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My elder brother has and my sister as well, they're always dabbling in this thing. Everybody is trying to be.... Übersetzer 2: ... ja, das stimmt. Mein älterer Bruder und meine Schwester versuchen sich beide daran... Dom: Exactly. (lachen) 02 Atmo Hühnchen mit Stimmen im Hintergrund Autorin: Die Küken sind eigentlich ein Nebenprodukt. Das wissen sie natürlich nicht und benehmen sich so, wie sich alle Küken benehmen, die erst anderthalb Wochen alt sind: Sie klettern unbeholfen in der Aufzuchtbox übereinander, trinken gelegentlich etwas Wasser, picken Futter. Nur etwas tun sie nicht, erklärt der Kenianer Dominic Wanjihia einem Besucher: Sie drängeln sich nicht alle auf einer Stelle. 02. O-Ton Dom Wanjihia, That is when you get a lot of mortality, chick mortality because they all crowd towards that heat source, they suffocate each other. And those heat sources are on the ground and the chickens are around it. But everyone knows that heat rises, so the heat rises and ends up heating the whole room, you are heating the world, the planet, but you are providing very little heat to the ground where the chicken are. What we have done: we have built a chicken house, which is above the ground (bückt sich, hebt Plane) and we have exactly the same heater like the one in the drying machine, and that needs a pilot light, a flame about that long, and it heats the saucepan, and the heat just rises up through the floor of the cage, and you can feel the heat Charles: Yeah, it' s warm! Dom... but because the heat is coming from below and it is everywhere, there is none of that congestion. Übersetzer 1: Dabei sterben normalerweise viele Küken: Alle wollen in die Nähe der Wärmquelle, und dabei erdrücken sie sich gegenseitig. Das liegt in den konventionellen Aufzucht-Anlagen daran, dass die Wärmequelle auf dem Boden des Käfigs steht, die Jungtiere drängeln sich drum herum. Dabei weiß ja jeder, dass Hitze nach oben steigt. Man heizt also den kompletten Raum, den ganzen Planeten - aber bei den Küken kommt wenig an. Ich habe stattdessen eine Aufzuchtbox auf Stelzen gebaut, die Wärmequelle steht unter dem Boden. Der ist durchlässig, so dass die Wärme in die Box steigen kann. (Bückt sich, hebt Plane, zeigt Quelle, man hört, dass die Geräusche und dass er im Bücken spricht) Du kannst sie fühlen ... Charles): yes, it's warm ! Übersetzer 1: Der Ofen ist derselbe, wie in meiner Dörranlage für Obst. Und weil die Hitze von unten kommt und gleichmäßig verteilt ist, drängeln sich die Küken nicht so. Atmo Küken Autorin: Der Besucher, er heißt Charles Adede, hört Wanjihia aufmerksam zu. Wanjihia macht ihm das einfach: Er lacht gern, der Schalk blitzt ihm oft aus den Augen, und beim Erzählen verpackt er trockene physikalische Sachverhalte spielerisch in anschauliche Geschichten. Die Sache mit der Wärmequelle ist der Grund, weshalb Dom Wanjihia überhaupt an die Küken gekommen ist. Der Kenianer ist nämlich Erfinder und wollte etwas ausprobieren: ob er nicht Biogas verwenden kann, um ein paar Probleme bei der Küken-Aufzucht zu lösen. Denn erstens hat er jede Menge Biogas, und zweitens gibt es bei der Aufzucht von Küken einige Probleme. Nicht nur, dass sie sich gegenseitig erdrücken, sondern die Sache ist wie gesagt eine riesige Energieverschwendung, weil der Großteil der Wärme ungenutzt nach oben entweicht. Das ist schlecht für das Klima, und schlecht für die kenianischen Kleinbauern, die sich mit der Hühnermast ein kleines Zubrot verdienen wollen: Sie geben für Feuerholz, Kohle, Benzin, Gas oder Strom