Deutschlandradio Kultur Länderreport Die kleine Sprachgeschichte. Kurpfälzisch - Oder: Warum die da so anders sprechen - Autor Matthias Kußmann Red. Claus Stephan Rehfeld Sdg. 20.09.2011 - 13.07 Uhr Länge 18.09 Minuten Info zur Sendung "Unser Dialekt is in dem Bezug, dass er künstlerisch verwertbar ist, so gut wie jeder annere. Und dass er musikalisch verwertbar is, würd ich sogar sagen, noch ein bissl besser wie die annere. (...) Das liegt daran, dass jeder, der unseren Dialekt sprechen tut, also babbelt, automatisch Musik macht. Die Musik is in dem Dialekt schon angelegt. Brauchsch kee Inschtrument, brauchsch nur dei Zung un de Klang von unsrer Schprooch." Zum Zitat noch die Sendung und fertig ist "Die Kleine Sprachgeschichte. Kurpfälzisch." MOD LR 20.09.11 - 13.07 Uhr Script Ablaufplan M 01 ErkMu REGIE Musik kurz frei & unter Moderator legen MOD Die Kleine Sprachgeschichte. Oder: Warum die hier so anders sprechen. Heute : Kurpfälzisch. Am Mikrofon begrüßt Sie Claus Stephan Rehfeld. REGIE Musik kurz frei & unter Moderator weg MOD Wir wagen ein Zitat, müssen es wagen, weil es uns direktemang zum Thema führt. "Unser Dialekt is in dem Bezug, dass er künstlerisch verwertbar ist, so gut wie jeder annere. Und dass er musikalisch verwertbar is, würd ich sogar sagen, noch ein bissl besser wie die annere. (...) Das liegt daran, dass jeder, der unseren Dialekt sprechen tut, also babbelt, automatisch Musik macht. Die Musik is in dem Dialekt schon angelegt. Brauchsch kee Inschtrument, brauchsch nur dei Zung un de Klang von unsrer Schprooch." Zum Zitat noch die Sendung von Matthias Kußmann und fertig ist "Die Kleine Sprachgeschichte. Kurpfälzisch." LR Sprachgeschichte. Kurpfälzisch / Kussmann - 14'38 (ohne Musik) T 02: Passant (63/1'03): Für uns is es normal, so wie wir sind, dass wir sagen: "Mir redde ehm in unserer Art" ... T 04: Habekost (4`36): [Beginnt kurpfälzisch zu rappen:] Unsre Schprooch, die hot en Klong, wu singt un bellt, so wie kei ondre uff da Welt, von Island bis Hong Kong, en spezifisch herrlisch fetter Klong. Wenn der Klong uff deim Trommelfell zer- schellt, machts digidong! Weil der Klong is wie´n großer fetter Gong im Gehörgang vom King Kong ... Is wie´n Schlag ... [Lautmalereien] ... In da Gosch vibriert der Klong, wie´n Balle beim Pingpong, dopst am Kehlkopf hinna long, labial dental palatal glo-glottal total, Laryngal, pharyngal, Umlaut, Ablaut, ding und dong, sing und Song, Monophthong Diphthong, uff der Zung zang zong, wieder rauf von einer Bong. Und dann im Gehör- gong, der Abgong, hallt er nach, der Klong - ong - ong - ong - ong ... Autor: Ja, auch das ist ein Jäger aus Kurpfalz - ein, um im Bild zu bleiben, Klang- und Pointenjäger: der Kabarettist Chako Habekost. T 05: Habekost (4'10): Unser Dialekt is in dem Bezug, dass er künstlerisch verwertbar ist, so gut wie jeder annere. Und dass er musikalisch verwertbar is, würd ich sogar sagen, noch ein bissl besser wie die annere. (...) Das liegt daran, dass jeder, der unseren Dialekt sprechen tut, also babbelt, automatisch Musik macht. Die Musik is in dem Dialekt schon angelegt. Brauchsch kee Inschtrument, brauchsch nur dei Zung un de Klang von unsrer Schprooch. Autor: Habekost ist überzeugter Kurpfälzer - nicht