COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Länderreport Magazin Bundeswehrstandorte 08.04.2011 "In Pfreimd geht die Angst um" Die Operpfälzer befürchten, dass die Kaserne geschlossen wird Länge: 4'48 Autor: Michael Watzke: Redaktion: Heidrun Wimmersberg ____________________________________________________________ _ Arnold Kimmerl, der Bürgermeister von Pfreimd, drückt seinen Gästen beim Abschied neuerdings eine bunte Marketingbroschüre in die Hand: "Weil, wir haben in der Oberpfalz ein Problem: wir haben gute Fachkräfte, wir haben engagierte Leute, die was tun, die was können. Aber insgesamt reden wir zu wenig darüber. Der Oberpfälzer, von seinem Selbstverständnis her, hält sein Maul, auf deutsch gesagt. Der macht - und redet nicht lang drüber." Beim früheren Verteidigungsminister KT zu Guttenberg sei es umgekehrt gewesen, sagen dessen Kritiker. Aber Guttenberg war auch kein Oberpfälzer, sondern Oberfranke. Einmal hatte Guttenberg gesagt: "Die Bedrohung dieses Landes, wenn wir über Bündnis- und Landesverteidigung reden, sind nicht mehr zwingend Panzerarmeen an unseren Grenzen. Ich sag immer etwas despektierlich: Der Russ steht nicht mehr vor der Oberpfalz. Das hat sich verändert." Diesen Satz haben die Menschen im oberpfälzischen Pfreimd genau registriert. Denn in der nahen Oberpfalz-Kaserne stehen noch immer 44 Leopard-Panzer. Rund 1000 Soldaten und zivile Angestellte arbeiten dort. Die Bundeswehr ist der wichtigste Arbeitgeber in dem 5000-Einwohner- Städtchen. Wie lange noch? "Man spricht ja davon, dass zwei oder drei Panzerbataillone aufgelöst oder stillgelegt werden sollen. Wir hoffen und bangen und können den Minister noch nicht richtig einschätzen." Mit ,Minister' meint Kimmerl Thomas de Maizière, den Nachfolger Guttenbergs im Verteidigungsministerium. Ursprünglich sollten die Standort-Entscheidungen im Sommer fallen, aber Kimmerl wird noch länger bangen: "Ich rechne erst mit einer Entscheidung nach den letzten Landtagswahlen in Deutschland." Die sind im Herbst. Bis dahin steckt Kimmerl in der Zwickmühle. Wenn er zu fleißig Werbung für den Standort Pfreimd macht, sieht es aus, als habe er die Bundeswehr schon abgeschrieben: "Wir haben noch keinen Plan B, das müssen wir uns erst noch überlegen. Wir setzen momentan voll auf den Plan A. Wir würden zunächst schon in ein Loch fallen, aber dann müssten wir schauen, dass wir uns ein Netz aufbauen, um aus dem Loch wieder herauszukommen." Teil dieses Netzwerks könnten andere Kommunen in Bayern sein, deren Bundeswehr-Standorte längst dichtgemacht wurden. In Passau zum Beispiel schloss in den 90er Jahren die Ritter-von- Scheuring-Kaserne. Auch dort arbeiteten, wie in Pfreimd, rund 1000 Soldaten und Zivilangestellte. Die Stadt verwandelte das militärische Sperrgebiet in einen modernen Messestandort. Es entstand der neue Stadtteil Kohlbruck, erklärt Passaus Sprecher Herbert Zillinger: "Kohlbruck hat sich sehr, sehr gut entwickelt. Es wurde ein Gewerbepark geschaffen, das Dult- und Messegelände wurde aus der Innenstadt in den Stadtteil Kohlbruck verlagert. Es ist ein Wohnpark entstanden. Und wir haben heute derzeit 113 Firmen in Kohlbruck ansässig. Mit knapp 2000 Arbeitsplätzen." Das sind mehr Stellen als damals, zu Bundeswehr-Zeiten. Das neue