COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur Länderreport Landgang. Hamburg -Moderator: Claus Stephan Rehfeld- Autor Rainer Link (Beitrag 1 - 2'56") Verena Herb (Beitrag 2 - 2'32" / Beitrag 6 - 1'20" ) Tegeler, Hartwig (Beitrag 3 - 2'50") Knut Benzner (Beitrag 4 - 2'10") Axel P. Schröder (Beitrag 5 - 3'07") Red. Claus Stephan Rehfeld Sdg. 30.11.2010 - 13.07 Uhr Länge 21.31 Minuten LIZENZ MUSIK Haindling LC 00116 Vivaldi & vier Jahreszeiten BMG 8276 61219 2 daraus: Haindlings Frühlingsthema 2'48" Moderation (in vorproduzierter Sendung) -folgt Script Sendung- Script Sendung M 01 Haindling REGIE Musik kurz frei & unter Moderator legen Moderator Herzlich willkommen zum Landgang. Wir verlassen das Schiff und betreten Hamburger Boden. Als Reiseleiter vom Dienst begrüßt Sie Claus Stephan Rehfeld. REGIE Musik kurz frei & unter Moderator ausspielen Hamburg also. Die Elbe fließt gewaltig grau und gewaltig träge. Die Befürworter der Elbphilharmonie rechnen derzeit nach, wie viele Musiknoten für die Banknoten gespielt werden müssten, um die Baukosten halbwegs zu legitimieren. Und wie lange das dauern würde. Ja, ja, Hamburg. Wie näherten uns dem Flecken von Bonn aus, weil, so konstatierte mal ein scharfer Beobachter, Bonn halb so groß sei wie der Friedhof von Chicago, aber doppelt so leise. Der Mann, der das sagte, kam aus den USA. Die Hamburger nun wollen auch mal Aufsehen erregen und werben mit einer Superlative wie "der zweitgrößte Friedhof der Welt." Und dann gebe es da noch "ein bestimmtes Lebensgefühl". Schön, nicht wahr? Nun ja ... E 01 (Mann 1) "Ah, verstehe." (Mann 2) "Vielleicht kann ich ja auch weiterhelfen. Warum sind Sie überhaupt hier?" Damit haben heute irgendwie alle Beiträge zu tun. Der Landgang Hamburg, wir gehen jetzt mal da entlang. Bitte folgen. M 02 Haindling Nö, da nich hin Moderator Die weite Welt - für manchen beginnt sie im Hafen, für andere wiederum endet sie dort. Hafen - zwei Silben, zwei Anschauungen. Hier beginnen die Landgänge der Seebären, nein, das war mal, heute sind es Frachtschiffarbeitskräfte. Die Romantik dieses Wortes wollen wir nicht weiter in uns aufsaugen, sondern den Blick genießen, der ... nein, das geht auch nicht. Vielleicht doch eher zwischen Fischmarkt und Elbstrand am Övelgönner Museumshafen? Wurde ja zur "Perlenkette an der Elbe" erklärt. Und die betongewordene Landschaft erst! Beitrag 1 / Link - 2'56 E 01 (Lisa Politt) "Du hast hier diese bündig abgeschlossene Hafenreihe, also so etwas wie wirklich eine Beton-Perlenkette. Und das muss man hier auch mal als Eindruck schildern, dass hier ... tatsächlich auf dieser Asphalt- und Betonfläche vor einem dieser unglaublichen Bauten zwei alte Männer sitzen mit einer Angel, die offensichtlich von der einen Seite her mit ner Schnur dran in die Elbe reingeht. Und offensichtlich angeln die hier. Und wenn die nicht irgendeiner Anstalt entflohen sind, dann tun sie dass wahrscheinlich, weil sie einen Grund dafür haben. Und das macht diese unglaublichen Brüche aus." AUT Leicht erhöht bot der Elbwanderweg jahrzehntelang