nur, weil er mit seinem Mundartprogramm große Hallen der Region füllt und inzwischen auch in Berlin und Hamburg auftritt. T 06: Habekost (17`15): Man hat die Wahl zwischen lauter exotischen Sachen. Man kann in der Kurpfalz an die Bergstraße fahren - ist mitten in der Kurpfalz. Man kann tief reinfahren in den Odenwald. Man kann nach Südhessen fahren, hat plötz- lich "Spundekäs" und "Äpplwoi". Dann kreuzt man ein- fach über den Rhein, fährt a bissl weiter, und plötzlich sitzt man an der Haardt, an der Weinstraße, der Toskana Deutschlands, und fühlt sich ganz wohl. Ruck zuck ist man auch meinetwegen in Karlsruhe, wenn man das unbedingt will. Weiß gar nicht, warum. Wahrschein- lich, um vor Gericht gestellt zu werden ... Also man hat sämtliche Möglichkeiten. Nach Frankfurt kummt ma schnell. Eigentlich ist das hier das Zentrum Deutschlands ... Autor: ... und ein Zentrum kann auch in der Provinz liegen. Wobei "Provinz" für Habekost kein Vorwurf ist: T 07: Habekost (18`00): Wenn Leute über uns sagen, wir wären hier Provinz, das ist ja ein typisches Vorurteil, typisches Klischee, dann können wir darüber nur lächeln. Das nehmen wir ganz locker an, sind gar nicht böse, wenn das jemand sagt. Man muss es nur richtig aussprechen. Nicht die Provinz, sondern die "Provence" Deutschlands sind wir! Und wenn jemand sagt: "Die Kurpfalz ist die Toskana Deutschlands", dann sag ich immer: Wie sagt der Engländer? "Ssink big!" Das müssen wir machen, "Ssink big!", "Versenkt die Großen!" Also heißt es net "Die Kurpfalz ist die Toskana Deutschlands", sondern "Die Toskana ist die Kurpalz [sic] Italiens" - so muss es hääße! Autor: Aber was genau ist die Kurpfalz? Warum liegt sie nicht in Rheinland-Pfalz? Und was versteht man unter der Mundart "Kurpfälzisch" - sozusagen offiziell, mit wissenschaftlichem Brief und Siegel? Fragen wir einen Experten - der allerdings kein Kurpfälzer ist, sondern Bayer: T 09: Eichinger (3'12): Das ist keine ganz einfache Geschichte, was man heute unter der Kurpfalz versteht ... Autor: ... sagt Professor Ludwig Eichinger. Er ist Direktor des Mannheimer Instituts für Deutsche Sprache und damit eine Art deutscher Sprach-Papst - wenn auch, gottseidank, nicht unfehlbar. Die schwierige Frage nach der Geschichte und Mundart der Kurpfalz bringt fast alle Wissenschaftler in Not ... T 10: Weibel (15'57): Himmelherrgottsakramentfixefeiernochamool!!! T 11: Eichinger (weiter): (...) Die Kurpfalz ist eigentlich eine ganz alte Kureinheit, allerdings sehr stark regional zerfleddert, wenn ich so sagen darf. So dass es ganz schwierig ist, von Anfang an genau zu sagen, was alles zur Kurpfalz gehört. Autor: Versuchen wir´s also, um nicht zu langweilen, kurz und mit Mut zur Lücke. Das Wort "Kur" hat nichts mit Wellness zu tun, es kommt aus dem Mittelhoch- deutschen und bedeutet "Wahl". Einflussreiche Herrscher, wie die der damaligen Pfalz, durften an der Wahl des Königs oder Kaisers teilnehmen. So wurde die Pfalz zur Kur-Pfalz - ein mächtiger Territorialstaat, dessen Gebiete sich vielfach änderten. Rechts und links des mittleren Oberrheins reichte er zu seinen besten Zeiten von Hessen bis Lothringen und vom Saarland bis zum Odenwald. Doch auch darüber fegte die wie immer herzlose Geschichte