COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Da gibt doch den Katastrophenfilm von Roland Emmerich. 2012. Die Kontinente gehen unter, alles wird Überschwemmt, Sintflut. Es gibt Leute, die glauben, das passiert wirklich. Am 21.12.2012. Und es gibt Leute, die sagen es gibt einen Ort, in Südfrankreich, da kann man den Weltuntergang überleben - und viele sollen da jetzt schon hinpilgern. Das hab´ ich doch sehen müssen. _______________________________________________________________________ ________ Regie: Atmo Dorf/Schritte Regie: O-Ton:/Szene Alteingesessener Bonjour/Alô/On peut parler un peu de la situation/Non VO: Nee, ich hab´s satt, darüber zu reden (Pourquoi non?). Naja, wissen Sie, das hört doch nicht mehr auf, seither, (Tür) das Gerede. Danke! Autor: Der untersetzte Mann mit Tarnfleckhose zerrt zwei schwarze Labradore in den Eingang seines Hauses. Die kleine abschüssige Straße in dem südfranzösischen Dörfchen ist wieder still. Keiner will reden in Bugarach - eine Autostunde nördlich der Pyrenäen. 180 Einwohner. Ein Kaff, das keiner kennt - bis vor Kurzem. Dann macht ein Gerücht die Runde: das Dorf Bugarach in Südfrankreich wird Rettung bieten am 21.12.2012, dem Schicksalstag. Jetzt steht das so in den Zeitungen von Tokio bis London. Hinter den einfachen Häusern und den Steinmauern ragt hellgrau das Bergmassiv des Pic de Bugarach in den blauen Himmel. Idyllisch. Nicht so richtig ins Bild passt eine Frau in einem wehenden weißen Kaftan, die die ansonsten leere Straße hochkommt. Sie hat goldene Armreifen. Regie: O-Ton: Matilda L. Hello (Schritte) Autor: Sie läuft weiter, Richtung Berg. Bestimmt nicht von hier. Vielleicht auch eine von denen, die glauben, dass in dem Berg ein Ufo wartet und sie rettet, wenn im Dezember der Maya-Kalender endet. Was genau das Ende dieses Kalenders bedeutet ist unklar, aber Apokalypse-Jünger vermuten das Schlimmste: Weltuntergang. Scharen von Esoterikern sollen bereits hier sein, in Bugarach. So heißt es in den Medien. Regie: Atmo/Geräusch Gang ins Rathaus Autor: Der Bürgermeister muss es wissen - Jean-Pierre Delord. Der 68Jährige ehemalige Landwirt hält zweimal die Woche Bürgersprechstunde. Das Rathaus liegt am Rand Bugarachs. Ein kurzer schummriger Gang führt in die Amtsstube. Ein langgestreckter Raum. Links an der Wand ein Foto mit dem französischen Präsidenten in feinem Tuch, gegenüber der Bürgermeister in Gummistiefeln. Er steht an einem brusthohen Tresen und erledigt mit seiner Teilzeitsekretärin die Verwaltung. Dazu gehört inzwischen auch die Archivierung des stetig wachsenden Stapels von Berichten über die angebliche Apokalypse im Dezember und seinen Ort. Atmo Rathaus, Schritte Blättern Regie: O-Ton: Jean-Pierre Delord (frz., 9s zuvor Atmo) Donc on a trouvé, voilà, ce dossier... VO: Ah, da haben wir sie ja, die Sammlung, die zeige ich Ihnen jetzt mal, die ist schon ziemlich dick, eine Masse von Artikeln und Anschreiben von Zeitungen, schauen sie sich das mal an. Autor: Er nimmt einen Ordner hervor und legt ihn auf den Konferenztisch mit der grünen Tischdecke in der Mitte des Raumes. Mit seinen knorrigen Fingern blättert Delord um. Artikel aus