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Die Insel Usedom wurde damals geteilt. Und ein sichtbares Ergebnis dieser Tage : Aus der Insel Zingst wurde ein Teil der Halbinsel Fischland-Darß- Zingst. Und heutzutage? Null Problemo? Peter Marx zieht einen Bogen von 1872 bis dieser Tage. -folgt Script Beitrag- Script Beitrag Atmo Sturm unter Text legen Das Hafenamt im Greifswald ist keine touristische Attraktion in der alten Universitätsstadt. Das alte Haus, mehrfach umgebaut, mit dem großen Eingangstor fällt höchstens Spaziergänger auf, die sich über die rechteckigen Marken an der Hauswand wundern. Jede für sich erzählt eine Geschichte. Die untere, knapp 20 Zentimeter über dem Boden, erinnert an die Sturmflut von 1995, die obere, etwa einen Meter höher, an die Sturmflut von 1872. Sie zeigen an, wie hoch damals das Wasser in Greifswald stand. Solche Marken finden sich in fast allen Dörfern und Städten entlang der Küstenlinie von Mecklenburg-Vorpommern: mal einen Meter, mal zwei oder sogar drei Meter hoch an den Hauswänden angebracht. "Niemals hat ein Sturm so gewütet an unserer Küste und so viel zerstört, wie 1872", sagt Birger Gurwell, Dezernent Küstenkunde im Staatlichen Amt für Landwirtschaft und Umwelt. Und sein Kollege Bernd Jäger beugt sich vor und erklärt die Ursachen der Monsterflut. Jäger Ausgelöst ist das Ereignis durch eine entsprechende Wetterlage. Und zwar ist ungefähr seit dem 1. November 1872 eine starke Westwindlage mit südwestlichen Winden zu verzeichnen gewesen, die das Ostseewasser nach Nordosten getrieben haben in den finnischen und boddnischen Meerbusen. Und bei diesem lang anhaltenden Windereignis ist durch entsprechendes nachfliesenden Wasser aus der Nordsee ist der Füllungsgrad angestiegen. Ist nicht genau nachträglich feststellbar, wie viel das war. Aber es ist sicherlich in der Größenordnung von 25 Zentimeter oder mehr gewesen. Millionen Kubikmeter Wasser flossen damals von der Nordsee in die Ostsee, die irgendwann wieder abgeflossen wären, wenn nicht der Wind gedreht hätte. So floss das Wasser von Norden nach Süden zurück. Jäger Und dann setzte das Zurückschwaben dieser schräggestellten Wassermassen ein, so dass am 11. November schon eine relativ starke Erhöhung des Wasserstandes stattgefunden hatte. Gleichzeitig durch ein starkes Hoch über Skandinavien und ein vom Mittelmeer nach Mitteleuropa ziehendes starkes Tiefdruckgebiet , das dann später nach Westen abschwenkte, entstand ein hoher Druck gerade über der Ostsee, der zu starken bis zu orkanartigen Windböen über der Ostsee führte und dann aus Nordosten die Wassermassen weiter gegen die mecklenburgische und schleswig- holsteinische Küste drückte. Die wenigen Deiche im Land brachen. Das Wasser floss in die Achterwasser oder Boddengebiete ein, deren Pegelstände sich in wenigen Stunden bis zu drei Meter erhöhten. So drangen die Flutwellen von zwei Seiten in die Städte und Dörfer ein und überfluteten fast das gesamte Küstengebiet. Atmo Orkanwinde, Wellenpeitschen In den Ortschroniken vieler Gemeinden sind die Sturmtage von 1872 ausführlich dargestellt. 