Postkartenansichten auf den Hafen und die Elbe. Ein Panorama, das sich in den vergangenen Jahren allerdings rasant veränderte - man könnte auch sagen - zum Tunnelblick verengt wurde. Immer mehr gläserne, stählerne Bürotürme drängen sich heute in den schmalen Streifen zwischen Elbufer und Elbhang. Das Ensemble mit dem euphemistischen Namen "Perlenkette" verheißt im Neusprech der Hamburg Marketing Agentur "eine Neudefinition des Durchblicks auf waterfront und skyline". Auf gut Deutsch: Der Blick aufs Wasser ist versperrt, das Auge ruht auf Glas, Stahl und Beton. E 03 (Politt) "Es ist unglaublich, diese Gebäude alle ... Ist das jetzt die Betonperlenkette?" AUT Früher, da muss das Areal schrecklich hässlich gewesen sein. Grüne Wiesen, Bäume, Speicher, dazwischen noch Kräne, alte Hafenanlagen oder verfallende Schuppen, in denen man gerade noch Tatort-Folgen drehen konnte. Dazu noch rund 30 Hafenkneipen, Parkplätze für Trucker und 300 Prostituierte auf dem Straßenstrich. Völlig unprofitabel, das alles. Idylle von gestern. E 04 (Politt) "Ne, Nutten aller Länder ..." AUT Die neuen Hochbauten, die den Sperriegel am Elbufer bilden, tragen kühne, weltläufige Namen: Columbia Twin Towers, Chrystal-Tower oder Hanse Gate. In den Augen ihrer Kritiker überwiegend triste Investorenarchitektur, die zurecht mit Leerstand bestraft wird. E 05 (Politt) "Ach, guck mal, an dieses moderne Gebäude, das ist ja verrückt, haben sie ein Trandeux gemalt, also ein Bild, was den Eindruck vermittelt, da würde eine Mauer bröckeln. Das finde ich im übelsten Sinne spätromantisch." AUT Irgendwie ist der Ruf der Bürger nach freiem Blick auf die Elbe an einigen Baulöwen nicht vollständig abgeprallt. Auf den letzten freien Grundstücken errichten sie jetzt Bürobauten, die auf der dritten, vierten und fünften Geschosshöhe große Löcher aufweisen. Bauliche Lücken, durch die der Ortskundige wie auch der Touri - wenn er denn nur weit genug den Elbhang hochklettert - einen Blick auf das Hamburg von Gestern werfen kann. E 06 (Politt) "Ooch, guck mal da hinten ist Wasser, ja, guck mal, wenn Du durch diese ..., ja, da gibt's ganz kleine Lücken, da ist dann tatsächlich die Elbe. Du siehst du son Kran ..." -ENDE Beitrag 1/Link- M 02 Haindling Politische Spitznamen Moderator Ole hat den Köhler gemacht. In der Mönckebergstraße teilte ein Kaufhaus den Passanten mit, jetzt sei "Männerschluss - Verkauf". Das Elbe-Einkaufszentrum soll im Volksmund unter Elbe-Abkotz- Zentrum laufen, wir zitieren nur, die nur kurzzeitige Präsidentin der Hamburger Uni, eine gelernte Raketen-Ingenieurin, wurde schnell zur "Raketen-Moni" wegen ihren Führungsstils, beim HSV heißen sie "kleiner Krieger" oder "Stolper-Pit". Und in der Politik, wie schaut es da mit politischen Spitznamen aus? Beitrag 2 / Herb - 2'32" E 01 (Hermann Schreiber in NDR-Talkshow) Herr Schmidt, ich habe immer noch Probleme mit der Anrede, muss ich sagen, dass ... (Schmidt) Bleiben Sie mal bei Schmidt, das klingt ganz gut. AUT Helmut Schmidt - Staatsmann mit Weitblick, Politiker mit Format - mit einer Abneigung gegen