Wahrzeichen von Kohlbruck ist die moderne Dreiländer-Arena. Sie hat die alte Nibelungenhalle ersetzt, in der die CSU früher Jahr für Jahr ihren politischen Aschermittwoch beging. Der Wandel vom Bundeswehr- zum Industrie- Standort verlief nicht reibungslos. Vor allem aus der Politik gab es Druck, erinnert sich Passaus früherer SPD-Oberbürgermeister Willi Schmöller. Die CSU habe ihn einen "Totengräber der Kaserne" genannt. "Aber wenn man sich die politische Entwicklung angeschaut hat, als Realist: die Grenzen sind gefallen, der Ostblock hat sich aufgelöst. Wir haben gedacht: das könnte eine Chance sein für Passau. Mir wurde vorgeworfen, ich hätte mich zu wenig gerührt für die Bundeswehr. Der damalige Ministerpräsident Streibl mit seinem Kanzleichef, die haben mich zur Schnecke gemacht. Da hab ich gesagt: Sie, ich bin zwar in Passau ein wichtiger Mensch, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die europäische Verteidigungs-Strategie durch einen kleinen OB in Passau beeinflusst wird. Wenn der Entschluss gefallen ist, dann müssen wir das Beste daraus machen. Und das haben wir letzten Endes versucht." Das will auch Arnold Kimmerl versuchen, der Bürgermeister von Pfreimd. Wenn es denn einmal so weit kommen sollte. Schon jetzt stellt er die strategischen Vorteile seiner Gemeinde heraus: "Von der Lage her sind wir gut dran, wir haben das Autobahnkreuz "Oberpfälzer Wald", das ist eigentlich die Schlüsselposition zum Osten in süddeutschen Raum schlechthin. Das ikst der einzige Autobahn-Übergang nach dem Osten hin, nach Tschechien, weiter nach Polen, Ukraine, Weißrussland. Das ist eine wichtige Stellung. Wir sind also der letzte Posten Deutschlands, bevor der Osten losgeht. Das ist unsere Chance, dass wir uns hier stark machen und positionieren." Es ist nicht so, dass die Pfreimder Bürger jubelten, wenn sie den Lärm der Panzergeschütze und das Brüllen der Dieselmotoren los wären. Die Bundeswehr ist Teil des Ortes, die Bürger nennen sie "unsere Soldaten". Ein Truppenabzug wäre ein harter Schlag. Aber, sagt Kimmerl: "Man muss das einfach hinnehmen. Die Spannung, die in der Luft liegt, muss man aushalten. Wir müssen das Beste daraus machen." Länderreport Magazin Bundeswehrstandorte 8.April 2011 Viel investiert - schützt das vor Schließung? Mit dem neuen Logistikzentrum im thüringischen Bad Frankenhausen hofft die Bundeswehr, die Reform zu überleben Länge: 6'00 Autorin: Blanka Weber Redaktion: Heidrun Wimmersberg ___________________________________________________________________________ __ Anmoderation: In Thüringen gibt es 12 Standorte der Bundeswehr. In den vergangenen 20 Jahren sind 600 Millionen Euro in Kasernen und Armee-Logistik investiert worden. Schützt nun diese hohe Summe vor der Tatsache, dass Standorte geschlossen werden sollen? Von Seiten der Bundeswehr heißt es Nein. Und keiner weiß, was die Zukunft bringen wird. Oder besser gesagt der neue Minister, der sich - zumindest sagte er es - Zeit nehmen will. Im Herbst soll klar sein, wie die Standort-Debatte weiter geht. Nun zählen die Kasernen in Thüringen nicht nur zu den modernsten, sondern sie befinden sich auch oftmals in strukturschwachen Regionen weit weg von Ballungszentren. Ein Blick nach Nordthüringen, in die Kyffhäuserkaserne. BEITRAG: "Der Arbeitstag beginnt in der Regel damit, dass wir morgens früh uns mit dem Stab zusammensetzen und den Tag strukturieren." Wird in Berlin entschieden, mehr deutsche Soldaten nach Afghanistan zu schicken, kann dies auch das Tagesgeschäft von Oberstleutnant Gunar Steinseifer betreffen, dem Bataillonskommandeur in Bad Frankenhausen: "Und das muss natürlich von unterschiedlichen Abteilungen, Personal, Material bewertet werden, ob das Auswirkungen hat." Der thüringische Standort Bad Frankenhausen ist zuständig für Logistik, vom Schraubenschlüssel bis zur Radkappe - im Inland, aber auch bei den Auslandseinsätzen, wie in Kundus. Gunnar Steinseifer plant gerade seinen nächsten Afghanistan- Einsatz mit 370 Soldaten: "Und werden dort wieder die Versorgung der deutschen Anteile in der gesamten Nordregion in Afghanistan durchführen. Schwerpunkt ist Mazar el Sharif, dort ist die logistische Basis und von dort aus werden dann einzelne Teile bis hin nach Feyzabad oder Kundus aus der logistischen Basis versorgt." Trainiert wird das zu Hause - sagt der Oberstleutnant, der Mitte 40 ist. "Also wir müssen ja dort spezielle Dinge vorbereiten und ausbilden. Und das muss man sehr, sehr genau trainieren, also die Zusammenarbeit zwischen den kämpfenden Teilen und den logistischen Teilen, die transportieren, und das muss kleinst, kleinst trainiert werden, drillmäßig geübt werden, damit es dann unter Belastung im Gefecht auch wirklich funktioniert." Bewerber für diese Einsätze gibt es genug, sagt der Auslands erfahrene Kommandeur. Ob das auch nach der Bundeswehr-Reform so sein wird, ist unklar. Ebenso, was aus seinem Standort in Thüringen wird. Die Landesregierung spricht sich dafür aus, alle 12 Standorte zu erhalten. Denn die Bundeswehr ist ein großer Arbeitgeber im Land. Beispiel Bad Frankenhausen am nördlichen Rand Thüringens gelegen. Die Region gehört zu den strukturschwachen des Landes. 15% Arbeitslosigkeit. `Wir sind trauriges Schlusslicht!, resümiert der Bürgermeister des Ortes. Die Abwanderung ist hoch: "Bad Frankenhausen hat seit der Wende in den 20, 21 Jahren - 23% an Einwohnern verloren, bisher. Wir haben jetzt nur noch 9.000 Einwohner mit den Ortsteilen und die Prognose für die nächsten 9 Jahre sieht einen weiteren Verlust von 11% vor." Matthias Strejc gehört zu der jungen Generation des Ortes. Mit 29 Jahren wurde er in das Amt des Bürgermeisters gewählt. Er kennt die Sorgen der Region und der gleichaltrigen, jungen Generation: Wenig Wirtschaft, wenig Investitionen. Selbst die Bahnlinie wurde vor Jahren stillgelegt. Der Ort ist nicht mehr angebunden an das Netz. Trotz großartiger Kulisse von Panorama-Museum und Kyffhäuserdenkmal - es ist eine vergessene Region. Umso wichtiger (also) ist der Standort eines Bataillons mit derzeit 1.500 Soldaten und mehr als 100 zivilen Beschäftigten. Die Bundeswehr ist hier einer der wichtigsten Konsumenten, Auftrags- und Arbeitgeber, sagt Strejc. "Und es wäre nicht auszudenken, wenn die Bundeswehr nicht mehr vor Ort wäre. Es geht hier los bei Investitionen, wo auf heimische Unternehmen zurück gegriffen wird, es geht im Dienstleistungsbereich weiter, bei Dingen des täglichen Bedarfs, deshalb ist es wirklich ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Bad Frankenhausen." Atmo/ Mittagspause in der Kantine der Bundeswehr. Auch Gunnar Steinseifer greift zum Tablett. Die gesamte Verpflegung kommt aus der Region: Brot, Fleisch, Gemüse und Obst - alles wird von hier bezogen. "Wir haben hier ein relativ neues Küchengebäude." Wenn gebaut oder repariert wird - auch davon profitieren einheimische Firmen. Allein in den vergangenen 10 Jahren sind 15 Millionen Euro investiert worden. 