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Und alle schauen begeistert oder weniger begeistert dahin Sprecher: "Fußball über alles" hat Golovchenko sein Bild genannt: Vier Männer und ein Junge starren auf einen alten Lederball. Der schwebt kurz vor dem Tor. Armdicke Äste sind als Pfosten in den Sandboden gerammt, die Latte mit dünnen Stoffstreifen befestigt. Hinter kahlen Bäumen ragen Plattenbauten empor. Fußball-Idylle am Dnjepr, in Kiew in der Ukraine. " Take 2 Golovchenko 0.03 Ich wollte auch Profifußballer werden in meiner Kindheit. Sprecher: Damals in Odessa, seiner Geburtsstadt, an der ukrainischen Schwarzmeerküste. Wo die Fußballer des Clubs Tschernomorez sein großes Vorbild waren Take 3: Golovchenko 0.15 I Ich habe sehr gerne gespielt, eigentlich ununterbrochen. Ich bin zwar zur Schule gegangen, aber danach habe ich keine Hausaufgaben gemacht. Sondern bin direkt zum Fußballfeld, wir hatten einen Bolzplatz, den wir selber aufgebaut haben Sprecher: Heute lebt Golovchenko in Mainz, der 38jährige ist Fotograf und nicht Fußballer geworden. Das blau-weiß geringelte Matrosenshirt, das er trägt, sieht zwar aus wie aus dem Fundus der Schwarzmeerflotte. Ist aber ein Westprodukt. Geräusch-take 2: Gewühl / Karton 1.05 Sprecher; Golovchenko sucht weiter in seiner Bildersammlung: Stadien, Hooligans, Oligarchen, Wodkapokale - osteuropäische Fußballkultur. Tausende Kilometer ist der Fotograf dafür gereist. Von EM-Spielstätte zu EM-Spielstätte. Meist mit dem Zug: Von Kiew bis Warschau in 18 Stunden, von Donzek bis Danzig in 36, von Katowice bis Charkov in 33 Stunden. Take 4 : Golovchenko 0.24 Das ist zum Beispiel ein Bild, das in Charkov aufgenommen ist. Dahinter ist dieses wunderschöne "Metallist-Stadion", was meiner Meinung nach ukrainischer nicht sein kann,. Es ist meiner Meinung nach das Schönste der vier Stadien. Es sieht wie eine Spinne aus. Stadion oder Fußballmannschaft heißt FC Metallist Sprecher: Im Hintergrund das neue Stadion. Im Vordergrund ein Rentner, der Kabelreste in einen alten Plastiksack stopft. Ein Altmetallsammler. Charkov, ukrainisch Kharkiv ist die zweitgrößte Stadt in der Ukraine. Tief im Osten. Hier wird die deutsche Nationalmannschaft gegen Holland antreten. Das Stadion hat der örtliche Oligarch, Alexander Jaroslawsky, spendiert. Im Fanshop gibt es dafür auch einen Fußball mit seinem Konterfei zu kaufen. Golovchenko greift zum nächsten Bild Take 5: Golovchenko 0.15 Dann nehmen wir das. Das zeigt eher den Zustand. Das ist einmal in Charkov ein Stadion gewesen von Traktorenfabrik. Und im Moment sieht es so aus, als ob sich niemand dafür interessiert. Sprecher: Beton bröckelt von den Säulen am Eingang. Die alten geschmiedeten Eingangstore sind geschlossen. Golovchenko legt beide Bilder nebeneinander. Die bröckelnde Arena aus der Sowjetzeit und der glitzernde Neubau für die Europameisterschaft. Der Fotograf nickt zufrieden. Take 6: Golovchenko 0.18 Spannend ist es schon, ich finde es ist auch spannend für Euro selbst. Man weiß nicht, was man erwarten soll, man weiß nicht, wie es kommt, das ist wirklich eine russisches oder ukrainisches Roulette. In dem Sinne, ob das wirklich was wird. Geräusch.