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Kurz gesagt: Kultur ist Hausgut der Länder. Soweit die graue Theorie - wie aber ist es um die Kulturpolitik der Bundesländer in der Praxis bestellt? Der Länderreport geht dem in einer Reihe nach. Zum Auftakt: ein Blick auf das Verhältnis von Bund und Ländern in Sachen Kulturpolitik. - M A N U S K R I P T B E I T R A G - Das Berliner "Theatertreffen" wird vom Bund finanziert. Genau wie - zum Beispiel - die "Berlinale" und das "Haus der Kulturen der Welt" und der Martin-Gropius-Bau. Dessen Direktor Gereon Sievernich sich jüngst für die 11,2 Millionen Euro vom Bund bedankte, mit denen sein Haus saniert wurde. "...der Martin Gropius-Bau hat nun bessere Voraussetzungen, im Wettbewerb mit Paris, London und Rom mitzuhalten." Darum geht es dem Bund: kulturelle Einrichtungen zu fördern, die, so heißt es, "von nationaler Bedeutung" sind und mit deren Finanzierung einzelne Bundesländer überfordert wären. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz gehört dazu, die Klassik Stiftung Weimar, die Deutsche Nationalbibliothek in Leipzig, das Deutsche Literaturarchiv in Marbach, die Gedenkstätte Deutsche Teilung in Marienborn. Von "nationaler Bedeutung" sind auch das Bachhaus in Eisenach und das "Ozeaneum" in Stralsund, das "Haus der Geschichte" in Bonn, in Berlin das Deutsche Historische Museum. In Berlin ist der Bund besonders aktiv. Um den "Gesamtstaat in der Bundeshauptstadt zu repräsentieren", wurde mit dem finanzschwachen Berlin 2007 der "Hauptstadtfinanzierungsvertrag" geschlossen, er bringt der Stadt jährlich 340 Millionen Euro. Der Bund als Akteur in der Kulturpolitik - obwohl die Kulturhoheit bei den Ländern liegt. Als die Bundesrepublik Deutschland 1949 als föderaler Staat gegründet wurde, erhielten die Länder - nach den Erfahrungen mit der gleichgeschalteten Kulturpolitik der Nazis - auch die Zuständigkeit für kulturelle Einrichtungen, für Schulen und Universitäten. Im Grundgesetz heißt es in Artikel 30: Die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben ist Sache der Länder, soweit dieses Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt. Von der "Kulturhoheit der Länder" ist also im Grundgesetz nicht ausdrücklich die Rede. Diese leichte Unschärfe hat immer wieder zu Unsicherheiten geführt; bei der letzten Föderalismusreform 2006 haben sich die Bundesländer ihre Kulturhoheit noch einmal ausdrücklich bestätigen lassen: vereinbart - und im Artikel 104b des Grundgesetzes festgeschrieben - wurde ein "Kooperationsverbot". Dieses untersagt dem Bund, Geld auszugeben für das, wofür die Länder alleine zuständig sind: Kultur und Bildung. Dabei hat es die Kulturpolitik in den Gemeinde- und Stadträten schwer: Kulturangebote sind freiwillige Leistungen der Gemeinden. In Zeiten knapper oder gar leerer Kassen haben die Kämmerer gegenüber den Kulturdezernenten zumeist die - vermeintlich - gewichtigeren Argumente. Die Kuratorin und langjährige Kulturpolitikerin Adrienne Goehler: "Ob man das alles noch kommunale Kulturpolitik nennen kann, wage ich zu bezweifeln. Inzwischen ist es so, dass jede Stadt findet, sie muss so eine Art Kulturprofil haben, sie haben begriffen, dass man tatsächlich nicht nur mit Radwegen die Touristinnen und Touristen lockt - es ist aber, glaube ich, immer übergreifend: also da gibt es Ländertöpfe, es gibt Kommunaltöpfe, es gibt natürlich Bundestöpfe - keine Stadt kann sich heute mehr aus einem kommunalen Topf ernähren. Wenn sie das muss, dann ist sie finanziell jedenfalls sehr schlecht dran." Die Landes- und Kommunalpolitiker stecken also in der Klemme: einerseits müssen sie auf der Kulturhoheit der Länder bestehen, andererseits machen leere Kassen den Ruf nach dem Bund unumgänglich. Eine zentral gelenkte "Staatskunst" will niemand, einen "Staatsminister für Kultur" aber, der die kulturelle Kompetenz des Bundes vertritt, stellt heute Niemand mehr infrage. 