COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Länderreport BayernLB 8.9.2011 Länge: 18:37 Min. Autor: Michael Watzke Redaktion: Heidrun Wimmersberg ______________________________________________________________________ Das Jahr 2010 war schon so gut wie vorbei. Die meisten Redakteure der Süddeutschen Zeitung in München hatten ihren Silvesterurlaub angetreten. Da stolzierte ein breitschultriger Mann mit einem selbstbewussten Grinsen in die Redaktion. Gerhard Gribkowsky, Ex- Vorstand der bayerischen Landesbank, kurz BayernLB. 1 "Gerhard Gribkowsky kam zu uns am 31.12.2010, also am Silvestertag. Wir waren zuvor schon telefonisch und per Mail in Kontakt mit ihm gewesen, etwa eine Woche. Wir hatten ihm Fragen gestellt zu seinem Vermögen, das er offensichtlich in Österreich versteckt hatte. Und er wirkte sehr gefasst, sehr ruhig, sehr selbstsicher. Er hat auch eine ziemlich imposante körperliche Erscheinung, ist groß und kräftig. Er erzählte uns, dass nunmehr die Staatsanwaltschaft sich mit seinem Vorgang beschäftige und dass er, weil es laufende Ermittlungen gebe, nichts zu dem Hintergrund seines Vermögens sagen könne." Nicolas Richter, Redakteur der Süddeutschen Zeitung, will wissen, woher Gribkowskys Vermögen stammt. Denn der frühere Risiko-Vorstand der BayernLB hat über dubiose Konten in karibischen Steuerparadiesen fast 50 Millionen Dollar erhalten. Diese schier unglaubliche Summe hat der Banker in seiner "Stiftung Sonnenschein" geparkt. Die österreichische Justiz fand das jahrelang nicht weiter seltsam. Obwohl das Ziel der Stiftung laut Urkunde die, Zitat: "Die Versorgung des Stifters" ist. Also Gerhard Gribkowsky. Der wendet sich scheinbar selbstbewusst direkt an die Münchner Staatsanwaltschaft... 2 "... und hat dort gesagt, die SZ stelle ihn unter Druck, mit unverschämten Fragen. Er habe aus einem M&A-Geschäft, also Mergers und Acquisitions, einer Firmenfusion als Berater großes Geld gemacht. Das habe er ganz legal erhalten. Es habe alles seine beste Ordnung." Die Münchner Staatsanwaltschaft glaubt Gribkowsky nicht. Sie beantragt Untersuchungshaft für den langjährigen Risiko-Vorstand der BayernLB. Seitdem sitzt Gerhard Gribkowsky, 53 Jahre alt, in einer kleinen Zelle in Stadelheim. Spätestens Anfang November, heißt es bei der Münchner Staatsanwaltschaft, wird der Prozess gegen ihn beginnen. Auf der Zeugenbank wird ihm ein Mann gegenübersitzen, den Gribkowsky nur zu gut kennt. Er hat ihn "Bernie" genannt. Andere sprechen ehrfürchtig vom "Mr.Formel 1". Bernard Charles Ecclestone. Er soll Gerhard Gribkowsky die umgerechnet fast 40 Millionen Euro überwiesen haben. Möglicherweise als Bestechungsgeld, sagt SZ-Redakteur Nicolas Richter. 3 "Es gibt einen Vorwurf, dass Ecclestone früher schon einmal versucht hat, Gribkowsky zu bestechen. Zeugen berichten, Gribkowsky habe einmal gesagt, Ecclestone hat ihm einen Geldkoffer hingelegt, bei einem Autorennen. Im Sinne einer guten Zusammenarbeit. Ecclestone hat das vehement bestritten. Ob das stimmt, ist unklar." Klar ist hingegen, warum Gerhard Gribkowsky für Bernie Ecclestone so wichtig war. Der Münchner Banker zeichnete bei der BayernLB zuständig für die Formel 1. Die Landesbank besaß Anteile an Bernie Ecclestones Autorenn-Zirkus. Die hatten die Münchner eher zufällig erhalten, durch die Insolvenz des Medienimperiums von Leo Kirch. Der damalige BayernLB- Boss Werner Schmidt und sein Verwaltungsrats-Chef Kurt Faltlhauser wollten die Anteile möglichst schnell wieder loswerden. 