viel zu viel Geld aus. Wer Wanjihias Erfindung sieht fragt sich, warum darauf nicht längst schon jemand gekommen ist. Atmo Küken 03. Atmo Gelände Autorin: Der eigentliche Clou an der Sache ist aber ein ganz anderer: Die "Heizung" läuft mit Biogas. Die Energie ist also für den Bauern, der eine solche Anlage hat, umsonst. Mit rund 600 Küken lassen sich dann im Monat leicht um die 800 Euro verdienen, rechnet Wanjihia vor - eine immense Summe in Kenia, wo mehr als die Hälfte der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze lebt. Wanjihia entwickelt gerne Dinge, die das Leben der ärmeren Kenianer vereinfachen und verbessern. Außerdem alles was hilft, die Umwelt zu schonen. 03. O-Ton Dom Wanjihia I don't know. I just go somewhere and I see a problem and then I...If I can fix it I will try fix it. It's not really that I am going to look for a problem. You don't look for problems. Problems just appear. Übersetzer 1: Ich weiß nicht, wie das kommt. Ich sehe ein Problem und versuche, es zu lösen. Das ergibt sich einfach so - Probleme gibt es schließlich genug. Autorin: Seine Lösungen liegen meist auf der Hand - man muss halt nur drauf kommen. Für Wanjihia ist das kein Problem, deshalb hat er seine Leidenschaft zum Beruf gemacht - und ist Erfinder. 04. O Ton Dom Wanjihia, In terms of the way everything loops I'm calling the actual place or the eco-center, I'm calling it 'Simply Logic' because everything works logically, if you know what I mean. Übersetzer 1: Weil eigentlich immer alle Lösungen wie von alleine ineinander greifen, habe ich meine Firma, eine Art Öko-Zentrum, "Simply Logic" genannt. Weil alles ganz logisch ist. 04. Atmo Gelände, mit Stimmen Autorin: An diesem Morgen, es ist gerade mal acht Uhr, führt Dominic Wanjihia seinen Besucher über das Gelände. Charles Adede wird für ihn einen Info-Film über die Biogasanlage und ein paar andere Sachen drehen, die Wanjihia entwickelt hat. Wanjihia bleibt vor drei unterschiedlichen großen länglichen Gebilden stehen, die mit einer milchig-transparenten Plastikplane bedeckt sind und im knöchelhohen kniehohen Gras liegen. Sie haben vorne und hinten ein kurzes Rohr als Öffnung, ansonsten könnte man sie auch für kleine Gewächshäuser halten. Die Assoziation ist gar nicht so falsch: Es handelt sich dabei um Wanjihias Biogasanlagen, und bei deren Entwicklung hat er sich unter anderem von Gewächshäusern inspirieren lassen. Denn beim Biogas geht es ja auch um Wachstum: um die Vermehrung der Bakterien bei der Vergärung von Biomasse. Dabei entsteht Methangas. 06. O-Ton Dom Wanjihia, We've got 3 models. The small one which is basically more for pure, purely for gas, for the small, the typical rural African homestead which is at about 4 to 6 in the family. It's 40,000 and it will cater for all of the gas cooking. Übersetzer 1: Wir haben drei Modelle. Ein kleines, dessen Produktion für einen typischen Haushalt im ländlichen Afrika ausreicht, also für eine Familie mit vier bis sechs Mitgliedern. Die Anlage kostet 350 Euro und liefert genug Gas zum Kochen. Autorin: Außerdem gibt es noch zwei größere Modelle. Zwar ist eine Biogasanlage grundsätzlich nichts Neues, aber Wanjihias Modell trotzdem eine Erfindung. Einer der Unterschiede: sie ist flexibel, besteht aus faltbaren Plastikteilen. 