Claus Stephan Rehfeld Berlin, den 24.01.11 -Reportage & Hintergrund- MOD LR 28.01.2011 - 13.07 Uhr Script Ablaufplan M 01 ErkMu REGIE Musik kurz frei & unter Moderator legen MOD "Der Krieg ist unter uns." Kriegervereine in Bayern und eine Unterschriftenaktion gegen den Afghanistan-Einsatz. Am Mikrofon begrüßt Sie Claus Stephan Rehfeld. REGIE Musik kurz frei & unter Moderator weg MOD Die Diskussion um die Verlängerung des Afghanistan-Mandats für deutsche Soldaten - wir berichteten ausführlich aus dem Bundestag zum Tagesthema. Und wir bleiben mit dem Länderreport am Thema dran. In Bayern marschieren alljährlich die bayerischen Soldatenkameradschaften zu den Kriegerdenkmälern und ehren mit Böllern und Blasmusik, mit Kranz und Gottesdienst ihre Gefallenen. Sprachen sie von "Krieg", meinten sie bislang den Zweiten Weltkrieg. Aber nun sind Deutsche wieder im Krieg, und im April vergangenen Jahres ist in Afghanistan einer aus dem Gebirgspionier-Bataillon 8 gefallen. In dem haben die meisten Veteranen aus dem Oberland auch ihren Wehrdienst geleistet. Nun wurde ihnen klar, "dass der Krieg mitten unter uns angekommen ist", wie es im Aufruf zu ihrer großen Unterschriftenaktion heißt: gegen den Einsatz von Deutschen in Afghanistan und gegen den Krieg. Als der Zinksarg im Heimatdorf des Gefallenen eintraf, verzichtete der dortige Krieger-Verein bei der Beisetzung auf Böller. Bettina Weiz zur Seelenlage in den bayerischen Kriegervereinen. LR "Der Krieg ist unter uns" / Weiz - 18'32" G 01 Atmo: Jahrtags-Feier im Saal des Huberwirts, Raubling. REGIE darauf AUT Beim Huberwirt sitzt die KSK zusammen, die Krieger- und Soldatenkameradschaft, gemeinsam mit Vertretern anderer Vereine des oberbayerischen Raubling. Wie so oft in den vergangenen Jahrzehnten. G 02 Atmo Tusch. AUT Da wird es ruhig, und Pius Graf tritt auf die Bühne, Obmann der Interessengemeinschaft der Krieger- und Veteranenkameradschaften im Landkreis Rosenheim. Er hält ein Papier hoch und ruft zu einer Unterschriftenaktion auf: gegen den deutschen Einsatz im Krieg. Gemeint ist Afghanistan. REGIE Darunter schon einspielen: E 01 (Pius Graf) "Der Auslöser waren unsere Gefallenen und natürlich unser Kamerad Josef Kronawitter ausm Gebirgspionierbataillon 8, aus unserer Heimatbataillon. Der Krieg ist jetzt so nah an uns rangerückt, und wir ..." REGIE Die Atmo weiter stehenlassen; darauf: AUT Pius Graf erwähnt den sehr persönlichen, bewegenden Brief, den ihm der Bürgermeister von Untergriesbach geschickt hat, jener Gemeinde, in der einer der 44 Soldaten beerdigt wurde, die in Afghanistan gestorben sind. G 03 Atmo kurz hoch: E 02 (Pius Graf) "... gefallene und tödlich verunglückte Soldaten ..." REGIE Darauf weiter AUT Pius Graf sagt "gefallen", und plötzlich wird dieser ewiggestrige Euphemismus beinahe subversiv: Er macht klar, dass es Krieg ist, was in Afghanistan wütet, wie hässlich er ist - und wie nah. E 03 (Pius Graf) "Es soll ein Umdenken und ein Nachdenken stattfinden." G 04 Atmo: Gebirgsschützen. Darauf AUT Dabei hatte der Tag wie so oft angefangen. E 04 Atmo hoch, Befehlston: "Gebirgsschützen fertigwerden! Gebirgsschützen hab Acht! Das Gewehr schultern!" Im Hintergrund Musik. AUT Am Morgen hatte die Krieger- und Soldatenkameradschaft Raubling noch ihren "Jahrtag" begangen. E 05 Atmo wieder hoch: "Im Gleichschritt Marsch!" REGIE Darauf AUT Fast alle der rund 1.300 Veteranenverbünde, die es im Freistaat geben soll, machen das zwischen September und November. E 06 (Franz Hopf) "Der Tag bedeutet die Erinnerung