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In Deutschland waren sie ihrer Wohnung zum Schluss nicht mehr gewachsen. O-Ton 1 (313/ 12.40) Wir hatten vier Zimmer, aber draußen keine Sonne, immer Schnee, Schnee von Oktober bis Mai und zum Teil im Juni die Schafskälte, es ist fast nicht zum Aushalten da. Unterkirnach, ein sehr schönes Feriendorf im Schwarzwald. Regie: Atmo 1 fortsetzen! Autor: Was hilft eine helle Wohnung, wenn draußen die Sonne nicht scheint, und man die Glätte fürchtet, weil man als alter Mensch ja nicht mehr so folgenlos fällt wie in jüngeren Jahren? So lange schon hatten sie nach einer Bleibe gesucht, die sie bewältigen konnten. Die nicht, wie ihre, an einem steilen Berg lag, den in strengen Wintern selbst die Taxis nicht mehr erreichen konnten. Die vielleicht auch Nachbarn versprach, die nicht mitleidslos „Runterkommen!" riefen, wenn ihnen der Schneedienst zugeteilt war. O-Ton 2 (313/ 16.15) Wir haben es einfach nicht geschafft, Einkaufen und etwas da hinauftragen, unmöglich. Und wir hatten buchstäblich keinen Menschen, der uns helfen konnte. Und nachdem mein Mann öfter in der Klinik war nun, hat man uns auch gesagt, also es wäre gut, wenn wir uns nach einem Pflegeplatz umsehen. Regie: Atmo 2 (313/ 8.50) Warten Sie, ich geh vor und mach die Türen auf..Schritte...der kommt hierhin, da kommt ein Schrank runter, gut, wenn Sie es mir lieber so tun. In die Ecke, in die Ecke, so... Autor: Sie suchten viel, aber fanden nichts, das sie hätten bezahlen können. Für eine Rente von zusammen knapp 2000 Euro, kann man sich kein Altersheim leisten. Jedenfalls nicht in Deutschland. Und sie hätten es auch nicht gewollt. Es kam ihr ein bisschen vor wie eine Wartestation für den Tod. O-Ton 3 (313/ 20.30) Wir hatten ja unsere Mutter im Altenheim, und die sind dort ganz allein, ich weiß nicht, wie das passiert, es wird dann immer gesagt, sie bauen ab, sie bekommen zu viele beruhigende Medikamente, und dann irgendwann ist schnell Ende. Und das wollte ich nicht mit meinem Mann, ich habe gesagt, ich bleib mit ihm. Er kann nur mit mir leben. Weil ich ihm ja jeden Handgriff zeige, er hört nicht mehr gut, er sieht nicht mehr gut, aber er will das nicht wahrhaben, o.k., (lacht) dann muss ich eben immer neben ihm sein und schauen, was für ihn wichtig ist. Regie: Atmo 3 (316/ 5.28-6.26) Umzug. Klopfen, Gesprächsfetzen, Schraubendreher, alles hier, dann lieber unten, Schritte. Autor: Als sie sich schon fast aufgegeben hatten, passierte etwas, das man einen glücklichen Zufall nennen könnte. Elsa und Claude, die das spiritueller betrachten, sprechen von einer Fügung des Schicksals. O-Ton 4 (314/ 29.12) er: Wir wollten nicht fernsehen, haben den Fernseher abgegeben. Sie: Genau! Wir haben die Leute gerufen, die Spezialisten, dass sie uns das untauglich machen. Und wir, die wir am Mond leben, haben nicht gewusst, dass man jetzt zahlen muss, egal ob man schaut oder nicht. Und da haben wir gesagt, kommt zurück, macht das wieder tauglich. Und wir drehen auf, und sehen die Sendung. Also das ist ja unglaublich! Das waren die Nachrichten vom Kleber. Er zeigt das ganze Bild in Europa, wo die Orte sind, und da sage ich, Claude, das ist es doch, jetzt gehen wir weg! Regie: Atmo 3 fortsetzen! Autor: Sie verliert keine Zeit. Einen Tag nach dem Beitrag im „Heute-Journal" über die deutschen