2. Sprecher "Auf Usedom war die Hölle. Der kleine Ort Damerow wurde fortgerissen. Der Durchbruch ereichte eine Breite von zweieinhalb Kilometern. Die Insel wurde in zwei Teile geteilt. Bei Zempin landete der Schoner Carl Albert im hochgelegenen Dünenwald. Die Besatzung kletterte nach der Flut an den Bäumen herunter. Die Ortschaft Karlshagen war bis auf drei Häuser komplett unter Wasser. Vom Fischerdorf Vitte auf der Insel Hiddensee ragten die Strohdächer "as lütte Meßhümel up ne gräune Wisch" (als kleine Misthaufen auf der grünen Wiese) aus den Fluten hervor. Auf dem Darß und Zingst saßen etwa 4000 Menschen auf den Dachböden oder Dächern ihrer Häuser und warteten zwei Tage lang auf das Ende der Flut. In einer Computersimulation hat Birger Gurwell am Beispiel Fischland-Darß die Katastrophe nachstellen lassen, um zu sehen wie damals das Gebiet vielleicht ausgesehen hat. Gurwell Wenn sie sich mal die Überflutungskarten anschauen, wir haben ein sehr schönes Geo- Informationssystem und da kann man die verschiedenen Wasserstände einstauen. Und wenn sie da, aus diesem Geo-Informationssystem alle Deiche rausnehmen, nur die Topografie, so wie sie ist. Und dann das Wasser bis zum Bemessungsstand raufschicken, dann sehen sie praktisch nur noch blau. Da ist vom Darß und Zingst fast nichts mehr da. Da gucken vereinzelt ein paar Dünenzüge raus, ansonsten ist das alles blau, sprich überflutet. Atmo Schiffshuben. 140 Jahre nach der Sturmflut sitzen Birger Gurwell und Bernd Jäger in einer Warnemünder Kneipe, zehn Meter von der Uferkante der Warnow entfernt. Mit Blick auf die Fähre zum Stadtteil Hohe Düne. Fracht- und Fährschiffe fahren vorbei. Alles wirkt friedlich, gemütlich, sicher. Deiche, Strand, Molen, Buhnen, Dünen. Warnemünde hat alles - und trotzdem: Gurwell Wir sitzen hier alle in Warnemünde. Das ist der Flecken mit ungefähr dem höchsten Gefährdungspotential, das wir noch haben. Da sind wir gerade dabei ein Sturmflutsystem zu errichten, das Warnemünde für das Bemessungshochwasser sicher macht. Aber auch da gibt es Diskussionen jetzt bei Bau, weil so ein Bau auch relativ einschneidend ist. Innerstädtisches Bauen ist immer sehr kompliziert, also man kann da nicht einfach Betonmauern hinsetzen. Dieses Bemessungshochwasser von 2,90 Meter, das ist natürlich nicht akzeptabel, daher muss man sich sehr raffinierte Lösungen einfallen lassen. Das haben wir auch getan, die aber auch stadtplanerisch und stadtgestalterisch akzeptiert werden können. Das Bemessungshochwasser! In jedem zweiten Satz der Deichbauer kommt dieses Wort vor. Und in soweit spielte die Sturmflut von 1872 bis vor wenigen Wochen eine entscheidende Rolle. Seit 140 Jahren wird jeder Deich im Land so hoch gebaut, das sie der damaligen Wasserhöhe stand halten müssen. Jedenfalls bis vor wenigen Wochen, schränkt Gurwell ein. Gurwell Das haben wir bis dahin als Maß der Dinge genommen und da drauf haben wir den sekularen Meeresspiegel gelegt, der seitdem gemessen wurde, und dann extrapoliert bis 2070. Das war die Bemessung bisher. Und jetzt haben wir ein einheitliches Verfahren mit Schleswig-Holstein gewählt. Und dort wird ein statistisches Hochwasser genommen mit 200 jährigen Wiederkehrs-Interval. Und auf diesen wird dann in Anbetracht des zu erwartenden Meeresspiegelanstieges durch Klimaänderung wird dann noch ein halber Meter daraufgepackt. Was bedeutet, dass die meisten Deiche im Land noch höher werden als bislang vorgesehen. Schon alleine wegen des befürchteten Anstieges des Wasserpegels durch die globale Erderwärmung: Gurwell Also die Prognosen sind mit sehr hohen Unsicherheiten behaftet. Es gibt ein Internationales Gremium, IPCC. Das gibt die offiziellen Werte raus, was so zu erwarten ist an Wasserspiegelanstieg. Und diese Werte schwanken sehr stark. Da gibt es verschiedene Szenarien, irgendwo 20 Zentimeter für die nächsten 20 Jahre geht es los und bei weit über einem Meter hört es auf. Es ist ein sehr starker spekulativer Aspekt da drin. Bisher messbar ist es noch nicht in diesem Maße. Aber es mag ja kommen. Also da richten wir uns darauf ein, auf einen halben Meter. Ob es Warnmünde hilft? Oder