Energiewende Länderreport 18.6.2012 Autoren: Theo Geers, Dieter Nürnberger Redaktion: Heidrun Wimmersberg 1. Beitrag Theo Geers: O-Ton Merkel 1 Entlassung Röttgen Guten Tag, meine Damen und Herren, habe gem. Art 64 vorgeschlagen, Norbert Röttgen zu entbinden um so einen personellen Neuanfang möglich zu machen. Autor: Berlin, 16. Mai. Um halb fünf erklärt Angela Merkel im Blitzlichtgewitter der Fotografen etwas, was sie als Kanzlerin noch nie getan hat: Sie hat einen Minister entlassen, und zwar nicht irgendeinen, sondern eine zentrale Figur im Kabinett: Norbert Röttgen, den Umweltminister, zuständig für die Energiewende. Drei Tage zuvor hat er die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen krachend verloren, doch jetzt ist er nicht nur als Wahlkämpfer entzaubert, jetzt ist auch beim Umweltminister der Lack ab. Ein anderer muss her, Peter Altmeier. Er soll das wichtigste innenpolitische Projekt dieser Wahlperiode, die Energiewende, jetzt vorantreiben, eine Wende, bei der es bislang nicht richtig voran ging. O-Ton Keitel 1 Es wird höchste Zeit. Es muss Schluss sein mit einer zu romantischen Beschäftigung mit der Energiewende Autor: ...schimpft beispielsweise BDI-Präsident Hans-Peter Keitel und genüsslich rechnet der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann vor, was die Regierung aus Sicht der Opposition alles hat schleifen lassen: 1 Oppermann Die Länder, die Kommunen, die Energieunternehmen, die Investoren brauchen Planungssicherheit. Wir brauchen einen Fahrplan für die Netzinvestitionen, wir brauchen Finanzierungsgrundlagen für Offshore, wir brauchen Klarheit darüber, dass Investoren von Gaskraftwerken eine gewisse Renditesicherheit haben. All das ist bisher unterblieben, alle gucken auf die anderen bei der Energiewende, es ist regelrecht verschlafen worden, eigentlich müsste ein Masterplan vorgelegt werden, den hat Kanzlerin nicht in der Schublande, weil sie ein Jahr lang dem destruktiven Treiben ihrer beiden Minister Röttgen und Rösler tatenlos zugeschaut hat. Autor: Nun soll es also Peter Altmeier - zusammen mit Wirtschaftsminister Philipp Rösler - richten, wobei auch für Peter Altmeier Eines unumstößlich feststeht: O-Ton Altmeier 1: Der Abschied von der Kernenergie ist definitiv und endgültig. Autor. Damit bleibt es also bei den Konsequenzen, die in Deutschland nach der Atomkatastrophe von Fukushima Programm wurden: Ende 2022, also in gut 10 Jahren, wird das letzte Atomkraftwerk in Deutschland abgeschaltet, gleichzeitig wird der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung steigen - von jetzt rund 23 % auf 35 % bis 2020 und sogar auf 80 % bis 2050. Das läuft auf einen Komplettumbau der Stromversorgung hinaus, und das heißt kurzfristig vor allem eins: Es müssen neue Stromnetze gebaut und vorhandene ertüchtigt werden. Denn Energiewende heißt, dass im Norden, da wo die Windverhältnisse günstig sind, noch mehr und noch größere Windparks entstehen, an Land wie in der Nord- und Ostsee. Und Atomausstieg heißt, dass der Strom, der im künftig verstärkt im Norden produziert wird, in den Süden muss, wo die Verbraucher leben, wo aber die Atommeiler vom Netz gehen. Das ist schon heute eine Herausforderung.... Atmo Pulheim, darüber, Autor: Ortstermin. Das Allerheiligste ist gut gesichert. Ohne Codekarte kommt hier niemand hinein, in die Schaltzentrale von Amprion in Pulheim-Brauweiler, 15 km nordwestlich von Köln. An der Wand eine riesige Schalttafel: 4 m hoch, 16 m breit. Ab und zu ertönt ein leiser Gong oder es klingelt ein Telefon, gesprochen wird dann mit gedämpfter Stimme. Ansonsten herrscht Ruhe und so soll es auch sein. Nur keine Hektik, egal was passiert - das strahlt dieser Raum aus. Hier wachen Ingenieure Tag und Nacht über 11 000 km Hochspannungsleitungen, vom Emsland im Nordwesten bis hinunter nach Österreich, sorgen