07. O-Ton Dom Wanjihia, it's above the ground so it's, there's no construction at all. You level the ground and lay the system straight on the ground. The other ones you have to dig a big hole and then start the masonry work with concrete and stones and cement and, you know, large labor forces. This system installs in a few hours. It's completely pre-fabricated, we make all of the components. When it's folded, when it's packed, it can be carried on the back of a motorcycle as a luggage. So you can have the 2 installers plus the package which means that you can get it to any corner of, you know, developing countries. Übersetzer 1: Für herkömmliche Anlagen muss man erst ein großes Loch graben, dann folgen Maurerarbeiten für das Fundament, man braucht Beton, Steine, Zement und viel Arbeitskraft. Unser System ist dagegen in ein paar Stunden aufgebaut, weil wir alle Bestandteile vorproduzieren und sie vor Ort nur zusammensetzen müssen. Wir brauchen für den Aufbau nicht mehr als zwei Leute, und wenn die Anlage zusammen gefaltet ist, kann man sie sogar auf dem Fahrrad transportieren. Was bedeutet, dass man sie in jeden Winkel eines Entwicklungslandes bringen kann. Autorin: Außerdem ist die flexible Biogasanlage deutlich billiger, als eine herkömmliche. Denn da kostet allein der Gastank das Dreifache. Unerschwinglich für eine afrikanische Kleinbauernfamilie. Die flexible Anlage können sie sich schon eher leisten, und sie hat sich auch schnell amortisiert, weil viele Familien für Brennholz oder Kohle jeden Monat zwanzig bis dreißig Euro bezahlen müssen. Aber das ist noch nicht alles: 08. O-Ton Dom Wanjihia, one of the most unique differences is the solar-captive greenhouse that raises the temperature very high. So basically the higher the temperature, the more rapid your fermentation rate, which means the less feed you need to get the same volume of gas. So with our system for instance, we only need 1 bucket of dung to give you all the gas you need for domestic cooking in the average 4 to 6 member family. Übersetzer 1: Der wichtigste Unterschied ist das Gewächshaus über dem Schlauch mit der Biomasse, weil das die Sonnenwärme bündelt. Dadurch entstehen im Inneren recht hohe Temperaturen. Und je höher die Temperatur, desto schneller die Vergärung. Das bedeutet, dass man für die gleiche Menge Gas weniger Biomasse braucht. Für unser System braucht man nur einen Eimer Kuhdung am Tag. Daraus entsteht genug Gas, um für eine vier- bis sechsköpfige Familie alles kochen zu können, was am Tag anfällt. Autorin: Auf die Idee, eine solche Anlage zu entwickeln, brachte ihn eine seiner Schwestern. Die ist umweltbewusst und lebt in der Nähe des Nairobi-National-Parks. Dort ist die Skyline von Nairobi ebenso in Sichtweite, wie die Giraffen, Zebras und Elefanten im Park. Immer häufiger sind auch die Rinder der Massai-Nomaden zu sehen, die rund um Nairobi langsam sesshaft werden. Um Weideland für ihre Rinder zu schaffen, rohden sie das verbliebene Buschland. Das Holz nehmen sie anschließend zum Kochen. 09. O-Ton Dominic Wanjihia, So they've got no issue with cutting down the trees. The trees are in the way as far as they are concerned. But the truth of the matter is you take away the trees, you take away the top soil because the rain will wash, because you've taken away the roots, the rain will wash away the top soil and then you end up with nothing. Übersetzer 1: Die Massai haben überhaupt kein Problem damit, Bäume zu fällen. Aus ihrer Sicht stehen die nur im Weg herum. Aber natürlich spült der Regen den fruchtbaren Boden weg, wenn das Wurzelwerk fehlt, und am Ende haben sie nicht mehr, sondern gar kein Weideland für ihre Rinder. Autorin: Die Bäume zu erhalten, das war die eine Sorge seiner Schwester. Die zweite galt der Gesundheit der Massai. Weil die Nomaden ihre riesigen Rinderherden jetzt direkt am Haus halten, türmen sich praktisch vor ihrer