150 Millionen waren es vorher. Der Standort gehört zu den modernsten bundesweit und sein Standard ist topp, sagt der Oberstleutnant: "Also der Standort an sich ist sehr, sehr breit aufgestellt, durch die Infrastrukturen und alles andere ist er bestens aufgestellt, um auch in einer zukünftigen Struktur berücksichtigst zu werden." Wer am Ende das Rennen macht, darüber wird auch bei Oberstleutnant Steinseifer diskutiert. Ob nun die Thüringer Standorte die besseren, weil moderneren, sind, wird am Ende kein großes Argument sein - so der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold: "Ich sehe eine Chance durch den neuen Minister, die ganze Reformdebatte vom Kopf auf die Füße zu stellen. Beginnend mit einer sicherheitspolitischen Bewertung die Frage zu beantworten, welche Bundeswehr mit welchen Fähigkeiten brauchen wir in Zukunft, dann kommt der 2.Schritt. Welchen Umfang brauchen die Streitkräfte und dieser Umfang muss dann auch seriös finanziert werden. Das ist ja bisher auch nicht der Fall." Eines findet Rainer Arnold ebenfalls wichtig in der Standortdebatte: Die Bundeswehr hat in den neuen Ländern vergleichsweise weniger Standorte, dafür aber mehr Nachfrage: Oberstleutnant Steinseifer in Bad Frankenhausen kann sich über fehlende Bewerber und Bewerberinnen nicht beklagen: "Das Logistikbataillon hat eine überdurchschnittlich hohe Frauenquote. Wir haben schwankend eine 12 - 13% Anteil von weiblichen Soldaten in allen Dienstgradgruppen....Ähm... Hier sehen wir gerade einen weiblichen Soldaten - ähm - beim - beim Einparken. Beim Rückwärtseinparken. Was ... wunderbar funktioniert!" `Zum Glück!` sagt der Kollege nebenan (!) Mehr Frauen also in der Bundeswehr, zumindest in der Logistik in Bad Frankenhausen. Anmod: Länderreport Magazin Bundeswehrstandorte 08.04.2011 Die Zeit nach der Bundeswehr - wie Hemer im Sauerland den Abzug der Truppen verdaut hat Länge: 6'15 Autor: Rainer Brandes Redaktion: Heidrun Wimmersberg _______________________________________________________ ____ Anmoderation: Was anderen Städten in Deutschland erst noch bevorsteht, das hat die Stadt Hemer im Sauerland schon hinter sich. Wie viele Städte in Nordrhein-Westfalen war auch die 37 000-Einwohnerstadt jahrzehntelang eine wichtige Garnisonsstadt. In der Hochzeit des Kalten Krieges waren hier gleichzeitig britische, kanadische und deutsche Soldaten stationiert. Am Ende blieb noch die Bundeswehr. Doch vor fünf Jahren war auch damit Schluss. Übrig blieb ein riesiges Kasernengelände direkt am Rande der Innenstadt. Dazu ein Truppenübungsplatz. Die Kommunalpolitiker standen vor der Frage: Was machen wir mit dem Gelände? Die Antwort: Blühende Landschaften und ein ganz spezielles Gewerbegebiet. Und zumindest das mit den blühenden Landschaften hat geklappt, wie unser Reporter Rainer Brandes erfuhr. Beitrag: OT Grothe 1 (0'27''): "Herzlich