Rentner im Ausland, wird Elsa aktiv. Sie telefoniert mit der Senioren-WG, unterschreibt ungesehen einen Vertrag über die neue Wohnung, und kündigt ihre alte. Und dann stehen sie auf einmal am Flughafen von Budapest und Herr Ettenhuber holt sie mit dem Auto ab. Das war vor zwei Tagen. O-Ton 5 (324/0.10) Als wir aufwachten und den blauen Himmel sahen und die Sonne, sind wir gleich im Nachtgewand herausgekommen und haben diesen Hügel bestaunt mit den Häusern, alles hat geblüht, wir haben geglaubt, wir träumen. Und dann die Türme von der Gemeinde, es gefällt uns 100%ig. Und wir haben schon alles, was nicht gut war, schon vergessen. Längst vergessen. Regie: Atmo 4 (345/ 8.14-11.10) Kirchgenglocken. Autor: Ihre neue Heimat liegt 1000 Kilometer von der alten entfernt. Lovas, an der Nordseite des Balaton - etwa einen Kilometer vom See entfernt. Sanfte Hügel, 360 Einwohner, zwei Kirchen, zwei Kneipen, ein Lebensmittelladen. Ein Ort mit dem gewissen Nichts. Und doch hat er alles, wonach sie sich sehnen: Es gibt Menschen, die sie umsorgen. Die für sie kochen und ihre Zimmer putzen. Ein geräumiges Grundstück, sechs Hunde, 20 Hühner, einen Kater und eine Gans. Sie haben die schöne, helle Dachgeschosswohnung. Nur eine Etage, die sie schaffen, wenn sie sich Zeit nehmen. O-Ton 6 (345/ 25.17) Es steht ja 700 Euro pro Person in dem Prospekt und dann sagt er, aber nein, wenn Sie zu zweit die Wohnung haben, dann wollen wir nicht von beiden 700, doppelt, sondern Sie zahlen dann 600 pro Person, er ist uns so entgegengekommen, dann haben wir im Internet gesehen, das Bad mit Wanne, also sehr schön, hab ich gesagt, wir steigen seit über einem Jahr nicht in eine Wanne, weil wir nicht mehr herauskönnen. Und dann sagt er, das war die einzige Wohnung, wo ich eine Wanne hereingebaut habe, und dann hat er sie aber herausgerissen, und hat uns eine Dusche gemacht, also wunderbar. Regie: Atmo 5 (316/ 1.12- 1.54) Was ist das? Geräusche, Kisten schieben, Schritte Autor: Im langen dunklen Rock sitzt Elsa zwischen Umzugskisten und Erinnerungen und überlegt sich, wie sie die Möbel in der neuen Wohnung platzieren soll. O-Ton 7 (344/ 3.09) Diese Vitrine, da hab ich ja schon viel eingepackt, die bleibt so, der Bücherschrank bleibt so, das muss da hineingehen und zum Teil vielleicht in den Sekretär in dem Zimmer, dort interessiert mich nichts, da hab ich die Schränke und die Kommode und da gehören Kleider rein, und da kanns sein wie es will. Und hier an diese Wand passt genau das Gestell, wo mein Mann seine Musikkassetten aufbewahrt..... Autor: Elsa und Claude. Eine Musikerliebe. 1977 haben sie sich bei den Nürnberger Symphonikern kennen gelernt. Er, aus Frankreich über Wien nach Nürnberg gekommen, Konzertmeister der zweiten Geigen, sie bald in der ersten Geigengruppe. Immer in den Pausen versammelten sich alle um ihn herum. Und Elsa dachte sich, was ist mit diesem Mann, dass ihm alle mit offenen Mündern lauschen? Er kannte sie alle, die großen Musiker seiner Zeit. Konnte erzählen von Christian Ferras, seinem Geigenlehrer. Wie er Menuhin beim Frühstück kennen lernte oder der große Dirigent Knappertsbusch, der an einem schönen Sommertag des Jahres 1956 beim Probentreffen zu den Orchestermusikern einmal sagte: O-Ton 8 (318/ 0.07) Wissen Sie, meine Damen und Herren, das Wetter ist heute so schön, Sie wissen, wie es