Zeitungen, Magazinen, aus Frankreich, aus aller Welt. Die Fotos: Meistens der weißhaarige kantige Kopf Delords neben dem rot-umrandeten Ortschild, im Hintergrund die gezackte Felsenkrone des Pic de Bugarach. Der Bürgermeister tippt auf einen Packen ausgedruckter Emails. Interviewanfragen. Regie: O-Ton: Jean-Pierre Delord Du Japon la télévision est venu.... VO: Aus Japan ist das Fernsehen gekommen, die sind acht Tage da gewesen. Außerdem Amerikaner, Kanadier, Deutsche, Holländer, Italiener, ach ja und die Koreaner. [Autor: Ganz schön viel Wirbel um ein kleines Kaff in den Corbières, von dem vor einem Jahr kaum einer gewusst hat, dass es existiert. Autor: Delord ist nicht ganz unschuldig an dem Interesse. Er hat den staatlichen Sektenbeauftragten in Paris benachrichtigt. Delord war beunruhigt wegen der Gerüchte, verbreitet von Ufo-Experten, New-Age-Gläubigen, den Weißgekleideten. naiven Spinnern, die glauben, dass sich die erwartete Katastrophe am 21.12 in Bugarach überleben lässt. Bedenklich, das alles. Deshalb der Sektenbeauftragte. Regie: O-Ton: Jean-Pierre Delord Cet organisme, qui es un organisme ministérielle... VO: Das ist eine ministerielle Einrichtung und die ist aktiv geworden wegen mir und dem Präfekten, dem Verwaltungschef des Regierungsbezirks. Um zu untersuchen, ob es in der Region Sektenaktivitäten gibt, die zu einer Gefahr für die Leute werden könnten, wenn es zum Beispiel apokalyptische Sekten gibt. Und die Sekten, die es gibt, die werden jetzt überwacht. Autor: Es gibt deswegen einen offiziellen Untersuchungsbericht. Der ist eher zurückhaltend, aber dennoch sind Zeitungen und Fernsehsender rund um die Welt auf das Örtchen im Departement Aude aufmerksam geworden. Eine Flut von Pressemeldungen war die Folge. Dramatisch, was darin über Bugarach berichtet wird. Massenansturm, Immobilienspekulationen. "Nackt tanzend entkommen sie dem Untergang", behauptet Tagesschau.de. Delord blättert weiter. Die Leute im Dorf haben die fremden Journalisten langsam satt, erzählt er. Sie wollen alles, bloß keine Interviews mehr. Auf einem Foto sind Soldaten, die hinter ihm und dem Ortsschild marschieren. Es sieht nach Ausnahmezustand aus. Der Bürgermeister streicht das Hochglanzpapier glatt. Ein schönes Foto. Die Soldaten waren zufällig da. Naja, die Zeitungen.] Regie: O-Ton: Jean-Pierre Delord Mais il y en a qui ont une tendance à exagérer ... VO: Aber es gibt auch welche, die eine Neigung zur Übertreibung haben. Na, da hat schon mal einer geschrieben, dass da viele Tausend auf dem Berg sind. Das stimmt nicht, es sind nicht mehr als sonst. Autor: Also alles nur ein Medien-Hype? Delord hebt ruckartig die Hände. So einfach ist das nicht. Um den 21.12. herum pilgern womöglich Zehntausende die verschneiten Hänge hinauf, in weißen Gewändern. Der Bürgermeister fürchtet Panik und rituellen Massenselbstmord. Aber es ist ja noch Zeit bis zum Dezember. Jetzt ist erstmal die Tagesordnung für die Gemeindeversammlung dran. Regie: Geräusch Zusammenklappen Regie: Atmo Tür Schritte Außen/Atmo Dorf/ Regie: Geräusch Schritte im Dorf Autor: Gegenüber dem Rathaus führt eine schmale Straße zurück in den Dorfkern. Keiner tanzt nackt