dafür, dass immer genau so viel Strom in Netz ist wie gerade verbraucht wird. Eine falsche Entscheidung hier in Brauweiler - und bei 27 Mio. Stromkunden ginge, wenn es ganz schlimm käme, das Licht aus. Das wären 1/3 aller Haushalte in Deutschland. Und Blackout hieße: kein Licht, keine Heizung, keine Eisenbahnzüge, aber auch kein Sprit an der Tankstelle; kein Arbeiten im Job, kein Telefon, kein Internet; kein Einkaufen im Supermarkt, kein Kochen, kein Kühlschrank, keine Toilettenspülung, kurzum: keine Zivilisation. Zumindest nicht in einem Land wie Deutschland. Das zu verhindern ist der Job von Schaltingenieuren wie Jens Scharfenberg. Er hat gerade Dienst. O-Ton: Scharfenberg 1 Und wenn es dann zu so Tagen, wo man viel Windeinspeisung hat, wo dann im Süden viele Kraftwerke abgeschaltet werden, und die komplette Energie aus dem Norden in den Süden transportieren musst, dann wird es eng. Autor: Jens Scharfenberg will die Lage nicht überdramatisieren, aber an manchen Tagen im letzten Winter war es knapp im Netz, etwa am 13. Februar. Da schrammte Deutschland fast einen halben Tag lang am Blackout vorbei, da fehlte plötzlich Strom im Netz, die letzten Reserven mussten mobilisiert werden, wobei bis heute unklar ist, warum alles so knapp war. Doch der 13. Februar zeigt. Es müssen Leitungen gebaut werden, doch der Ausbau geht nicht schnell genug, beklagt Amprion-Geschäftsführer Hans-Jürgen Brick: O-Ton Brick Amprion Oft sind es kleine Dinge, die Netzausbau verzögern. Mal ist es die unzureichende personelle Ausstattung einer Netzbehörde, mal sind es unklare Formulierungen in Gesetzen. Oder es sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Vorgehensweisen bei der Genehmigung von Stromtrassen. Autor: Das Ergebnis: Von 1800 Km neuen Stromleitungen, die 2009 mit Vorrang beschlossen wurden, sind gerade mal 200 km fertig und noch weniger in Betrieb. Für die Energiewende müssen aber bis 2020 noch einmal 3800 km allein an Fernleitungen gebaut werden, gedacht ist an vier Korridore von Nord nach Süd, Kosten. 20 Mrd: Euro. Nur für den Bau an Land. Hinzu kommen noch einmal 12 Mrd. Euro für den Anschluss der Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee und geschätzte 25 Mrd. Euro für die Ertüchtigung der örtlichen Versorgungsnetze, in die immer mehr dezentrale Stromerzeuger einspeisen - vor allem private Photovoltaikanlagen, aber auch Biogasanlagen oder Blockheizkraftwerke, deren Zahl immer weiter zunimmt. Die Bundesregierung verspricht Abhilfe zumindest bei den Überlandleitungen. Bis Ende des Jahres soll der Netzausbauplan für Deutschland stehen, und um die Planungen und Genehmigungen zu beschleunigen, will Angela Merkel sich regelmäßig mit den Ministerpräsidenten der Länder reden. Merkel hat die Energiewende zur Chefsache gemacht: Merkel 2 Wir haben verabredet, dass wir uns halbjährlich zu treffen, um Fortschritte und nicht erledigte Aufgaben zu identifizieren - auf Chefebene, auf Seiten der Länder wie des Bundes. Und wir haben in einer Vielzahl von den einzelnen Themen Arbeitsaufträge erteilt und gemeinschaftliche Vorgehensweisen vereinbart. Autor. So wollen Kanzlerin und Ministerpräsidenten dafür sorgen, dass bis 2022 all die neuen Fernleitungen an ihren Masten hängen. Parallel dazu müssen aber auch neue Kraftwerke gebaut werden. Doch hier gibt es ein weiteres Problem: Vorrang im Netz hat immer der Ökostrom. Und je mehr davon erzeugt wird, desto häufiger müssen konventionelle Kraftwerke gedrosselt werden, da das Netz immer nur so viel Strom verkraften kann wie gerade verbraucht wird. Das aber lässt Investoren beim Bau neuer Kraftwerke zögern. Denn wenn diese immer nur noch zugeschaltet werden oder mit halber Kraft laufen, kommen auch modernste Gaskraftwerke nicht auf die nötigen Betriebsstunden, um rentabel zu sein. Zumal Deutschlands Ökostromerzeuger schon