könnte eine Sturmflut wieder so verheerende Schäden anrichten wie 1872? Gurwell lehnt sich zurück und nippt an seinem Cafe bevor er antwortet: Gurwell Erst mal muss man grundsätzlich sagen, dass die Außenküstenlinie gegen dieses Bemessungshochwasser im Wesentlichen geschützt ist, heutzutage, ja. Fast durchgängig. Also unsere Außenküstenlinie von Mecklenburg-Vorpommern hält ja mit Einschränkungen einer Bemessungsflut stand. Das gilt für die Dünen als auch für die Deiche. Von hinten, von den Boddengewässern ist es durchaus nicht so. Da sind wir noch lange nicht fertig. Das gilt natürlich auch für den Rostocker Teil. Also von Breitling, von der Warnow aus noch nicht. Und das bedeutet, dass natürlich die Bemessungsflut erhebliche Schäden in dreistelliger Millionenhöhe hier verursachen würde, speziell in Warnemünde. Es gibt noch weitere zehn isolierte Überflutungsbereiche in Rostock, deren Schutz wir uns nach und nach dann auch widmen werden. Was Geld kostet, viel Geld! Gurwell Also 250 Millionen Euro rund sind in den letzten 20 Jahren ausgegeben worden, wobei davon die knappe Hälfte in das System Düne, Strand, Vorstrand investiert wurde, also sprich: für Sandaufspülungen. Und der nächst größere Posten ist der Buhnenbau, der also den Vorstrand verbessern soll und dazu beiträgt, dass die Dünen dem Bemessungswasser standhalten. Das ist also der Hauptteil. Finanziell wichtiger noch als die Sonderbauten, die Sperrwerke, Wellenbrecher, Deckwerke und ähnliches, die treten da zurück.. Die Ostseeküste von Mecklenburg-Vorpommern ist in den letzten 30 Jahren von mehr Sturmfluten heimgesucht worden als je zuvor. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie. Danach wurden seit 1976 über 70 mal die Sturmflutgrenze von einem Meter über Normalpegel überschritten. Der Maximalstand der Sturmflut von 1872 mit 3,30 Meter wurde nicht ein einziges Mal auch nur annähernd erreicht. Daraus jedoch den Rückschluss zu ziehen, es kann nicht mehr so schlimm werden, ist falsch, sagt Bernd Jäger. Statistisch gesehen ist eine Superflut bereits seit 2010 überfällig. Nach einer Analyse des Umweltministeriums von Mecklenburg-Vorpommern würde - trotz aller bisherigen Investitionen - ein geschätzter Schaden von rund 1,7 Milliarden Euro entstehen. 163 000 Menschen in den Küstenregionen wären gefährdet - immerhin fast jeder zehnte im Land. Trotz dieser Prognosen: Sturmfluten sind im Bundesland kein relevantes Thema. Gurwell Ja, das ist tatsächlich ein Problem die Akzeptanz. An der Nordsee haben wir mit schöner Regelmäßigkeit Sturmfluten und unterschiedliche Höhen. Und hier hat man über Jahre keine größeren Probleme und die meisten Leute können das gar nicht so richtig nach vollziehen, warum die Küstenschutzanlagen so bemessen sein müssen, weil diese Ereignisse relativ selten sind. Also wir hatten 1995 das letzte große Ereignis mit gut zwei Metern und da war auch sehr viel Aufregung , da war auch in den Medien sehr viel Aufregung und da war im Landtag Aufregung und da wurden auch die Küstenschutzmittel erhöht, da war auch die Akzeptanz sehr breit. Aber langsam wird da schon wieder vergessen und es wird schwieriger das zu vermitteln. Zingst, Strandstraße. Es regnet. Windböen treiben Laub durch die Straße und die wenigen Besucher des Heimatmuseums, drängeln sich um den Verkaufsstand, wo es heiße Getränke und Bratwürste gibt. Ein dutzend Besucher drehen ihre Runden im Museum, mit der vielleicht schönsten Ausstellung von historischen Schiffsmodellen im ganzen Land. Das Highlight der Ausstellung, eine blaue, mit Blümchen verzierte Kinderwiege aus Holz steht fast versteckt