hinweg, in vielerlei Gestalt; zuletzt in der des Wiener Kongresses, der nach Napoleons Niederlage Europa neu ordnete. T 12: Habekost (2'08): Man muss das Ganze von der Gechichte her sehen. [Spricht "Geschichte" aus wie Helmut Kohl, mit ch statt sch.] Die Kurpfälzer und die Pfälzer Gechichte warn früher mal vereint. Beim Wiener Kongress - ich weiß nicht, ob da der eine oder andre Hörer schon dabei war - wurde die rechtsrheinische und die linksrheinische Palz [sic] getrennt, 1815 war des. T 13: Eichinger (3'40): Der moderne Begriff von Kurpfalz ist das rechtsrheinische Gebiet mit dem Kern der Städte Heidelberg und Mannheim, nördlich bis es ans Hessische grenzt und südlich-südöstlich etwa Bruchsal, Karlsruhe, etwa diese Größenordnung. Autor: Wobei seltsam ist, dass die rechtsrheinische "Kurpfalz" gar nicht in Rheinland-Pfalz liegt, sondern in Baden- Württemberg, genauer in Nordbaden ... Während die eigentliche "Pfalz" natürlich in Rheinland-Pfalz ist, links des Rheins, mit Städten wie Ludwigshafen, Speyer, Mainz. - Hm. T 14: Eichinger (4'28): Das ist, wenn man so will, historisch zufällig so aufgeteilt worden. Es ist der rechtsrheinische Teil zum Großherzogtum Baden geschlagen worden, andre Teile zu Hessen-Darmstadt und benachbarten Herrschaften - und ist letztlich durch die Länderunterteilung in der Bundesrepublik Deutschland in zwei Bundesländer gekommen. So dass Rheinland-Pfalz seine Pfalz hat, die echt im Namen ist, und dass in Baden-Württemberg die Kurpfalz ist. T 15: Habekost (2'30): Seitdem hammer damit zu kämpfen, dass wir die gleiche Mentalität und ähnliche Mundart haben, aber praktisch getrennt sind, in zwei verschiedene Bundesländer. Eigentlich sin mir die einzige Deutsche, wo noch unter einer Trennung zu leiden haben. Bei uns gibt's zwar kee Mauer, aber jeder von uns muss mal durch Ludwigshafen durch - sowas schweißt zusamma ... T 16: Passant (65/4'00): Da is dann die Pfalz, die kommt da, net? Zwischedrin is dann der Rhein, net, und der trennt des alles. (...) Nee nee, mir streite uns net, mir singe unsre Lieder dann irgendwie, net? Autor: "Dialekt-geografisch", heißt es wissenschaftlich, spricht die Kurpfalz "Rheinfränkisch". Am südlichen Ende aber, zwischen Bruchsal und Karlsruhe, "Südfränkisch". Dazwischen verläuft die berühmte "Appel-Apfel-Linie". Durch die zweite Lautverschiebung vor 1500 Jahren wandelte sich, für den Großteil der Pfalz typisch, das "p- f" zu "p". Aus "Apfel" wurde "Appl", aus der "Pfalz" die "Palz". Dazu kam der Wandel von "e-i" zu "e-e": Man sagt nicht "es heißt", sondern "es heeßt". Zum Beeschpiel. T 18: Eichinger (10'41): Und wenn Sie einen Pfälzer das Wort "richtig" aus- sprechen lassen, dann kriegen Sie "rischtisch". Und wenn Sie ihn bitten, in die Kirche zu gehen, dann geht er in die "Kersch" (...) - das ist ein sehr auffälliges Merkmal. Autor: Doch im Süden spricht man anders. Wenn der Mannheimer sagt, "Isch ess n Appl", sagt der Bruch- saler: "Ih ess n Apfl". Und beide sind Kurpfälzer? T 19: Eichinger (5'25): So weit man weiß (...) liegen die Sprachgrenzen und die Bewusstseinsgrenzen nicht völlig übereinander ... Autor: ... oder, volksnäher gesagt: Ah wenn der Monemmer annerscht babbelt als der Brusler: Beide fühlen sich als