4 "Wir als Banker sehen in der Frage, Formel-1 zu betreiben, nicht gerade unser Kerngeschäft. Wir sind Banker und haben wirklich keine große Ahnung von einer Autorennserie." / "Dass man jetzt für eine Übergangszeit gewissermaßen Autozirkus-Unternehmer ist, finde ich nicht besonders angenehm, aber das war noch die beste Möglichkeit, möglichst viel aus der Sache rauszuholen." Möglichst viel Geld aus der Sache rausholen wollte Kurt Falthauser, der damalige bayerische Finanzminister unter Edmund Stoiber. Und der richtige Mann für diesen Job schien Gerhard Gribkowsky zu sein, Risikochef der BayernLB. Der ehemalige Deutsche-Bank-Manager handelte eine Verkaufssumme von 837 Millionen Dollar aus. Käufer war der Finanzinvestor CVC, hinter dem Bernie Ecclestone steckte. Der Vorstand der BayernLB war mit dieser Summe zufrieden. Aber Gribkowsky wollte noch etwas für sich selbst herausschlagen, sagt SZ-Redakteur Nicolas Richter. 5 "Wir wissen, dass Gribkowsky damals von seinem Arbeitgeber, der Bayerischen Landesbank, eine Art Erfolgshonorar verlangt hatte. Das heißt, er wollte von seinen Vorgesetzten dafür belohnt werden, dass er dieses große Geschäft abgewickelt und der BayernLB dadurch ja einen beträchtlichen Betrag eingebracht hatte." Zwischen 8 und 12 Millionen Euro forderte Banker Gribkowsky als Bonus. Der BayernLB- Vorstand lehnte ab. Hat sich Gribkowsky das Geld dann bei Ecclestone direkt geholt? Der Münchner wusste, dass Ecclestone um die Kontrolle der Formel 1 kämpfte. Der Gegner: ein mögliches Konsortium aus Auto-Herstellern wie Ferrari und Mercedes, die die Formel 1 selbst hätten betreiben können. Der alte Ecclestone fürchtete um sein Lebenswerk. Hat er Gribkowsky mit 50 Millionen Dollar bestochen, damit der die Formel-1-Anteile an CVC verkaufte? 6 "Gribkowsky hat eben erkannt: das hat sehr, sehr viele Vorteile für Ecclestone, und das hat er sich bezahlen lassen." Die Staatsanwaltschaft München ermittelt inzwischen auch gegen Ecclestone. Wegen Bestechung. Der 80-jährige Brite nahm die Vorwürfe lange Zeit nicht ernst. Im kleinen Kreis soll der für seine derbe Ausdrucksweise bekannte Rennzirkus-Unternehmer gesagt haben: ,Wer mir an die Eier will, braucht größere Hände'. Die Münchner Staatsanwälte scheinen recht große Hände zu haben. Ecclestone hat sich in München mittlerweile teure Anwälte genommen. Aus gutem Grund, findet SZ-Redakteur Richter. 7 "Er hat mit Geld geherrscht und geteilt. Und es ist durchaus möglich, dass er dieses Prinzip auch bei Gribkowsky angewandt hat. Ob mit Geldkoffer oder anders. Dass er gesagt hat: dieser Mann ist mir gefährlich geworden. Ich werde versuchen, dieses Problem mit Geld zu lösen." Wie auch immer der Prozess gegen Gerhard Gribkowsky ausgeht - ein Verlierer steht jetzt schon fest. Es ist die BayernLB selbst. Sie steht ab Herbst dieses Jahres pausenlos im Licht der Öffentlichkeit - und es ist ein trübes Licht. Das Landgericht München verhandelt nicht nur den Fall Gribkowsky. Ende dieses Jahres beginnt voraussichtlich auch der Prozess um den skandalösen Kauf der österreichischen Ramschbank Hypo Group Alpe Adria. Vor Gericht stehen ehemalige BayernLB-Vorstände wie Werner Schmidt und frühere Verwaltungsräte wie Kurt Faltlhauser. Der CSU-Politiker war mal bayerischer Finanzminister. Beim Kauf und Verkauf der Kärntner Bank Hypo Group Alpe Adria, kurz HGAA, hatte die BayernLB rund 3,7 Milliarden Euro in den Sand gesetzt. Geld des Steuerzahlers wohlgemerkt, denn die Bayerische Landesbank war und ist in Staatsbesitz. Ein Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags hat haarsträubende Versäumnisse und Pflichtverletzungen des BayernLB-Vorstandes und des Verwaltungsrates zutage gefördert. So war etwa der Kaufpreis der HGAA-Bank zu hoch, und der Kauf-Vertrag knebelte die Münchner geradezu. Obendrein floss auch Bestechungsgeld an den inzwischen verstorbenen Landeshauptmann von Kärnten, Jörg Haider. Eine selten gesehene Anhäufung von Ungeheuerlichkeiten nennt das der Münchner Wirtschafts-Professor Manuel Theisen von der Ludwig-Maximilians-Universität. Er betont die Aufgabe des Richters... 