COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Nachspiel 24.8.2008 17:30-18:00 Uhr Peking 2008 Ein Olympiamagazin über Musik (Safri Duo) 14 Tage blickte die Sport-Welt nach Peking. Milliarden Zuschauer sahen perfekt organisierte Olympische Sommerspiele; einen Gastgeber, der soviel Gold wie noch nie gewann, herausragende Athleten und traurige Verlierer. Welchen Stellenwert wird Peking in der olympischen Geschichte einnehmen? - Ein Gespräch mit Professor Gunter Gebauer, Philosoph an der Freien Universität Berlin. !!Die weiteren Themen:!! Überflieger - Wie die Stars Olympia beherrschten "Wie wir Chinesen dopen" / Glosse Übervoll - Wie die Sponsoren die Kassen füllen Überall - Wie ARD und ZDF das Spektakel sahen VORLIEGENDE MANUSKRIPTE: Glosse Mao tse Jandt Chinesische Klänge, freistehen lassen, kurz folgend unterlegen: Ni hao, hallo liebe Sportsfreunde aus Fernwest, wir haben es hinter uns gebracht, und so schlimm war es doch gar nicht. Nun können wir auch das Rezept verraten, mit dem wir an die Medaillen gekommen sind und warum niemand von unseren Sportlern des Dopings überführt wurde: Nashornpulver und gestößelter Tigerpenis im Verhältnis zwei zu eins in beide Nasenlöcher gesnieft, macht schlappe hundert Medaillen, egal in welcher Disziplin, ob Gewichtheben oder Segeln oder oder. Auch für unsere Pistolenschützen war das das beste Schießpulver. Bis zum Stehkragen voll und niemand kann das beanstanden, weil dieses Zeugs nicht auf der Dopingliste steht. Dieser nordkoreanische Schütze war da nicht so clever. Mit seinen Betablockern hat er sich ins eigene Knie geschossen und ist seine zwei Medaillen wieder los. Auch Michael Phelbs. Wir wissen nicht, was er genommen hat, aber die acht Goldmedaillen wird er vergessen können, denn seine Pröbchen werden acht Jahre lang aufbewahrt. Da wird man noch was finden. "Ich denk` nicht drüber nach, ich weiß ja, dass ich sauber bin", hat er gesagt. Diese stromlinienförmig gezüchtete Wasserratte, die nichts anderes kann als Weltrekorde schwimmen, während seine Mama achtmal auf der Tribüne vor Rührung flennt. Und er? Steht wie Tarzan neben dem Beckenrand, um mit geballten Fäusten und weit aufgerissenem Maul die überschüssige Chemopower rauszuschreien, das sagt ja wohl alles. Usain Bolt wiederum schreit geradezu danach, im Nachhinein noch wegen Dopings erwischt zu werden. Wer so provozierend die 100 Meter abtänzelt, ein Lauf von der Symbolkraft eines Stinkefingers, der hat es nicht anders verdient. Wir Chinesen aber putzen uns den Mund ab beziehungsweise die Nase, entfernen die Nashorntigerpenispulverreste und können endlich wieder frei durchatmen. Die Luft ist rein wie zuvor, kein Fernwestler stört mehr unsere Kreise, und die Olympischen Ringe könnt ihr getrost mit nach London nehmen. mit chinesischen Klängen raus Übervoll Wie die Sponsoren die Kassen füllen Von Gerd Michalek Die Olympischen Spiele sind für das IOC eine wahre Goldgrube: Für den Zeitraum zwischen Athen und Peking haben allein die 12 Topsponsoren 866 Millionen Euro gezahlt - so viel wie zuvor. Atmo 1: TV-Spot "Fertig, los - erleben Sie diese neue Touchscreen-Technologie.....des ....jetzt bei Ihrem..." Die fünf Olympischen Ringe verkaufen sich wie warme Semmeln, egal, ob die Sponsoren aus der Fast-Food, Getränke- oder Elektroniksparte kommen. Das IOC hat zwar mit den 12 