COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Länderreport / 13.10.2010 Frankfurt in Brandenburg und Frankfurt in Hessen Autoren: Anke Petermann / Axel Flemming Red.: C. Perez Sprecher Kennt doch jeder, den Römer, in Frankfurt, oder? Take 1 "Ach, Geschichte war nicht so mein Ding (lacht)" "Weiß ich jetzt auch nicht, muss irgendwatt vonner Jeschichte her herrühren, aber wie direkt? Kannick Ihnen beim besten Willen nicht sagen." "Ach, das möcht ich auch mal wissen, weiß ich nicht!" Atmo 1 Römerhügel, darauf Sprecher Dieser Römer ist der Römerhügel. Mitten in Frankfurt - an der Oder. "Hier zu Hause, alles außer gewöhnlich, hier könnten Sie leben. Grundstück zu verkaufen" steht an einer verkrauteten Straßenecke. Daneben kleine niedliche zweistöckige Häuschen mit Garage, Stellplatz oder Car-Port. Einmal pro Stunde fährt ein Bus zur Haltestelle Römerhügel, wochentags von 9 bis 18 Uhr. Eine Frau steht in ihrem handtuchgroßen Garten. Take 2 "Als erstes waren da drüben die Häuser, dann kamen die Häuser hier, als wir hier hergezogen sind 1999, da stand hier ringsrum noch gar nichts." Sprecher Und vor dem ,gar nichts' waren die Russen hier, die Sowjets, die ehemals ruhmreiche Sowjetarmee, korrekt: die Westgruppe der sowjetischen Streitkräfte. Take 3, darunter Atmo 1 wegblenden "Als die dann abgezogen sind, hat die Stadt überlegt, was wird aus diesem Gelände? Und auf dem oberen Gelände, das war ja nicht bebaut, das wurde ja für Truppenübungen und so weiter auch benutzt, und dort entstand eben ein ganz neues Wohngebiet auf dem Gelände" Sprecher Sabine Thierbach, Stadtplanerin im Bauamt Frankfurt. Frei nach dem Motto: ,Schwerter zu Pflugscharen' wurde das Gelände Konversionsfläche: Truppenübungsplatz zu Bauland. Glücklicherweise war die Belastung durch Munition und Treibstoff gering. Auf einem weiteren Teil soll ein Solarpark entstehen und Energie erzeugen, wenn die Sonne lacht. Die Bewohner auf dem Römerhügel haben schon jetzt gut lachen. Take 4 "Ach, ich denke die Bewohner sagen schon: ja, ich wohne auf dem Römerhügel, ja, diese Identifikation gibt's, denke ich auf jeden Fall." Sprecher Wenn denn bloß klar wäre, woher der Name nun kommt. Take 5 "Das hängt mit dem Baustil zusammen, wo damals die ersten Häuser hier gebaut wurden." "Also die Römer hatten wir nicht hier tatsächlich in dem Sinne vor Ort, also sind Arbeitstitel, nach Feierabend meist entstanden, um sozusagen auch ne Bezeichnung zu haben, ist das entstanden, vielleicht auch bei einem Glas Bier, also es ist wirklich nicht so ernst zu nehmen, dieser Titel." Sprecher Soviel Unernst drängt dazu, die Stadt zu wechseln. Aber vorher fragen wir die einen Frankfurter nach dem anderen Frankfurter Römer: Take 6 "Römer? Nee, sagt mir nix. Aber wir wissen wenigstens, dass es noch ein zweites Frankfurt gibt." "Frankfurt am Main meinen sie, da haben sie jetzt nicht den richtigen erwischt." "Frankfurt am Main kenn ich mich nicht aus, war ich noch nicht jewesen." "Das ist das Rathaus!" "Jenau. Da ist ja dit der Marktplatz praktisch, wo se ooch die Empfänge machen, siehe Fußball und so weiter und so fort." Atmo 1 Abrissbagger kurz stehen lassen, darauf Sprecher Der riesige Plattenbau mitten in Frankfurts Altstadt schrumpft jeden Tag ein bisschen mehr. Inzwischen ist vom früheren Technischen Rathaus nur noch das Untergeschoss übrig, und auch an dem rupfen die Zangen der Abrissbagger so kräftig, dass bis Ende des Jahres nur ein Schutthaufen bleibt. Atmo 1 ausblenden Sprecher Wer meint, so ein Verwaltungs-Ungetüm könnten nur die sozialistisch