1998 hatte Bundeskanzler Schröder mit Michael Naumann den ersten "Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien", kurz BKM, berufen. "Ich glaube, das war ein Glücksfall, wenn auch zunächst von Gerhard Schröder als strategische Maßnahme vorgesehen, um eine gewisse Affinität zur Kultur darzustellen." Wolfgang Schneider, Professor für Kulturpolitik an der Universität Hildesheim: "Aber in einer Gesellschaft, wo symbolische Politik eine wesentliche Rolle spielt, ist, glaube ich, auch wichtig, dass am Kabinettstisch in Berlin die Kultur zuhause ist." Auf den Verleger Michael Naumann folgte der Philosoph Julian Nida-Rümelin, ihn löste die langjährige Hamburger Kultursenatorin Christina Weiss ab. 2005 trat mit Bernd Neumann der erste von der CDU gestellte Kulturstaatsminister an; die Union, so die allgemeine Einschätzung, hatte ihr Unbehagen über die Existenz eines Kulturstaatsministers aufgegeben: von einer erkennbaren "Kulturpolitik des Bundes" zu sprechen, war salonfähig geworden. Inzwischen hätten sich die Länder an den Bund als Kulturakteur gewöhnt, meint Bernd Neumann, vielleicht sogar schon etwas zu sehr... "Na ja, also wenn ich das Grundgesetz ganz genau nehme und irgendwelche Beschlüsse, muss sich der Bund sich sogar entschuldigen, dass er überhaupt was tut. Darüber redet gar keiner mehr. Und die Länder haben dieses alles, wie es scheint, vergessen, im Gegenteil: ich muss sie hin und wieder aufmerksam machen, wenn sie an die Kasse des Bundes wollen, dass an sich das ihre Aufgabe ist und sie ja mal ganz anders geredet haben. Aber wir haben ein sehr gutes kooperatives Verhältnis zwischen Bund und Ländern, da gibt's keinen grundsätzlichen Streit mehr." Bei einem "sehr guten kooperativen Verhältnis zwischen Bund und Ländern" wundert es nicht, dass viele Politiker aus allen im Bundestag vertretenen Parteien am Sinn des "Kooperationsverbotes" zweifeln, gefordert wird die Reform der Reform - allein: die Regelung gilt und kann nur durch eine Grundgesetzänderung wieder aufgehoben werden. Rechtliche Grundlage des gemeinsamen Handelns ist eine Öffnungsklausel in den Vereinbarungen der Föderalismuskommission. "Eine Öffnung, die besagt, dass die bestehenden Mischfinanzierungen im Bereich der Kultur zulässig sind. So dass, das muss ich hier sagen auch im Hinblick auf den Rechnungshof, wir auch rechtskonform vorgehen." Bernd Neumann ist mittlerweile bald so lange im Amt wie seine drei Vorgänger zusammen. Anders als alle anderen Parlamentarischen Staatssekretäre oder Staatsminister verfügt der Kulturstaatsminister über eine eigene, ausgedehnte Verwaltung. Mit einem Etat von rund 1,2 Milliarden Euro verantwortet er 13% der gesamten Kulturausgaben in Deutschland. Er ist - teilweise mit anderen Ministerien gemeinsam - für die rechtlichen, sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen von Kunst und Kultur zuständig, für die Pflege und die Digitalisierung des Kulturellen Erbes, für die Gedenk- und Erinnerungskultur, für das Berliner Schloss ebenso wie für das Freiheits- und Einheitsdenkmal. Das Bundesarchiv und das Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa gehören zum Kulturstaatsminister - und auch die Stasiunterlagen-Behörde. Einen Namen gemacht hat sich Bernd Neumann vor allem als politischer Praktiker, der in Parlament und Regierung gut vernetzt ist. Sein Haushalt ist seit 2005 kontinuierlich gewachsen; "Der Geldautomat" titelte "Der Spiegel" über ihn. Die Begeisterung der