Türschwelle Berge von Kuhmist, und überall sind Fliegen. Die Folgen: Augenkrankheiten und alles mögliche andere. Die Aufgabe seiner Schwester lautete also so: Schütze die Bäume und mach irgendetwas mit diesen Bergen von Kuhfladen. Eine Biogasanlage zu entwickeln war da - einfach logisch. Weniger einfach war es, anschließend die Massai davon zu überzeugen, dass aus dem, was bei der Kuh hinten raus kommt, Feuer gemacht werden kann. 10. O-Ton Dom Wanjihia, Maasais in Maasai Mara, when we introduced the thing, first they thought we were completely idiots, like we're conmen, yeah, they said that [we are stupid], We were total [kumbafus] because we were trying to convince them that we can turn cow shit into fire, and to the Maasai [wazees], the old wise men, this is totally ludicrous, we are nuts. Übersetzer 1: Als wir die Anlagen in der Maasai Mara eingeführt haben, hielten sie uns anfangs für verrückt weil wir ihnen weismachen wollten, dass wir Rindermist in Feuer verwandeln können. Die alten Männer, also die Weisen in der Gemeinschaft, erklärten, wir seien völlig irre. Autorin: Etwa drei Wochen, nachdem sie die Anlage installiert hatten, kam Wanjihia mit seinen Mitarbeitern wieder. Inzwischen hatte die Anlage genug Gas angesammelt. 11. O-Ton Dom Wanjihia, I went and I lit the flame on the end of the pipe and, of course you couldn't see it because it's methane, it burns, it's invisible during the day. They could see the heat wave and they could hear the sound, because it makes the sound the fire makes, but they couldn't see the flame, and they just went dead silent. I mean, even the dogs started barking because they were wondering what the hell is going on here. And then I pointed the flame on the ground, the ground was dry grass, and of course it just singed the tops of the grass. And we went from being [kumbafus] to [maghanga] [Laughter], witchdoctors. [Laughter]. Übersetzer 1: Ich entzündete die Flamme am Ende der Gasleitung. Weil sie von Methangas gespeist ist, kann man sie tagsüber nicht sehen. Aber die Maasai sahen die Hitzewellen aufsteigen und hörten das Rauschen der Flamme. Schlagartig wurde es totenstill. Nur die Hunde fingen an zu bellen, weil sie auch nicht begriffen, was vor sich ging. Ich richtete die Flamme auf den Boden, und das trockene Gras brannte sofort. In Sekundenschnelle waren wir von Vollidioten zu Hexenmeistern geworden. Autorin: Wanjihia und seine Leute schlossen die Gaskocher an die Leitungen an, alles funktionierte perfekt. Trotzdem war die Begeisterung der Maasai-Männer schon wieder verfolgen. Sie hatten sich zurückgezogen und waren in eine sehr ernste Unterhaltung vertieft. 12. O-Ton Dom Wanjihia, And we were like, "What is it?". The system works, they have seen it work. Now why are they hesitant? And the concern came out; one of the [mzees], he was very concerned. He says, "If the women can now cook in the houses, and all they do is they turn on the fire like the way you've shown us, what are they going to do with the rest of the time that they have during the day? Because when they're busy collecting the firewood they don't have time to see their boyfriends. So now they can have all this time [Laughter]. Übersetzer 1: Wir haben uns gefragt, was das Problem ist, und kurz danach rückten sie damit raus. Einer der Alten sagte mit sorgenvoller Mine: "Wenn die Frauen jetzt kein Feuerholz mehr suchen müssen, um kochen zu können, weil sie nur noch die Flamme anzünden müssen, so wie du uns das gezeigt hast - was machen sie dann mit der restlichen Zeit des Tages? Bisher hatten sie keine Zeit für