auf der Straße, leider. Unter den Platanen des Dorfplatzes sitzt ein Zeichner mit Spiralblock. Er hält die Story für eine Zeitung aus Toulouse als Bildergeschichte fest. Zehn Schritte entfernt steht ein älterer Mann im T-Shirt am Brunnen und füllt weiße Plastikkanister auf. Der Wagen neben ihm hat das hiesige Kennzeichen. Atmo Dorf Vögel Hintergrundstimmen Regie: Geräusch Brunnen Plätschern Regie: O-Ton: Alain Blanc VO: Je suis de Rennes de les Bains.... ich komme aus Rennes-les-Bains, neun Kilometer von hier. Ich komme her um mir das Wasser aus Bugarach zu holen, das ist das beste in der Gegend. Da versorge ich mich doch lieber hier als im Supermarkt. Autor: Der Mann stellt einen vollen Behälter in den Kofferraum, hält den nächsten unter den Hahn. Dreht an der Brunnenkurbel. Geräusch: Plätschern Autor: Die Gegend war früher ziemlich entvölkert, erzählt er, die Hälfte der Leute hier sind inzwischen aus Nordeuropa zugewandert. Aussteiger, Rentner, die ihre Ruhe wollen. In den letzten Jahren sind viele gekommen, wegen der alten und neuen Legenden. Und jetzt gibt es die Geschichten um die Kraft des Berges und den Weltuntergang. Regie: O-Ton: Alain Blanc Déjà ça attire beaucoup de monde.... VO: Das hat schon eine Menge Leute angezogen, viele Hippies und New Agers, diese Leute die wir Esoteriker nennen. Stimmt schon da gibt's jetzt Reiseunternehmen, Amerikaner, Holländer, die organisieren Touren zum Berg. Aber warum nicht, die Leute, klar die haben so ihre Anschauungen. Aber bösartig sind die ja nicht. Autor: Der Alte schaut vom Brunnen hoch. Gerade vorhin ist wieder eine vorbei gekommen. Ganz in weiß. Zum Berg wahrscheinlich. Regie: O-Ton: Alain Blanc Le Pic de Bugarach c´est une randonnée superbe... VO: Der Pic von Bugarach ist eine tolle Wanderung. Man hat eine super Aussicht bis zu den Pyrenäen. Autor: Dann stellt der Rentner den letzten Kanister in den Kofferraum und steigt in den Wagen. Regie: Geräusch Kofferraumdeckel zu Regie: Geräusch Schritte auf Straße Autor: Die Straße zum Pic de Bugarach führt östlich aus dem Ort heraus, trifft auf die Landstraße. Von der Weißgekleideten ist nichts mehr zu sehen. Regie: Geräusch Schritte auf Straße Autor: Ein Stall mit angebautem Wohnhaus schließt das Dorf ab. Der Hof gehört einem Deutschen, Jens Dietmar. Er züchtet hier seit 18 Jahren Rinder. Jetzt steht der Mann mit seinen Gummistiefeln vorne an der Wäscheleine und macht Hausarbeit. Ich frage anch der Frau. Regie: Atmo: Straße Regie: Geräusch Wäscheklammern Regie: O-Ton: Jens Dietmar Die Frau ist hier vorbeigekommen und hat nach dem Weg auf den Berg gefragt. Autor: Der 49jährige Landwirt sieht solche Leute oft. Ganze Gruppen steigen auf den Berg, um zu meditieren, sagt Dietmar. Ganz in Weiß. O- Ton Jens Dietmar Es ist so eine Art Uniform, eine Sektenuniform sag ich mal. Autor: So richtig verstehen kann er die Esoteriker nicht, die in Bugarach in den letzten Jahren auftauchen. Er dreht den Kopf Richtung Berg. An den Hängen weiden seine Kühe. Ab und zu, sagt er, sitzen dort auch spirituelle Gruppen im Kreis. O- Ton Jens Dietmar Als ich hier ankam war der Pic noch nicht heilig. Das war einfach nur ein wunderschöner