verblendeten Frankfurter im tiefen Osten gebaut haben, der irrt. Den Baustil "Brutalismus" beherrschten die Namensvettern 600 Kilometer weiter südwestlich genauso. Und mit den Überresten ihrer zerstörten Altstadt gingen sie nach dem Krieg kein bisschen zimperlich um. Der Goethe-Nachfahr Ernesto Melber, 84 Jahre alt, hat erlebt, wie man beim Haus von Goethes Tante Melber das erhaltene Vorhaus mit den gotisierenden Bögen flach legte. Weg mit dem Barock-Schrott, hieß die Devise. Take 7 Genauso wie bei der Goldenen Waage auch das Erdgeschoss ja noch fast völlig vorhanden war, auch noch Teile des Ersten Stocks - hat man abgerissen ... Atmo 1 Abrissbagger kurz hoch, dann unter den Text, darauf Sprecher Sechzig Jahre später steigt an derselben Stelle Staub auf. Hinterm Bauzaun zermalmt der Bagger eine weitere Platte des Technischen Rathauses. An den Zaun-Brettern hängen Bilder der Vorkriegs-Altstadt. Sie zeigen dichtes Gedränge in den Marktgassen und vor den "Schirnen", wie die Frankfurter die Fleischbänke nannten. In fünf Jahren werden Besucher der heutigen Kunsthalle Schirn von einer Art Plateau aus in ein lebendiges Quartier unterhalb schauen, hoffen jedenfalls die Stadtplaner. Oder wird die Altstadt, die ab 2012 teils rekonstruiert, teils auf historischem Grundriss neu gebaut werden soll, nur eine sterile Kopie des wuseligen und zuweilen auch schmuddeligen Markt-Viertels? Take 8 Also, jetzt bin ich mal bösartig: den Gestank werden wir nicht kopieren. Es geht ja auch nicht darum, den Status quo des Jahres 1712 wiederzustellen, mit all dem Unrat, der hier war, und fehlender Kanalisation der Häuser, Ratten, fehlende Belüftung, sondern es geht darum, den Leuten die an den Ort kommen, zu zeigen, wie die Stadt ursprünglich mal ausgesehen hat. Sprecher Nämlich ausnahmsweise mal `ne Nummer kleiner, so Michael Guntersdorf Stadtplaner und Chef der DomRömer-GmbH. Take 9 Sie haben den Dom im Zusammenhang mit den rekonstruierten Häusern, und sehen dann, welche Dominanz so ein Dom damals in der Stadt hatte. Und das sind die Dinge, die wir rüberbringen wollen, dass selbst so eine wichtige Stadt wie Frankfurt, Freie Reichsstadt, oder viele Jahrhunderte lang Krönungsstätte der deutschen Kaiser, dass die eigentlich in den Dimensionen ganz bescheiden war im Vergleich zu den Dimensionen, die man heute erleben kann. Atmo 2 Dom Römer Glocke Kurz hoch - unter den Text bis Ende IA Sprecher Bei Frankfurtern und Zugereisten, die in der guten Stube der Stadt vorm Römer flanieren, steigt die Vorfreude: Take 10 - Ja, finde ich gut, gerade als Kontrast zu den Hochhäusern und der modernen Stadt ist das doch nicht schlecht. - Ich find das sehr schön, dass man das rekonstruiert - kein Effekt von Disneyland - nein, das ist doch eine Stadt, die lebt doch wieder auf durch diese Dinge, und die Bürger identifizieren sich doch auch damit. Sprecher : Na wenn das so ist. Überhaupt ist die Sehnsucht nach Identifikation ein wichtiger Antrieb für die Arbeit mit Geschichte und die Aufarbeitung von Geschichte. Das ist in Frankfurt nicht anders, als in Frankfurt. Atmo 1 vor Kleist-WG, darauf Sprecher 1 ,Kleist-WG' steht an der Eingangstür. Die Nummer 26 in der Großen Oderstraße hat auch bewegte Zeiten hinter sich: Kindergarten, Büros, Leerstand. Und nun Kleist-WG. Der Dichter vom ,Zerbrochenen Krug, vom ,Käthchen von Heilbronn' und vom ,Michael Kohlhaas' - Heinrich von Kleist hat genau hier sein Abdrücke hinterlassen, nicht im DDR-Beton der 50er Jahre, aber in einem der Häuser, die hier früher mal standen. Atmo 2 Kleist-WG