Liebhaber, weil sie ständig Feuerholz suchen mussten. Aber ab jetzt wäre das anders." Lachen frei stehen lassen 05. Atmo Wanjihia und Adede im Gespräch, Charles: I told, what's his name, that gentleman, the gentleman who received me? Dom: Yeah, Daniel. Charles: Daniel, yes. I told him that see the problem is a suited man like me, are they thinking, ok, this is a climb down. [Laughter] Bettina: Yeah, exactly. That's another challenge. A lot of people see it as a climb down. You, you know. So what we're trying to with this technology, you know, because it's far more affordable than the other systems, you only need one cow, and you don't need to own the land, you know. You can rent land, you can pick it up and move it when you go, you know, so, because it's very portable. Charles: It is, yes, it is. // Dom: you don't need to own the cow by the way because I guarantee you someone around you has got a cow. And to buy a bucket of dung of them, because that's all you need, is not going to be an issue because in most areas in Kenya where people have got zero-grazing units, they are dumping dung on the roadside because they've got too much of it and they don't know what to do with it, and it's not good for your samba. Everyone thinks that cow dung is a very good manure. It's... Charles: It has to breakdown. Dom : It has to break down. Exactly. Anfang frei, dann als Atmo unter dem folgenden Text Autorin: Am Ende, erzählt Wanjihia, habe die Maasai vor allem der Preis überzeugt, weil das Feuerholz nicht mehr ausreicht und sie Holzkohle oder Gasflaschen dazu kaufen müssen. Weil bei Wanjihia immer alles ineinander greift und die Biogaslage mit vielen anderen Erfindungen zusammen hängt, führt er Adede über das ganze Gelände. Man stolpert praktisch über das, was Wanjihia so alles entwickelt hat. Die flexible Biogasanlage ist seine wichtigste Erfindung, weil er die auch vermarkten kann, wenn auch bisher in kleinem Stil: 250 hat er in den zwei Jahren seit ihrer Entwicklung in Kenia verkauft, außerdem 10 in Ruanda, und die ruandische Regierung hat 300 weitere bestellt. Zuletzt hat Wanjihia vor allem Anwendungsmöglichkeiten für Biogas entwickelt, weil selbst die kleine Anlage viel mehr Energie erzeugt, als eine Familie beim Kochen verbraucht. So entstand zum Beispiel die Aufzuchtbox für Küken, oder die Dörranlage für Obst. Wer über das Gelände geht, entdeckt noch viel mehr. Viele von Wanjihias Entwicklungen gibt es bereits in anderer Form, was ja auch für Biogasanlagen gilt. Aber der Kenianer verbessert und verändert, bis ein Gegenstand oder eine Anlage für die Anforderungen in Afrika genau passend ist. Einen akademischen Hintergrund hat er nicht. 13. O-Ton Dom Wanjihia, mathematics and physics were my best subjects. And art, I love drawing. // But half way through 'A' Levels I dropped out of school for, how can I say...I just had enough of being told what to do by the teachers. Übersetzer 1: Am besten war ich in Mathe und Physik. Und Kunst, ich liebe es, zu zeichnen. Aber auf der halben Strecke zum Abitur habe ich die Schule abgebrochen. Ich hatte - wie soll ich sagen - genug davon, mir von den Lehrern sagen zu lassen, was ich tun soll. 06. Atmo Gelände, Anfang: Werkstatt, Schleifen, Stimmen, Vögel (Käuzchen) Autorin: Das Gelände, auf dem sich Wanjihas Firma befindet, ist ein fast parkähnliches, aber halb verwildertes Grundstück in Karen, einem Vorort der kenianischen Hauptstadt Nairobi. Sein Besucher Adede, in Schlips und Anzug, wirkt zwischen den hohen Bäumen, dem wuchernden Gras und den elf Mitarbeitern von "Simply Logic" seltsam fremd. Wanjihia trägt Wanderschuhe, Cargohose und ein einfaches Hemd - in seinen 48 Lebensjahren hat er sich noch nie einen Schlips gekauft. Man sieht ihm an, dass er gerne körperlich arbeitet und oft an der Werkbank steht. 