-take 3: Stadion / Lviv /Evakuierung 0.50 Sprecher: "Achtung, Achtung - Feuer im Gebäude" schallt es aus Dutzenden von Lautsprechern. Erst auf Ukrainisch. Dann auf Englisch. Soundcheck im neuen EM- Stadion von Lviv, der 800.000 Einwohnerstadt in der Westukraine. Dem ersten Spielort der deutschen Nationalmannschaft. Geräusch-take hochziehn Sprecher: Bauarbeiter mit gelben Helmen und leuchtend orangenen Warnwesten schleppen Kabel und Werkzeug unbeeindruckt die Treppen empor. In Gut 200 Soldaten vertreten sich rauchend auf einem Parkplatz die Beine. Vor einem großen grünen Sanitätszelt parken alte Militärlaster aus Sowjetzeiten. Sechs Wochen vor Beginn der Europameisterschaft... Geräusch-take 4 Atmo vor Stadion 1.47 Sprecher: Fünf stämmige Frauen pflanzen junge Bäume entlang der neuen Zufahrtsstraße. Ihr Vorarbeiter schaut rauchend zu. Ein Stückchen weiter hängen mannshohe weiße Werbebanner mit dem EM-Logo am Bauzaun. Ein Sichtschutz, gut 200 Meter lang. Hinter dem Zaun rosten die Wohncontainer der Bauarbeiter. Dazwischen stehen notdürftig zusammengezimmerte Holztische, einige Plastikstühle. Geräusch-take hochziehen Sprecher: Eine junge Frau kommt über den Parkplatz. Winkt mit beiden Armen. Kristina, eine der Assistentinnen des Stadiondirektors. 26 Jahre alt, helle Bluse, Jeans, robuste Schuhe. Seit etwas mehr als einem Jahr arbeitet sie auf der Baustelle ... Take 7Kristina (ohne Übersetzung) Many german people don´t believe ... Sprecher drüber Sprecher: ´"Viele Deutsche glauben nicht, dass hier ein Stadion steht", sagt sie zur Begrüßung. "Aber bitte schön, wie Sie sehen da ist eins. Und es sieht doch gar nicht schlecht aus". Kristina lächelt. Vor zwei Jahren war hier noch nichts zu sehen. Jetzt glänzt die Arena für 33.000 Zuschauer silbrig-grau in der Sonne. Die offizielle Einweihung war im November. Danach gingen die Bauarbeiten weiter.. Geräusch-take 5 Stadion Innen 0.37 take 8 Kristina (ohne Übersetzung) I don't like so much football, it is just the work Sprecher: "Fußball interessiert mich eigentlich nicht besonders", erzählt die Wirtschafts- Studentin, während sie durch die lange Gänge des Stadions eilt. Aber die Arbeit hier sei in Ordnung, die Bezahlung auch. Das ist heutzutage viel Wert in der Ukraine. Seit 2008 steckt das Land in einer tiefen Wirtschaftskrise. Nur Milliardenkredite des Internationalen Währungsfonds verhinderten in der Vergangenheit den Staatsbankrott. Geräusch-take 6 Stadion Spielfeld Sprecher: Sattgrün und dicht wächst der Rasen auf dem Spielfeld. "Betreten verboten" mahnt auf Ukrainisch und Englisch ein Schild an der Seitenlinie. Links und rechts stehen die Mannschaftsbänke. Hohe Ledersitze, in blau-gelb - den Farben der Ukraine Take 9 Liza/Kristina (ohne Übersetzung) 1.13 I am Liza, .. Sprecher drüber Sprecher: Ihre Kollegin Lisa kommt dazu. Mit einem großen Schlüsselbund in der Hand. Sie will noch die neuen Mannschaftskabinen zeigen. Den Trainerraum. Und die Duschen. Für die deutsche Nationalmannschaft Geräusch-take 7 Stadion Sprecher: Die Mannschaftskabine: Zwei silberne Kühlschränke, auch hier blau-gelbe Sitze mit Armlehnen. Über jedem Platz ein abschließbarer Minischrank. An der