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Und wer den Mann mit dem hellgrauen Schnäuzer im historischen Rathaus in Hildesheim erlebt, spürt sofort, wie der 55jährige mit seinem jungenhaften Charme Menschen für sich einnehmen kann. Vor fünf Jahren ist Machens - nachdem er zuvor schon einmal 11 Jahre lang ehrenamtlicher Oberbürgermeister war - zum ersten hauptamtlichen OB Hildesheims gewählt worden. Und das obwohl dem studierten Chirurg damals Bestechlichkeit vorgeworfen und er später sogar deshalb verurteilt wurde. MACHENS Diese juristische Bescheinigung, die ich da damals bekommen habe, die gefällt mir natürlich überhaupt nicht, aber ich habe sie zu akzeptieren. Das, was inhaltlich geschehen ist, ist in dieser Stadt breit ausgebreitet und ich würde das heute auch nicht wieder so machen, aber es ging nicht darum, mir was in die Tasche zu stecken, sondern für die Stadt was zu erreichen und ich glaube, das haben die Bürger viel besser verstanden. Rückblick: Kurz vor der Jahrtausendwende gründet der damalige ehrenamtliche OB Machens den Verein "Pecunia non olet" - Geld stinkt nicht. Um damit Spenden zu sammeln. Über die Verwendung der gesammelten Mittel - die kulturellen, sozialen oder sportlichen Einrichtungen der Stadt zu gute kommen - entscheiden allein die Vereinsmitglieder. Weder Rat der Stadt, Verwaltung noch Öffentlichkeit wissen Bescheid. Im Jahr 2000 spenden genau die Energieversorger dem Verein eine Million D-Mark, die zeitgleich Anteile an den Hildesheimer Stadtwerken erwerben. Machens ist damals Aufsichtsratsvorsitzender der Stadtwerke. Die Staatsanwaltschaft sieht einen direkten Zusammenhang und erhebt Anklage. Im Frühjahr 2005 wird Machens vom Landgericht Hildesheim freigesprochen und kündigt an, als Kandidat für die im folgenden Herbst stattfindende Direktwahl des Oberbürgermeisters anzutreten. Doch seine Partei, die CDU, hat zu diesem Zeitpunkt bereits einen anderen Kandidaten nominiert. Machens tritt als Bewerber des sogenannten "Bündnis!" an. Die CDU will ihn ausschließen, Machens tritt kurz zuvor aus. Damals sagt der Betroffene: MACHENS Nichts anderes, als ich erwartet habe, ist eingetreten. Die CDU hat nicht verstanden, dass es hier um eine Personenwahl bei der Oberbürgermeisterwahl hier in Hildesheim geht und nicht um die Partei. Die Bürger werden entscheiden, wer hier Oberbürgermeister wird. Machens ist siegesgewiss - und soll Recht behalten. In der Stichwahl unterliegt der CDU-Kandidat deutlich. Der ohne Parteibuch zieht ins Rathaus. Und bleibt dort - selbst, als der Bundesgerichtshof den Freispruch 2007 aufhebt und ihn zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Das niedersächsische Beamtenrecht lässt dies zu. ATMO GLOCKENSPIEL Und wer die Hildesheimer Bürger auf dem Marktplatz fragt - die meisten haben Kurt Machens die Pecunia- Affäre verziehen. MANN 1 Der hat da irgendwie Mist gemacht in der Affäre, aber das Geld ist ja damals nicht verschwunden, geschweige denn in seine eigene Tasche. Das wissen Sie selber auch, dass dann die Leute im Laufe der Zeit vieles vergessen FRAU Die machen alle mal dummes Zeug, aber an sich macht er die Sache doch ganz gut. MANN 2 Das war ja kein großes Verbrechen und er hat ja auch gutes Getan, nech? In eine andere Partei zu wechseln, sei für ihn damals nicht in Frage gekommen, sagt Kurt Machens heute und seine politischen Ansichten habe er nach 36 Jahren Zugehörigkeit zur CDU ja auch nicht komplett über Bord geworfen. MACHENS Ich glaube, es ist ein gutes Merkmal