an den Krieg, an die Kriegserlebnisse, die mir alle ja miteinander gehabt haben. Es ist schön, dass man unsere gefallenen Kameraden nicht vergessen hat. Dass denen noch eine gewisse Ehre zuteil wird, ja. Und das ist wichtig, ja." REGIE Atmo kurz hoch: Musik. Darauf AUT Es nieselt und ist klamm. Aber für Franz Hopf und die drei anderen Weltkriegs-Veteranen von Raubling ist es eine Frage der Ehre. Deshalb haben sie sich in ihre Sonntagsjanker geworfen und reihen sich ein in den Zug, den die Musikkapelle Großholzhausen anführt und den der Verein der Gebirgsschützen in braunen Wämsen beschließt. REGIE Atmo kurz hoch. Darauf weiter AUT Die Kinder der Gebirgsschützen trommeln. Die Erwachsenen schultern Gewehre. Schießen gehört zum Jahrtag dazu. Nur - womit doch gleich?, fragen sich die Mädchen vom Gebirgstrachtenerhaltungsverein "Edelweiß", die den Jahrtag mit ihrer Jugend und ihren frühlingsgrünen Dirndlschürzen schmücken. E 07 (Trachtlerinnen) - Mit Gewehr! Mit Gewehr schießen die. - Naaaa! Eigentlich mit der Kanone, wo früher immer aa geben hat beim Krieg. - Nein, was redst Du da. - Mit Gewehren habens net geschossen. Naa. Lachen albern. - Ich find's laut, aber schön. lachen - Wenn's schießen, dann hupft man halbert, weil mal so erschreckt. Lachen REGIE Auf Lachen AUT Es ist eine Kanone. Sie gehört der Gemeinde Raubling und schießt auch, wenn ein Veteran zu Grabe getragen wird. E 08 (Willi Schwangler) Warum wird da geböllert? Das ist zur Ehre, ja, zur Ehre von den Gefallenen. Weil die sind ja im Krieg gefallen. Und da hat es auch kracht. (Franz Langmeier) Freilich, ich möchte auch, dass' schießen bei mir. Weil es einfach der Brauch ist. (Sepp Hoheneder) Da wissen die anderen, die wo noch heroben stehen, die wissen: dieses war ein Krieger. Das ist Tradition bei uns. REGIE Atmo hoch. Darauf AUT Manche Veteranen hüpfen etwas, bis sie den gemessenen Gleichschritt mit den Kameraden hinbekommen. Sie gehen in zwei weit voneinander entfernten Reihen, mehr Prozession als Marsch. Außer den Veteranen und den Trachtlern sind auch noch die Feuerwehr dabei, der Turn- und Sportverein, ein paar Gemeinderäte, der Patenverein aus dem nahen Nussdorf sowie der Bürgermeister. REGIE Atmo hoch. Darauf AUT Stolz halten sie ihre Fahnen hoch. Es ist das Establishment der Vereine von Raubling. Der Frühnebel steigt langsam auf, am Horizont grüßen die Berge vor weiß-blauem Himmel ... REGIE Atmo: Musikkapelle hoch, geht rasch vorüber. Darauf weiter AUT Aber der Zug ist schneller vorüber, als die Raublinger und Raublingerinnen, die sonntagsfrüh zufällig unterwegs sind, mitbekommen, was da war. E 09 (Umfrage) Mann: Das ist das Schützenfest / Frau: Keine Ahnung /Mann: I glaub Feuerwehr, irgendjemand hat gesagt, die Feuerwehr hat a Übung. Gä. / Frau: Schlimmerweise, wir wissen es nicht. Lacht laut. REGIE Darunter Kreuzblende mit G 06 Kirche - Glockengeläut, im Hintergrund Trommeln der Gebirgsschützen. REGIE Darauf AUT Einst hatte jeder Verein seinen eigenen Gedenktag für die Gefallenen und die letztjährig Gestorbenen. Heute organisiert die Krieger- und Soldatenkameradschaft den Jahrtag für alle. Ohne die anderen Vereine würde sie in den Straßen Raublings völlig verloren wirken. Die Zeiten sind vorbei, in denen die Trauer um Kriegstote fast alle Haushalte Raublings vereinte. REGIE Atmo hoch: Geläut, Darauf E 10 (Willi Schwangler) Mir ham zwar 260 Mitglieder. Aber da bringst nur 10e zusammen oder 15e, und die san dann halt Kameraden. Die gehen da noch mit. REGIE Atmo hoch: Kirchenglocken, Darauf