heute Weltrekorde aufstellen, etwa am sonnigen Pfingstsamstag, als zur Mittagsspitze allein 20 000 Megawatt an Solarstrom im Netz waren. Und Peter Altmeier, der neue Bundesumweltminister, ist sicher, dass es beim jetzigen Ausbautempo der Tag kommen wird, O-ton: Altmeier ..dass wir an einem sonnigen Tag, wo der Wind ordentlich weht, demnächst imstande sind, die Energieversorgung in Deutschland aus erneuerbaren Energien zu bestreiten. Autor. Dennoch muss auch für kalte, trübe und windstille Wintertage vorgesorgt werden, ohne dass dafür unnötige Doppelstrukturen aus konventionellen Kraftwerken und den Erneuerbaren geschaffen werden. Altmeier 3 Natürlich brauchen wir Kohle und Gaskraftwerke. Ich glaube nicht, dass wir uns eine komplette doppelte Energievorsorgung auf Dauer werden leisten können. Autor. Mehr Abstimmung, mehr Koordination - das gehört deshalb für Peter Altmeier zur Energiewende dazu. Und Peter Altmeier weiß, das ist sein Job. Er weiß auch, dass mit der Energiewende viel auf dem Spiel steht, national mit Blick auf eine bezahlbare, saubere und klimaverträgliche Stromversorgung, und auch international gilt es einen Ruf zu verteidigen..., Altmeier 2 Die Frage ob die Energiewende gelingt, die Frage, wie die Energiewende gelingt, entscheidet über das Image Deutschlands weltweit. Die Energiewende wird auch beobachtet, argwöhnisch, mit Interesse beobachtet. Und diese Leute gehen davon aus, wenn es ein Land es schafft, dann ist es Deutschland. 2. Beitrag Dieter Nürnberger Energiewende in Deutschland . Eine Bilanz Länderreport, 18.06.2012 ________________________________________________________________ Ein wichtiges Stichwort in Zusammenhang mit der Energiewende heißt derzeit Vermittlungsausschuss. Es sind die Baustellen Photovoltaik-Förderung und energetische Gebäudesanierung. Seit Monaten schon wird nach einem Kompromiss zwischen Bundestag und Bundesrat gesucht. Zwei Baustellen, die schnell beseitigt werden sollten - schließlich geht es um Planungssicherheit für die Beteiligten. Die Solarbranche trägt im Jahresdurchschnitt mit lediglich 3 bis 4 Prozent zum deutschen Strommix bei. Zwar kann sie an schönen Tagen deutlich mehr leisten, doch eine Sonnengarantie gibt es hierzulande bekanntlich nicht. Allerdings liegen die Kosten, die die Förderung der Solarbranche verursacht, weit über diesem Durchschnittswert. Mehr als 6 Milliarden Euro, so das Bundeswirtschaftsministerium, also fast die Hälfte der Umlage für erneuerbare Energien, würden durch die Solarbranche verursacht. Und genau darum dreht sich der Streit. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sieht die Kosten aus dem Ruder laufen: Wollen wir das bezahlen? Oder wollen wir nicht gemeinsam überlegen, vielleicht das eine oder andere an Mechanismen zu ändern? Um gleichzeitig zu einem Ausbau der erneuerbaren Energien zu kommen und diesen Ausbau bezahlbar zu halten. Das Gesetz über die Erneuerbaren Energien beinhaltet bereits als Grundregel, die Sätze der Einspeisevergütung kontinuierlich abzusenken. Da die Kosten für die Einspeisung stärker stiegen als erwartet, verordnete die Politik bereits in der Vergangenheit mehrmals eine zusätzliche Kürzung. Doch die jüngste Einsparrunde, noch eingefädelt vom damaligen Umweltminister Norbert Röttgen und seinem Kabinettskollegen Philipp Rösler - scheiterte am Votum der Bundesländer. Die schauen auf Tausende von Arbeitsplätzen, die entstanden sind. Die beabsichtigte Kürzung der Solarfördersätze um bis 30 Prozent scheiterte deshalb Mitte Mai auch an einzelnen CDU-regierten Ländern, wie Thüringen oder Sachsen-Anhalt. Wie bei keiner anderen Baustelle der Energiewende geht es bei der Solarenergie auch um soziale Belange. Die Bundesregierung will auf jeden Fall weiter kürzen, weil sonst die Umlage für die Verbraucher zu teuer werde. Denn Experten erwarten, dass