Wand ein Flachbildfernseher. Und ein Tactic Board. Ein Spielfeld en miniature. Wesentlich bescheidener der Trainerraum: Sechs Quadratmeter, weiße Wände, Neonlicht. Ein Resopaltisch, ein Wandspiegel, sechs Bürostühle.. Ungleich farbenfroher die Duschen: Braune und beige Kacheln. Zwei lindgrüne Dekostreifen. Alles neu, alles schlicht.. Geräusch-take hochziehen . Sprecher: Kristina blickt auf die Uhr. Ihr Chef wartet. Sie wollen für die Zeit nach der Europameisterschaft planen, Take 10 Kristina (ohne Übersetzung) Working with ... Sprecher drüber Sprecher: Wir werden nach neuen Nutzungsmöglichkeiten für das Stadion suchen, sagt Kristina Der örtliche Erstligist FC Carpathy wird die 30.000 Plätze nie füllen können. Zu seinen Heimspielen kommen im Schnitt 8.000-10.000 Zuschauer.. Geräusch-take 8 :Schritte / Marktpatz 1.25 Sprecher: Zehn Kilometer weiter eilt Juri Durkot über den historischen Marktplatz von Lviv. Das Kopfsteinpflaster stammt noch aus der Kaiserzeit, erzählt der Autor und Fußballfan. Als Lviv noch Lemberg hieß und die Österreicher hier regierten. Die prachtvollen Bauwerke dieser Zeit prägen die Stadt noch immer. Die komplette Altstadt ist heute Weltkulturerbe - knapp 3000 Gebäude stehen unter Denkmalschutz... Take 11 Durkot 0.14 Man investiert etwa in die Infrastruktur, man versucht den Tourismus ein bisschen anzukurbeln. Man versucht generell das Image des Landes ein bisschen zu verbessern... und ob das klappt ist im Moment auch nicht so sicher Sprecher: In den Nebenstraßen verfallen die alten Gebäude. Fast überall bröckelt die Fassade. Abstürzende Balkone sind keine Seltenheit. Seit Jahren gibt es von der ukrainischen Regierung kein Geld mehr für die Altstadtsanierung. Dafür glänzt jetzt neben dem alten Rathaus ein riesiger Fußball mit dem EM-Logo. Durkot schüttelt den Kopf. Wie so oft in den letzten Jahren wenn es um die Europameisterschaft ging. Take 12 Durkot Ich glaube viele waren begeistert, ich glaube damals hat man falsche Vorstellungen und Erwartungen. Niemand hat natürlich damit gerechnet, dass die Ukraine noch alles versuchen wird, die EM zu vermasseln. Wir haben nicht die Stadien gebaut, wir haben nicht die Flughäfen gebaut, wir haben nicht die Hotels gehabt. Wir haben wirklich alles versucht zu vermasseln. Und am Ende ist auch das uns nicht gelungen ... Geräusch-take 9 Cafe Sprecher: Der Mittvierziger steuert ein kleines Cafe an, bestellt sich ein Stück Kuchen und einen Tee, sucht sich einen Platz am Fenster. Die Arbeiten in der Ukraine lagen die meiste Zeit weit hinter den Planungen zurück, erzählt Durkot. Und ganz am Ende stand Lviv, stand Lemberg mit seinen Vorbereitungen. In der 800.000 Einwohnerstadt blockierten sich der örtliche Oligarch Petro Deminksy und die Stadtregierung gegenseitig. Take 13 Durkot 0.30 Das Problem ist, wir haben in Lemberg keinen richtigen Oligarchen, der wirklich in der Stadt alles entscheiden könnte. Wir haben eher einen Mini- Oligarchen, der natürlich auch einen Fußballlclub hat ... aber der konnte sich nicht durchsetzen mit seinen Vorstellungen. Der Osten hat da wirklich eine andere Struktur. Donezk und Charkow, zwei Beispiele, wo die Stadien privat finanziert