hochziehen, wieder Sprecher drauf Elena Wasser-Hess macht ihr freiwilliges kulturelles Jahr in der Kleist-WG. Sie führt Besucher durch die 19 Zimmer. Auf 500 Quadratmetern haben Kinder und Jugendliche Räume gestaltet, die irgendetwas mit Kleist oder seinem Werk zu tun haben. Zum Beispiel ein Raum, der von der 12. Klasse vom Karl-Liebknecht-Gymnasium Frankfurt/Oder gestaltet worden ist; ein ganz schwarzer Raum. Take 11 "Sozusagen im Kopf Kleists, dort wo die Fantasie umherschwirrt. Und wie aus diesen Gespinsten Literatur entsteht, kann man in dem zweiten Raum sehen, wie jetzt hier aus der Wand, aus diesem Fantasieraum Penthesilea entsteigt oder der Dorfrichter Adam, das Bettelweib aus Locarno, die Marquise von O., das Erdbeben in Chili, der zerbrochene Krug." Sprecher ... ,Kinder können Kunst' - Kleist-Kunst sozusagen. Das ist das Credo von Christina Dalchau, Lehrerin, Museumspädagogin und Projektleiterin. Take 12 Jetzt gerade stehen wir in dem Raum ,27.799 Kilometer per PS'. Die Schüler vom Internationalen Bund, die in der Berufsvorbereitung sind, haben ausgerechnet, dass Kleist in den 34 Lebensjahren, die er leider nur hatte, etwa 27.800 Kilometer unterwegs war." Atmo vorm Kleist-Museum, darauf Sprecher Obwohl also Heinrich von Kleist ständig unterwegs war, ist das Lösen einer mathematischen Aufgabe eine Möglichkeit, sich dem Dichter zu nähern. Ein anderer Weg führt in den lila-zarten Barock-Bau - das Kleist Museum. Hier ist gerade Post angekommen: Take 13 "So!" "Danke" "Bitte" Atmo 4 Stufen, darauf Sprecher Der Museumsdirektor hat sich den 2. Stock zum residieren ausgesucht. Hier unterm Dach fördert Wolfgang De Bruyn, Sohn des Dichters Günter de Bruyn, die zeitgenössischen Umtriebe der Frankfurter Jugend: Take 14 "Was da entstanden ist, das verblüfft nicht nur, das berührt auch. Angefangen von 4./5. Klassen, die ein grünes Haus zu Kleist dort gebaut haben, bis hin zu dem Graffiti-Raum mit dem Titel 15 Uhr 59: das heißt eine Minute vor dem Selbstmord, bzw. vor dem Mord an Henriette Vogel. Und das ist unheimlich spannend und hat auch eine Reaktion, die uns verblüfft. Eine ganz bewegende Sache, die noch viel Aufmerksamkeit erregen wird, auch im Kleistjahr 2011." Sprecher Er freut sich auf das nächste Jahr, denn anlässlich des 200. Todestages Heinrich von Kleists bekommt sein Museum endlich einen Anbau, auch wenn der nicht rechtzeitig fertig wird. Heutzutage machen Dichter Poetry- Slams, in denen sie vor Publikum ihre Werke gegeneinander oder miteinander präsentieren. Das gab es vor 200 Jahren natürlich noch nicht. Der junge Kleist musste sich an den alten Dichter Goethe schon richtig ranschmeißen, genutzt hat das aber auch nicht viel, sagt de Bruyn. Take 15 "In der Dauerausstellung fragen die Leute immer wieder, wie ist das mit dem ,Zerbrochenen Krug' gewesen, den Goethe ja auf die Bühne gebracht hat, der dann zum Eklat wurde. Goethe hatte die revolutionäre, die neue Sprache, die neuen Inhalte, so wie er sie transportierte - das hat Goethe eben nicht mehr begriffen." Sprecher Dennoch arbeiten beide Dichter zusammen, wenn auch posthum, fast 200 Jahre nach dem Tode Kleists: die Casa di Goethe in Rom zeigt noch bis in den Januar 2011 die Ausstellung des Kleist-Museums mit dem Titel: ,Auf den Knien meines Herzens. Kleist trifft Goethe.' Als Kleist im Jahr 1808 seine Penthesilea "auf den Knien seines Herzens", also mit Demutsgeste, an Goethe schickte, da weilte der Aufklärungs-Skeptiker nicht mehr in Frankfurt an der Oder und der Klassik-Titan nicht mehr in Frankfurt am Main. Atmo Sprecher