbank. Solche Affären trüben das Image von Bayern als Heimat von Recht und Gesetz, fürchtet auch CSU-Innenminister Joachim Herrmann Joachim Herrmann: "Natürlich ist das ein Skandal, wenn hier - falls es so sein sollte - ein Mitglied eines Bankvorstandes sich für irgendwelche Vertragsgestaltungen bezahlen lässt oder persönlich bereichert. Sie sehen aber, dass in Bayern nichts unter den Tisch gekehrt, sondern konsequent aufgeklärt wird." Den Fall Gribkowsky deckte allerdings nicht die Justiz auf, sondern die Süddeutsche Zeitung. Die bayerische Polizei hinkt bei Wirtschaftsvergehen sowieso hoffnungslos hinterher. Ihr fehlt es an Knowhow und Ausstattung. Veraltete Computer, fehlende Software, zu wenig Fachpersonal. Das Innenministerium gibt offen zu, dass ein Investitionsstau von rund 100 Millionen Euro existiert. Das wirkt sich vor allem auf die schleppende Bekämpfung der Internet-Kriminalität aus. Hier steigt die Zahl der Fälle rasant. Um 33% innerhalb der letzten zehn Jahre. Das Innenministerium hat zu wenig Geld, um IT-Spezialisten und Wirtschaftsfachleute aus der Wirtschaft abzuwerben. Auch wenn der Innenminister behauptet: Joachim Herrmann: "Hier waren wir ja in Bayern das erste Bundesland, das eigene Cybercops eingestellt hat. Spezialisten im Landeskriminalamt, die die Kriminalität im Internet speziell im Auge haben, fahnden und ermitteln. Diesen Bereich werden wir in den nächsten Jahren noch verstärken. Da kann ich aber natürlich nicht rangehen mit einem Gehalt, das das eines internationalen Unternehmens noch weiter toppt, sondern da sind auch Kollegen dabei, die mit der großen Überzeugung herangehen und sagen: jawohl, ich will mich an der Produktion von Sicherheit, ich will mich an der Verhinderung von Kriminalität beteiligen. Die sind dann mit großem Engagement dabei." Peter Schall: "Solche Sachen sind personalintensiv zu ermitteln. Das ist genauso wie bei organisierter Kriminalität. Da haben sie halt nicht den dummen Täter, der einen Automaten aufgebrochen hat und den Sie über eine Fingerspur schnell erwischen. Sondern hier haben Sie Leute, die ein Geflecht gebildet haben, die nach außen hin den seriösen Geschäftsmann geben. Und dieses Geflecht zu enttarnen, auszuermitteln und wirklich mit allen Tricks zu arbeiten - weil die Täter das ja auch machen, mit allen Tricks - da braucht es Manpower. Das dauert oft Jahre Vorarbeit, bis man überhaupt genügend Wissen hat, um festzustellen: jawohl, hier sind kriminelle Strukturen." Für diese Ermittlungen wünscht sich die bayerische Polizei möglichst freie Hand. Etwa durch die Vorratsdatenspeicherung. Als die CSU Bayern noch allein regierte, fiel es ihr leichter, der Polizei die Ermittlungs-Türen zu öffnen. Doch seit drei Jahren regiert die CSU mit der FDP, die sich immer wieder mal querstellte, wenn sie den Abbau von Bürgerrechten befürchtete. Hier betont Innenminister Herrmann seinen Führungsanspruch: Joachim Herrmann: "Innere Sicherheit ist in erster Linie Landesangelegenheit. Und deshalb habe ich in der Landespolitik hier sehr große Gestaltungsspielräume. Und man sieht das ja auch in Deutschland, wie unterschiedlich das Sicherheits-Niveau in den einzelnen Bundesländern ist. Das liegt sicherlich nicht allein an der Mentalität der Menschen, sondern dass über Jahre hinweg auch unterschiedliche Polizeiarbeit in den Ländern geleistet wird. Hier lebt man sicherer als anderswo." Nicht mal die bayerische Opposition würde abstreiten, dass Bayern das sicherste deutsche Bundesland ist. SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher hat, im Gegensatz zu manchen Parteifreunden in anderen Bundesländern, kein Problem mit dem Begriff "Law&Order". Markus Rinderspacher: "Law and Order ist grundsätzlich ein positiver Begriff, denn wir machen schließlich Gesetze dafür, dass sie eingehalten werden. Und ich denke, wir können stolz darauf sein, dass wir in einem sicheren Bundesland leben." Allerdings sieht Rinderspacher andere Gründe für die erfolgreiche bayerische Sicherheits- Bilanz als die CSU. Er betont die präventiven Aspekte bei der Verbrechensbekämpfung. Bayern müsse Kriminalität noch stärker bekämpfen, bevor sie auftritt: Markus Rinderspacher: "Es ist wichtig, dass in unseren Großstädten keine sozialen Brennpunkte entstehen, wie dies beispielsweise in Paris oder anderen europäischen Großstädten der Fall ist. Da haben Reifen gebrannt, die Jugendlichen sind auf die Barrikaden gegangen. In Bayern ist das gegenwärtig völlig undenkbar. Und das ist nicht nur auf die gute Polizei-Arbeit zurückzuführen, sondern auch darauf, dass die Politik ein Auge darauf hat, soziale Disparitäten nicht zu groß werden zu lassen. Dort, wo es weniger soziale Probleme gibt als in anderen Bereichen, gibt es auch weniger Kriminalität." Warum allerdings