diese künftig die derzeitigen 3,5 Cent pro Kilowattstunde Stromverbrauch, die der Kunde zahlen muss, deutlich übersteigen wird. Gleichzeitig jedoch kriselt die Branche heftig, weil die Konkurrenz aus China immer mächtiger wird und auch günstiger produziert. Hinzu kommt, dass der Weltmarkt mit Solarmodulen ohnehin gesättigt ist, was zu einem deutlichen Preisverfall geführt hat. Die Folgen sind mehrere Unternehmenspleiten - so musste im Frühjahr beispielsweise Christopher Burghardt, der Deutschlandchef von Solar First in Frankfurt/Oder, die Schließung des Standortes ankündigen: Nach einer intensiven Analyse- und Prüfungsphase mussten wir einige harte Entscheidungen treffen. Als Teil des globalen Restrukturierungsprogramms wird das Werk in Frankfurt /Oder geschlossen. Und die Vertriebsaktivitäten in Europa den neuen Marktgegebenheiten angepasst. Zwar sind die Gründe für solche Unternehmensentscheidungen überwiegend dem globalen Markt geschuldet, doch werfen Kritiker der Bundesregierung vor, mit der Kürzung der Fördersätze, die angespannte Lage noch verschärft zu haben. Denn die eine oder Solarpleite gab es ja dann im April oder Mai, immer mit Verweis auf die Kürzungen. Übrigens hat Solar First inzwischen angekündigt, nun doch nicht Ende Oktober die Produktion einzustellen. Der Grund sind Mitnahmeeffekte - die Drohung, die Fördersätze zu kürzen, sorgte für mehr Nachfrage. Kein unbekannter Faktor - denn bislang hat noch jede angekündigte Kürzung zu einem weiteren dynamischen Ausbau der Photovoltaik auf Deutschlands Dächern geführt. Und noch immer können Bauherren ordentliche Renditen erzielen, weil die im Erneuerbare-Energien-Gesetz verankerte Einspeisevergütung auf jeweils 20 Jahre festgelegt ist. Auch die Solarbranche hat deshalb signalisiert, weitere Kürzungen mitzutragen, allerdings nicht in Höhe und Tempo, der von der Regierung geplanten Maßnahme. Ein Kompromiss könnte sein, die geplanten Kürzungen zeitlich zu strecken. Dagegen sperrt sich im Moment allerdings Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler. Für die oppositionelle SPD hofft Fraktions-Vize Hubertus Heil auf mehr Fingerspitzengefühl der Regierung. Ich glaube, dass die Abbaupfade der Förderung zu krass sind. Und, dass man darüber reden muss, was die Einspeisevergütung für die Solarindustrie bedeuten, um in Deutschland auch eine wettbewerbsfähige Industrie zu haben. Da wollen wir schon wissen, was die Bundesregierung hier für deutsche Arbeitsplätze gedenkt zu tun. Das werden die Ministerpräsidenten - übrigens unabhängig davon, ob sie von der CDU oder der SPD sind - der Regierung in das Stammbuch schreiben. In der vergangenen Woche konnte noch kein Kompromiss erzielt werden. Allerdings hofft der neue Umweltminister Peter Altmeier (CDU), dass bis Ende Juni - also noch vor der parlamentarischen Sommerpause - eine Lösung gefunden wird. Vertagt wurde auch die Entscheidung über eine weitere Baustelle der Energiewende - die energetische Gebäudesanierung: Ein wichtiger Aspekt, denn der Gebäudebestand in Deutschland wird für rund 40 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs verantwortlich gemacht. Beispielsweise verfügen rund 70 Prozent der Häuser über keine relevante Wärmedämmung. Deshalb gilt der Gebäudebereich als besonders wichtig für ein Vorankommen beim Klimaschutz. Die mittel- und langfristigen Ziele der Bundesregierung sind eindeutig: Der Primärenergieverbrauch der Gebäude soll bis 2020 um 20 Prozent sinken, langfristig - bis 2050 - sollen es sogar 80 Prozent weniger sein. Auch hier geht es ums Geld. Im Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat wird derzeit immer noch darüber gestritten, die Sanierungskosten steuerlich abzuschreiben. Solange diese Baustelle nicht abgeräumt ist, werde sich keine Dynamik entwickeln, sagt Rolf Kornemann, der Präsident von "Haus und Grund", das ist der Dachverband der deutschen Haus- und Wohnungseigentümer. Es gibt ein Gesetz, welches die schwarz-gelbe Koalition im Sommer vergangenen Jahres verabschiedet hat: Es sah vor, dass sowohl selbstnutzende, als auch Vermieter auf einen vernünftigen Zeitraum von 10 Jahren gestreckt, die Maßnahmen zu 100 Prozent abschreiben können. Leider ist dieses Gesetz am Einspruch des Bundesrates gescheitert. Und bis zur Stunde gibt es noch keinen Kompromiss, auf den sich der Bund und die Länder gemeinsam haben verständigen können. Bislang wurden in Deutschland rund ein Prozent der Gebäude jährlich energetisch saniert. Die Bundesregierung will das Tempo nun verdoppeln, um ihre Klimaschutzziele zu erreichen. Doch egal, ob Interessenvertreter der Eigentümer oder Lobbyist der Mieter, in einem Punkt sind sich alle Experten so gut wie einig. Wenn das Tempo zunehmen soll, dann muss auch mehr Geld in den Fördertöpfen dafür bereitstehen. Für Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund ist dies eine ganz einfache Rechnung. Es gab Jahre, da hat sie über 2 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt - und letztendlich ist in all diesen Jahren nur 1 Prozent des Gebäudebestandes tatsächlich energetisch modernisiert worden. Jetzt will die Bundesregierung 2 Prozent des Gebäudebestandes pro Jahr sanieren, mit quasi halb soviel Geld. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit, das wird nicht gehen. Zwar steht inzwischen fest, dass der Fördertopf für Zuschüsse der Kreditanstalt für Wiederaufbau, der KfW, in diesem Jahr 1,5 Milliarden Euro betragen wird, doch nach Einschätzungen einiger Fachleute ist das immer noch zu wenig. Hier reiht sich auch Stefan Kohler, der Chef der halbstaatlichen Deutschen Energieagentur, mit ein. Wir brauchen mittelfristig rund 5 Milliarden Euro Förderung pro Jahr. Deshalb lautet unsere Empfehlung: Neben den 1,5 Milliarden Euro für das Gebäudesanierungsprogramm der KfW zusätzlich noch die steuerliche Abschreibung zu verankern. Und dann noch das Gebäudesanierungsprogramm sukzessive auf ungefähr 2,5 Milliarden anzuheben. Dann können die Ziele der Bundesregierung erreicht werden. Bei der energetischen Gebäudesanierung warten alle Beteiligten nun auf Lösungen. Zum einen muss die Novelle der Energieeinsparverordnung auf den Weg gebracht werden: Hier geht um konkrete Vorgaben, was die Dämmung von Gebäuden angeht, es geht um Fensterglasstärken, die künftig als Standard bei der energetischen Sanierung zu gelten haben. Zudem auch um die Details beim Einbau energieeffizienterer Heizungen. Dieser Klärungsprozess wird sich wohl noch einige Monate hinziehen, derzeit gibt es nicht einmal einen zwischen den Ministerien abgestimmten Entwurf. Bei der Frage der steuerlichen Absetzbarkeit der Sanierungskosten hieß es in der vergangenen Woche zwischenzeitlich, dass eine Einigung möglich sei. Das war voreilig, denn die Aufteilung der Kosten zwischen Bund und Ländern ist komplex und schwierig. Wobei für viele Beteiligte auch noch nicht einmal endgültig geklärt ist, ob sich eine energetische Sanierung per se rechnet. Für Ein- und Zweifamilienhäuser wohl eher als für große Wohngebäude mit Dutzenden von Mietparteien. Rolf Kornemann, Präsident des Eigentümerverbandes "Haus und Grund" stellte dazu vor zwei Wochen eine neue Studie vor. Wir haben gerade ein großes Gutachten in Auftrag gegeben, dass auch andere Expertisen heranzieht - dieses kommt eindeutig zu dem Ergebnis, dass sich die energetische Sanierung nicht rechnet. Es rechnet sich überhaupt nur in Zusammenhang mit einer vollständigen Sanierung und Modernisierung der Gebäude. Wenn die sogenannten Sowieso-Kosten anfallen - also Kosten für die Instandhaltung. Wenn man dies in ein Paket einbezieht, dann ergibt es meistens einen positiven Saldo. Aber auch dann nicht in jedem Fall.