für Bürgermeister, nicht der Parteipolitik verbunden zu sein, sondern der Stadt und den Bürgern verbunden zu sein und das muss man dann auch zum Ausdruck bringen, indem man nicht die Parteikleidung einfach wechselt. Man ist nicht davon abhängig, was die Parteien beschlossen haben - ein Programm - und dann mühsam umsetzen, sondern man kann den gesunden Menschenverstand einsetzen und sagen: Ideologiefrei suche ich der Stadt Bestes - um die Bibel mal zu zitieren. Ein Gedanke, der Thomas Müller gefällt. Sein Bündnis für Hildesheim, wie es inzwischen heißt, hat bei der Kommunalwahl vor vier Jahren auf Anhieb 17,4 Prozent der Stimmen im Rat der Stadt Hildesheim geholt. CDU und SPD haben eine Zusammenarbeit mit dem Bündnis abgelehnt, bilden seitdem eine Kooperationsgemeinschaft und stellen so die Mehrheit. Müller ist Fraktionsvorsitzender der unabhängigen Wählergemeinschaft. MÜLLER Unsere Rolle sehe ich in dieser Legislaturperiode als Wächter. Dass die Parteipolitik nicht Überhand nimmt, sondern dass darauf geachtet wird, dass Kommunalpolitik gemacht wird. Das Bündnis kämpft für mehr Sachorientierung und Transparenz im Rathaus. Doch es hat stürmische Zeiten hinter sich: Müllers Vorgänger im Amt des Fraktionsvorsitzenden wurde mit großem Getöse aus der Partei ausgeschlossen. Kritiker stören sich zudem an einer angeblichen Vetternwirtschaft mit dem Oberbürgermeister, der offiziell gar nicht Mitglied im Bündnis ist. Einer seiner Neffen vertritt die Wählergemeinschaft im Rat und auch Fraktionsvorsitzender Müller ist mit Machens verwandt. KUMME Das Bündnis, die agieren wie jede andere Partei. Deswegen ändert sich da überhaupt nichts. Sagt Ulrich Kumme, der im Rathaus ein Stockwerk über dem Oberbürgermeister sitzt. Parteilosigkeit, das sei Augenwischerei. Die Ränkespiele, das Strippenziehen - beim angeblich unabhängigen Bündnis und auch bei Machens seien solche Parteimechanismen zu finden. Kumme ist Fraktionsvorsitzender der CDU im Rat der Stadt Hildesheim und hat bei der OB-Wahl vor fünf Jahren gegen Machens verloren. Privat verstünden sich die beiden ehemaligen Parteifreunde, erzählt der Jurist. Politisch sei das Vertrauen zwischen ihm und dem Oberbürgermeister jedoch getrübt. Der Grund: Als Parteiloser neige Machens zum Taktieren, die Verlässlichkeit fehle. KUMME Machens versucht, Einzelentscheidungen herbei zu führen. Nicht umsonst heißt er König Kurt. Er hat seine Meinung und die will er durchsetzen. Eine Zusammenarbeit mit ihm ist sehr schwer, weil er seine Meinung hoch ansetzt und da ist ihm egal, ob seine Meinung von links, von rechts, von der Mitte unterstützt wird, Hauptsache, sie wird unterstützt. ATMO GLOCKEN An Kurt Machens prallt solche Kritik ab, ihm ist vor allem der Zuspruch der Bürger wichtig und der scheint ihm sicher. MACHENS Die nehmen mich wahr als einer der ihren. Länderreport Magazin/16.9.2010 Auch ohne Parteibuch in den Kommunen von Thüringen Autorin: Blanka Weber Red.: C. Perez Atmo: Führung durch den Kulturhof mit einer Gruppe Besuch aus Sachsen. Das Personal eines Krankenhauses ist zu Gast in Göpfersdorf, gleich hinter der Landesgrenze. Was die Damen am meisten beeindruckt, ist die Kunstgalerie. Und das mitten auf dem Dorf, eingebettet in einen historischen Fachwerkhof. Der Galerieraum ist hoch, hell und einladend. Der Bürgermeister ist stolz: "Ja der Quellenhof, das Kulturgut Quellenhof, symbolisiert ein Stück unsere Bemühungen, hier in der Mini-Gemeinde tatsächlich mit Kunst und Kultur und einem interessanten Programmpaket für die Einwohnerinnen und Einwohner aber auch in der Region was Interessantes zu bieten." Klaus Börngen ist im 12. Amtsjahr ehrenamtlicher Bürgermeister. Er wurde von keiner Partei nominiert, sondern vom Heimatverein. Für 2 kleine Orte ist er zuständig. Das macht 160 Einwohner, davon ist jeder 2. im Heimatverein. Und der hat sich auf die Bedürfnisse der Menschen eingestellt, sagt Klaus Börngen: Kultur und Kunst, Tanzgruppen für Kinder, monatliche Lesungen, Filme oder Musik. 