10 "... hier wirklich rauszukriegen - und ich hoffe, es wird ihm gelingen - welchen Beitrag die Einzelnen auf ihren verschiedenen Positionen, als Verwaltungsrat, als Vorstandmitglied geleistet haben, im negativen Sinne, dass ein solches Desaster passieren konnte. Das wurde ja nicht durch einen Einzelfall ausgelöst, sondern durch eine Strecke von problematischen Handlungen." Eine Haftstrafe droht den Angeklagten im HGAA-Prozess kaum. In vergleichbaren anderen Prozessen sind Ex-Bank-Vorstände meist mit Geld- oder Bewährungsstrafen davongekommen. Sogar wenn sie grob fahrlässig gehandelt hatten. Für Professor Theisen allerdings steckt die Bedeutung des bevorstehenden Prozesses eher darin, das Geschehene lückenlos aufzuklären und daraus zu lernen... 11 "... als dass man einige wenige ohnehin nur mit Bruchteilen von Geldbeträgen oder gar Haftstrafen belegt. Das diente ja nur der Satisfaktion und nicht einem wirklichen, breitflächigen Aufklären." In jedem Fall müssen die Angeklagten im HGAA-Prozess mit empfindlichen Schadenersatz- Leistungen an ihren früheren Arbeitgeber rechnen. Die Bayerische Landesbank tritt selbst als Klägerin gegen ihre ehemaligen Vorstände auf. Aber auch wenn die BayernLB gewinnt und ein paar Millionen ihrer milliardenschweren Verluste zurückbekommt - für das Image der Landesbank ist der bevorstehende Prozess-Marathon Gift. Deshalb spricht Bank-Vorstand Gerd Häusler auch nicht gern über die Klage seines Hauses gegen hochrangige frühere Mitarbeiter: 8 "Der Vorstand hat in diesem Zusammenhang seine Pflicht erfüllt und wünscht sich eigentlich nichts mehr als jetzt wieder zur Normalität übergehen zu können, sprich: Geschäfte zu machen mit Kunden." Das Kundengeschäft der BayernLB hat sich stark verändert. Heutzutage verdient die Bank vor allem im Kreditgeschäft - mit Privatkunden, mittelständischen Unternehmen und Kommunen. Die Bank hat deutlich weniger Kunden und viel weniger Mitarbeiter als noch vor zwei Jahren. Ihre Bilanzsumme ist stark abgeschmolzen. Die BayernLB ist vorsichtig geworden. Ein solches Institut hätte der frühere Vorstand wohl als langweilig bezeichnet. Der neue Chef Gerd Häusler jedoch, seit knapp zwei Jahren im Amt, achtet sehr genau auf das brave, fast biedere Image seines Unternehmens. 9 "Die BayernLB zockt nicht, sie verdient ihr Geld also nicht durch Einsatz eigener Mittel. Sondern sie macht kundenbezogenes und kundengetriebenes Geschäft. Wir machen es anders als der eine oder andere Wettbewerber. Wir sehen auch das Fass im Boden, wenn ich sozusagen diese Metapher... den Boden im Fass. Entschuldigung." Der Boden im Fass zeigt sich an den soliden Quartalsbilanzen, die die BayernLB vorlegt, seit sie das Kapitel Hypo Group Alpe Adria abgeschlossen hat. Sechs Quartale in Folge hat die Bank schwarze Zahlen geschrieben. Sie hat die Erholung der Konjunktur in Deutschland und vor allem in Bayern dazu genutzt, ihr Eigenkapital zu stärken. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer betont gern, dass die BayernLB auch die harten Anforderungen der EU erfüllt. 12 "Den Stresstest haben wir bestanden. Sehr gut sogar." Und doch hängt ein Damoklesschwert über der BayernLB. Die EU-Kommission in Brüssel hält es nun schon seit Monaten über den Münchner Staatsbankern. Es geht um das sogenannte Beihilfe-Verfahren über mögliche Brüsseler Auflagen für die milliardenschweren Staatshilfen, die der Freistaat Bayern in seine Landesbank gespritzt hat. Das Verfahren sollte längst abgeschlossen sein. Eigentlich hatte BayernLB-Chef Häusler eine Einigung mit der EU vor der Sommerpause angekündigt. Doch die Verhandlungen ziehen und ziehen sich. Warum? Häusler schweigt. 