Theoretiker. "Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen", meint er. Er gilt als der "weiseste Deutsche" und "coolste Kerl" der Republik. Oder einfach: "Schmidt- Schnauze". Einen wie den, den gab's nie wieder. Klaus von Dohnanyi, ja - der Aristokrat aus feiner Familie - ist manchen noch ein Begriff, auch über die Grenzen der Hansestadt hinaus. Bürgermeister war der in den 80ern. Aber Henning Voscherau oder Ortwin Runde? Na, wissen sie noch, wer das ist? Das waren Nachfolger von "von Dohnanyi" und Vorgänger von "Sunny Beust". M 01 (Musik Westerland) "... ich will zurück nach Westerland ..." AUT Westerland, Sylt - die zweite Heimat von Carl Friedrich Arp Ole Freiherr von Beust. Dort, auf der Nordseeinsel, lasse er gerne Korken knallen und Gläser klirren (Atmo Gläser) - der Champagner-Ole ... nach über 40 Jahren SPD-Herrschaft an der Elbe endlich ein konservativer Christdemokrat. Ole wird schnell zu "unserm Ole", man verzeiht ihm, dass er die "politische Ehe" mit Ronald Barnabas Schill und seiner rechten ProPartei eingeht. M 02 Atmo Musik "In Hamburg sagt man Tschüss"... 0´10 frei, dann unter Text Autorin AUT Ole von Beust sagt Tschüss - zu Schill. Und knapp 8 Jahre später auch selbst. Er geht raus aus der Politik, rein ins Private und öfters nach Sylt. Ihm folgt ins Amt im letzten August: Christoph Ahlhaus. E 02 (Ahlhaus) Einer (...) der die Menschen in ihren Stadtteilen besucht. AUT Christoph Ahlhaus - der "Bürgermeister zum Anfassen". Das könnte zu viel sein für die Hanseaten mit ihrer distanziert-spröden Mentalität. Dabei ist er aber doch ... E 03 Ein Mensch wie Du und ich. AUT ... der von der heimischen Presse gerne als "Ältester 41jähriger Deutschlands" betitelt wird, dessen Outfit eher an Delmenhorster Fußgängerzone erinnert, als an Außenalster und Jungfernstieg. Doch man wartet ab, wie sich der Heidelberger schlägt in seiner noch knapp eineinhalb Jahre andauernden Regentschaft. Ihm zur Hand ein schwarz- grüner Senat. Und Kultursenator Reinhard Stuth - einen Spitznamen hat der zwar noch nicht. Aber dafür ein eigenes Lied. M 04 Atmo Musik - Hey Stuth, don´t make it bad. -ENDE Beitrag 2/Herb- M 02 Haindling Eindeutig überqualifiziert Moderator "Das habe ich nicht gewollt!", titelte die Süddeutsche Zeitung und klärte den erstaunten Leser gleich im Untertitel auf: "Der Hamburger Kultursenator Reinhard Stuth hat in vier Wochen mehr zerstört als alle seine Vorgänger zusammen." Gewaltige Leistung also. "Schockstarre bis Empörung" registrierte der Beobachter des Hamburger Trauerspiels. Wir nun gelangten in den Besitz des Tagebuchs eines Herrn, der kurz überlegte, ob er nicht vielleicht kandidieren sollte. Beitrag 3 / Tegeler - 2'50" G 01 "Schreiben mit einer Feder auf Papier" - Läuft weiter! REGIE Geräusch kurz frei & unter Autor legen AUT Sonntag, 22. August. Reflektiere. Den Tag über. Über Kulturbegriff bei Hegel. REGIE Geräusch "Schreiben mit einer Feder auf Papier" - Läuft weiter! AUT Montag, 23. August. Kultur, von Lateinisch ´cultura´. Bearbeitung, Pflege, Ackerbau. Kunst kommt von Können. Den Acker