wurden Sprecher: Je mächtiger der Oligarch, desto schneller der Stadionbau. Das ist eine Grundregel in der Ukraine. Die im westlichen Europa allerdings erst spät erkannt wurde. Bei der EM-Vergabe regierte in Kiew noch die prowestliche Timoschenko/Juschtschenko- Koalition. Wobei die beiden ehemaligen Hoffnungsträger der orangenen Revolution sich in der Folgezeit erst zerstritten. Und dann offen bekriegten. In Sachen EM- Vorbereitung geschah in dieser Zeit wenig. Take 14 Durkot 0.21 Der Staat hat ja ursprünglich geplant, wir werden 20 Prozent investieren in EM 2012, die restlichen Prozent kommen von der Privatwirtschaft. Es ist bei diesen 20/80 Prozent auch geblieben. Es hat sich aber gedreht. 80 hat der Staat investiert 20 Prozent die Privatwirtschaft.. Sprecher: Das meiste Geld investierte in den letzten Jahren die Regierung von Viktor Janukowitsch. Sie änderte -nach ihrem Wahlsieg 2010 - kurzerhand die Gesetze, damit ohne Ausschreibung Bauaufträge vergeben werden konnten. Brachte erst ihre Vertrauens-Leute in Schlüsselpositionen. Und dann die Ukraine zurück auf EM-Kurs. Take 15 : Durkot 8 0.13 Insgesamt sind diese Großprojekte oder Mammutprojekte auch sehr interessant, weil man dabei auch so viel Geld auf die Seite schaffen kann. Je größer desto besser. Also dieser Größenwahnsinn kennt auch keine Grenzen Sprecher: Unter der Janukowitsch-Regierung baute die Ukraine unvergleichlich schnell. Und unglaublich teuer. Das Stadion in Lviv kostete 220 Millionen Euro. Mehr als doppelt so viel wie kalkuliert. Die Arena in Kiew knapp 600 Millionen, ursprünglich geplant waren 180. Der Staat zahlte. Die Vertrauten der Janukowitsch-Regierung kassierten. Take 16 Durkot 0.35 Wobei es 2010 darum ging, dass man diese Europameisterschaft noch retten wollte.Diese Rettung war schon recht teuer muss man sagen, das muss man dieser Regierung wirklich lassen, sie haben das fast Unmögliche geschafft. Obwohl, ich habe schon immer daran geglaubt wir werden es schaffen, egal, wie, in der letzten Nacht wahrscheinlich. Aber trotzdem ich glaube der Flughafen Lemberg wird mehr oder weniger am 8. Juni fertig sein. Aber immerhin. Nur ich glaube, das auch der Preis dafür sehr teuer ist.. Geräusch-take 10: Überwachungsraum / Poznan 2.28 Sprecher: Gut 600 Kilometer westlich, im polnischen Poznan, blickt Jakub Gorzynski konzentriert auf eine Großleinwand. Von der Decke hängen ein Dutzend Fußballtrikots, an der Wand gut 30 Fanschals. Von Arsenal, Hertha BSC, Westham United, Feyenoord Rotterdam. Der Kontrollraum der Polizei wirkt wie eine Mischung aus Fanshop und Elektromarkt. Die Bilder auf der Großleinwand wechseln im 30 Sekunden Rhythmus Take 17 Gorzynski / Übersetzung 0.25 We have access ... Übersetzer: Wir haben hier Zugang zur Kamera-Überwachung in der Stadt. 