geht. Gehen Sie spazieren, wir treffen uns heute Abend. Autor: Er kann die Geschichten auch heute noch erzählen, nur die Zeiten und ein paar Details geraten ihm manchmal ein bisschen durcheinander. Elsa lächelt, als er jetzt zwischen den Umzugskartons zur Geige greift, und die Töne eben nur fast erreicht. Es tut ihr weh, denn sie weiß, wie er einmal gespielt hat. Und wie ein Ton klingen muss. Wenn er die Seele berührt, zarter als jede Hand es vermag, und die Musik anfängt zu fliegen. Regie: Atmo 6 (326/ 0.05-2.15) Claudes Geige (dezent) Aber während er mit innigem Gesicht nach den Tönen sucht, ist er umhüllt von Erinnerungen eines erfüllten Lebens. Warum sollte sie diesen schützenden Kokon, der ihm Heimat und Zuflucht ist, zerstören, nur weil es eben keine vollendete Musik mehr ist? Also lächelt sie. O-Ton 9 (314/ 21.12) sie: Ich spiele nicht mehr. er: Natürlich kannst spielen. Sie: Ich kann nicht, meine Geige existiert auch nicht mehr, weil man eine Geige nicht im Zimmer halten kann. Wenn man sie nicht täglich spielt, dann geht sie kaputt, verliert den Klang, und es ist einfach schade. Und dann habe ich die abgegeben. Wenn man jung war und gut, dann kann man nicht mehr, wenn man alt ist, die Finger bewegen sich nicht mehr, und man hat aber im Kopf, wie das einmal war, das ist ja unmöglich! Autor: Die Kisten sind verstaut. Die Möbelpacker verabschieden sich. O-Ton 10 (321/ 0.00) Möbelpacker: Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit! Claude: Ich darf mich sehr bedanken bei Ihnen, das war phantastisch. Möbelpacker: Wenn ich gekonnt hätte, und ich könnte besser spielen, so wie Sie vielleicht, auf meiner Gitarre. Dann hätte ich die Gitarre mitgebracht. Claude: Vielleicht spielen wir mal zusammen. Möbelpacker: Wer weiß! Das Leben ist manchmal verrückt. Claude: Die Zukunft ist groß! Packer: Ok, alles klar. Regie: Atmo 7 (338/ 3.11) Atmo Vögel, Frösche Autor: Die Möbelpacker fahren zurück nach Deutschland. Elsa und Claude bleiben in Ungarn - das sie nicht als besonders fremd empfinden. Er als Franzose sieht sich sowieso als Kosmopolit und sie war mal verheiratet mit einem Schriftsteller aus Budapest. Sie kann die Sprache zwar nicht sprechen, aber sie versteht sie ganz gut. Außerdem sprechen rings um den Balaton sowieso die meisten auch Deutsch. Ein Grund, warum auch das vergleichsweise luxuriöse, ganz auf Deutsche ausgerichtete Altenheim 60 Kilometer entfernt auf der anderen Seite des Balaton so gut läuft. Es liegt näher am See als ihr neues Heim, ist größer und ausdrücklich auch für Demente eingerichtet. Fast auf jeden Bewohner kommt eine eigene Pflegekraft - ein Betreuungsschlüssel, von dem man in Deutschland träumt. O-Ton 11 (313/ 21.27) Ja, da hatte ich auch angerufen, aber das hat uns nicht entsprochen, also wir wollen nicht Hotel all inclusive, das war auch 1500 pro Person, unmöglich für uns, unmöglich. Und wir wollen nicht in ein so großes, es ist wie ein Hotel. Das wollen wir nicht, wollten es lieber ländlich, und das hat schon sehr gut gepasst. Regie: Atmo 8 (332/ 0.14) (schneidet Fleisch), Töpfe klappern. (Etwas kurz. Eventuell Topfklappern zusätzlich besorgen!) Autor: Ihr Mann hat noch einen Sohn aus erster Ehe, zu dem er keinen Kontakt mehr hat, sie eine Schwester, mit der sie sich wegen einer blöden Erbschaftsgeschichte vor Jahren überwarf und heute noch