13 "Ich darf es nicht anders tun, weil ich nicht allein im Ruderboot sitze. Der Vorstand und der Verwaltungsrat sitzen nicht mehr allein am Tisch. Wenn Sie Beihilfe-Empfänger sind in diesen Größenordnungen, haben sie einen, ich sag jetzt mal: Co-Piloten an Bord." Dieser Co-Pilot - das ist ein sogenanntes Case-Team: eine Handvoll Brüsseler Beamter, die im Auftrag von EU-Kommissar Almunia prüfen, wie stark die BayernLB gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstoßen hat. Die Brüsseler Beamten waren schon mehrmals in der BayernLB-Zentrale in München, um deren Bilanzen zu prüfen. Denn der Freistaat Bayern hat 10 Milliarden Euro Steuergelder in seine Landesbank gepumpt, als die infolge von Misswirtschaft und Bankenkrise zusammenzubrechen drohte. Jetzt könnte die EU- Kommission fordern, dass die BayernLB einen Teil dieser Einlage an den Freistaat zurückzahlt. Andere Gerüchte besagen, die EU-Kommission wolle die bayerischen Sparkassen zwingen, sich wieder stärker in der BayernLB zu engagieren. Sie sollen angeblich rund 900 Millionen Euro stiller Einlagen in hartes Kapital umwandeln. Die Sparkassen sind nicht begeistert von der Vorstellung, wieder mehr Risiko in der BayernLB zu übernehmen. Sogar Bayerns Ministerpräsident Seehofer, der Mehrheitsgesellschafter der BayernLB, hat sich eingeschaltet, um seine bayerische Hausbank zu schonen. Seehofer wendet sich gar nicht erst an den zuständigen EU-Kommissar, sondern gleich an Kommissionspräsident Barroso: 14 "Ich hab ihm nur mal erläutert, dass das nicht ganz einfach ist, wenn wir auf der einen Seite mit der Landesbank ewige Verhandlungen haben im Beihilfeverfahren. Auf der anderen Seite aber stark mithelfen, dass anderen geholfen wird. Ich hoffe, dass wir nach der Sommerpause das Beihilfeverfahren vernünftig abschließen können." 15 "Also das ist wieder einer dieser politischen Gemischtwarenläden, die noch nie überzeugend waren. Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Wir haben Verpflichtungen aus dem EU- Vertrag einerseits, andererseits geht es darum, dass die EU-Kommission im Auftrag aller den Wettbewerb im Auge hat. Hier den Wettbewerb auf den Finanzmärkten. Und deswegen zu Recht Eingriffe, Einflussnahmen einzelner Mitgliedsstaaten sehr, sehr kritisch sieht. Und sehen muss. Hier eine Verbindung herzustellen nach dem Motto: ,Wir tun auch Gutes auf anderen Gebieten, deshalb können wir hier ein politisches Paket von Forderungen und Wohltaten schnüren' - das ist meines Erachtens völlig abwegig." Manuel Theisen, Wirtschafts-Professor der LMU München, kritisiert seit Jahren die Verquickung von Politik und Bankenwesen. Er glaubt, dass Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer politisch Einfluss auf die Bayerische Landesbank nehme. Obwohl Seehofer stets das Gegenteil behauptet. Derzeit wird in Bayern wieder über die Gewinne der Landesbank gestritten. Die bayerische Opposition verlangt einen Tilgungsplan für die 10 Milliarden Euro Beihilfen aus dem Landessäckel. Hubert Aiwanger, Vorsitzender der Freien Wähler: 16 "Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir möglichst viel von dem Geld wieder zurückwollen. Das Geld zurückholen, dass der Steuerzahler hier reingesteckt hat. Es schautz danach aus, dass man in den nächsten ein bis zwei Jahren wieder einige Milliarden sehen könnte." Auch Ministerpräsident Seehofer wäre nicht abgeneigt, vor der nächsten Landtagswahl wenigstens ein paar hundert Millionen Euro von den Bayern-Bankern zurückzubekommen. Das macht sich gut im Wahlkampf, weil man dem Wähler zeigen kann, dass die Milliarden gut angelegt sind und nicht am Kapitalmarkt verbrennen. Seehofer braucht dringend positive Meldungen von der BayernLB. Die CSU hat ohnehin stark unter den Skandalen der Landesbank gelitten. Seit dem Desaster um die Hypo Group Alpe Adria hat die Partei in den Augen der Wähler stark an Wirtschaftskompetenz eingebüßt. Und jetzt rollt auch noch eine Prozesslawine heran. Wirtschafts-Professor Theisen rät der Staatsregierung, die BayernLB mittelfristig zu verkaufen. Er hält das Konzept staatseigener Landesbanken für überholt. 