bebauen können. Sollte meine Magisterarbeit "Ausgrenzung und Entgrenzung im Werk von Georg Büchner" vielleicht doch zum Audiobook machen! REGIE Geräusch "Schreiben mit einer Feder auf Papier" - Läuft weiter! AUT Dienstag, 24. August. Kultur in Hamburg, kein weites Feld, sondern tiefes Wasser. Ein Herr Stuth ist reingesprungen. Offenbar Nichtschwimmer ... rudert mächtig herum. Von der Vorgängerin aus der Kulturbehörde gekantet. Als Ole ging, wurde Stuth nach ganz oben gespült. Es war Ebbe, jetzt Flut. Mittlerer Orkan in der Kulturszene. Erste Überlegung! Ob nicht ich?! REGIE Geräusch "Schreiben mit einer Feder auf Papier" - Läuft weiter! AUT Donnerstag. 26. August. Lange Nacht. Nachgedacht. Amtierender Kultursenator macht Theater, geht aber nicht in selbiges. Habe gehört, er schreibt an seinem Sparbuch. Die Zahlen sind schon fertig. Ein Theater hat sich schon die Aufführungsrechte gesichert, wäre dann wohl das einzige, das überleben würde. REGIE Geräusch "Schreiben auf Computer-Tastur" - Läuft weiter! AUT Montag, 23. November. Blätter fliegen ums Haus. Jetzt wieder Zeit fürs Tagebuch. Habe es digitalisiert und tippe es nun in die externe Tastatur meines iPads. Man muss mit dem Neuen gehen, ganz klar! Auch wenn man dann ganz schön ALT aussehen kann. Stuth! Schreibe Essay: Wie verändern sich Subjektbildung und Konstruktion von Kulturfunktionären in einer digital geprägten Kulturlandschaft, die von Entertainment- Paradigmen geprägt ist? Ziemlich langer Titel. Aber muss denn alles Mittelmaß sein? G 02 Geräusch "Auf einer Computer-Tastatur" - Läuft weiter! REGIE Geräusch kurz frei & unter Autor legen AUT Dienstag, 24. November. Stuth zurückgetreten. Grüner Koalitionspartner wollte CDU- Kultursenator zwingen, ins Theater zu gehen. Er wollte ins Musical. REGIE Geräusch "Auf einer Computer-Tastatur" - Läuft weiter! AUT Mittwoch, 25. November. Höre den letzten Satz des Audiobooks meiner Magisterarbeit: "Auch wenn die Sehnsüchte in den sehnenden Figuren Büchners noch als Projektion auf vergangene natürliche Zusammenhänge regressiv sich verkleiden: Sie sind das geheime Glücksversprechen, das eine wahre Gestalt möglicherweise erst noch zu finden hat." Stuth würde den Satz natürlich eingedampft bzw. eingespart haben. REGIE Geräusch "Auf einer Computer-Tastatur" - Läuft weiter! AUT Donnerstag, 26. November. Hamburg sucht im Hamburger Abendblatt neuen Kultursenator - wie damals in der Ole-Ära, als Vicky Leandros beinahe ... Habe die Bewerbungsanzeige für den Kultursenatorposten im Abendblatt ausgeschnitten ... aber dann zum Altpapier gelegt. Bin eindeutig überqualifiziert! Damit aus dem Rennen! Ergo: Habe fertig. [Gebrüllt.] Wasse mache Stuth!!! - Das Beste wohl, Stuth wird sein eigener Nachfolger. -ENDE Beitrag 3 / Tegeler- Wir gründen eine Bank Moderator Pfeffersäcke ... gab es früher mal, heute heißen Sie Nonnenmacher und so. Wie wir darauf kommen wissen wir auch nicht, trotzdem: Die Tage des Herrn Nonnenmacher sind so gut wie gezählt. Seine HSH Nordbank, mal als Landesbank von Hamburg und Schleswig- Holstein angedacht, seine