AUT Bei jeder Hauptversammlung in den letzten Jahren vermeldete der Vorstand mehr Todesfälle als Neuzugänge. Inzwischen nähme der Verein sogar Männer auf, die keinen Wehrdienst abgeleistet haben. Irgendjemand muss ja die schweren Fahnen tragen. Aber es kommt keiner. Der Reservisten- und Kameradschaftsverein im Nachbar-Ortsteil Nicklheim löst sich sogar schon auf. Die Kirche füllt die Jahrtags-Gesellschaft allerdings schon. G 07 getragene Musik vor Kriegerdenkmal REGIE Darauf AUT Auf den Gottesdienst folgt der Höhepunkt des Jahrtages. Die Gesellschaft begibt sich dazu vor das spitzbedachte Häuschen neben der Kirche. REGIE Atmo hoch: Musik endet. E 10 (Pfarrer) "Wir wollen beten für die verstorbenen Vereinsmitglieder." Glocke REGIE Dann darauf AUT Es ist das Kriegerdenkmal. Die Bronzetafeln mit den Namen der Toten und der Teilnehmer der Weltkriege sind lang. Nach dem Pfarrer hält der Bürgermeister eine Ansprache. E 11 (Bürgermeister) "... Wir gedenken heute der Opfer von Gewalt und Krieg, wir gedenken der Soldaten, die in den Weltkriegen starben, wir gedenken der Menschen, die durch Kriegshandlungen Lautsprecheranlage der Veranstaltung fällt aus und Gefangenschaft, Vertriebene und Flüchtlinge ihr Leben verloren ..." REGIE Darauf AUT Kaum erwähnt er die Toten der Kriegshandlungen, da fällt die Lautsprecheranlage aus. Der Wind verweht seine Worte. Auch für wen genau der Lastwagenrad-große Kranz gedacht ist, ist nicht zu verstehen. Aber das Gebinde liegt, und die Musikkapelle intoniert wie jedes Jahr "Ich hatt' einen Kameraden". REGIE Kurz hoch: G 09 Atmo 09: Musik: "Ich hatt einen Kameraden". REGIE Darauf E 12 (Franz Langmeier) Da sind mir schon manchmal direkt die Tränen fast kimma. Wenn ich so nachdenk an alle Kameraden, die ganzen Nachbarn, wo alle weg san jetzt. Da muss i mi selber zusammenreißen. REGIE Atmo: Lied vom Kameraden ist aus. Alles ist still, nur jemand hustet. Darauf AUT Und dann ist das Lied vorbei, und es ist passiert: E 13 (Trachtlerinnen) Eigentlich hätten's immer geschossen, also dreimal geschossen, aber das haben sie heute nicht gemacht. (Anderes Mädchen) Ja! AUT Keine Kanone, keine Böller. E 14 (Alois Obermaier) Es ist immer geschossen worden, heuer das erste mal net. Ja, ja. AUT Keine Böller, keine Ehre? Der Bürgermeister beteuert, das Böllern habe auf seiner Checkliste gestanden. E 15 (Olaf Kalsperger) Das war irgend ein Abstimmungsfehler, also der, der schießen hätte sollen lacht, der war einfach nicht da, das passiert natürlich auch, ge. Bei Ihnen tat man sagen: Das ist halt life. AUT Auch die Gebirgsschützen haben nicht geschossen. Dabei hätten sie es gerne getan, sagt ihr Chef. E 16 (Chef der Gebirgsschützen) Pfarrer ist a bissl gegen Salut eingestellt. AUT Die Ehrenmitglieder des Veteranenvereins meinen, es sei kein Zufall, dass der Pfarrer, sehr zu ihrem Unmut, das Wort "Gefallene" nicht verwendet hat. E 17 (Franz Haberzettel) Er ist a Pole, ge. Kann man verstehen. A anderer wenn's gewesen wär, der hätt das anders alles erwähnt, ge. AUT Die Geistlichkeit in Raubling stammt aus Polen und Indien, in einer Nachbargemeinde steht ein Afrikaner am Altar. Tatsächlich vermisst Arkadiusz Kolecki, der örtliche Pfarradministrator, die Schüsse nicht. E 18 (Arkadiusz Kolecki) Weil lacht hell, das ist - in der Gemeinde Raubling ist das nicht besonders gewünscht. Wir verzichten eher drauf lacht. Ja, weil für viele Menschen das Böllern ist auch Erinnerung an den Krieg. Für mich persönlich ist es auch schwierig zu vereinbaren. Einerseits