1,5 Millionen Euro wurden gesammelt oder über Fördermittel eingeworben. Das verfallenen Gut wurde zu einem Schmuckstück. Fast zumindest. Denn noch ist nicht alles fertig. Vielleicht werden später Räume als Pension vermietet, ein Restaurant ist geplant und der jährliche Holzbildhauer-Workshop soll erhalten bleiben, egal, wie es mit dem Geld dafür aussieht. Klaus Börngen weiß, Parteien können heute so `was gar nicht bieten, selbst wenn sie es möchten: "Weil man hier sieht, was passiert, was gemacht wird und es ist eben ganz was anderes, viel unmittelbarer und greifbarer als das, was irgendeine Partei leisten kann." Ein Pluspunkt also für die Gemeinde aber auch für den Bürgermeister, der hier ehrenamtlich viele Stunden investiert und nun in die 3.Amtszeit gewählt wurde. Seine 2 kleinen Ortschaften gehören zur Verwaltungsgemeinschaft Langenleuba-Niederhain. Dort sitzt Gerd Werner. Auch er war einst Bürgermeister, jetzt verwaltet er, und zwar 5 Gemeinden: "Wir haben 3 parteilose Bürgermeister. Wir haben einfach hier das Problem auf dem Dorf, bei uns ist die Feuerwehr stark oder der Sportverein und da entwickelt sich das dörflich-kulturelle-sportliche Leben. Das hat auch Auswirkungen auf den Gemeinderat, man merkt eben, wenn viele Sportler drin sitzen, dann wird auch viel für den Sport getan. (Lacht) Das ist so eine Erfahrung, die ich gemacht habe." Der Einfluss von Parteien ist nicht so ausgeprägt, bilanziert Gerd Werner knapp. "Die Vereine sind nun so strukturiert, die gehen auf die Interessenlagen der Bürger, der Kinder, der Jugendlichen ein und damit haben die viel mehr Zulauf wie Parteien." Vor allem an Jugendlichen. Parteinachwuchs ist rar gesät auf dem Land. Wie auch? Karriere in der Politik planen nur sehr wenige. Einer ist Tankred Schipanski aus dem Ilmkreis. Politik kennt er von klein auf. Seine Mutter, Dagmar Schipanski, war einst Kandidatin für das Bundespräsidentenamt. Heute macht ihr Sohn Politik. Erst in der Jungen Union, nun für die CDU im Bundestag. "Ich gehe gerne auf Feuerwehrfeste, ich bin gerne bei Sportvereinen und Tierzuchtvereinen, was es alles gibt und finde es auch nicht schlimm, wenn eine Person, die nicht parteilich gebunden ist, als Bürgermeister aktiv ist. Es wird sowieso und das zeigt uns der Kommunalwahlkampf, künftig so sein, das sich die Leute für einzelne Projekte stärker engagieren." Der neue Wind ist angekommen, bei jungen Bundestagsabgeordneten wie Tankred Schipanski und bei seinen Vorgängern. Es muss sich etwas ändern. Da sind sie sich einig: "Von daher ist es sicher auch Aufgabe der CDU zu sagen, sie engagieren sich in einzelnen Bürgerinitiativen mit, wo eben nicht CDU drauf steht sondern Bürger für das und das ... gegen das und das. Das macht uns die Kommunalpolitik erfolgreich vor, dass es so läuft und ich kann mir vorstellen, dass es auf Landesebene künftig so sein wird." (T.Schipanski) CDU ist also nicht drauf, aber drin. Wenn der Wähler diesem Trick erst mal auf die Spur gekommen ist, ist der Schaden für die