nicht einmal mehr ihre Adresse hat. Am Ende waren sie zu zweit allein. Jetzt haben sie in Ungarn im Haus Ettenhuber eine Art Ersatzfamilie gefunden. Der Hausherr Andreas Ettenhuber, ein kräftig-kantiger Mitsechziger, der eigentlich aus München kommt und das Haus zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn betreibt, schneidet soeben die Zwiebeln für das abendliche Gulasch. O-Ton 12 (333/ 0.12) I bin der Küchenchef eigentlich, aber meine Frau kocht genauso und kocht auch genauso gut. Ich mach das ganz gern, dann freu ich mich auch, wenn es den Leuten schmeckt. Regie: Atmo 8 fortsetzen! Autor: Eigentlich sagt er, war das Haus für Touristen gedacht. Aber dann kamen immer weniger. O-Ton 13 (334/ 10.35) Also wir haben das acht Jahre mit den Touristen gemacht und dann haben wir uns umgestellt, und haben versucht, mit einer Internetseite In Deutschland Senioren zu bekommen für eine Senioren-WG... Regie: Atmo 8 fortsetzen! Autor: Obwohl der Name „Senioren-WG" die Sache eigentlich nicht ganz trifft, denn im Hause Ettenhuber gibt es, anders als in einer WG, eigentlich keinerlei Pflichten. Auf der letzten Strecke seines Lebens darf man sich hier zurücklehnen. Es ist also eher eine Pension mit Betreuungsangeboten. (Fortsetzung O-Ton) ...Also 6,7 Leute würden wir wunderbar betreuen können und dann auch individuell um diese Leute kümmern, mehr ist Massenbetrieb und für mehr hätten wir auch keinen Platz, denn wir wohnen auch in dem Haus. Dann hat ma genügend Zeit, dass man auf die Wünsche der Leute eingeht. Also es ist so, wenn´s bei uns jemand an Pflegefall wird, dann bleibt der natürlich hier, aber direkt vom Beginn möchten wir keine Pflegefälle nehmen. Regie: Atmo 9 (335/ 0.11) Brutzeln, so dann rühren wir das mal um... so, jetzt lassen mir das erst mal so und dann wird das gewürzt, Salz, Pfeffer, Paprika und so weiter. Autor: Der Hausarzt kommt auf Anruf, die Fußpflegerin, die auch massiert, ebenso. Selbst wenn alle gleichzeitig zu Pflegefällen würden, stellt dies laut Ettenhuber kein Problem dar. O-Ton 14 (334/ 3.06) Die würden wir natürlich hinkriegen, weil woanders, da kriegens 100 hin oder 200, in die Heime und da kriegen die a Tabletten und dann sind die ruhig, so einfach ist das. Vom Veszpremer Krankenhaus würden wir sofort für einen Pflegefall das Personal bekommen, das natürlich dann auch extra bezahlt werden müsste, das ist klar. Autor: Aber Pflegekräfte sind hier günstig. Regie: Atmo 10 (327/ 0.00) Atmo: Gans schimpfend Autor: Neulich kam eine Dame aus München, die sich am Telefon als 72 vorgestellt hatte, in Wirklichkeit aber schon 88 war. Als sie sich einmal nicht fühlte, verlangte sie nach ihrem deutschen Hausarzt, was die Sache natürlich etwas komplizierte. Und dazu führte, dass Ettenhuber die Dame mitsamt ihrer Habseligkeiten irgendwann wieder zurück nach München fuhr. Es muss schon ein bisschen passen, sagt Andreas Ettenhuber. Regie: Atmo 11 (330/ 0,07) Rollator (auf Sand, dann auf Straße) Autor: Bisher sind es drei Rentner. Ralf Schels ist schon ein halbes Jahr da. Seine Schwester, die seine gesetzliche Pflegebetreuerin ist und in der Nähe eine Ferienwohnung besitzt, hat ihn hier einquartiert - zu ihrer Entlastung. Schels sagt, er fühlt sich sehr wohl. Die Zeit vergeht hier viel schneller als in München. Kaum steht man auf, ist es schon wieder abends. O-Ton 