betet man für den Frieden, andererseits kommen diese heftigen Erinnerungen an den Krieg. Durch das Böllern. Nötig ist das nicht. AUT Wie gegenwärtig der Krieg sein soll, das fragt sich auch Bürgermeister Olaf Kalsperger und krempelt sein Trachtenhemd hoch. E 19 (Olaf Kalsperger) Mit dem Schießen - bin i net auf Kriegsfuß, aber das hat halt immer was Kriegerisches. Und weiß net, ob man des braucht. Also ich komme auch ganz gut ohne aus, muss ich ehrlich sagen. AUT Ehre wem Ehre gebührt? G 10 Atmo: Musik im Saal vom Huberwirt wie Beginn. Darauf AUT Beim Beisammensein im Huberwirt nach den Jahrtagsfeierlichkeiten spielt die Blasmusik - so laut, dass man sein eigenes Wort nicht versteht. Deshalb begeben sich die Veteranen fürs Interview in ein Nebenzimmer - und erzählen. Franz Langmeier etwa, dass 1943 einer seiner Brüder und sein Schwager fielen - und dass er unmittelbar darauf selbst einrückte. E 20 (Franz Langmeier) Zum Reichsarbeitsdienst nach Ostpreußen. Ursprünglich wollt ich eigentlich zur SS, aber der Vater hat mir das net unterschrieben, weil ich erst 16 Jahr alt war, net, und da hab ich mich zur Marine freiwillig gemeldet. Wir waren da so eingefleischt so damals schon vom Hitler her, wir haben gar nichts anders mehr gewusst. Wir waren da einfach begeistert. Unsere Jahrgänge waren begeistert. Wir haben zuhause schon immer hier in Raubling, i bin a geborener, hammer schon SS-Ausbilder gehabt, da hammer aa schon mit Gewehre Ausbildung gehabt, und alles - Schießübungen usw. (Sepp Hoheneder) Es war halt die Hitlerjugend. (Franz Langmeier) Es war die Hitlerjugend. (Sepp Hoheneder) Militärische Vorausbildung praktisch. (Franz Langmeier) Das Gewehr aufpflanzen, das Gewehr mit Bajonett obendrauf und so, ne. AUT Sie sitzen aufrecht und berichten von hartem Drill bei Bundeswehr, Wehrmacht und Reichsarbeitsdienst, dass keine Fluse auf der Kimme eines geputzten Gewehrs sein durfte und das Bett genau so gemacht werden musste, dass die Decke 56 Karos breit da lag. Doch plötzlich tun sich Unterschiede auf. Etwa zwischen Franz Hopf, der erzählt, wie er in einem Büro hinter der Front bei einer Nachrichtenabteilung Leitungspläne zeichnete, und dem Infanteristen Sepp Hoheneder. Der war an vorderster Front eingesetzt, auch vor Stalingrad. Dreimal wurde er verwundet: Granatsplitter im Kopf, Schüsse in Arm und Unterleib. Viele klagen vor allem, wie schlimm sie es nach dem Krieg fanden, in der Gefangenschaft. Auch Franz Haberzettel tut das. Aber er erwähnt ebenso, wie er beim ukrainischen Mariupol mal frei hatte und sich die Gegend ansehen wollte. E 21 (Franz Haberzettel) Dann sind wir in Orte gekommen, da waren Gefangene dort, da haben sie dann in Bauerngehöfte haben sie Juden rein und Partisanen reingetrieben, in die Gehöfte, Bauerngehöfte. Und da hammer rausgeschaut, was ist denn da los, da waren sie an die Wände gestanden, auf einmal hat die SS an zu schießen gefangen, mir konnten nimmer hinschauen, das Geschrei konnten wir nicht mehr anhören, sind wir fort. Sowas hammer auch noch mitgemacht. AUT Jeder der Raublinger Veteranen war in einer anderen Einheit und in anderen Ländern - jeder erlebte seinen eigenen Krieg. Heute sitzen sie beieinander und erklären einander Grundlegendes, etwa den Sinn jener kleinen Tätowierung unter dem Arm. E 22 (Franz Hopf) Ja, ich hab die Blutgruppe. Blutgruppe Null. (Franz Langmeier) Du warst net bei der SS. (Franz Hopf) Ja, ich war bei der Waffen-SS, jaja. (Sepp Hoheneder , im Hintergrund) Da bist tätowiert. (Franz Hopf) Ja, die