Parteienlandschaft vielleicht noch größer. Es wird also immer schwieriger für die Parteien, in der Fläche verlorenen Boden zurück zu gewinnen. Boden, der momentan Heimatvereinen, Sportverbänden, parteilosen Bürgermeistern oder Wählergemeinschaften gehört. "Was natürlich hier vor Ort zu merken ist, dass die Parteien sowohl personell schwach besetzt sind als auch solche Dinge, wie Vereine sie leisten, eigentlich gar nicht leisten können, selbst wenn sie es wollten." Und noch'mal der Bürgermeister von Göpfersdorf in Ostthüringen, Klaus Börngen: "Weil man hier sieht, was passiert, was gemacht wird und es ist eben ganz was anderes, viel unmittelbarer und greifbarer als das, was irgendeine Partei leisten kann." Länderreport / 16.10.2010 (3)Parteilose Bürgermeister - In Monheim am Rhein regiert die Jugend Autor: Tim Hannes Schauen Redaktion: Claudia Perez Atmo 1 Stimmengewirr, Musik Autor 1 Sonntagvormittag in Monheim am Rhein. Düsseldorf liegt 25 Kilometer rheinabwärts, Köln 30 rheinauf. Gut einhundert Seniorinnen und Senioren verteilen sich auf dem kreisrunden Dorfplatz im Stadtteil Baumberg, stehen vor Bier- und Bratwurstbuden, in der Gulaschkanone dampft Erbsensuppe. Die Besucher tragen Kleidung in sanftem Pastell, hellen Grautönen, das Haar der meisten glänzt silbrig in der Sonne. Ein kleiner, gedrungener Mann greift zum Mikrofon. O-Ton 1 Eicker Einen wunderschönen guten Morgen, die Sonne scheint, wir dürfen Sie zu unserem 33. Sängerfest begrüßen und wir beginnen traditionsgemäß mit dem Fassanstich des Herrn Bürgermeisters, wer einmal hier rüber kommen möchte, der Fassanstich direkt hier vorne. Heute ist es zum ersten Mal unser junger Bürgermeister, herzlich willkommen bei uns auf dem Sängerfest, herzlich willkommen. Rede als Atmo sehr leise weiter unter Autor 2 Ein blonder schlanker Mann in Turnschuhen, Jeans und blauweiß gestreiftem Poloshirt steht neben dem Redner: Daniel Zimmermann, 28. Seit einem Jahr ist er Bürgermeister von Monheim im Kreis Mettmann - und von 43.000 Einwohnern. Bei der Direktwahl der Bürgermeister 2009 setzte er sich gegen sechs andere Kandidaten durch, seine Partei errang knapp 30% der Stimmen. Als zweitstärkste Kraft nach der CDU. Seitdem stellt PETO zwölf Ratsmitglieder - und den Bürgermeister. Ihn. Ruhig und gelassen steht Daniel Zimmermann zwischen den Chorsängern, mit souveräner Körpersprache wirkt er ganz präsent. So, als habe er nie etwas anderes gemacht. Atmo 2 Applaus O-Ton 2 Daniel Zimmermann Ja, vielen Dank Herr Eicker für den freundlichen Empfang, meine sehr geehrten Damen und Herren, das 33. Sängerfest hier in Baumberg - für mich das erste Mal mit dem Fassanstich, aber ich sehe dem ganz gelassen entgegen, dass das nachher auch gelingen wird. Sie haben einige Themen angesprochen, ich will da eigentlich jetzt gar nicht lange drauf eingehen, weil wir ja hier zum Feiern sind, auch, um gleich die Chöre zu hören, vielleicht ein kurzes Wort zum Sportplatz, das ist in Baumberg hier ein umstrittenes Thema... Rede als Atmo sehr leise weiter unter Autor 3 Um den Neubau von Sportanlagen gibt es in Monheim seit über zehn Jahren einen harten Diskurs. Doch seine Partei, sagt Daniel Zimmermann, habe endlich eine finanzierbare Lösung gefunden. O-Ton 3 DZ Rede wieder frei ...herzlichen Dank! Applaus Atmo 3 Männerchor singt Autor 4 Symbolisch nippt der Bürgermeister am Altbier, anschließend steht er bei Bürgern, vor allem hört er zu. Zwei Frauen und ein Mann stehen etwas abseits. O-Ton 4 Frau 1 Junges Blut muss mal ran, jungen Leuten muss man auch mal ne Chance geben. O-Ton 5 Frau 2 Also mir gefällt er. O-Ton 6 Mann Der hat ja jetzt ne Chance, er ist der jüngste und der unbefangenste, also ich denk mal, dass er das Machbare hier möglich machen kann. Aber die anderen waren so wenig qualifiziert, dass er ne gute Chance hat, und ich denk auch, das ist ne gute Wahl. Autor 5 Skepsis diesem jungen Mann gegenüber ist nicht zu spüren. Die Monheimer hatten schon Zeit, sich an den Bürgermeister, vor allem aber seine PETO-Partei zu gewöhnen. 