ist dann die Sicherheits-Bilanz von Berlin so viel schlechter als die von München? Auch in Berlin regiert ein SPD-Bürgermeister, der für sich in Anspruch nimmt, soziale Disparitäten nicht zu groß werden zu lassen, wie Rinderspacher das ausdrückt. Warum lebt man in einer bayerischen Kleinstadt in der Regel sicherer als etwa in einer brandenburgischen? Rinderspacher sieht die Gründe dafür vor allem in der Tatsache, ... Markus Rinderspacher: "...dass die gewachsenen Strukturen in Bayern - Tradition, Brauchtum, sozialer Zusammenhalt in der Gemeinde, funktionierende Vereine, wo man miteinander gemeinsame Projekte erarbeitet - dass das dazu führt, dass der soziale Zusammenhalt in Bayern insbesondere im ländlichen Raum sehr stark gegeben ist. Sozialer Zusammenhalt und soziale Sicherheit bedeuten am Ende auch innere Sicherheit." Die großen Städte in Bayern - München, Nürnberg, Fürth - haben SPD-Oberbürgermeister. Trotzdem ist es den Sozialdemokraten nicht gelungen, in der bayerischen Bevölkerung mit dem Thema "Innere Sicherheit" zu punkten. Das erfolgreiche Law&Order-Image scheint die CSU in Bayern gepachtet zu haben. Markus Rinderspacher: "Ich denke, dass es insbesondere die Rhetorik des Innenministers ist, die immer wieder ein wenig auf den Putz haut und dafür marketingmäßig bei der CSU dafür Sorge tragen soll: hier bei der CSU brennt nichts an." Joachim Herrmann: "Für mich ist Politik nicht in erster Linie eine Diskussion über mein persönliches Profil. Ich halte das zum Teil für etwas affig, wie sich teile der deutschen Politik da entwickeln. Ich bin dazu da, etwas Gutes für das Land und die Menschen zu erreichen. Täter so schnell wie möglich dingfest zu machen und sie ihrer gerechten Strafe zuzuführen. So einfach lässt sich nach meiner Wahrnehmung auch im 21.Jahrhundert die Erwartung der Menschen an einen funktionierenden Rechtsstaat definieren. Und genau das ist für mich auch die Richtschnur." Die Christsozialen würden dieses Bild von Innerer Sicherheit gern deutschlandweit exportieren. Für die CSU war es deshalb ein Glücksfall, dass Bundeskanzlerin Merkel bei der letzten Kabinetts-Umbildung der CSU das Bundes-Innenministerium zuschlug statt des Verteidigungsministeriums. Die CSU hat in ihrer Geschichte bereits häufig den Bundes- Innenminister gestellt. Vom ersten Tag an verkörperte Hans-Peter Friedrich die harte, bayerische Haltung auf Bundesebene. Joachim Herrmann: "Für die CSU war das natürlich eine Chance. Das passt zu unserem Politikverständnis sehr gut und kann insgesamt dem Image der CSU nur gut tun." Denn Sicherheit ist immer auch Image-Sache. Die wenigsten Bürger kennen die Kriminalitäts-Statistik ihres Bundeslandes. Sie fühlen sich sicher oder unsicher aufgrund ihres subjektiven Empfindens. Es ist ein Bauchgefühl, das sich aus vielen Facetten zusammensetzt. Ob sie selbst schon einmal Opfer oder Zeuge eines Verbrechens geworden sind. Ob sie im Fernsehen oder der Zeitung häufig Berichte über Gewaltverbrechen sehen. Oder wie häufig ein Polizeiauto auf der Straße vorbeifährt. In Bayern arbeiten 31.000 Polizeibeamte. Im Vergleich zur Bevölkerungszahl so viele wie nirgendwo sonst in Deutschland. Deshalb fährt auch häufiger ein Polizeiauto am Bürger vorbei. Noch, sagt Peter Schall, der stellvertretende Landesvorsitzende der Polizeigewerkschaft: Peter Schall: "Wenn ich jetzt natürlich bei uns auf die Fläche schau, wo man in Teilbereichen die Polizei so gut wie gar nicht mehr wahrnimmt, weil die wenigen Streifenbeamten nicht überall gleichzeitig sein können, da wird's schon eng. Also da muss man dranbleiben und darf sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen. Das ist genauso, wie wenn sie heute im Ernstfall ein, zwei Stunden auf die Polizei warten müssen, dann haben sie kein Sicherheitsgefühl. So was spricht sich rum." Wie schnell sich etwas rumsprechen und das Image verhagelt kann - der bayerische Innenminister hat es erst vor kurzem schmerzlich erleben müssen. Ausgerechnet Herrmanns 18-jähriger Sohn Jakob veröffentlichte auf Youtube ein Rap-Video. Als Gangsta-Rapper Jackpot reimte der Sprössling des Innenministers anzügliche Texte über Gewalt, Drogen, Schulschwänzen und sexuelle Ausschweifungen. Rap-Video Jakob Herrmann: "Es ist 2010, ich hab alles gefickt / und Deine Mutter zu Jürgen Drews nach Malle geschickt. / Zeig mir jede geile Frau, Mann, ich kenn sie / sie zieht sich einfach für mich aus und ich bäng sie!" Als die Sache rauskam, scheint Vater Joachim Sohn Jakob ziemlich deutlich das Credo der bayerischen Sicherheitspolitik nahegelegt zu haben: Joachim Herrmann: "Wer hier als Bazi Unfug macht, den schmeißen wir wieder raus." Es dauerte genau sechs Stunden - dann war das Original-Video von Gangsta-Rapper Jakob "Jackpot" Herrmann auf Youtube gelöscht.