meisten Kulturschaffenden ist ihm gewiss, und auch die Opposition hat mehrheitlich lobende Worte für ihn. Der kulturpolitische Sprecher der SPD, Siegmund Ehrmann: "Bernd Neumann ist ein erfahrener Parlamentarier, ein ausgewiefter Politiker und sehr geschickt in dem, was er tut, das kann man nur anerkennen, er hat ein gut eingerichtetes Haus vorgefunden, als er in diese Funktion gekommen ist und hat allerdings auch das Geschick entwickelt, gemeinsam insbesondere mit den Haushaltspolitikern des Parlamentes immer wieder auch neue Mittel zur Verfügung zu stellen. Ich wünschte mir, er würde sich der Digitalisierung stärker stellen." Ein Beispiel: im Haushaltsentwurf der Bundesregierung für 2012 war vorgesehen, den Kulturetat gegenüber dem Vorjahr um rund 1% anzuheben. Doch damit mochte sich "der Geldautomat" Bernd Neumann nicht zufrieden geben... "In der Regel sitzen die Freunde ja dort und wollen den Haushalt sanieren und konsolidieren und überlegen, wo sie gegebenenfalls noch streichen können! Und ich versuche immer in den Wochen vor der sogenannten Bereinigungssitzung, der entscheidenden Sitzung, deutlich zu machen, was es denn noch Wichtiges gäbe, was ich im Regierungsentwurf wegen der allgemeinen Konsolidierung nicht durchsetzen konnte, ich rede mit Abgeordneten aus allen Fraktionen, und versuche, sie davon zu überzeugen, dass sie ein gutes Werk tun, wenn sie den Kulturhaushalt erhöhen." Statt um 1% steigt der Etat 2012 um 5,1%; der Haushaltsausschuss bewilligte zusätzliche 50 Millionen Euro - 30 Millionen davon für den Denkmalschutz. Und bei den 30 Millionen vom Bund wird es nicht bleiben. Denn der versteht sich nicht nur als Geldgeber, sondern auch als Anstifter: wo die Kulturförderung eindeutig in der Verantwortung der Länder liegt - wie beim Denkmalschutz - wird erwartet, dass das Land sich mit dem Betrag beteiligt, den auch der Bund zahlt "Dieses System hat auch den Vorteil, dass wir viel mehr Geld zusammenkriegen. Schauen Sie, wenn ich jetzt 30 Millionen zur Verfügung habe für den Denkmalschutz, dann geh ich erstmal davon aus, dass im Prinzip 30 Millionen von den Ländern hinzukommen, dann wird es Sponsorenbeiträge geben, dann wird die jeweilige Kommune hier und dort was tun und gegebenenfalls auch die Einrichtung selbst, und so kann es möglich sein, dass wir bis an die 100 Millionen für den Denkmalschutz mobilisieren, durch diese Systematik." Für Rüdiger Kruse, CDU, Mitglied des Haushaltsausschusses, gehen solche Investitionen über eine reine Kulturförderung weit hinaus: "Diese 30 Millionen, die wir dort reingeben, können Sie im Prinzip mit verbuchen bei der sozialen Stadt. Weil Denkmäler von Kommunen die Selbst-Identifizierung ermöglichen. Der zweite Grund ist: wir geben keine Denkmalmittel, wenn es nicht ein Nutzungskonzept für das Denkmal gibt. Und in aller Regel sind das soziale, kulturelle Zwecke. Das heißt, mit diesem Programm, das natürlich auch Wirtschaftsförderung gleichzeitig ist, fördern wir die soziale Stadt." Kulturförderung als Wirtschaftsförderung und als Sozialpolitik. Das gilt auch für die knapp 100 Millionen Euro, die der Kulturstaatsminister jährlich für die Filmförderung ausgibt, gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsministerium unterhält er die "Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft", mit der "die Kreativen" - vom Modedesigner bis zum Softwareentwickler - mit der Wirtschaft ins Gespräch kommen sollen. Solche Förderaktivitäten sind den Ländern mehr als willkommen. Der SPD-Politiker Siegmund Ehrmann: "Ich stelle fest, dass die Bundeskulturpolitik, auch durch die handelnden Personen, sehr stark an Akzeptanz gewonnen hat. Insbesondere auch die Zusammenarbeit