205 Kameras liefern während der Europameisterschaft Aufnahmen. Das ist für uns sehr hilfreich. So können wir den Strom der Menschen vom Zentrum ins Stadion verfolgen. Wir beobachten die Hauptstraßen und auch die Schienenwege ... Sprecher: Den Überblick zu behalten, das ist Aufgabe von Gorzynski. Der Enddreißiger ist für die Sicherheit in der 600.000 Einwohnerstadt Stadt Poznan zuständig. Auch während der Europameisterschaft. Take 18 Gorzynski 0.20 We have a headache since 2007 ... .. that was good data for us... Übersetzer: Seit der EM-Vergabe 2007 haben wir Kopfschmerzen, wir zerbrechen uns den Kopf über die Sicherheit. Aber seit Dezember letzten Jahres wissen wir, wer hier bei uns spielen wird. Und das waren gute Nachrichten Sprecher: Irland, Kroatien und Italien tragen ihre Spiele in der westpolnischen Metropole aus. "Damit können wir gut leben", sagt der junge Polizeichef. Deutschland und Russland wären schlimmer gewesen. Im Hintergrund nickt ein graumelierter Kollege. Andrezj Borowiak ist dazugekommen. Er ist der Sprecher für die Polizei in der Region Wielkopolska, Großpolen. Take 19 Borowiak / Übersetzer 0.26 Übersetzer: Wir waren als erster Austragungsort mit unserem Stadion fertig. Seit mehr als zwei Jahren steht es. Mehr als 70 Spiele haben dort schon stattgefunden und auch ein paar Konzerte. Seit einem Jahr können wir sagen, das jedes Heimspiel für uns so etwas wie ein Miniatur-Test für die Europameisterschaft ist. Geräusch-take hochziehen Sprecher: Jakub Gorzynski klappt seinen Laptop auf. Sucht einen Bericht der Kollegen aus Danzig. Jedes Match von Lech Poznan ist für ihn ein Test für das Sicherheitskonzept. Morgen steht eines der letzten Heimspiele auf dem Programm. Da kommt die Mannschaft von Lechia Gdansk nach Poznan ... Take 20: Gorzyinski / Übersetzung 0.28 it is a high risk game, ... Übersetzung: Das ist für uns ein Hochrisikospiel. Die Fans aus Poznan und Gdanks mögen sich überhaupt nicht. Wir haben hier von den Danziger Kollegen eine Liste bekommen. Da stehen die Namen der Fans aufgelistet, die zusammen im Zug anreisen wollen. Die Namen müssen uns mitgeteilt werden, das ist Vorschrift Geräusch-take 11 Fußballkneipe: Sprecher: Gleich um die Ecke, unweit des historischen Altmarkts, treffen sich Fußballfans in einer Sportkneipe. Auf fünf Fernsehern laufen Begegnungen aus europäischen Ligen, an der Wand hängen Trikots von Lech Poznan. Jacek und Tomek sitzen beim Bier. Es ist nicht ihr erstes ... Take 21 Jacek (ohne Übersetzung) Polnisch ., ... Sprecher drüber Sprecher: "Seit ich vier Jahre alt bin, bin ich Lech Poznan-Fan", erzählt Jaczek. Mit zwölf fuhr er das erste Mal zu Auswärtsspielen. Auch morgen, wenn Lechia Gdansk kommt, wird er ins Stadion gehen. Auch wenn die Atmosphäre ganz anders ist als früher. Take 22 Jacek / Übersetzung 0.24 Übersetzung Die polnische Regierung hat die Regeln für die Fußballfans verschärft. Für Kleinigkeiten kriegen sie jetzt Stadionverbote. Wer Parolen im Stadion aufhängt, die nichts mit dem Sport zu tun haben, bekommt Geldstrafen. Die Fans sind wirklich sauer. Das spürt man bei jedem Spiel auf der Tribüne. Sprecher: Im Vorfeld der Europameisterschaft hat die polnische Regierung eine Vielzahl neuer Gesetze erlassen: Eine Kameraüberwachung in den Stadien wurde vorgeschrieben, politische Parolen und Spruchbänder verboten, Schnellgerichte eingeführt, neue Regelungen für Stadionverbote erlassen. Die polnischen Fanverbände protestierten. Vergeblich Take 23 Jacek /Übersetzung 0.33 Übersetzung Man darf einfach nicht mehr sagen, was man denkt. Schimpfworte