HSH ist so gut wie pleite, die Zukunft von Herrn Nonnenmacher ist so gut wie so gut bestellt, mit seiner Abfindung kann er so gut wie ein paar Wochen urlauben ... Und was machen wir? Wir gründen eine gute andere Bank, jedenfalls so gut wie. Beitrag 4 / Benzner - 2'10" G 01 Tür AUT Guten Tag. Ist Herr ... E 01 Der is´ schon weg. AUT Oh, der ist schon weg? Um kurz nach eins? Ist denn seine Sekretärin ... E 02 Auch weg. Die gehen immer zusammen. AUT Ach. Wer sind Sie denn? E 04 Sein persönlicher Berater. Und sein Anlageberater. In Krisenzeiten ist es von Vorteil, zweigleisig unterwegs zu sein. AUT Ah. Verstehe. E 05 Vielleicht kann ich ja auch weiterhelfen. Warum sind Sie überhaupt hier? AUT Ich will eine Bank gründen. E 06 Sie wollen eine Bank gründen? AUT Ja. E 07 Setzen Sie sich. G 02 Stuhl auf Holz AUT Ja. Eine Bank. Schöner, freundlicher, nicht Rendite orientiert, durchsichtig, dauerhaft, Dienst leistend, durchgehend geöffnet..., und ich dachte mir, weil..., na ja, er bekommt doch jetzt diese Abfindung, ich dachte mir, vielleicht will er mit ein paar Millionen Grundkapital einsteigen. Einen Namen hätte ich auch schon. E 08 Einen Namen hätten Sie auch schon? AUT Ja. DAB... E 09 Das Kürzel ist vergeben. AUT Mit denen hab´ ich gestern gesprochen. Die würden das ändern. Nicht mehr Dortmunder Aktien Brauerei sondern BAD, Bier aus Dortmund, oder DB, in Absprache mit der Bahn natürlich, Dortmunder Bier. Neinnein, DAB ist gut: Die Andere Bank. Grün... E 10 Eine grüne Bank gibt es bereits. AUT Noch grüner. Quietsch-grün. Und breit. Mit Filialen in allen Grünen-Hochburgen: Freiburg, Hamburg, die ganze Burgen-Tour, Brandenburg, Magdeburg, und, bei dem Hoch, das die Grünen jetzt in Berlin haben, Kreuzburg, Prenzlburg... E 11 Guter Mann, da bringen Sie jetzt aber was durcheinander. AUT Egal! DAB. Die Andere Bank. E 12 Nicht schlecht. Wollen Sie? (Zieht etwas ...) Vom Chef, bekommt er immer aus Zürich. AUT Neinneinnein. Neinneinnein. Sie haben mich nicht verstanden! DAB - Das ist sauber! E 13 Das Zeug IST sauber! AUT Ist sauber? O.K., später. E 14 Wissen Sie was? AUT Nee. E 15 Ich bin dabei. AUT Sie? E 16 Ja. AUT Warum das denn? E 17 Ich kann den gegeelten Typ mit seinen ständigen Analysen um Wertschröpfung und Despotenausgleich nicht mehr seh´n. Ich mach´ die Verträge fertig, geh´n Sie solange in den Park, rauchen Sie in Ruhe eine Zigarette und setzen sich irgendwo hin. AUT Auf Die Andere Bank? E 18 Na logisch. Worauf denn sonst. Sie wissen doch, was Brecht gesagt hat. -ENDE Beitrag 4 / Benzner- M 02 Haindling Namen, nichts als Namen Moderator Der "Kehrwiedersteg" in Hamburg ist eine Einbahnstraße. Wir deuten das nicht weiter, wundern uns aber dennoch ... soll wirklich keiner Wiederkehren? und über Straßennamen dahier: Die "Döhnerstraße" werden wir verständlicherweise meiden, dann uns "Hinter der Neuen Dröge" halten, den "Stinkbüdelsgang" unbedingt aufsuchen, vor dem "Leichenweg" ist indes zu warnen, dafür "Bei der Erholung" zu rasten. Dann die Alster ansteuern und irgendwo da an der Alster muß er (oder sie?) liegen, was