Top- Sponsoren ausgehandelt, dass sie nicht in den Wettkampfstätten werben dürfen - die Olympische Ruhe würde ja gestört. Doch jeder kann die 5 Ringe auf sein Briefpapier oder in seinen Fernseh-Spots platzieren. Das gleiche Recht haben die Partner der nationalen Olympischen Komittees. Atmo 2: TV-Werbeclip: "Es gibt ein Zeichen für Zufriedenheit, ..." Und wie hat sich das globale Zielpublikum der Sponsoren, die Konsumenten also, im Frühjahr 2008 gefühlt? Dazu Stephan Schröder von der Kölner Agentur Sport + Markt: O-Ton 1 R 34:40 Wir haben eine Studie in allen olympischen Top-Ländern - wie Europa, China und USA - durchgeführt - das war im Mai - und haben die verglichen mit den von vor vier Jahren und man hat gesehen, dass der Trend eher negativ war. Die Begeisterung für Bejing war deutlich geringer als in Athen. Also sollte man meinen, dass daraus ein Imageschaden für die Top-Sponsoren resultiert. Doch das ist ein voreiliger Schluss. Die Studie der Agentur jedenfalls zeigt ein ambivalentes Ergebnis: O-Ton 2 Die Sponsoren hatten sehr gute Werte, auf Basis ihrer Bekanntheit, das muss man noch mal differenzieren, ist aber nachvollziehbar, im Gefolge der Diskussion um Menschenrechte, da wurden die Sponsoren häufig auch als Thema in den Vorder- grund geschoben. ...Deshalb waren die Bekanntheitswerte viel besser als in Athen. Nur ist die Frage, ob dieses die Bekanntheit ist, die die Sponsoren wollen? Die wollen ja ihre Bekanntheit im Zusammenhang mit tollen Spielen. Wie sehr solche zweischneidige Bekanntheit die Topsponsoren verunsichert, ist derzeit Spekulation. Genauso wie die Frage, wie sehr sie ihre Exklusivität verletzt sehen, wenn einfach ein 100-Meter-Olympiasieger seine Schuhe werbegemäß zum Himmel streckt, obwohl sie keine drei Streifen haben. Dem IOC wird das alles für die nächsten Spiele - 2012 in London - wohl kaum zum Nachteil gereichen. Denn die meisten Sponsorenverträge für den Olympiazyklus 2008 bis 2012 sind bereits unter Dach und Fach. Die Rede ist von 915 Millionen Dollar, das wäre erneut ein Rekordergebnis. Worüber werden die Sponsoren nachdenken, wenn sie Peking auswerten, (meint Marketing-Experte Stefan Schröder): 0-Ton 3 Es ist zu befürchten bei den nächsten Spielen, also nicht in London, sondern ab 2016 vielleicht in einem Land, das innenpolitische Probleme hat, was weltweit kritisiert wird, und dass es dann genau das gleiche Thema wieder geben wird. Und ich glaube schon, dass Sponsoren sehr stark darüber nachdenken, ob sie es einfach bedenkenlos weiterführen, oder ob sie genauer hingucken und auch mit dem IOC sprechen und sagen: "Wir hätten gerne kürzere Verträge, wir wollen nicht so lange Verträge. London ist toll, aber was ist mit dem nächsten Event? Wo ist das? Und kann ich da als Sponsor mir das vorher noch mal überlegen, ob ich das möchte?" Überall - Wie ARD und ZDF das Spektakel meisterten Zur Medienberichterstattung über Peking Autor: Günter Herkel Take 1 (0:05) Trailer Waldi und Harry Diese Olympischen Spiele, so spottete bereits wenige Tage nach der Eröffnung die Frankfurter Rundschau, werden nicht nur als die politischen, sondern auch als die gefälschten in die Geschichte eingehen. Vom Computer programmierte Feuerwerk-"Fußstapfen" über dem Olympiastadion, eine Sängerin, die zu einem vorab gespeicherten Lied nur die Lippen bewegte -da verwunderte es nicht, wenn