sind verboten. Man darf öffentlich nichts gegen die Regierung sagen, nichts gegen den Ministerpräsidenten. Dafür haben Fans schon Stadionverbot bekommen. Oder sie mussten Geldstrafen zahlen. Wir leben doch in einem freien Land mit einem Recht auf freie Meinungsäußerung. Und dieses Recht hat man uns einfach genommen. Wenn ich etwas Falsches sage, kann ich Stadionverbot bekommen. Sprecher: Darum wollen die beiden ihre richtigen Namen auch nicht nennen. Sie freuen sich auf die Europameisterschaft, sagen sie. Aber sie ärgern sich über Folgen für den polnischen Fußball. . Geräusch-take 12 :Büro / Rathaus / Lemberg 4.19 Sprecher: Zurück nach Lviv. Im vierten Stock des alten Rathauses holt Jakob Lauesen seinen Laptop aus dem Rucksack. Heute Morgen ist er aus Dänemark in die Ukraine geflogen. Jetzt hat er es sich im Vorzimmer von Oleg Zasadny bequem gemacht. Dem städtischen Organisationschef der Europameisterschaft. Lauesen schiebt ein paar Papierstapel zur Seite, quetscht sich an einen Ecktisch. Die beiden Sekretärinnen schmunzeln, sie kennen das schon. Der junge Däne kommt einfach vorbei, wenn er in der Stadt ist. Auch wenn er keinen Termin hat. Lauesen plant das dänische Fan-Camp vor den Toren der Stadt. Take 24 Lauesen / Übersetzung 0.25 The story is... . ..and all the tents Übersetzer: Wir wollen ein kleines Stück Dänemark in die Ukraine bringen. Das ist der Plan für unser Fancamp. Am Eingangstor hängen wir 20 Meter große dänische Fahnen auf. Dann haben wir hier noch ein Bierzelt, Esstände, einen chill-out-Bereich mit 25 Hängematten, einen DJ, ein Fußballfeld. Und dann natürlich die Zelte Sprecher: "Die Stadtverwaltung hat uns von Anfang an geholfen", sagt Lauesen. Sie hat bürokratische Hindernisse aus dem Weg geräumt. Und sogar Pfadfinder organisiert, die jetzt die Zelte für das Camp aufbauen.-. Geräusch-take 13 Zasadny kommt rein 0.19 Sprecher: Oleg Zasadny kommt zur Tür herein. Begrüßt freudig den dänischen Fan-Camp- Planer. Vereinbart schnell einen Termin für den nächsten Morgen. Dann bittet er in sein Büro. Legt einen abgegriffene Notizblock mit dem Euro 2012-Aufkleber auf den Tisch. Take 25 Zasadny / Übersetzung 0.19 We have two types of plans,., Übersetzung; Wir haben hier zwei Arten von Plänen. Einen optimistischen und einen realistischen.Natürlich war die Frage, wie optmistisch wir sein können. Die Städte in der Ukraine sind nicht sehr reich, darum haben wir nur sehr begrenzte Mittel, Sprecher: Zasadny lächelt gequält. Vor vier Jahren hat er an diesem Tisch noch die optmistischen Planungen erläutert. Die heute von den realistischen eingeholt wurden. Take 26 Zasady / Übersetzung 0.34 In the very optimistic Übersetzung: In der optistischen Version hatten wir eine Straßenbahn zum Stadion geplant. Heute wissen wir, das war zu optimistisch. Wir wollten eine Autobahn bis zur polnischen Grenze bauen. Dann kam die Wirtschaftskrise. Nicht nur bei uns, in der ganzen Welt. Da wollte niemand mehr investieren. Aber immerhin haben wir die Straße bis zur Grenze verbessert. Da kann man jetzt reisen. Wir liegen doch nur 80 Kilometer von der polnischen Grenze entfernt, da ist das nicht so kritisch. Sprecher: Dafür steht jetzt ein neues Stadion am Stadtrand. Und ein neuer Flughafen wartet auf Besucher. Einige Strassen sind renoviert. 