Kurpfälzer. T 20: Passant (63/1'28): Es hat sich so rausgebildet, das is schon so. Aber im Grundstock sin ma alle mehr oder weniger in einem Dialektbereich. Autor: Doch um Unterschiede im Kurpfälzischen zu finden, muss man gar nicht bis an die regionalen Grenzen gehn. T 21: Habekost (8'40): Selbst in Mannheim gibt es Unterschiede zwischen südlich und nördlich des Neckars. Die eine Seite sacht "Rhei" [zu "Rhein"], die anner sacht "Rhoi". Die eine Seit sacht "Wei" [zu "Wein"], die anner sacht "Woi". "Ei" und "oi" wechselt, je mehr es in den Mannemer Norden geht. Selbst im Stadtgebiet gibt es Unterschiede. Autor: Tja, über einen Kamm scheren lassen sich die Kurpfälzer nicht. Vielleicht hilft es da, sich von der anderen Seite zu nähern, per Ausschlussverfahren. Was oder wen mag der Kurpfälzer nicht? Da herrscht Einigkeit: die Schwaben! Darum will der Kurpfälzer auch nicht hören, sein Land liege in Baden-Württemberg. T 22: Weibel (15'57): Himmelherrgottsakramentfixefeiernochamool!!! Autor: ... ruft er aus, denn für ihn liegt die Kurpfalz in Baden! T 23: Passant (63/2'07): Wir sind Badener; Kurpfälzer und Badener. Die Schwoba könne ihr eigenes machen. (2'38:) Sie sind ein bisschen knauserig in ihrer Art, net so offen wie wir, eingeschränkter. (3'33:) Der Schwabe, der ist ja sehr, möchte ich sagen, in sich gekehrt. Was ihn nicht betrifft, geht ihn nichts an. Wir sind etwas globaler, etwas freier ... Trotzdem bleiben wir bei unserer Art! (2'17:) Wir fühlen uns als Kurpfälzer zugehörig zu Baden, aber nicht zu Württemberg! Autor: Und auch nicht zur Pfalz, komischerweise - die ja direkt danebenliegt, von Mannheim nur durch eine Rheinbrücke getrennt ... T 24: Passant (63/2'26): ... auch nicht zur Pfalz! Aber trotzdem: Mir sinn an- versich die Pfälzer lieber wie "die da unten"... Ich sach´s Ihnen, wie´s is! T 25: [Anfang von Charly Weibel, "Des isch mei Sproch":] Isch dääd so gern Iddaljeenisch schwäddse un so gern Franzeesisch, / a bissl Russisch wär oo ned verkeerd, un oo ned Nepalesisch / doch i kann hald nur so schwäddse, wie da Schnawwl gwagse isch ... Autor: Der singende Schutzmann Charly Weibel. Von ihm stammt übrigens der Kurpfälzer Fluch, den wir schon hörten: T 26: Weibel (15'57): Himmelherrgottsakramentfixefeiernochamool!!! Autor: Charly Weibel ist ein Unikum. Von Beruf ist er Polizist, wobei er sich sympathisch beharrlich "Schutzmann" nennt; schließlich sei er vor allem dazu da, Leute zu schützen. Dann sitzt er seit Jahren für die SPD im Kreisrat Rhein-Neckar. Und schließlich ist er, der früher in Rockbands sang, Liedermacher - kurpfälzer natürlich. T 27: Weibel (8'10): Die Entscheidung fiel mir leicht. Ich konnte mich nur zwischen zwei Sprachen entscheiden, in denen ich singe, nämlich Englisch und Kurpfälzisch - beides Sprachen, die ich beherrsche, einigermaßen zumindest, sodass man beim Aussprechen net merkt, der muss sich verstellen. Beim Hochdeutschen hätt ich da mehr Probleme. Ich würd mich nicht gern hinstellen und hochdeutsch singen. (...) Des hört man doch immer raus, wo ich herkomme. Autor: "Wo er herkommt", ist Reilingen, südlich von Heidelberg. T 28: Weibel (13'38): Ich hab vor kurzem, weil wir das "o" so betonen, eine kleine Hommage an das "o" geschrieben. Das Lied