manche Athleten bei der Siegerehrung in ihre Medaillen bissen, um deren Echtheit zu überprüfen. Auch manche sportliche Darbietung brachte den Betrachter ins Grübeln. Michael Konken, Vorsitzender des Deutschen Journalistenverbandes DJV: Take 2 (0:20) Konken: Ich glaube, dass die Öffentlichkeit bei einigen Leistungen auch sehr kritisch und doch mit vielen Fragen die Leistungen sieht. Journalisten haben dann auch die Pflicht, zu hinterfragen, wie solche Leistungen zustande kommen. Gerade der 100-Meter-Sieg hat gezeigt, ich weiß nicht, aber so richtig mit echten Dingen kann das doch nicht zugehen. Usain Bolts abgebremster Weltrekord weckte ebenso Zweifel wie etwas das Michael-Phelps- Festival mit acht Goldmedaillen, davon sieben in neuer Weltrekordzeit. Den Reportern merkte man das Bemühen an, die Sportler nicht unter Generalverdacht zu stellen. Direkte Fragen nach Doping, mit denen etwa ZDF-Moderator Johannes B. Kerner Altmeister Michael Johnson konfrontierte, kamen den Reportern eher selten über die Lippen. Da hatten es Waldi und Harry einfacher. Take 3 (0:11) W+H- Dialog Harry-Waldi-Franzi über Doping Angesichts zunächst eher durchwachsener Leistungen der deutschen Mannschaft übten sich ARD und ZDF zunächst in Galgenhumor. So etwa, als Radsport-Medaillenhoffnung Stefan Schumacher zu einem Telefonat mit seiner Mutter im heimischen Schwaben genötigt wurde. Take 4 (0:10) W+H Telefonat Schumacher mit seiner Mutter Natürlich boten die Sender im täglichen Wechsel ihre Moderatoren-Starriege auf. Routinier Johannes B. Kerner schaffte es, neben der Dauerpräsenz in Peking zwischendurch kurz nach Nürnberg zu jetten, um dort das Fußball-Länderspiel Deutschland-Belgien zu kommentieren. Ein klarer Fall für den Rechnungshof. ARD-Reporter Reinhold Beckmann ist offenbar immer noch auf der Suche nach der Balance zwischen Seelenforschung und Sportreportage. Einer,. der kaum eine Gelegenheit zum Menscheln auslässt. Etwa, als er versuchte, Franziska von Almsick Tränen der Rührung über das 100-Meter-Freistil-Gold ihrer Freundin Britta Steffen zu entlocken. Forcierte Emotionalisierung könnte man so etwas nennen. Bei Dressurreiterin Isabel Werth, die auf ihrem Hannoveraner Satchmo zu Beckmanns Leidwesen knapp die Goldmedaille verfehlte, kam seine nassforsche Art nicht gut an. Take 5 (0:12) Beckmann-Werth Isabel, wie zufrieden sind Sie mit Ihrem bockigen Wallach? Also erstens ist es kein bockiger Wallach, sondern einfach ein Pferd, was hier im Spezial Angst bekommen hat. Beckmann war es auch, der in süffisant-verschwiemelter Manier ein Stück über den so genannten "Rosenkrieg" zwischen einer US-amerikanischen und einer italienischen Schwimmerin ankündigte. Voyeuristische Beiträge wie dieser belegen, dass die Boulevardisierung des Sports längst nicht mehr Exklusivware des Privatfernsehens ist. Das gilt auch für den Einsatz ehemaliger Sportler als Ko-Kommentatoren. Take 6 (0:20) Konken: Da ist son Trend reingekommen, dass man versucht, vielleicht auch wegen der Einschaltquoten, immer bekannte Sportler und Sportlerinnen als Pseudo-Journalisten vorzuführen, die ihr Handwerk aber nicht gelernt haben. Mir wäre es lieber, wir haben wirklich die Experten, die Fachjounalisten, die wie früher uns erläutern, wie eine Sportart funktioniert, was da für Sportler sind, und die auch tiefer im Thema sind und die