1.200 Schilder zur Orientierung in der ganzen Stadt angebracht. Mehr konnte die Stadt nicht finanzieren. Und mehr wollte die Regierung in Kiew nicht bezahlen. Ein wenig Unterstützung kam noch aus Deutschland: Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit half bei der Infrastrukturplanung und der Entwicklung eines Tourismuskonzepts. Take 27 Zasdany / Übersetzung Übersetzung Wir rechnen mit 12.000 bis 15.000 ausländischen Touristen pro Spiel. Aber es werden auch sehr viele Fans aus der Ukraine kommen. Bei uns ist Fußball doch die Sportart Nummer eins. Und nicht jeder von uns hat die Möglichkeit eine Europameisterschaft oder eine Weltmeisterschaft im Ausland zu erleben. Und jetzt findet so etwas hier in der Stadt statt. Da geht man aus dem Haus und ist mittendrin ... Sprecher: Europameisterschafts-Stimmung vor der Haustür. Davon werden alle in Lviv profitieren, da ist sich Zasadny sicher. Und auch der neue Flughafen wird sich langfristig für die Stadt bezahlt machen. Dass von dort allerdings viele Ukrainer zu den Viertel- und Halbfinalspielen nach Polen fliegen kann er sich nicht vorstellen.. Denn während Westeuropäer vISAFrei in die Ukraine reisen, braucht jeder Ukrainer für den Weg nach Westen eine Einreisegenehmigung. Take 28 Zasadny / Übersetzung 0.41 15. For the quarterfinal and the semifinal ... we have to accept this Übersetzung: Es wäre schön für das Viertel- oder Halbfinale nach Polen zu reisen. Da gibt es tolle Städte und Stadien. Aber leider ist das nicht so einfach. Da hätte unsere Regierung besser mit den Europäern kooperieren müssen. Das wäre dann für uns der größte Erfolg gewesen. Wir sind doch ein Teil Europas. Und wir würden uns auch gerne so fühlen. Einfach mal losfahren, um Freunde in Polen und Deutschland zu besuchen, einfach so. Und nicht erst zwei, drei Wochen vorher einen Visa-Antrag stellen zu müssen. Aber so ist es nun mal. Und das müssen wir akzeptieren ... Geräusch-take 14 Poznan / Bahnhof Sprecher: Im polnischen Poznan hat Jakub Gorzynski seine Einsatzkleidung angelegt. Schirmmütze, Schlagstock, schwere Stiefel. So wartet er mit 200 Kollegen vor dem Bahnhof. Gegen 14 Uhr soll der Zug mit den Schlachtenbummlern aus Danzig kommen . Geräusch-take hoch; Sprecher: Sondereinsatzkommandos mit Helmen und schwarzen Gesichtsmasken sichern einen Bahnsteig. Ihre Kollegen mit Schildern, Schlagstöcken und großen Pfefferspray-Kanistern auf dem Rücken den anderen. Geräusch-take Sprecher: Vor dem Bahnhof warten drei Busse. Ein Angebot für die Fans aus Danzig, sagt Gorzynski grinsend. Es gibt für sie keinen anderen Weg zum Stadion Geräusch-take 15 Zug / Helikopter Sprecher: Der Zug rollt ein, Polizei- und Sondereinheiten zeigen breitbeinig Einsatzbereitschaft. Die Fans wollen keinen Ärger und verschwinden in den bereit gestellten Bussen. Quer durch die Stadt geht es Richtung Stadion. Eskortiert von Dutzenden Polizeiwagen. Vor dem Stadion dann Karten- und Taschenkontrolle. In den Gästeblock führt ein separater Zugang. Eine riesige Röhre aus Metall. Rundum geschlossen. Als Schutz vor