07. Atmo Werkstatt, Dom und sein Bruder diskutieren in der Werkstatt Autorin: Die Werkbank steht in der Auto-Werkstatt, die sein Bruder John auf dem Grundstück eingerichtet hat. John, im Blaumann, ist gerade mit einem Landrover beschäftigt. In der Werkstatt herrscht ein kreatives Chaos von Ersatzteilen, das Werkzeug hängt allerdings ordentlich an der Wand. Vor dem offenen Holzschuppen, in dem gearbeitet wird, stehen Autos aller Baujahre und Aggregatzustände: von nahezu ausgeschlachteten Wracks, die kaum noch als Ersatzteillager dienen können, bis hin zu neuwertigen Landrovern und knallbunten Geländewagen, die für Ralleyzwecke umgebaut sind. 08. Atmo Werkstatt Gespräch , Dom Wanjihia John: Did you fix that generator yet Dominic? Dom: No, I've got to, it's got to come back up here. I've still got to put the levers. It doesn't have the controls on it. John: But when you took, yeah, that one was just in the way here. I didn't know where you wanted them. [Laughter] Kreuzblende 09. Atmo durchs Gras gehen, 15. O-Ton Dom Wanjihia, Walking through a field] So this is 'Mrembo'; 'Mrembo' means beauty in Swahili. // She was in a cage where she couldn't even turn around. She looked like a calf, but she wasn't a calf because she was being, in Africa, to have a cow means that you're home is complete. So this guy had the cow because he was, I think he was showing off to his girlfriend's parents that he had a cow. But he wasn't a farmer, so they didn't care about his animals, or he didn't care, this was the only animal there. He wanted Biogas, so I went and I saw his cow, I said : "You can't keep an animal like that, that is cruel." So we exchanged the cow for the biogas digester. Übersetzer 1: Das ist Mrembo, Mrembo bedeutet auf Suaheli "Schönheit". Als ich sie zum ersten Mal sah, stand sie in einem Käfig der so klein war, dass sie sich noch nicht mal umdrehen konnte. Sie war so schlecht ernährt, dass sie nicht größer war als ein Kalb. In Afrika muss man einfach eine Kuh besitzen, weil eine Familie nur dann als vollzählig gilt. Der Besitzer wollte eine Biogas-Anlage kaufen, weil er nun schon mal eine Kuh hatte. Als ich das Tier sah, habe ich gesagt: "Das ist grausam, so können sie keine Kuh halten. Wir haben dann die Biogas-Anlage gegen Mrembo tauscht. Autorin: Ein idiotischer Tausch, könnte man meinen. Aber Wanjihias Anlage funktioniert nicht nur mit Kuhdung, sondern auch mit Hühnermist, menschlichen Exkrementen, den Schalen der Cashewnuss, Küchenabfällen, dem Stroh von Reis oder geschnittenem Gras. Und auch mit Wasserhyazinthen, die auf Kenias Seen wuchern und die Ökosysteme zerstören. In Wanjihias Biogasanlage sind sie bestens aufgehoben - auch wieder so eine Lösung für mehrere Probleme auf einen Schlag: Die Energie aus den Wasserhyazinthen kann über einen Generator den Häcksler antreiben, der die Pflanzen für den Gebrauch in der Anlage klein genug hackt. Ein geschlossener Kreislauf aus Lösungen, wie Wanjihia sie zu entwickeln liebt. Man kann sich fragen, warum er dann Mrembo überhaupt haben wollte: 16. O-Ton Dom Wanjihia We actually started the system without a cow. The problem was when we had visitors coming and we were showing them the system, we were feeding it grass and vegetation and what have you and we were telling them we don't have a cow. They basically showed very serious signs of disinterest because they thought we were conning them. Because they believe that biogas is associated with cow. If you don't have a cow, you can't have biogas. Übersetzer 1: Anfangs hatte ich ja keine Kuh. Das Problem war, dass Besucher immer sehr schnell das Interesse an der Anlage verloren haben wenn ich ihnen erklärt habe, dass ich bloß Gras und organische Abfälle verwende. Sie dachten, ich wolle sie auf den Arm nehmen. Für die meisten Menschen gehören eine Biogasanlage und eine Kuh unbedingt zusammen. 