sind alle bei uns tätowiert worden. Bei der Waffen-SS. Also wir haben ja nur unter dem Arm diese Blutgruppe, A 0, A oder B. Und ich hab Null. (durcheinander) Das war bei uns net der Fall. /Naa, bei uns auch net. AUT Die Kameraden schauen ihn aufmerksam an. All diese Kriegserlebnisse hören sie zum ersten Mal. E 23 (Franz Hopf) Nein, das wissen wir nicht. Nein. So groß ist der Kontakt nicht hier, gell. AUT Dabei sind sie schon vier, fünf Jahrzehnte lang in derselben Krieger- und Soldatenkameradschaft, treffen sich teils wöchentlich. In den Veteranenvereinen wird über den Krieg geschwiegen, das beobachtet auch Pius Graf, Obmann der vereinten Veteranen im Landkreis Rosenheim und seit Jahrzehnten beim Krieger- und Soldatenverein Zaisering. E 24 (Pius Graf) Ich denk, dass da immer a gewisse Angst und Befürchtung da war, das wird weitertragen, die ham immer glaub ich die Befürchtung gehabt, irgendwas kommt da noch auf sie zu. Wo man eingesetzt war, Sie wissen ja, wenn heut Menschen mit 88 Jahr verurteilt werden, wo Zeitzeugen jetzt angeblich ausgesagt ham oder soetwas, diese Befürchtung haben die sicher früher lang mit sich gezogen. Weil - generell wurde es als Unrecht abgestempelt. Auch bei uns. Und deswegen haben die geschwiegen. Ich denk auch, weil viele schwere Zeiten hatten und froh waren, dass sie das überlebt haben, und bei diesen Jahrtagen hat die Musik gespielt, da hat man glaub i lieber dirigiert als wie über diese Themen geredet. G 11 Atmo Huberwirt mit Musik: Ein Prosit auf die Gemütlichkeit. REGIE Danach E 25 (Franz Haberzettel) 45 Jahre bin ich dabei. Und der Vorstand, das war ein Bauunternehmer. Der hat bei mir die Garage aufgestellt. Das Haus baut. Wenig verlangt. Und dann hat er mir bei der Garage - interessant! - die Decke drauf gemacht und so weiter. Und dann hab ich gesagt: "Ja was bekommst denn Du?" - "Woaßt, da hast eine Beitrittserklärung für den Veteranenverein, und die füllst mir aus!" Und die hab ich gleich ausgefüllt, gell. A solcher hat für seine Kameradschaft gearbeitet. Und das muss man hoch in Ehren halten. Gell, das sagt's Ihr alle. Das war ein Obmann. (Alois Obermaier) Unser bekannter Veteranenvorstand, der wo am Grab da gestanden ist, am offenen Grab und hat gesagt: "Lieber Kamerad, Du liegst da unten, wir stehen da heroben." Das ist a bekannte Grabrede von dem Vorstand. AUT Die gegenseitige Hilfe war ein Motiv, weshalb die Veteranenvereine gegründet wurden - als einer der ersten in Bayern 1786 in Aying. Heute ist eine wichtige Aktivität der Vereine das gemeinsame Reisen. Pius Graf etwa war 2010 am Nordkap, in Kairo und Budapest, er organisiert Besuche von Soldatenfriedhöfen, besonders gerne als Kreuzfahrt. E 26 (Pius Graf) Über die Jahre hammer eigentlich ganz Europa, auch in Amerika hammer eine Gedenkfeier gemacht, dort sind es Kriegsgefangene, die dort verstorben sind, von Tunis bis El Alamein, von Stalingrad bis St. Petersburg. Diese Reisen nach Russland haben wir ja gemacht erst seit der Wende, also Anfang der 90er Jahre und dann regelmäßig. Auch san dann in Russland, auch in die baltischen Staaten diese Soldatenfriedhöfe jetzt erst entstanden. Und die werden dort gehegt und gepflegt, von russischem Personal, und die erwarten eigentlich doch von uns, wenn es schon einen deutschen Soldatenfriedhof gibt, dass wir den auch besuchen. AUT Willi Schwangler aus Raubling berichtet, wie es ihm kalt den Rücken herunterlief, als er in Mecklenburg war und an Soldatenfriedhöfen zu Musik Kränze niedergelegt wurden. E 27 (Willi