mit den Ländern ist bedeutend entspannter geworden, wir sprechen nicht mehr über Konkurrenz, sondern über Kooperation. Wir wahren als Bundeskulturpolitiker natürlich die föderale Regel, dass zunächst die Kommunen und die Länder verantwortlich sind, aber es ist durchaus anerkannt, dass der Bund sehr wohl auch impulsgebende Dinge initiieren kann, ich denke insbesondere an die Instrumente der Bundeskulturstiftung." Die "Kulturstiftung des Bundes" wurde 2002 gegründet, ihre Künstlerische Direktorin ist Hortensia Völckers. "Die Kulturstiftung des Bundes hat ca. 38 Millionen im Jahr zum Ausgeben, das ist so viel wie eine größere Oper hat. Also ist es nicht wirklich viel. Und dennoch ist der Anspruch, dass wir mitmachen bei der... ja, ich würde einfach sagen: Veränderung dieses Landes. Wir müssen Impulse geben an die Institutionen und an die Künstler." Die Kulturstiftung des Bundes fördert laut Staatsminister "kulturelle Projekte von nationaler wie auch internationaler Bedeutung". Das Programm "Jedem Kind ein Instrument" zum Beispiel. Die Idee dazu stammte aus Bochum. Vertreter einer anthroposophischen Bank und ein Musikschulleiter boten Kindern von sieben Grundschulen die Möglichkeit an, vier Jahre lang ein Instrument eigener Wahl zu erlernen. "Jedem Kind ein Instrument" wurde auf das gesamte Ruhrgebiet ausgedehnt, wird inzwischen alleine vom Land Nordrhein-Westfalen getragen und findet Nachahmer im ganzen Bundesgebiet. Ein Glücksfall der "Impulsgebung" durch die Kulturstiftung des Bundes - deren Programme aber den Landeskulturpolitikern nicht immer nur willkommen sind. "Die Kunst- und Kulturminister sind ja meine Partner und sehr gute Partner in den Ländern, Das eine ist: wir machen ein Geschäft zusammen, wir fördern deren Museen und Theater, geben Zusatzfinanzierungen - gleichzeitig sind sie nie so sehr erfreut, wenn wir mit Programmen auf sie zukommen, wo sie kofinanzieren müssen, weil wir dann in deren Vorstellung hineinkommen. Also wir kommen mit Tanz oder Musik und die wollten gerade was anderes vielleicht machen, und wir stacheln die Kulturleute auf, die Künstler, dass die anklopfen bei deren Behörden und sagen: "Der Bund gibt uns ne Million, da müsst ihr aber jetzt auch!" Und das ist immer schwierig, offensichtlich nein zu sagen, sondern man fühlt sich da dann doch verpflichte, und dann sagen die mir: "jetzt hören Sie mal auf, Frau Völckers, mit diesen Programmen, wir haben kein Geld!" - ja?" "Kulturelle Bildung" soll ein weiterer Schwerpunkt des Kulturstaatsministers werden. Nötig sei es, sagt Hortensia Völckers und gibt unumwunden zu, dass sie sich mit Projekten wie "Jedem Kind ein Instrument!" auf Feldern bewegt, für die eigentlich andere zuständig sind. "Eigentlich, wenn wir ehrlich sind, geht es darum, die Schulen in Deutschland wieder mit kultureller Kompetenz auszustatten. Das gab's mal, das ist uns verlorengegangen, das ist eigentlich ein Desaster, was man da sehenden Auges hat passieren lassen in den letzten Jahrzehnten, dass der Kunstunterricht, die Kunsterfahrung aus den Schulen verschwunden ist. Und um das wieder zu installieren... das ist eine flächendeckende Sache, das Wissen ist da, wir müssen handeln, es wurde jetzt über Jahre klein-klein-klein überall ausprobiert, tolle Projekte, viele Schulen können das schon, aber es ist eben nicht in der Fläche - was kann da eine Stiftung mit 38 Millionen machen - das ist lächerlich!" Aber doch genug, um eben Impulse zu geben. Dass der Bund eine zentrale Rolle in der Kulturpolitik übernehmen möge, ist ein schon lange von vielen gehegter Wunsch. Der frühere Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin, (2008): "Jedenfalls seit der deutsch-deutschen