Berg, das ist er ja auch. Die Landschaft außen herum ist schön, wir haben hier einen See und Wasser. Und mit den Energien - da kann man viel spüren wenn man will. Autor: Von einem geheimnisvollen Brummen hat er noch nichts gemerkt. Das soll einer in den 50er-Jahren zum ersten Mal gemessen haben. Dann kamen die Ufo-Experten. O-Ton Jens Dietmar Es gibt hier viele Wetterphänomene, viele Linsenwolken, die alleine stehen, vielleicht kommt das daher, das mit Bugarach. Autor: Aber selbst wenn - wenn die Aliens kommen, spottet der Viehzüchter und fährt sich mit der rechten Hand hinter die Ohrmuschel, sollten sich die Endzeitgläubigen mal nicht zu viele Hoffnungen machen. O- Ton Jens Dietmar Also wenn ich Außerirdischer wäre und wollte was von den Menschen wissen, dann würde ich mir eher einen Nobelpreisträger mitnehmen, aber keinen Arbeitslosen, der am Ende noch betrunken ist. So Leute gibt's halt auch hier. Autor: Letzte Woche musste wieder der Hubschrauber kommen und einen Wanderer retten: Herzinfarkt. Dietmar zieht die Augenbrauen hoch. Aber bei aller Bodenständigkeit - die Sache mit den Ufos beschäftigt den Rinderzüchter. Gedankenverloren nestelt er eine zerknüllte Tabakstüte aus der Tasche seiner Cordweste und dreht sich eine. Autor: Es wird so viel darüber geredet und es geht schließlich um seine Weideflächen. O- Ton Jens Dietmar Wo wollen sie denn hin? Ich hab noch keinen richtigen Platz gefunden, wo gesagt wird, das Ufo kommt genau an der Stelle. Wo muss ich denn hier die Eintrittskarte, das Ticket lösen, wo ist das Gate. Vielleicht oben auf dem Linas, auf meinen Wiesen - kommt darauf an wie groß es ist - da könnte es sogar landen. Autor: Da müssten die Außerirdischen aber erstmal bei ihm anfragen. Er grinst. Die Idee gefällt ihm. Ansonsten sieht er dem 21.12. ruhig entgegen. Keine Panik. Ob Menschenmassen dann versuchen die winterlichen Felshänge hinaufzukommen, ob die Welt untergeht oder nur Aliens kommen.... O- Ton Jens Dietmar Wenn es passiert, dann passiert es eben und wenn nicht, dann geht es auch weiter. Autor: Es gibt Dringenderes für den Viehzüchter. Gerade jetzt. Regie: O-Ton: Jens Dietmar Ich muss die Kühe füttern, die sind jetzt hungrig, das hab´ ich ganz vergessen. Autor: Er weist noch schnell den Weg, den er die Weißgekleidete mit den goldenen Armbändern entlang geschickt hat: Die Straße runter und dann nach links den See entlang. Dann schnappt er den Wäschekorb und läuft zum Stall. Regie: Geräusch Schritte auf Straße/Kies Atmo Natur/Vögel Autor: Es ist nur ein kurzes Stück zum See. Jens Dietmar und die anderen Bauern aus Bugarach haben ihn vor ein paar Jahren künstlich angelegt. Ein aufgeschütteter Damm, hellgrünes Wasser, ein Rasenstreifen mit Grillplätzen. Tatsächlich, dort steht eine Frau im weißen Kaftan. Ihre breiten Armreifen mit ägyptischen Symbolen glänzen im Mittagslicht. Sie ist hin und weg. Regie: O-Ton: Matilda L. Holyone, Everyone, I ask for more magic today. What is a life without magic. Autor: Sie sagt sie heißt Matilda. Aus Australien. Sie ist Anfang 60, sieht aber glatt zehn Jahre jünger aus. Lange goldblonde Haare, schlank, sehr braun. Rechts hält sie einen Wanderstab, einen Haselnussstecken, den sie am Wegesrand aufgelesen hat. Sie wirkt wie eine Illustrationen aus einer Kinderbibel. Am See hat sie Kraft gesammelt für den Aufstieg. Regie: O-Ton: Matilda L. Thank you Holyone Autor: Der Pic de Bugarach ist der höchste Berg der Corbières. 