wenig glaubhaft ist: der "Jungfernstieg". Beitrag 5 / Schröder - 3'07" G 01 Straßengeräusch Geräusch kurz frei & unter Autor legen AUT Wer durch Hamburg schlendert, stolpert ganz automatisch über plattdeutsche Straßennamen, über den Pepermöhlenbek, den Stinkbüdelsgang oder den Stubbenhuk. Und entgegen dem Vorurteil, dass die Norddeutschen ein eher kühles und im Vergleich zur rheinischen Frohnatur wenig lustiges Gemüt hätten, halten wir es bei den Straßennamen ganz anders. Die Reeperbahn runter, rechts ab in die Große Freiheit, die jeder kennt. Bunte Leuchtreklamen versprechen Erotik mit und ohne Anfassen, die Türsteher winken neugierig-naive Flaneure heran. Und sie übersetzen "Große Freiheit" auf ihre ganz eigene Art: E 01 (Türsteher) Wir bieten den Gästen eine Stunde volle Show an! (...) Eintritt frei und das Bierchen zehn Euro! AUT Man ahnt es schon: das Bier für zehn Euro hat wenig mit Großer Freiheit zu tun. Der Name kommt aus einer ganz anderen Ecke. Ortwin Pelc ist Historiker am Museum für Hamburgische Geschichte und erklärt, woher der Name stammt. E 02 (Pelc) Genau da, wo heute die Kleine und die Große Freiheit sind, durften sich Handwerker schon um 1600 ansiedeln ohne Mitglieder einer Zunft zu sein, was eigentlich überall vorgeschrieben war. Sie mussten zwar eine Gebühr bezahlen, durften dafür aber ihr Handwerk ausüben. So ist der Name entstanden und der hat sich nachher noch weiter entwickelt. Weil sich dort denn auch religiöse Minderheiten ansiedeln durften, zum Beispiel die Katholiken. AUT Weniger romantisch als gedacht geht es auch an der Kehrwiederspitze zu. Hier, auf dieser Halbinsel am oberen Teil des Hamburger Hafens, standen nicht etwa die einsamen Frauen der Matrosen und winkten mit vollgeheulten Taschentüchern ihren Liebsten hinterher. Die Namensherkunft der Kehrwiederspitze ist ganz profan. E 03 (Pelc) Es ist eine Sackgasse im Grunde genommen. Weil man dort auf diese Insel, auf diese Landspitze kommt und muss umdrehen zum Zurückkehren. Man muss umkehren, wenn man wieder weg will von dort. AUT Fast schon enttäuschend die Erklärungen für die Fettstraße, den Duschweg und die Schnellstraße: benannt nach den Herren H.-J. Fett, Professor Johann Jakob Dusch und Dr. Hermann Schnell. Letzterer gilt immerhin als Erfinder des Schlagball-Spiels. Weitere Kuriositäten unter den Hamburger Straßennamen: die Rutschbahn, der Irrweg, die ganz irdische Milchstraße im schicken Pöseldorf. Und der Zickzackweg, der verläuft tatsächlich so. Dass Schulterblatt hat seinen Namen vom mächtigen Schulterknochen eines Walfischs. Der hing, bemalt als Reklametafel, über dem Eingang einer uralten Seefahrerkneipe. Fernab dieser Kneipe, am Ufer der Binnenalster, geht es seit jeher ums Sehen-und-Gesehen-werden. Früher promenierten hier die jungen Frauen der Stadt, mit berüschten Stoffschirmchen über der Schulter und hochgeschlossenen Blusen, heute mit vollgestopften Papiertaschen der Edelboutiquen. Schlendern auf dem Jungfernstieg ... E 04 (Pelc) Ob das nun wirklich Jungfrauen waren, ist noch die Frage. Es waren auf