Geht man allerdings noch mal in den Sommer 1749 zurück und nach Franfurt am Main, dann stößt man auf das Haus am Großen Hirschgraben unweit des Römerbergs. Hier wurde Johann Wolfgang von Goethe geboren. Atmo knarrende Dielen kurz stehen lassen vor Take 2 rausziehen Sprecher Ernst-Jürgen Leinert führt Zwölftklässlerinnen durch das rekonstruierte Goethe-Haus. Sich inmitten der barocken Möbel und gold- gerahmten Gemälde die Kinder Johann Wolfgang und Cornelia vorzustellen, fällt schwer. Als der Vater sich entschloss, das Haus repräsentativ umzubauen, mussten die Geschwister vorübergehend umziehen, in das Haus von Ernesto Melbers Ur-urgroßvater, genannt "Das Haus der Tante Melber": Take 16 Es war eines der zentralsten und bekanntesten Handelshäuser in Frankfurt mit Messebetrieb und einem Laden vorne, wo alles Mögliche einschließlich Süßholz verkauft wurde. Und Goethe beschreibt das in Dichtung und Wahrheit relativ ausführlich, wie er auf den Markt geblickt und das Markttreiben gesehen hat. Und er hat diese Eindrücke vier Jahrzehnte später in "Hermann und Dorothea verarbeitet", als er dort die Häuser am Markt beschrieb. Sprecher Mit 16 verlässt Goethe Frankfurt am Main, um - wie vom Vater gewünscht - in Leipzig Jura zu studieren. Als junger Anwalt kehrt er noch einmal für kurze Zeit zurück. Später verlässt er das "Nest", das er unflätiger auch "leidig Loch" nennt, Richtung Weimar. Doris Schumacher vom Goethehaus deutet die Schmähung so: Take 17 Sicherlich erlebt er schon, als er als Student nach Leipzig geht - 1765 bis 1768 verbringt er die Studienzeit in Leipzig - dass Frankfurt vom Stil her ganz anders ist, und zwar altmodischer. Die fortschrittlichen Ideen erlebt er in Leipzig. Und vielleicht meint er - aber das ist eben eine vorsichtige Vermutung, meint dieses "Nest" auch schon: ein bisschen provinzieller als andere Städte, wo kulturell - gerade das was ihn interessierte - Spannenderes passierte. Atmo Marktplatz, darauf Sprecher 1 Sprecher Hauptsache gesund ! Oder spielt die Frage des Geldes in der Stadt an der Oder eine vergleichbare Rolle wie in der Stadt am Main ? Take 18 "Geld ausgeben können sie überall, das ist doch klar." "Ja, wenn man Geld hat, kann man auch gut ausgeben, warum nicht?" "Wir sind schon älter, da braucht man nicht mehr so viel wie die jungen Leute." "Eingerichtet sind wir. Und ein Auto haben wir auch. Und dit is dit Wichtigste." "Und Hauptsache wir bleiben gesund. Alles andere ist unwichtig." "Ja, dit ist die Hauptsache.........." Sprecher ... außer Auto und einjerichtet. Stadtkämmerer sind nicht gerade die Art von Personal, die durch Fernsehen und Lokalzeitung bekannt werden. Außer vielleicht der frühere Stadtkämmerer von Frankfurt am Main - Tom Königs von den Grünen. Kein Traumjob. Immer auf Geld angesprochen zu werden, was man nicht hat. Auch nicht für den Stadtkämmerer von Frankfurt an der Oder Frank Dahmen. In seinem Büro stehen schöne alte dunkel gebeizte Eichenmöbel. Ein Schrank, ein schwerer Schreibtisch - und eine Flipchart-Tafel mit Zahlenkolonnen. Das sieht ein bisschen aus, als ob Schuldenberater Peter Zwegat gerade die Kasse der Stadt geprüft hat und mit einem Kopfschütteln und den Worten ,Mannmannmann' wieder ging. Take 19 "Frankfurt ist im Grunde genommen seit der deutschen Einheit nie aus den roten Zahlen herausgekommen. Wir sind seit Jahren Haushaltssicherungskommune. Dahinter verbirgt sich die Pflicht, bei einem nicht ausgeglichenen ein sogenanntes Haushaltssicherungskonzept aufzustellen, welches Sparmaßnahmen enthält, die dazu beitragen