15 (312/ 1.37) Hervorragend, der schönste Ort in ganz Ungarn! Ja, da gibt's gar nichts zu meckern. Andi: Es ist kein Stress, man ist freier. Ralf: Ja, es ist herrlich. In München gibt's natürlich auch schöne Sachen, aber mit dem Wetter ist es da halt ganz anders. Ja, du hast halt im Sommer deine 50 Grad teilweise, ja, unten am See hab ichs schon öfter gehabt. Andi: Ja, gut, das ist a bissel viel. Ralf: 35, 40 Grad haste immer. Im ganzen Sommer ist das, bis Oktober fast ist das so warm. Für mich ist das grad richtig. Das ist das Allerliebste für mi. Regie: Atmo 11 fortsetzen! Autor: Ein so genanntes „ataktisches Gangbild" mit Gleichgewichtsstörungen hat den 56-Jährigen frühzeitig aus dem Berufsleben geworfen. O-Ton 16 (329/ 4.53) Briefträger, ja, bis, warte mal, wie lange ist das jetzt her, 76 war das glaub ich, wo sie mich in Rente geschickt haben, weil das nicht mehr gegangen ist mit de Füaß, hab nicht mehr zustellen können, gar nichts mehr, Gleichgewichtsstörungen irgend sowas, i weiß oa net. Plötzlich ist das aufgetreten, mei, da war ich, mei, 56 bin ich jetzt, wie alt war ich da, 35, 36 sowas... Regie: Atmo 12 (besorgen! Klappern/Fernseher) Autor: Ralf entzieht sich normalen Kommunikationsmustern. Häufig sitzt er schweigend an seinem Rauchertisch und blickt auf den Fernseher an der Wand, den Elsa, die ihr Essen lieber in Ruhe einnimmt, gern ausschalten würde, aber nichts sagt, weil sie an einem Punkt des Lebens angekommen sei, an dem sie sich nicht mehr beschweren möchte. Ralf frühstückt in der Regel etwas später und macht sich dann mit seinem Rollator auf den Weg in die Weinberge. Regie: Atmo 13 (323/ 4.34) Hühner/Gans, gokokokoko, Hund, die Gans kommt, die behütet die Hühner, und verteidigt sie, na, heute schreist du mich nicht an, kennst du mich schon? Autor: Elsa geht an dem großen Swimmingpool vorbei, an den Hühnern und der Gans, zum Weiher hinter den Obstbäumen. Schaut nach ihren Rosen, die sie vom Schwarzwald mitgebracht hat und nun schnell in die neue Erde bringen möchte. Noch ist sie in Sorge, dass sie die lange Reise gut überstanden haben. O-Ton 17 (314/ 0.50) Wissen Sie wie das mit den Pflanzen ist? Wenn man sie ausgräbt oder versetzt, sie haben Angst, sie müssen sterben, und dann blühen sie auf einmal, kommt alles heraus ja, die kommen jetzt alle heraus und wollen blühen. Regie: Atmo 10 wiederholen Autor: Ettenhuber hat ihr schon im Vorgespräch einen eigenen Garten für Blumen und Gemüse angeboten. Nur der Ort muss noch bestimmt werden. O-Ton 18 (323/ 5.59) Sie: Und eine Bank können wir da hinmachen. Andi: Aufgraben schön und glatt machen die Erde und so weiter. Sollen wir die Wiese wegmachen und nur Erde? Nein, nein.... Regie: Atmo 14 (327/ 3.10) Abschlagen der Grasbüschel, Erde, in Schubkarre. Autor: Noch am Umzugsnachmittag hat Hausherr Ettenhuber, der Sachen gern erledigt weiß, bereits mit dem Bagger ein Stück Erde zwischen Weiher und Hühnerstall umgegraben, geglättet und geharkt. Hat Pflöcke gesetzt, einen Zaun hochgezogen und eine Tür gebaut. Bevor er Elsas Garten angegangen ist, hatte er bereits tatkräftig beim Ausladen der Möbel geholfen - obwohl ja drei Packer bestellt waren. Es wäre ihm ganz furchtbar, anderen beim Arbeiten zu zusehen. Er selbst arbeitet den ganzen Tag eigentlich ununterbrochen. O-Ton 19 (347/ 2.55) Andi: Jetzt sagst du, was in