1999 hat Zimmermann sie zusammen mit anderen Jugendlichen gegründet. O-Ton 7 Mit diesen fünf Leuten, mit denen wir PETO gegründet haben, waren wir an für sich unpolitisch, wir wollten nur was Gemeinsames machen, uns ging's wirklich nur um den Spaß, gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen. Und als dann der Anlass eben dazu kam, dass das Wahlrecht gesenkt worden ist auf 16, haben wir dann kurzerhand diese Partei gegründet. Autor 6 Der Spaß kam schnell, denn direkt bei der ersten Wahl erreichte PETO über sechs Prozent der Stimmen: schon 1999 stellten die jugendlichen Spaßpolitiker zwei Stadtratsmitglieder. Doch günstigere Bustickets für Jugendliche und die Einrichtung einer Radspur durch eine Monheimer Fußgängerzone waren zu zweit nicht durchsetzbar. O-Ton 8 ... in den ersten fünf Jahren haben wir mit zwei Leuten ja eigentlich nur dabei gesessen, in den zweiten fünf Jahren von 2004 bis 2009 konnten wir schon das ein oder andere mit beeinflussen... Autor 7 2004 kamen schon sieben Ratsmitglieder von PETO. Und weil weder SPD noch CDU klare Mehrheiten erhielten, sitzen seitdem junge Menschen in Stadtrat und Ausschüssen und gestalten Kommunalpolitik: Schüler, die meisten sind Studenten, der Parteivorsitzende ist 22 Jahre alt, eine 24jährige Diplom- Juristin führt die Fraktion an. O-Ton 9 ...aber wirklich die Möglichkeiten, Dinge umzusetzen haben wir erst jetzt seit 2009. Autor 8 Seitdem ist Daniel Zimmermann der jüngste Bürgermeister in Nordrhein Westfalen. Sein Leben hat sich verändert. Viele Termine, Presserummel, mit dem Job als Lehrer für Französisch und Physik wird es erst mal nichts. Aber sonst? Zimmermann zuckt mit den Schultern, er will die Kirche im Dorf lassen. O-Ton 10 Wobei diese Wahl mein Leben nicht komplett verändert, ich werde nicht für ewig Bürgermeister sein, ich bin ja noch jung genug, um auch dann, wenn ich nicht mehr Bürgermeister bin, tatsächlich dann als Lehrer arbeiten zu können, das ist das, was ich eigentlich studiert hab, was mir auch Spaß machen würde, insofern wird das jetzt meinen persönlichen Lebensweg nicht durcheinanderschütteln. Autor 9 Das lateinische Wort PETO bedeutet "Ich fordere!". Dahinter verbirgt sich laut Parteihomepage, dass "Jugendliche nicht eingeschlafen und politikverdrossen sind, sondern Forderungen an gute Politik stellen." "Jugendliche sind nicht politikverdrossen, eher parteienverdrossen," sagt Daniel Zimmermann, dies sei die Chance der PETO. Sie möchte Jugendliche ermuntern, politisch aktiv zu werden. Über 300 Mitglieder hat die Jugendpartei derzeit. Ständig kommen neue hinzu. Und neuerdings hat sie mit der AG Peto30Plus! die Zielgruppe erweitert und sich auch für Menschen über Dreißig geöffnet. Zimmermann schaut auf die Uhr, er wird auf dem Monheimer Kindertag erwartet. Mit dem Fahrrad fährt er die zwei Kilometer am Rhein entlang. Die goldenen Zeiten der Volksparteien - auch in Monheim sind sie erst mal vorbei. Hier regiert die Jugend. 5.150 Zeichen ohne Leerzeichen