1231 Meter. Bis zum Gipfel sind es 750 Höhenmeter. Sie schnallt Ihre Sandalen noch einmal fester und geht los. Regie: O-Ton: Matilda L. Because I followed my heart....(im Laufen) VO: Ich bin meinem Herzen gefolgt, deswegen bin ich hier. Ich war vor zwei Tagen noch in Rouvenac, in der Nähe und da haben zwei Freunde gemeint, in Bugarach könnte es mir gefallen. Weil ich Berge mag und auch, um mich mit den Energien zu verbinden. Also bin ich hier. Autor: Nichts ist geplant. Den sanft ansteigenden Pfad neben dem Bach macht Matilda ohne Gepäck. Offen für alles um sie herum. Sie nimmt einen tiefen Zug von der erdig riechenden Luft. Eine berückende Natur im Schnittpunkt dreier Klimaeinflüsse - Inland, Mittelmeer und Pyrenäen. Für die Australierin eine Welt voller Zeichen. Regie: O-Ton: Matilda L. I just saw a Butterfly.... VO: Da war gerade ein Schmetterling, das ist ein Zeichen für Veränderung. Naja, man sieht viele, aber sie stehen für Veränderung. Regie: Geräusch Entferntes Hundegebell Autor: Veränderung, das passt wiederum zum 21.12., zum Ende des Maya- Kalenders. Womöglich weisen uns die Schmetterlinge darauf hin. Vom Dorf aus hat die Australierin im Kalksteinmassiv einen riesigen sitzenden Buddha ausgemacht. Jetzt bleibt sie stehen und starrt gebannt auf die Felsen der Südflanke. Sie deutet mit dem Stock auf die Gesteinsformationen, die von fern aussehen wie eine runzelige Elefantenhaut. Regie: O-Ton: Matilda L. And there is Moses, with the two horns... VO: Da ist Moses zu sehen, mit den zwei Hörnern und dahinter, da sind die zwei Tafeln, die mit den zehn Geboten. (lacht) Das ist magisch! OK there is Moses, the Sphinx, this is magical, cool. Autor: Sie ist als Jüdin aufgewachsen, dann zum Christentum konvertiert, schließlich ist sie spirituellen Mentoren gefolgt. Maya-Kalender, Gott, Energieflammen aus dem Spektrum des Regenbogens, Jesus und Außerirdische: Alles hat in Matildas Weltanschauung Platz. Der Pfad wird nun steiler, mündet aus dem Wald in Weideflächen mit vereinzelten Baumgruppen und Büschen. Regie: Geräusch Schnaufen Autor: Unter einem der letzten Bäume trifft sie auf andere Wanderer. Zwei Frauen mit einem Baby. Sie leben im Nachbardepartement. Die Jüngere trägt ein bunt gemustertes Sommerkleid, die andere, Mitte dreißig, wandert in Weiß. In Hosen, nicht im Kaftan. Mutter, Tochter und Enkel. Sie sind hier oft, sagt die ältere Französin. Regie: O-Ton: Cynthia Rousselet Meme quand on est loin d´ici... VO: Auch wenn man entfernt von hier ist, dann zieht einen der Pic an. Das kommt über einen und wird zu einem dringenden Wunsch hierher zurückzukehren. Man wird gerufen. Es gibt da viele Menschen die sich die Gerufenen von Bugarach nennen. Regie: Geräusch Rascheln Autor: Sie kramt eine Papiertüte aus ihrem Umhängebeutel und gibt dem Kleinen und der Australierin einen Keks. Die Französin wartet mit Spannung auf den 