in einer Türecke. Darüber, hinter Glas, ein Din-A4-großes Blatt Papier mit einem Gedicht: Sprecher 2 Novembernacht, es kam die Flut Die Zingst und Darß verschlungen. Die Ställe brüllten Die Häuser schrien. Die Wiege nur Trieb still dahin. So beginnt das Gedicht von Mary Drewelow, geborene Ewert, deren Geschichte fast jeder auf der Halbinsel Fischland-Darß kennt. Sie lag, gerade sechs Monate alt, in der Wiege und wurde von den Flutwellen durch die Dachluke des Hauses Schwedengang 5 geschwemmt. Nehls In Zingst war so, dass morgens gegen fünf Uhr im Bereich der Starminge, das ist im Osten von Zingst, die Deiche brachen und die Sturmglocken geläutet wurden. Viele Leute aber nur nach einem Feuer Ausschau hielten, weil keiner damit rechnete, dass die Deiche brechen würden, dass der Ort überschwemmt wird. Und, ja, es kam zu einer Überflutung. Und im Schwedengang Nr. 5. bei der Familie Ewert brach die Panik aus. Man rettet alles schnell auf die Dachböden und vergaß dabei die Kinderwiege. Arne Nehls ist Vorsitzender des Heimatvereins Zingst, der das Dorfmuseum betreibt. Die Geschichte kennt er schon seit Kindheitstagen, erzählt von Eltern und Großeltern: Nehls Und diese Wiege schwamm dann durch den Ort bis zum Wesenbruch, dass ist im Westen von Zingst und wurde dort dann gefunden mit dem Kind. Nichts passiert, die Familie hat das überlebt und andere Zingster, die dann am nächsten Tag als der Sturm abgeflaut war mit Booten durch die Gegend fuhren um die Möbel einzusammeln, die überall verstreut waren, fanden dann diese Wiege. Die Eltern in purer Verzweiflung waren sehr froh, dass ihr Kind wieder da war und überlebt hat. Die Halbinsel Fischland-Darß war durch die Fluten der Ostsee und dem Hochwasser des Boddens völlig von der Außenwelt abgeriegelt. Die Menschen in Zingst harrten auf den Dachböden und Dächern aus, bis Hilfe kam. Zwei Regierungsdampfer, so die Dorfchronik, aus Stralsund kamen nach Zingst, brachten Trinkwasser, Lebensmittel, Kleidung und Hilfsmannschaften. Nehls Menschen sind auch, meine ich, ums Leben gekommen. Wie viele kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, die Hälfte des Viehs ist bei dieser Sturmflut ums Leben gekommen. Es war November, der Winter stand vor der Tür und man hatte eine ganz große Sorge, dass es hier zu Seuchen kommen würde, zu einem massenhaften Sterben. Und ich habe hier das kleine Wochenblatt von Zingst aus dem Jahre 1934 und da kann ich daraus ersehen, dass es zum Glück dazu nicht gekommen ist. Aus ganz Deutschland rollte eine große Hilfswelle an und das wurde hier verteilt. Das hatte hier in Zingst die Post übernommen. Jeder kriegte Bekleidung, Geschirr, was die Leute brauchten. Und schnellstmöglich wurden die Häuser wieder aufgebaut. Atmo Wind und Wasser - Landstraße 21. Kurz vor dem gelben Ortsschild der Ostseegemeinde Wustrow. Auf dem Parkplatz an der linken Seite der Straße hat sich eine Surfschule angesiedelt, vermietet Surfbretter und Stellplätze für Campingwagen. Die Sportler können hier wählen: Anfänger üben auf dem ruhigen Boddengewässer, die Fortgeschrittenen gehen in die Brandung der Ostsee. In beide Richtungen ist es nicht viel weiter als 50 Meter. Es ist die schmalste Stelle auf der gesamten Halbinsel zwischen Ostsee und Boddengewässer. Deichbauer Bernd Jäger zeigt die Stelle, wo 1872 den Fluten der Durchbruch gelang und die Halbinsel abschnitt. Jäger In diesem Bereich ist bei der 1872er Sturmflut die Düne völlig durchgebrochen. Es gab noch keinen Deich und hier ist das Wasser der Ostsee voll eingeströmt in den Bodden und deswegen sind im Bodden zur damaligen Zeit auch die gleichen