sollen langfristig den Haushalt wieder in eine weniger schiefe Lage zu bringen." Sprecher Allerdings ist das doppelt schwer. Denn die Einwohnerzahl Frankfurts schrumpfte nach der friedlichen Revolution in der DDR von 90.000 auf 60.000. Also weniger Einkommensteuer. Und weniger Einwohner bedeuten auch weniger finanzielle Zuweisungen von Land, Bund und EU. Wer die Jugend hat, hat die Zukunft, deshalb freut sich Frankfurt an seiner Uni, auch wenn viele Stundenten lieber in Berlin wohnen und mit dem Semesterticket zu den Vorlesungen an die Oder reisen. Take 20 "Die Studenten, die zum Beispiel bereit sind, ihren Wohnsitz anzumelden, bekommen eine Art Begrüßungsgeld in Höhe von derzeit 200 Euro." Sprecher Wird also in Frankfurt Oder mit vollen Händen ausgegeben, was in Frankfurt am Main verdient wird? Take 21 "Nein, das müsste ich an der Stelle auch als Kämmerer zurückweisen. Auch wenn unsere finanzielle Situation nach wie vor nicht gut ist, ist es so, dass wir doch im Bereich der Gewerbesteuereinnahmen durch die Solarfabriken doch enorme Zuwächse haben, das heißt, wir geben hier auch durchaus Geld aus, das wir hier eingenommen haben. Und wir leben also nicht vom Westen. Und auch nicht vom Solidarpakt alleine." Sprecher Fest steht jedenfalls: in Frankfurt am Main wird Geld verdient. Und in der Finanzkrise wurde Geld hier äußerst effektiv verbrannt. "Wir Frankfurter können differenzieren", meint Heiko Winkler, "wir tragen die Banken- Skyline im Herzen und sehen die Boni mit Distanz". Winkler selbst führt eine ,Agentur für Reklame', getauft "Bembel GmbH", frei nach dem Bekenntnis des Durchschnitts-Frankfurters zum Apfelwein-Krug aus Keramik: Take 22 Das ist unser Bembel, das ist unser Kulturgut, mit Heinz Schenk bin ich groß geworden, das ist mein Wesen, das ist meine Art. Die Attribute sind halt: wo der Bembel aufm Tisch steht, da passiert Kommunikation, da kommen alle zusammen, da ist ein friedliches Miteinander ... Sprecher Was das Geschäftsführer-Trio selbst beweist, zwei Frankfurter im friedlichen Miteinander mit einem Quoten-Offenbacher, ein Quoten-Ossi sozusagen. Eine tägliche Herausforderung, manchmal brisant. Glücklicherweise hält sich der Kickers-Fan aus den Aufträgen der Frankfurter Eintracht freiwillig zurück. Und zur Bembel GmbH gehört natürlich auch, nicht in einem Glaspalast des Bankenviertels zu residieren, sondern ... Take 23 ... sich in Alt-Sachsenhausen niederzulassen, in einem Fachwerkhaus, das nicht einen einzigen rechten Winkel hat. Unsere Empfangssituation ist die Kneipe, man sitzt als Konfi an ner Ebbelwoi-Garnitur, Sprecher Der Biertisch wird zum Konferenzraum - so muss sich das der Nicht- Frankfurter vorstellen. Take 24 Ungewöhnlich, aber mir gefällt's - wollen mer nur hoffen, dass sie nicht so viel Eppler trinken während der Arbeitszeit. Sprecher ... meint ein Kunde. Doch nüchtern müssen die Bembel-Texter und - Designer schon deshalb bleiben, damit sie den Bürostuhl, der auf den Fachwerkhaus-Schrägen immer wieder zur Mitte rollt, stetig zurück in Richtung Schreibtisch bewegen können. Air France, Pizza Hut und Jim Beam vertrauen mittlerweile auf das 2004 gegründete Unternehmen - es kam gut durch die Krise. Wie die Main-Metropole insgesamt. Einige Passagiere und Fracht-Container weniger am Frankfurter Flughafen, ein wenig Staatsgeld für die Commerzbank, aber alles in allem: kaum Flurschaden. Von den 130 Arbeitsplätzen pro 100 Einwohner gingen vielleicht ein paar verloren - zugegeben: ein Problem. Aber eines, das Frankfurt an der Oder nur zu gern hätte. Script Ende 1