Wiedervereinigung gibt es einen Nationalstaat. Und dieser Nationalstaat hat eine kulturelle Dimension. Und die lässt sich nicht zerlegen in 16 Länderverantwortungen, weil die Landesregierungen verantwortlich sind für ihr Land und nicht für die nationale kulturelle Entwicklung. - langfristig sollte das dann auch in Form von "Bildung und Kultur" ein eigenes Ressort werden." Die SPD hat schon erklärt, im Falle eines Wahlsiegs 2013 ein Bundeskulturministerium einrichten zu wollen. Siegmund Ehrmann: "Bei aller Wertschätzung und Respekt gegenüber dem amtierenden Kulturstaatsminister,- aus einem Ministerium heraus Kulturpolitik zu gestalten gegenüber dem Parlament, das kann auch eine andere Durchschlagskraft erzeugen." Eine "andere Durchschlagskraft" - dahinter steckt zum Beispiel der Vorwurf, Neumann würde sich nicht intensiv genug um die Novelle des Urheberrechts kümmern. "Im Urheberrecht beteiligt er sich an Debatten, allerdings seit der sogenannten ,Berliner Rede' der Justizministerin vor weit über einem Jahr warten wir auf den ,Dritten Korb', also, wer die Lippen spitzt, muss auch irgendwann mal pfeifen." Der "Dritte Korb", das "Dritte Gesetz zur Reglung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft" wurde vom Bundesjustizministerium für das 2. Quartal 2011 angekündigt, lässt aber bis heute auf sich warten. Den Vorwurf der Untätigkeit lässt Bernd Neumann nicht gelten, stattdessen wünscht er sich umfassendere Kompetenzen für sein Haus. "Also mich ärgert auch zum Teil, dass manche Dinge, die, für die ich glaube, dass ich das besser realisieren könnte, in anderen Ministerien sind. Also wenn ich federführend zuständig wäre für den Urheberschutz und den Schutz des geistigen Eigentums, gäbe es schon den ,Dritten Korb'. So." Auch Kompetenzen weiterer Ministerien könnte Neumann sich in seinem Hause vorstellen. "Ich könnte eine lange Diskussion führen, ob es richtig ist, dass die Auswärtige Kulturpolitik beim AA ist. Aber dann sehe ich als Pragmatiker, wie ist die Realität?! So, und dann bringt es nichts, dass ich Streit anfange, der zu keinem Ergebnis führt, sondern dann sage ich, okay, das ist die Zielsetzung: wenn es denn den zentralistischen, übergreifenden Ansatz primär nicht gibt, versuche ich im Rahmen von Kooperationen wirklich etwas Vernünftiges draus zu machen." Bei alldem hält Bernd Neumann von einem "Bundeskulturminister" - nichts. Konkret würde dieser nichts anderes tun als ein Kulturstaatsminister, sein Haus hingegen würde mit größter Wahrscheinlichkeit um andere Sachbereiche erweitert werden - zum Nachteil der Kultur. "Wenn Sie sich mal die Ministerien in den Ländern ansehen - da gibt es die abenteuerlichsten Kombinationen! Und da sag ich Ihnen: wenn Sie ,Kultur' mit ,Soziales' verbinden - wer siegt da? In Hinblick auf die Lobby: ,Soziales'! Wenn Sie ,Kultur' mit ,Wissenschaft und Bildung' verbinden - wer steht dann im Mittelpunkt? Leider, sage ich: nicht die Kultur. Und deswegen sage ich: da nicht zu hoffen wäre, wenn man das jetzt zusammenlegt, dass man so ein kleines Haus nur mit der Kultur bekäme, kann ich selbst viel mehr tun!" Ob nachfolgende Kulturstaatsminister zu solchem Pragmatismus bereit sind, darf getrost bezweifelt werden. Wahrscheinlicher ist, dass man eines Tages die jetzt noch über mehrere Ministerien verteilten kulturpolitischen Kompetenzen bündeln - und der Kultur ein eigenes Bundesministerium geben wird. Das schließt föderale Zuständigkeiten nicht aus. Doch das "Kooperationsverbot" bröckelt, und eine gleichgeschaltete, zentrale Kulturpolitik fürchtet niemand mehr. Und niemand will die Zeiten zurück, in denen es - keinen Kulturstaatsminister gab. - E N D E B E I T R A G -