Wasserstände wie an der Außenküste entstanden. Hier hatte sich ein 135 Meter breites Priel gebildet mit fünf Meter Tiefe nach der Strumflut. Im Laufe der Jahrzehnte wurden neue Deiche gebaut, Küstenwald aufgeforstet, ein Buhnensystem angelegt und Dünen und Strand aufgespült, weil kaum noch Sand vorhanden war. Eine Attraktion für die Touristen, die hier gerne baden. Aber aus der Sicht der Küstenbau-Experten wie Birger Gurwell nichts weiter als Schutzmaßnahmen vor der nächsten Flut. Gurwell Das ist durch Ausspülungen entstanden. Wir haben also Marine-Sand-Entnahmestellen, die relativ aufwendig erkundet werden müssen und wo dann über Saugbagger das Material hergebracht wird. Das ist eine Rohrleitung die an Land geführt wird und dann wird das aufgespült und dann hinterher profiliert zu dieser Düne, die eben den von ermittelten Bemessungsquerschnitt hat. Gurwell läuft über die Dünen, über den vielleicht dreißig Meter breiten Strand direkt zum Wasser und zeigt auf die Holzstämme, die - nebeneinander aufgereiht - tief ins Wasser reichen und die Wellen brechen. Doch die Aufgabe der Buhnen ist eine andere: Gurwell Die Buhnen sind keine Wellenbrecher, sondern sie sollen den Uferparallelen Sedimenttransport verlangsamen. Also wir haben hier immer ein Längstransport, weil die Wellen meistens schräg auflaufen Und diese Geschwindigkeit wird verringert. Mit Sedimenttransport meint Gurwell den Abtransport des Sandstandes und der Dünen durch Wellenschlag und Strömung. Gurwell Wir haben eine natürliche Küstenlinie. Das ist ja der Unterschied zur Nordsee. Da ist ja keine natürliche Linie, die ist ja anthropogen festgelegt worden. Irgendwer hat mal gesagt, bis hierher gehen wir, hier bauen wir Deiche vor. Hier aber haben wir eine wesentliche natürliche Küstenlinie an der Ostsee. Und natürlich bedeutet immer, dass es einer Dynamik unterliegt. Also es wird ständig an jeder Stelle Sand geliefert und es wird Sand abgetragen. Und in dem Moment, wo der Abtrag höher ist als die Lieferung, kommt es zu Küstenrückgängen. Das ist ja das Problem und dies gleichen wir aus. So, und im Sturmflutfall geschieht das Gleiche. Es wird abgetragen und angelandet - nur in einem wesentlich höheren Tempo praktisch das Ganze. Wie im Zeitraffer läuft das dann ab bei der Sturmflut. Aber was die Sturmflut ausrichten kann ist endlich. Es wird von der Düne genommen, es kommt von den Nachbarabschnitten etwas dazu. Wie stark die Kräfte Wasser und Wind wirken können, zeigt Bernd Jäger an der Ufer-Promenade von Wustrow. Die Restaurants und Wohnhäuser standen einmal direkt an der Wasserlinie, weil alles Vorland weggeschwemmt worden war. Zwei Meter mehr und die Häuser wären mitgerissen worden. Jäger Auf dem Fischland haben wir - wie an vielen anderen Bereichen unserer Außenküste- einen Küstenrückgang zu verzeichnen. Und damals sind die Deiche nach 1872 um ca. 100 bis 200 Meter landwärts der Uferlinie gebaut worden. Durch den fortschreitenden Küstenrückgang in den letzten 150 Jahren ist allerdings dieser Abstand letztendlich aufgebraucht worden, so dass heute, wenn man so darauf sieht, vielleicht noch 80 Meter noch da sind. Und der Platz für den Wald als dämmendes Element ist zum großen Teil schon weg. Die Gefahr ist also gebannt? Auf die Frage schweigen die beiden Experten erst mal, vermutlich weil sie die Auswirkungen der Macht von Flutwellen oft genug gesehen haben. Zögernd fügt dann der Dezernent für Küstenkunde Birger Gurwell hinzu "wahrscheinlich." Denn die nächste Sturmflut kommt bestimmt - und keiner an der Küste weiß, wie schlimm sie werden wird. Atmo Wellen & Sturm -ENDE Beitrag- 1