17 "Ich denke, dass die Erfahrungen der letzten Jahre sehr klar gemacht haben, dass die Funktionen der Landesbanken sehr schnell und gründlich überdacht werden müssen. Bei allen historischen Verdiensten bleibe ich bei der Einschätzung: wenn wir überhaupt derartige Institutionen brauchen, dann nur noch einige wenige. Mit einem ganz klar abgegrenzten Auftrag. Im Interesse staatlich gewünschter, politisch erforderlicher Finanzierungsaufgaben. Aber eben nicht im Wettbewerb mit den privaten Banken. Hier hat man deutlich und erkennbar und mit katastrophalen Folgen ein Modell verfolgt, für das die Landesbanken schlicht nicht geeignet sind." Ist es ein Zufall, dass sich der Fall Gribkowsky ausgerechnet in einer deutschen Landesbank ereignete? Dass sich die mutmaßlich höchste Schmiergeld-Summe der deutschen Bankengeschichte bei einem Deal mit einem Institut abzweigen ließ, in dem "everybody's money" zirkuliert? Steuerzahlergeld, dessen Verwendung Politiker kontrollieren, denen der Sachverstand fehlt, horrende Verluste zu vermeiden? Oder das Interesse? Oder beides? Nicolas Richter von der Süddeutschen Zeitung hat den Gribkowsky-Skandal zusammen mit zwei Kollegen aufgedeckt. Sehr schwierig sei das gar nicht gewesen, sagt der Investigativ- Reporter: 18 "Vieles, was wir entdeckt haben, konnte man relativ leicht dadurch herausfinden, dass man einfach ins österreichische Handelsregister geschaut hat. Wir sind dort darauf gestoßen, dass Herr Gribkowsky diese Sonnenschein-Privatstiftung gegründet hatte, in deren Tochterfirmen das Vermögen versteckt war. Uns hat gewundert, dass Gribkowsky sein Geld nicht besser versteckt hat. Es ist ja über Briefkastenfirmen auf Mauritius und in der Karibik überhaupt erst zu ihm gekommen. Hätte er es dort in einer Briefkastenfirma oder auf einem Konto liegen lassen, hätte hier nie jemand was gemerkt, und er wäre nach wie vor ein freier Mann. Er hätte keinen Ärger. Aber er hatte wohl das Bedürfnis, das Geld nahe bei sich zu haben. Deshalb hat er es hier nach Salzburg geholt. Und das ist ihm zum Verhängnis geworden." Beim Prozess in diesem Herbst wird Gerhard Gribkowskys Anwalt versuchen, die Münchner Staatsanwaltschaft an ihrem wundesten Punkt zu treffen: dem genauen Nachweis, wie und warum sich der frühere BayernLB-Banker von Formel-1-Zirkusdirektor Bernie Ecclestone bestechen ließ. Bei dem Prozess wird das Who is Who der deutschen Automobilbranche in den Zeugenstand treten. SZ-Journalist Richter erwartet die früheren Vorstände der Firmen Daimler und BMW: 19 "Das sind die Firmen, die damals im Streit mit Ecclestone lagen im Streit darüber, wie viel Geld die Formel-1-Vermarktungsgesellschaft bekommt und wie viel Geld die Autorennställe. Und sie kannten das Geschäft damals sehr gut, sie kannten Ecclestone sehr gut. Sie haben sich oft mit ihm gestritten und wieder versöhnt. Und sie werden voraussichtlich aussagen, dass sie keine Beratung von Gerhard Gribkowsky gebraucht haben." Das würde Gribkowskys mutmaßliche Verteidigungsstrategie durchkreuzen, wonach er der Schlichter und Vermittler im Formel-1-Zirkus war und dafür ein sattes Honorar von Ecclestone bekam. Der frühere Risiko-Vorstand der BayernLB muss mit einer hohen Haftstrafe rechnen. Allein schon wegen der gewaltigen Bestechungssumme von knapp 50 Millionen Dollar. Gribkowskys Sonnenschein-Millionen liegen bis zum Prozessbeginn unter einer dicken Eisschicht. Die Staatswanwaltschaft München hat das Vermögen einfrieren lassen. Auf Antrag der BayernLB. Die Landesbank hofft, die Millionen am Ende zurückzubekommen und einen Teil ihres finanziellen Schadens tilgen zu können. Den Image- Schaden für die Bank kann niemand beziffern. Aber wahrscheinlich sind Image-Probleme in der heranziehenden Bankenkrise noch die kleinste Sorge für die BayernLB.