Wurfgeschossen. Geräusch-take 18: Kontrollraum 4.19 Sprecher: Im Kontrollraum, ganz oben im Stadion, legt Jakub Gorzynski Schirmmütze und Schlagstock zur Seite. Holt sich einen Kaffee. Tritt an die große Panoramascheibe. Im Fanblock von Lech Poznan explodieren einige Böller. Feuerwerkskörper brennen. Gorzynski schüttelt missmutig den Kopf. Einige Meter weiter verfolgt Marek Grabarski das Geschehen auf einem Monitor. Er arbeitet für den Stadion-Betreiber, die Stadt Poznan Take 29 Grabarski 0.19 Ich kenne die Leute nicht, daneben sitzen Kollegen von der Polizei, und die kennen die Leute wirklich, Oh, den kenne ich, und dann machen wir Aufnahme, und dann gucken sie sich genau an, was der da tut und wenn nötig ist. Dann wird er, naja, nicht verhaftet... Sprecher: Marek Grabarski bewegt einen Joystick, ein Ausschnitt des Lech Poznan Blocks erscheint auf dem Bildschirm. 220 Kameras reagieren auf Grabarskis Befehle, mit ihnen kann er jeden Winkel der Arena ansteuern. Geräusch-take hoch Sprecher: Grabarski filmt sich durch die Reihen. Jakub Gorzynski blickt ihm über die Schulter, Grabarski fokussiert einen Fan. Zoomt langsam auf ihn zu. Bis das Gesicht den ganzen Bildschirm ausfüllt Take 30 0.14 Kopf ? nein, die Auge. Kopf wäre ein bisschen zu wenig. Na gut, ok Kopf, so sieht es so, das Auge, Geräuch-take hoch Sprecher: Am Ende gewinnt Lech Poznan 2: 1. Alles bleibt ruhig. Die Aufnahmen sind gespeichert. Die Danzig-Fans werden zurück zum Zug eskortiert. Jakub Gorzynski ist zufrieden. Alles unter Kontrolle. Die Europameisterschaft kann beginnen. Geräusch-take 19 Galerie / Kartons: 2´14 Sprecher: In Berlin beugt sich Kyrill Golovchenko über seine letzten Bilder. "Ball des Anstosses" hat er die Serie zur Europameisterschaft genannt. 25 Fotografien hängen schon an der Wand. Das Stadion von Charkow mit dem Metallsammler ist dabei, auch die Kicker vom Djnepr. Jetzt sucht Golovchenko noch ein besonderes Bild Take 31 Golovchenko: 0.15 wo ist dieser Hund, da ist doch hier der Hund. Kann man das verstehen, dass das mit Fußball zusammen hängt ? Sprecher: Golovchenko zieht eine Aufnahme aus dem Stapel, zeigt sie seinem Mitarbeiter: Ein zotteliger Schäferhund blickt über einen mannshohen, schiefen Holzzaun. Die Hütte im Hintergrund scheint zusammenzubrechen. Der Mitarbeiter schüttelt den Kopf. Take 32 Mitarbeiter 0.12 Ehrlich gesagt ich persönlich schwer. Man sieht keinen Fußball. Man sieht also ich würde nicht verstehen wo der Zusammenhang mit Fußball... Sprecher: Ein Hund in der Ostukraine und die Europameisterschaft. Für Golovchenko gehört beides zusammen. Take 33 Golovchenko/Mitarbeiter 0.18 A:Aber Du weißt, dass die Hunde in der Ukraine erschossen, verbrannt und von staatlichen Diensten einfachmitgenommen und getötet wurden. Das wußtest Du nicht ? B: Nein. A: Okay, das ist gerade auch Fußballstraße in Donetzk, a. jaaa.. Sprecher: Kirill Golovchenko betrachtet noch einmal das Hunde-Foto aus der Fußballstraße. Legt es dann zurück auf den Bilderstapel. Der Hund im Vordergrund ist eindeutig. Der Hintergrund für den Betrachter aus dem Westen aber nur schwer erkennbar.. Wie so vieles bei der Europameisterschaft in Polen und der Ukraine.. 1 19