21.12. Sie wird hier sein, auf dem Pic de Bugarach. Regie: O-Ton: Cynthia Rousselet Bon, d´ici des rumeurs que j´ai entendu.... VO: Nach den Gerüchten, die ich gehört habe, werden es so um die zwei Millionen Leute sein, die kommen. Zwei Millionen, die erwartet werden, das ist ziemlich gut. Die kommen nicht alle aus Angst, von wegen Weltuntergang und so, sondern wegen der Spiritualität und der Energie und um zu beten. Autor: Das findet ihre Tochter auch. Regie: O-Ton: Ermelina Rousselet Je partage son avis, totalement Autor: Die beiden gehen nicht davon aus, dass die Welt ganz und gar untergehen wird. Aber es bahnt sich was an. Die tektonische Aktivität hat zugenommen und von der Sonne ist eine gewaltige Photonenwolke zur Erde unterwegs. Nicken. Und dann sind da noch die Außerirdischen, die den Berg besuchen. Die beiden haben sie schon gesehen. Regie: O-Ton: Cynthia Rousselet Le 21. juin l´année dernière... VO: Am 21. Juni letztes Jahr habe ich, ein Stück weiter unten, eine rote Kugel gesehen, ganz leuchtend und als die verschwunden ist, sie war nur ein paar Sekunden da, hat sie rote Spuren im Gras hinterlassen. Meine Tochter ist hingegangen um das von ganz nahe zu sehen. Rote Spuren! Autor: Tatsache! Mehr gibt es dazu nicht zu sagen, nur so viel noch: Die Armee soll bloß nicht die Wege dicht machen, am 21.12. Dann drehen sich die Französinnen um und steigen ab. Regie: O-Ton: Cynthia + Ermelina Rousselet Je vous en prié, au revoir! Autor: Matilda treibt es weiter, die kurze Rast hat ihr gut getan. Atmo Schritte/Klettern im Fels Regie: Geräusch Stöcke Keuchen Autor: (pausiert über der Atmo) Das weiße Gewand eignet sich nur bedingt zum Klettern. Der blanke Fels kommt zum Vorschein. Immer wieder rafft Matilda ihr Gewand und geht auf alle Viere, um sich über eine Felsplatte zu tasten. Regie: Geräusch heftiges Räuspern Autor: Das ist der Alptraum von Bürgermeister Delord! Im Dezember - Scharen von weiß gekleideten Esoterikern, die über vereiste Hänge kraxeln. Regie: Geräusch Klappern Hinter einer Felsnase, mit einem fensterartigen Durchbruch, führt rechts herum ein schmaler Steg an der Wand entlang. Matilda setzt vorsichtig einen Fuß vor den anderen. Regie: O-Ton: Matilda L. (haucht erschöpft) Thank you Holyone Autor: Wo wird Matilda am 21.12 sein? Als der Pfad wieder breiter wird.... Regie: O-Ton: Matilda L. I just want a pause. Autor: ...stützt die Australierin die eine Hand mit dem Stock gegen die Steinwand, die andere presst sie an ihre Seite. Schöpft erstmal Atem: Regie: O-Ton: Matilda L. A good place is where it is in your heart Der richtige Ort ist dort, wo es dein Herz bestimmt. Es ist wichtig, jeden Tag, am 21. Dezember oder am 12. bei sich im Herzen zu sein. Was für den einen ein guter Ort ist, energetisch gesehen, muss das nicht für jemand anders sein. Ohne groß darüber nachzudenken, werden wir dort sein, wo wir sein müssen. Autor: Vielleicht ist sie im Dezember in Mexiko, vielleicht ist sie hier. Sie hört nur auf ihr Herz. Die innere Stimme sagt ihr jetzt, weiter! Weiter auf den Gipfel. Geröll, Felsen, Büschel mit kurzem, zähem Gras. Ein kühler Wind verursacht Matilda Gänsehaut. Aber es wird jetzt