heißt "Die Ooierfroo hod mit´m Foorood da Hoos iwwafoora", was so viel bedeutet wie: "Die Eierfrau hat mit dem Fahrrad den Hasen überfahren" ... Autor: Auf Parteitagen packt Weibel gern die Gitarre aus, singt aber nicht das "Godesberger Programm", sondern eigene Lieder. T 29: Weibel (17'45): Wenn ich hier in der Gegend mit meiner Gitarre bei politischen Veranstaltungen auftrete, ist es gut, weil die Leute zwischen den Vorträgen froh sind, mal was Normales zu hören ... Wenn sie einfach die ganz normale Sprache von hier hören, gefällt ihnen das als kleine Abwechslung zum politischen Geschwätz. Autor: Als Liedermacher ist Weibel geradezu berufen, was zum "Jäger aus Kurpfalz" zu sagen - schließlich gilt der vielen als kurpfälzische Hymne! T 31: Weibel (16'55): Ja ... Ja, also ... Pfff ... Wenn ma des so sehn mag. Isch seh´s net so, glaub net, dass sich die Kurpfälzer unbedingt mit diesem Lied identifizieren, des kann ich mir net vorstellen ... Autor: Hm. Vielleicht sollte er dann ja einen "Anti-Jäger aus Kurpfalz" schreiben? T 32: Weibel (19'10): Vielleicht die Geschichte, als ihn jemand erschossen hat?! (...) So ne Art "Diplomatenjagd" auf Kurpfälzisch! Autor: Aber im Ernst: Der "Jäger" war immerhin das Lieblingslied des großen Vorsitzenden: Helmut Kohl ließ es im Wahlkampf spielen! T 33: Weibel (17'11): Na dann. Das unterstreicht ja des, was ich grad gesagt hab ... Autor: Durch die Nachbarschaft zu Frankreich fanden viele französische Wörter Eingang in die Mundarten am Oberrhein - und damit auch ins Kurpfälzische. T 35: Passant (67/3'03): Bei uns gibt´s "Trottwaa" unn `s "Waschlawoaa", solsche Dinge halt. Die sind alle mal durch diese Fürste da hergetrage worre, logischerweise. (...) Ein Allerweltswort bei uns is "Alla, geh ma!", oder "Alla, komm mol her!", das sind so die gängische Dinge bei uns. - Flüche? Die üblische halt. Autor: Die Kurpfälzische und Pfälzische Mundart sind für Außenstehende schwer zu unterscheiden - gleich sind sie nicht. Auch hier ist es wichtig, in welcher Stadt oder Region man dem Volk aufs Maul schaut. T 36: Passant (63/1'49): Wenn Sie heute rübergehn in die Pfalz: klingt ähnlich. Aber mir bleiben eben in unserem System. T 37: Eichinger (18'25): Rein dialektgeografisch würde man sagen, dass das Pfälzische und das Kurpfälzische zum Bereich des Vorderpfälzischen gehören. Während es das West- pfälzische gibt, das bis zum Saarland rüber reicht und deutlichere Unterschiede zeigt, bis in die Grammatik rein. Die haben Partizip-2-Formen ohne Endungen, vom Typ "gesung", während die ganzen Vorderpfälzer grammatische Endungen haben vom Typ "gesunge", so was ähnliches. (...) Allerdings scheint es mir schon so zu sein, dass die stadtsprachliche Entwicklung gerade in Mannheim und Heidelberg die Identität der Kurpfälzer prägt. (...) So weit ich weiß, ist es noch schlecht untersucht. Autor: Doch Unterschiede hin oder her - die Politik versucht inzwischen zusammenzubringen, was zusammengehört: T 38: Habekost (9'10): Es gibt Bestrebungen, die Region, die hier existiert, unabhängig der Landesgrenzen zusammenzuführen: "Metropolregion Rhein-Neckar". Das ist die Region, wo die Polen in die Metro gehen, eine wunderschöne Region. Praktisch die drei Teile, die es gibt (der