10. Atmo Autotür schlagen, ankommen, Ankunft beim Empfänger Biogas Anfang: leise Schlagen der Autotür, Empfang, Reden in Massai, gehen zum Haus. Autorin: Zwei Tage später. Dom Wanjihia und zwei seiner Mitarbeiter sind gerade bei einer Maasaifamilie angekommen, die nicht weit von Nairobi entfernt wohnt. 17. O-Ton Robert Minissa, I am Richard Minissa, this is my home. I live with my family, i have three boys, i also have a wife. The maasai marry many wives, but i have one wife (lacht) and also, i live with my younger sister, but all of them are in school now. Übersetzer 3: Ich heiße Richard Minissa, das ist mein Haus. Ich lebe hier mit meiner Familie, mit drei Söhnen und einer Frau. Die Maasai heiraten eigentlich sehr viele Frauen, aber ich hab nur eine. Meine kleine Schwester lebt auch bei uns, aber die Kinder sind jetzt alle in der Schule. Autorin: Richard trägt Jeans und ein T-Shirt, seine Frau Penina ein Kleid aus den bunten Stoffen der Maasai, und den traditionellen, breiten Halsschmuck aus Perlen. Richard verdient sein Geld in einem Kulturverein der Maasai. Zielgruppe sind nicht nur Touristen, sondern auch die Angehörigen des Nomadenvolks selbst: Es geht darum, ihre Kultur zu bewahren, die sich durch die zunehmende Sesshaftigkeit langsam verliert. Aber so sehr Minissa die Traditionen auch schätzt, so aufgeschlossen ist er zugleich für Neues. Das merkt man nicht nur daran, dass er seine Söhne zur Schule schickt und nur eine Frau hat - sondern auch daran, dass er als erstes die Zahl seiner Kinder nennt, und nicht die seiner Kühe. Von denen spricht er sogar erst auf Nachfrage. Früher wäre eine solche Reihenfolge bei den Maasai undenkbar gewesen: erst kamen die Rinder, dann lange nichts, dann die Familie. 18. O-Ton Robert Minissa, I have almost twenty cattle, cows, and 100 goats. Yeah. Übersetzer 3: Ich habe fast zwanzig Kühe, und 100 Ziegen. Autorin: Das Haus der beiden ist solide, aber klein, und scheint sich vor der Hitze in der Ebene zu ducken. Zwar ist Nairobi nur rund 50 Kilometer entfernt, liegt aber ein paar hundert Meter höher, auf 1600 Metern über dem Meer. Nicht weit von Minissas Haus entfernt, führt die Straße steil nach oben, hinauf aus dem großen afrikanischen Grabenbruch auf das Plateau von Nairobi. Von oben ist der Blick in die Ferne jedes Mal neu überwältigend, die Weite wirkt unberührt und ursprünglich. 11. Atmo suchen einen guten Platz für die Anlage Autorin: Wanjihia und seine Mitarbeiter suchen einen guten Platz für die Biogasanlage. Auf dem Nachbargrundstück steht eine recht neue Schule, davor wird mit schwerem Gerät ein Brunnen gebohrt. Wanjihias Mitarbeiter tasten mit den Füßen die Grasnarbe ab, suchen eine möglichst ebene Stelle. Minissa und seine Frau kriegen die Biogas-Anlage geschenkt. Denn die beiden leben an einer Stelle, an der sich die Wege vieler Maasai kreuzen. Wanjihia möchte hier eine Anlage zu Demonstrationszwecken installieren. Der Massai gibt offen zu, dass er nicht viel von Biogas versteht, seine Frau dagegen hat eine viel deutlichere Vorstellung davon, was sich durch die neue Energiequelle