flacher. Schritt für Schritt geht sie der kniehohen Steinsäule auf dem höchsten Punkt des Pic de Bugarach entgegen. Regie: Atmo: frei Stöckeklappern/Matilda "cool!" Regie: O-Ton: Matilda L. Awesome Awesome I didn´t expect to be on top. Toll, ganz toll. Ich dachte nicht, dass ich hier raufkomme. Diesen Morgen dachte ich noch ich geh nur weg, ich hatte eine schlechte Nacht. Aber es ist passiert, einfach passiert. Autor: Sie horcht in sich - energetisch unterscheidet sich der französische Berg nicht viel von den Felsen in Tasmanien, entscheidet sie. Sie sieht die schneebedeckten Gipfel der Pyrenäen im Süden, rundum die Hügel der Corbières. Matilda streckt die Arme aus, dreht sich im Kreis. Der Wind zerrt an ihrem dünnen Kaftan. Ihre Ergriffenheit drängt nach außen. Regie: O-Ton:Matilda L. Singt mit brüchiger Stimme (frei, dann darüber Autor) Autor: Die Frau ist überzeugt, dass der Berg ihr die Kraft gegeben hat für den Aufstieg. Vier Stunden, ohne Wasser, ohne Proviant in der gleißenden Mittagssonne. Jetzt ist Matilda hier, genießt. Ihr Herz wird ihr das Zeichen zum Aufbruch geben. Dann wird sie wieder hinabsteigen nach Bugarach. Regie: O-Ton: Gesang frei ( ... .when the earth becomes a star.) Regie: Atmo Rathaus Autor: Dort unten, im Rathaus, ist Bürgermeister Delord mit den Akten für heute fertig und kann sich wieder den Mutmaßungen über die möglichen Ereignisse am Weltuntergangstag im Dezember widmen. Regie: O-Ton: Jean-Pierre Delord Ah, les scénarios, ça serait peut être simple.... VO: Was da passieren wird, ist vielleicht ganz einfach und es kommt fast niemand. Es könnten aber auch Tausende kommen, zum Feiern, in der Zeit um den 21. Dezember. Da müssen die Behörden schon vorbereitet sein, da müssen die Behörden sich um die Sache kümmern und die Gendarmerie oder sogar die Armee anrücken. Autor: Delord schaut auf das Foto des Präsidenten und meint den Berg jenseits der Wand, an dem es hängt. Schmale Lippen. Er weiß: Anfang März wurden dreißig Kilometer von hier die Knochen eines 57-Jährigen aus der Dordogne gefunden. Neben ihm lag ein Beutel mit Texten zu Bugarach und 17.000 Euro. Dann die Geschichte mit den Steinen. Miese Geschäftemacher verticken Steine aus seiner Gemeinde teuer über das Internet. Da muss ein Bürgermeister doch die Presse informieren. Wieder Aufregung um Bugarach. Ärgerlich - aber auch irgendwie gut. Seine Mundwinkel gehen wieder auseinander. Regie: O-Ton: Jean-Pierre Delord Ca c´est un effet bénéfique... VO: Das ist schon ein positiver Effekt. Man reitet jetzt erstmal weiter auf der Welle, würde ich mal sagen, damit Bugarach bis zum Ende des Jahres im Gespräch bleibt, damit man von der Schönheit dieses Ortes erfährt. Das ist zwar nicht so toll mit den Spinnern und den Geschäftemachern, die wertloses Zeug verkaufen. Aber man kann doch auch die schönen Seiten zeigen. Autor: Delord bleiben noch ein paar Monate um die Bugarach-Apokalypse - Aufregung zur PR zu nutzen. Die Behörden beobachten die Lage und täglich, mit jedem Bericht, mit jedem Statement des Bürgermeisters, wächst die Wahrscheinlichkeit, dass in Bugarach etwas los ist am 21.12 - egal, ob die Welt untergeht - oder nicht. 1