jeden Fall Frauen, die dort spazieren gingen. Das galt und gilt ja in gewisser Weise heute noch als Spazier- und Promenierstraße. Es war einfach chic, dort spazieren zu gehen. Deshalb wurde das mit so einer leichten Ironie Jungfernstieg genannt. -ENDE Beitrag 5 / Schröder- Worüber lacht Hamburg? Moderator Die "Wappen von Hamburg" - liegt als Wrack in Bremerhaven. Das alte Schiff - "gestern war es stolz und mächtig / Heute ist es nichts mehr wert." - sang mal Roger Whittaker. Ja, bei Sucheingabe "Hamburg traurig" findet man gar viel im Internet. 754.000 Einträge. "Hamburg lacht" bringt es gerade mal auf die Hälfte. Wenig verwunderlich, dass da im kühlen Norden "Spaßgesellschaften ab 10 Personen" Plätze angeboten werden. Tja, worüber lacht Hamburg dieser Tage? Beitrag 6 / Herb - 1'20" AUT Da lohnt sich ein Blick auf die außerparlamentarische Opposition in Hamburg: Die Freie Demokratische Partei, FDP. Also wetterte sie im Sommer dieses Jahres als einzige Partei gegen die geplante Schulreform des schwarz-grünen Senats stark ... und zieht alle FDP-Register. Burkhard Müller-Sönksen, Bundestagsabgeordneter und Hamburger aus Leidenschaft, wechselte kurzzeitig von der Alster auf den Platz des Himmlischen Friedens - wegen der Meinungsfreiheit dort. E 03 (Müller-Sönksen) Ja, guten Tag, liebe Hamburger. Hier, vom Platz des Himmlischen Friedens, wo Studenten für ihre Meinungs- und Demonstrationsfreiheit ihr Leben gelassen haben, rufe ich sie auf, jetzt am Sonnabend um 11 Uhr sich auf dem Gänsemarkt zu treffen, um gegen die völlig übereilte Schulreform zu demonstrieren. Nehmen sie als Eltern, als Großeltern oder auch als Schüler ihr ... Demonstrations ...Wahl...recht in Anspruch. AUT Das wars dann aber, seine Rest-Nachricht an Ole, den Übel-Verursacher, blieb irgendwie ungehört ... E 04 (Müller-Sönksen, aber vor allem Wind) AUT ... vom Winde verweht, obwohl Müller-Sönksen der Heimat eine alte chinesische Weisheit mitteilen wollte, nämlich: Eher fällt in Peking ein Sack Reis um, als dass die Schulreform aufgelöst wird. Ja, Herr Müller-Sönksen etwas "aufgelöst", die Hamburger Liberalen ... manchmal auch. So lud Jan Christopher Witt als Vorsitzender des FDP-Bezirksverbandes Wandsbek zu einem Parteitag ins schicke Kampen auf Sylt ein. Das mit Sylt liegt nahe, aber gewöhnungsbedürftig war doch die Uhrzeit: Beginn des Parteitages 0.30 Uhr. Geisterstunde. Nun ist Witt kein FDP-Mitglied mehr. Er wurde gefeuert - wegen der Uhrzeit. -ENDE Beitrag 6 / Herb- M 01 Haindling REGIE Musik kurz frei & unter Moderator legen Moderator Das war der Landgang Hamburg. Diesseits und jenseits vom zweitgrößten Friedhof der Welt" sammelten wir Flaschenpost auf von Verena Herb, Rainer Link und Lisa Politt sowie von Hartwig Tegeler, Knut Benzner und Axel P. Schröder. Als Reiseleiter vom Dienst moderierte sich Claus Stephan Rehfeld durch die Sendung. Der nächste und letzte Landgang von diesem tollen Jahrgang 2010 steht am 30.Dezember auf dem Programm. Dann gibt es einen KEHRAUS. Schönen Tach noch. REGIE Musik frei & ausspielen -ENDE Sendung Landgang HH- 1