willkommen in Hemer hier auf dem Gelände der ehemaligen Landesgartenschau. Ehemalig leider, weil ja nun die Landesgartenschau von 2010 im vergangenen Jahr zu Ende gegangen ist. Aber zum Glück haben wir hier auf unserem wunderschönen Gelände einen neuen, neuen Park entstehen lassen können, der genau das beinhaltet, was auch in der Landesgartenschau gewesen ist." Atmo Vögel zwitschern [unter den Text legen] Ute Grothe ist immer noch ganz begeistert, wenn sie Besucher über das alte Bundeswehrgelände in ihrer Heimatstadt führt. Dass der große Exerzierplatz vor dem Standortgebäude der Blücherkaserne einmal umsäumt sein würde von blühenden Blumenbeeten und neu gepflanzten Bäumen, das hätte sich die 65-Jährige noch vor wenigen Jahren nicht träumen lassen. Damals war hier alles noch trist und grau. Bis 2006 waren auf dem Gelände noch mehrere Tausend Bundeswehrsoldaten stationiert. Doch daran erinnert nur noch ein kleiner Museumsraum im Erdgeschoss des alten Kasernengebäudes. Heute residiert dort die Verwaltung der städtischen Sauerlandpark-Gesellschaft. Sauerlandpark: So heißt das Gelände jetzt, auf dem im vergangenen Jahr über eine Million Menschen die Landesgartenschau Nordrhein-Westfalen besuchten. Jetzt aber liegt der Park in einem Dornröschenschlaf. Erst Mitte April öffnen sich die Tore wieder für die Besucher. Atmo Hämmern Nur hier und da wird die Ruhe von Handwerkern gestört, die die Baracken und Pavillons wieder auf Vordermann bringen. OT Grothe 2 (0'12''): "Ja, hier sind wir jetzt in den Themengärten. Im Moment wird ja noch rechts und links gewerkelt. [ab hier bei 0'06'' blenden] Themengärten sind ja das Herz..." Während sie an Beeten mit Stiefmütterchen, Steingärten und Wasserspielen vorbeischlendert, freut sich Ute Grothe über den Gewinn an Lebensqualität, den die Stadt Hemer durch den neuen Park bekommen hat. OT Grothe 2 (0'25''): "Das Wunderbare hier an unserer Landesgartenschau ist ohnehin die Tatsache, dass also nichts zurückgebaut worden ist. Es ist nur umgebaut worden an einigen Stellen, um das Ganze passend zu machen. Das war bei uns wirklich ein Glücksfall, dass das in der Konzeption gleich von Anfang an so dabei gewesen ist. Und wir sind also sehr, sehr dankbar dafür, dass es hier so vortrefflich gelungen ist." Die pensionierte Lehrerin ist sich sicher: Es ist nicht nur der neue Freizeitpark, der das Leben in Hemer lebenswerter macht. Das Erfolgserlebnis eines geglückten Strukturwandels habe die Menschen verändert: OT Grothe 4 (0'18''): "Da wir ja hier in Hemer unglaublich zusammengerückt sind im vergangenen Jahr. Die Landesgartenschau hat also eine große Auswirkung auf das Selbstbewusstsein der Menschen hier vor Ort gehabt und auch eine positive Auswirkung auf das Miteinander." Auf den ersten Blick scheint sich dieser Eindruck zu bestätigen. Vom Sauerlandpark führt eine neu angelegte Straße ins Tal hinunter in die Stadt. Wo vor fünf Jahren noch alte Industrieruinen vor sich hingammelten, stehen jetzt schmucke Wohnhäuser. Atmo Fußgängerzone [kurz frei stehen lassen, dann unter den Text legen] Auch die Fußgängerzone und der Platz vor dem Rathaus wurden neu gestaltet - mit hellem Pflaster und einem Wasserspiel. Die Einwohner Hemers sind begeistert: OT Vox Pop (0'15''): "Is eigentlich sehr