verändern kann. 20. O-Ton Penina I am going to have a small garden here to plant the vegetables and the onions, the tomatoes, pili pili hoho (capsicum, everything because now I have the fertilizer from the biogas. I see it is very good and I like it because I hear that it has a good fertilizer for plant the vegetables or the greens, yeah. Übersetzerin: Ich werde einen kleinen Garten anlegen und Gemüse anbauen: Zwiebeln, Tomaten, Chili - alles Mögliche. Denn als Nebenprodukt fällt ja Dünger an, und ich habe gehört, dass der sehr gut ist. Autorin: Dass eine Maasaifrau sich mit Gemüseanbau abgeben will, ist nicht selbstverständlich: Früher haben sich die Nomaden fast ausschließlich von der Milch und dem Fleisch ihrer Rinder ernährt. 21. O-Ton Penina [Laughter] Yeah, Maasai like meat but today they know the types of the vegetables and now they try to plant them and we eat them and we see it is good. Übersetzerin: (Lacht) Ja, das stimmt, Maasai lieben Fleisch. Aber heute kennen sie auch die unterschiedlichen Gemüse, und versuchen sie anzubauen und zu essen. Wir haben gemerkt, dass das gut ist. 12. Atmo Auspacken Anlage Autorin: Wanjihia und seine Mitarbeiter haben eine gute Stelle gefunden und breiten die Anlage aus, die in einem Paket von vielleicht 80 mal 80 Zentimetern verpackt ist. 13. Atmo Auspacken Anlage, Kreuzblende 14. Atmo Wanjihia leitet Richard an Autorin: Wanjihia erklärt Minissa beim Aufbau, wie die Anlage funktioniert, welches Teil welche Funktion hat. Sollte es später Schwierigkeiten geben, kann Minissa dann schon einige selbst lösen. Andernfalls kann er anrufen, dann kommt einer von Wanjihias Mitarbeitern vorbei. 15. Atmo Aufbauen und Anrühren Autorin: Während an die Anlage letzte Hand angelegt wird, haben Richard und Menissa mit dem Mischen des Kuhmists begonnen, die Masse darf nicht zu fest sein. Einer von Menissas Arbeitern karrt den Rinderdung in einer Schubkarre heran, anschließend rühren er und seine Frau in einem großen Eimer Wasser dazu. Alle sind jetzt mit Eifer bei der Sache. Sie sind Wanjihia nicht nur für die Anlage dankbar, sondern auch für die Ruhe, mit der er ihnen alles erklärt. 16. Atmo Einfüllen Autorin: Dann füllt Penina die erste Fuhre in den Trichter der mittlerweile fertigen Anlage, und gleich geht es mit dem Rühren der nächsten Ladung weiter. 17. Atmo Installieren Gasleitung Autorin: Währenddessen verlegen Wanjihia und seine Leute die Gasleitung in die Küche und schließen den neuen Kocher an. Dann stellen sie alles beiseite, denn etwa zwei Wochen lang müssen Robert und Penina noch das Gas aus der Flasche benutzen, so lange braucht es etwa, bis das erste Gas entstanden ist. Für heute ist alles geschafft, Wanjihia und seine Leute packen zusammen. 22. O Ton Dom Wanjiihia Being in the field is a lot of fun. And being in the workshops is a lot of fun. But yeah, one of the satisfactions I get is when you see the customer light the fire, just that, the look in their eye, it is not even shock, it is just an amazing look. I like being there when they light their fire for the first time. So that is more of the satisfaction I get out of this than any monetary thing or anything, yeah. Übersetzer 1: Es macht mir Spaß, draußen bei den Kunden zu sein, und ich arbeite gerne in der Werkstatt. Eine der größten Befriedigungen ist für mich wenn ich dabei bin, wie ein Kunde zum ersten Mal die Gasflamme anzündet. Nur das, der Blick in die Augen in diesem Moment, diesen Ausdruck größten Erstaunens zu sehen. Das verschafft mir mehr Zufriedenheit, als mir Geld oder Reichtum je verschaffen könnten. --- ENDE ---