das Beet kommt, was in die Wiese, wo mir Löcher graben. Sie: Na, nur die Narzissen, die in der Wanne sind. Ins Beet will ich diese, die Pfingstrosen haben noch die Erde. (Hahn kräht) das ist der große Rosenstock. Schubkarre. Schöne Rote Rosen. Die müssen nochmal ins Wasser. ..Das ist eine wunderbare Rose. So große Blüten, dunkelrosa und duftet... Regie: Atmo 13 fortsetzen! Autor: Dass Elsa die Rosen niemals mit Handschuhen anfassen würde, weil sie den direkten Kontakt zu ihnen braucht und einige sogar offenbar mit Namen anredet, findet Ettenhuber im Grunde leicht übertrieben. Auch ihre Ansicht, man könne mit Musik Einfluss auf ihr Wachstum nehmen, kann er eigentlich nichts abgewinnen. Aber solange sie sonst keinen Ärger macht. Regie Atmo 15 (337/ 2.40-5.30) Ruderschläge, Vögel... so, du musst mir sagen, wenn da n Haken kommt, oder irgendwas wennst schon vorn sitzt. Ja, ja. Wenn a Pfosten kommt, dann sagst mers halt. Ja, ja, ..Heut isses Wasser schön glatt, gell. Autor: Am nächsten Tag, als Elsa und Claude immer noch in den Umzugskartons wühlen, fährt Ettenhuber mit Frührentner Ralf Schels hinaus auf den See. Das türkisfarbene Wasser ist so glatt als hätte es jemand gebügelt. Regie: Atmo 16 (338/ 5.14) Atmo Quietschen, Danke, Vögel, a leck mich am Arsch, schaun wir mal, ob Maden schon verpuppt sind, dann kannst die vergessen....(Stimmen raus!)) Autor: Er schüttet etwas Mais in den See, „anfüttern", wie es unter Anglern heißt, was in Deutschland verboten ist, obwohl es die Sache natürlich erleichtert. Sie holen die Maden aus dem Topf, bereiten die Köder vor und werfen die Angeln aus. Regie: Atmo 17 (338/ 8.02) Angelwurf. Autor: Und dann warten sie. Eigentlich wollen sie schon abbrechen, als plötzlich ein Ruck durch Ettenhubers Angel geht. O-Ton 20 (343/ 0.00) Geräusch, der zappelt aber runter, fühlt sich wie'n Aal an, da brauch ich an Casher dazu. Das ist kein Zwerg, das sag ich dir, das is keine Aal, hoffentlich ist das kein Zander, na, der ist ja weiß, ach das ist an Aal. Ralf, Eaan scheener! Hab mir schon gedacht, Ralf: Ein Wahnsinn. Andi. Leck mi a Arsch, oh, oh, net so einfach, die haben Kraft wie Sau. Aber ich auch!.... Aber das ist a schöne Brummer! Regie: Atmo 7 wiederholen! Autor: Nun dreht sich das Gespräch um die Art der Zubereitung. O-Ton 21 (343/ 7.22) Weißt du, wie die Ungarn das machen. Den Aal vorbereiten. Ein Brett an die Wand, einen Nagel hinein, durch den Kopf von dem Aal, annageln, da hängt der so runter, und da musst, um den Hals rum, den einschneiden, und mit zwei Flachzangen kannste dann die ganze Haut abziehen. Außer wenn du den räucherst, da haste praktisch nur das pure weiße Fleisch, das ist super. Regie: Atmo 18 (345/ 0.30) Tor schließt. Er: Oh wie schön, gut. Ah, da ist ein Wartehäuschen, die Haltestelle ja ja. Dieradira da.... Autor: Die Sonne verglüht hinter den Weinbergen und im Haus Ettenhuber klingt der Tag langsam aus. Ralf hat sich schon auf sein Zimmer zurückgezogen. Claude und Elsa haben ausgepackt, die Rosen eingepflanzt, den Garten und die Ställe inspiziert. Jetzt machen sie ihren ersten kleinen Erkundungsspaziergang in den ungarischen Ort, der ihre letzte Heimat sein wird. Atmo 18 (Fortsetzung): Das ist ein Nussbaum, der ist so spät immer. Ach es ist sehr schön ländlich hier, das gefällt uns... Er: Wir leben wieder. Wir leben wieder! 1