schön geworden. Also, sind schon positiv überrascht." "Oohh, alles! Die ganze Stadt ist anders! Schöner!" "Na, die Straßen und alles ist schöner geworden." "Ich meine, ohne Landesgartenschau hätten wir die schöne Stadt Hemer nicht." Ein paar Schritte weiter steht Mahmut Aslan vor seinem Juwelierladen und wartet vergeblich auf Kundschaft. Als Geschäftsmann kann er die Begeisterung nicht teilen. OT Aslan (0'16''): "Ich glaube geschäftlich - gar nix gebracht, weil die ganzen Leute nach oben gegangen, aber zurück in die Stadt nicht gekommen. Ich habe sehr viel gehofft, und deshalb: Ich bin enttäuscht." Atmo Ladentür In der Bäckerei gegenüber bläst Filialleiterin Inge Rohm ins selbe Horn. Früher, als noch die Soldaten in der Stadt waren, da seien die Geschäfte besser gelaufen. OT Rohm (0'10''): "...weil die doch mehr in der Stadt waren zur Beköstigung. Also, was uns jetzt betrifft. Mit den anderen kann ich nicht mitreden, aber was jetzt uns jetzt halt betrifft." Doch Bürgermeister Michael Esken ficht das nicht an. Für ihn zählt die Leistung, innerhalb von nur knapp vier Jahren aus einer Bundeswehrbrache einen blühenden Park gemacht zu haben - plus den Umbau der Innenstadt Insgesamt hat das die Stadt 25 Millionen Euro gekostet. Fast noch einmal so viel hat das Land zugeschossen. OT Esken 1 (0'17''): "Man muss sich mal vorstellen, hätten wir die Landesgartenschau nicht gehabt, wär' die Innenstadt nicht umgestaltet worden und das Einkaufspflaster Hemer wäre für die Einzelhändler noch unattraktiver geblieben, muss man an dieser Stelle sagen. Wir haben die Stadt so umgebaut, wie man es sonst in 20 Jahren nicht schafft." Der scheinbar so erfolgreiche Wandel der Stadt Hemer hat noch eine zweite Seite, über die die meisten Hemeraner nicht so gerne sprechen. Geht man vom schmucken Sauerlandpark nur wenige Hundert Meter weiter, gelangt man in ein Gewerbegebiet mit alten, rissigen Panzerstraßen aus Beton und großen Gerätehallen. Hinweisschilder zeigen den Weg zum Produktionsgelände eines Maschinenbauunternehmens. Doch an der Einfahrt versperren rot-weiße Flatterbänder den Weg. Die Gebäude sind verwaist. Atmo Metallrohre schlagen im Wind aneinander Der Wind spielt mit den Zapfhähnen einer leeren Wassertankstelle für Löschfahrzeuge. Eigentlich sollte hier das Zentrum für Sicherheit und Katastrophenschutz entstehen - ein Prestigeprojekt der alten Landesregierung. Die Stadt Hemer war überzeugt und verkaufte das Gelände an eine Entwicklungsfirma. Die sollte Betriebe aus der Sicherheitsbranche hier ansiedeln. Zum Beispiel die Maschinenbaufirma, die alte Bundeswehrpanzer zu Löschfahrzeugen für Waldbrände umbauen und weltweit vermarkten wollte. Nur hat bis heute noch niemand einen solchen Löschpanzer gekauft. Und auch die anderen Geschäftsideen gingen nicht auf. Eine Firma nach der anderen meldete Insolvenz an. Bürgermeister Michael Esken gibt zu: OT Esken 2 (0'04''): "Das Sicherheitszentrum, das muss man so deutlich sagen, also, ist tot." Was dem Berufsoptimisten Esken jedoch keineswegs größere Sorgen bereitet. Denn - so sagt er - es gebe inzwischen genügend andere Gewerbetreibende, die Interesse an dem Gelände hätten. Schließlich sei Hemer ja jetzt eine attraktive Stadt. Konkreter will der Bürgermeister da aber nicht werden.