Schwangler) So a Sonderzug mit 500 Leut, das stellt halt was dar. Das san halt die jetzigen Ziele, die die Interessengemeinschaft hat. Und wenn man mit dem Verein allein fortfahren, da hammer sowas net. Das ist klar. Da käm auch kein Öffentlicher net. Da biste einfach zu klein dann, ge. Wir machen halt dann nen Vereinsausflug, da wo mer immer recht abstinent san lacht laut und lange. (Anderer) Das ist nachhat die Kameradschaft. (Willi Schwangler) Wenn's den einen hinhaut, dass ihn der andere aufhebt. Lachen (Willi Schwangler) Wenn's amal einen hinschmeißt, dass ihn der andere aufhebt. Lacht (Franz Langmeier: Weil er zuviel Maß derwischt hat. lachen.) REGIE Atmo wieder hoch: Musik im Huberwirts-Saal. Darauf AUT Zwischen Biergläsern und Schweinsbraten liegen auf den Tischen beim Huberwirt die Listen der großen Unterschriftenaktion gegen den Krieg. Die Spalten füllen sich rasch. E 28 (Willi Schwangler) Muss Deutschland überall dabei sein, wo Krieg ist? Zwei Weltkriege und jetzt schon bald wieder 50 Tote, das muss doch mal reichen. Dass man da mal nicht mehr mitmacht. (Sepp Hoheneder) Für das samma mir eigentlich da. Der Veteranenverein. Der will keinen Krieg mehr! AUT Zum Glück, sagen sie, kennen sie keinen aus Raubling, der in Afghanistan Soldat ist. Aber was wäre wenn? Und wenn er fiele? Käme sein Name aufs Denkmal für die Weltkrieger? REGIE Musik (Atmo) mit Ende des Absatzes weg. E 29 (Franz Langmeier) Hm. Eigentlich gehören die net drauf oder dazu. Die wo jetzt fallen. In Afghanistan. (Willi Schwangler) Weil das ist ja kein Krieg net, nach offizieller Meinung. (Sepp Hoheneder) Bis jetzt! (Franz Langmeier) Jetzt heißt es, dass es ein Krieg ist, ne. Seit Neuem. Was sie immer seit Jahren abgestritten haben jetzt. Es ist ja ein Krieg, so weit weg, was uns gar nichts angeht, ne. (Willi Schwangler) Die Soldaten, die in Afrika gefallen san, im letzten Weltkrieg, die waren auch weit weg. (Sepp Hoheneder) Der war offiziell. A deutsche Eroberung, oder sonstwas. (Willi Schwangler) Das Einzige, was es da nicht gibt, das ist eine Kriegserklärung. Die gibt es net. (Franz Langmeier) Afghanistan hat uns keinen Krieg net erklärt, oder? (Willi Schwangler) Ach wo! (Sepp Hoheneder) Das ist bloß von die Großmächte. Und Amerikaner. (Franz Langmeier) Den Amerikaner sei Sach ist das, was geht uns das eigentlich an. (Willi Schwangler) Also für mich gehört so ein gefallener Soldat auf ein Kriegerdenkmal drauf. (Franz Langmeier) Das sind alles Freiwillige, in Afghanistan. (Willi Schwangler) Das waren sie im letzten Krieg aa, das waren auch nicht alles Wehrpflichtige. (Franz Langmeier) Ja freilich, ich war auch Freiwilliger... (es lachen alle) AUT Ehre wem Ehre gebührt? E 30 (Franz Langmeier) Ich sag einfach: Das geht uns nichts an, da unten. Das Afghanistan. AUT Auch Franz Langmeier unterschreibt den Aufruf von Pius Graf und der Interessensgemeinschaft der Veteranenvereine des Landkreises Rosenheim gegen den Krieg. REGIE unter dem Text einspielen: Atmo Pius Graf im Huberwirt. Hoch bei E 31 (Pius Graf) ...Da ist der Krieg so nah an die Menschen rangerückt, dass da a ganz a andere Stimmung ist, und diese Stimmung wollen wir aufnehmen und auch weitertragen durch ganz Bayern. Danke! (starker Beifall) -ENDE Script Beitrag- MOD "Der Krieg ist unter uns." Kriegervereine in Bayern und eine Unterschriftenaktion gegen den Afghanistan-Einsatz. Aus aktuellem Anlaß wiederholten wir diesen Bericht von Bettina Weiz. Am Mikrofon verabschiedet sich von Ihnen Claus Stephan Rehfeld. -Ende Ablaufplan-