südlichste Teil von Hessen, die historische Kurpfalz auf der rechten Rheinseite, zum heutigen Baden-Württemberg gehörend, und die linksrheinische Pfalz) wieder zusammenzuführen, (...) ohne die Ländergrenzen, die künstlich geschaffen wurden. Ich find des unterstützenswert und tret auch immer wieder für die Wiedervereinigung der hysterischen [sic] Kurpfalz ein, egal auf welcher Rheinseite ich mich bewege ... Autor: Bleibt zu hoffen, dass die Politiker, die das versuchen, keine "Labbeduddel" sind - wie eins der typischen Kurpfälzer Wörter heißt, Lautmalerei pur. Ein Labbeduddel ist ein wachsweicher, träger Typ. T 39: Weibel (16'17): Wusst gar net, dass es den außerhalb nirgends gibt. Ich dacht immer, den Labbeduddel gäb´s überall. (...) Aber es gibt ja überall Labbeduddel, des darf ma net ver- gessen! Nur wisse die´s net, dass sie so heißen! Autor: Das Schlusswort gehört dem Kabarettisten Chako Habekost - der das vermeintlich provinzielle Kurpfalz- Fenster noch mal ganz weit aufmacht ... T 40: Habekost (20'30): Ham Sie gewusst, dass der Rap und der Hiphop (...) eigentlich gar nicht bei den US-Amerikanern erfunden wurden, in New York, sondern bei uns, "doo", in der Kurpalz? Und des liegt an der Schprooch, die wo mir do babble tue. Wenn mir die Schproch babble, is es auto- matisch hip-hop. Pass emol uff! Autor: Alla guud. T 41: Habekost (weiter): Mei Schprooch is hart und weich, is wild und zahm, is schnell und lahm. Mei Schprooch is wie e Stadt, aromatisch und quadratisch, mol schlescht, mol guud, grad wie mei Zung bestimme duud. Wenn ma se spreche konn, dann is mei Schprooch die bescht. Wenn ma verstehe konn, donn is mei Schprooch e Lied mit Melodie und bessa wie da Rescht. Mei Schprooch klingt primitiv für manche Leit, bloß weil se manchmol ziiieeehe dud wie Gummi, weil se zische dud wie Gischt wenn einer will, gell, un dodododo-dobbsed uff wie´n Flummi. T 43: Habekost (weiter): Mei Schprooch is niemols akadämisch, un des schteert mansche Leit, die denke, akadämisch is es selbe Wort wie gscheit. Mei Schprooch, die wird in Schula ned gelehrt, weil do sacht ma, wie ich babbel, is verkehrt - grammatikalisch, lexikalisch und phonetisch, grammati- kalisch, lexikalisch und phonetisch. Dazu konn isch nur saga: Mir is des ganz egal, weil ich weeß, mei Sprooch war erschter do! Un bessa klinge dud se allemol! Donn, wonn isch heer, wie aussem harte "tun" e weisches "due, due, due" wird, dann weeß isch wieder ämol mehr: Heert ma rischtisch hie, dann is mei Schprooch e Lied mit Melodie. Mei Schprooch, die kummt vunn inne naus, un wird gebabbelt mit dem Herz, der Lewwer und der Lung! Mei Schprooch is Sprengstoff uff da Zung! Bumm! -Ende Beitrag ohne Musik)- MOD Die Kleine Sprachgeschichte. Oder: Warum die hier so anders sprechen. Kurpfälzisch stand heute auf dem Programm. Und Matthias Kußmann brachte es uns zu Gehör. Die nächste Kleine Sprachgeschichte hat es dann auch wieder ins sich. Sachsen- Anhaltisch steht auf dem Programm, und grenzwertig geht es dann auch wieder zu, sprachlich gesehen. Also : 15. Oktober. Sachsen-Anhaltisch. Die Unterrichtung beginnt um 13.07 Uhr. Als pünktliches Erscheinen erbeten. Am Mikrofon verabschiedet sich von Ihnen Claus Stephan Rehfeld. -ENDE Ablaufplan-