zumindest auch unabhängig dann ihre Meinung sagen können. Ein prominentes Beispiel für viele: Franziska van Almsick. Sie leistete sich die Peinlichkeit, in ihrer Kolumne "Franzis Peking" der doppelten Goldmedaillengewinnerin Steffen mit gnädiger Geste zur Anerkennung eine Autogrammkarte zu überreichen. Ein neuerlicher Beleg dafür, dass geschickte Selbstvermarktung und -Inszenierung nicht selten vor sportlicher Leistung rangiert. Almsick selbst blieb bekanntlich olympisches Gold versagt. Take 7 (0:10) van Almsick-Steffen Für Ärger sorgte gelegentlich eine mangelhafte Programmregie. So war das Halbfinale der deutschen Fußballfrauen gegen Brasilien in voller Länge auf zwei ZDF-Kanälen analog und digital zu sehen. Wer dagegen die wichtige Handball-Partie zwischen Weltmeister Deutschland und Europameister Dänemark live verfolgen wollte, ging leer aus. Ansonsten - war da nicht noch etwas? Die Einschränkungen der Pressefreiheit, die Klage über teilweise schikanöse Arbeitsbedingungen der ausländischen Reporter vor den Spielen, die Internet-Zensur der chinesischen Behörden? DJV-Chef Konken zieht ein eher resigniertes Resümee. Take 9 (0:30) Konken: Die Propagandastrategie der Chinesen ist hier voll aufgegangen. Man hat in Kauf genommen in den Wochen vorher, auch negativ in den Medien zu stehen. Aber mit der Eröffnung ist das verschwunden. (...) Die sportlichen Ereignisse haben das in den Hintergrund gedrängt, was eigentlich wichtig war, nämlich Menschenrechte, Pressefreiheit, Meinungsfreiheit - das ist durch Medaillen, durch sportliche Höchstleistungen einfach in den Hintergrund getreten. Schade, denn ich glaube, (...) gerade die Pflicht der Öffentlich-Rechtlichen ist es, auch diese Themen einfach nicht zu negieren. NACHSPIEL 24. August 2008 Olympia in Peking ? die Spiele des permanent schlechten Gewissens Kommentar von Oliver Thoma Eigentlich war es ja wie immer bei Olympischen Spielen. Tolle spannende Wettbewerbe, Sieger- und Verlierertypen, große Emotionen, viele Tränen. Und ICH ? vorm Fernseher, zittere mit, jubele mit, fühle mit. Wenn da nicht dieses ständige schlechte Gewissen wäre. So ein ?die Chinesen sind doch böse?-Gefühl. Das sich auch nicht so einfach abschalten lässt. So wie der Fernseher? Vielleicht wäre das ja genau die Lösung gewesen. Mein ganz persönlicher Olympia-Boykott. Ich nehme an den Spielen nicht teil und habe es den Chinesen so richtig gezeigt. ? Nee Quatsch, das merken die gar nicht ? also doch: Hinsehen. Ja und dann habe ich hin und ihn gesehen. Alexander Grimm. Den Kanuten. War das nicht super, wie der das erste Gold für Deutschland im Wildwasserkanal geholt hat? Sensationell ? aber da ist es schon wieder. Darf ich mich überhaupt darüber freuen? Oder sollte ich nicht fragen, welche Umweltschäden durch den Bau der Wildwasser-Anlage entstanden sind? Und die vielen Schlingpflanzen nebenan auf der Ruderstrecke, und bei den Seglern die riesige Algenplage? Und überhaupt - wie viele Familien haben durch diese Olympia-Sportstätten ihr Zuhause verloren, wurden entwurzelt, umgesiedelt? Wie viele Häuser wurden platt gemacht? Aber da - schon hat wieder ein chinesischer Gewichtheber Gold gewonnen. Tolle Leistung ? aber was hat er dafür alles in Kauf nehmen müssen? Wurde er von erfolgssüchtigen Funktionären rund um die Uhr gedrillt, zum Siegen gezwungen? Und diese einstudierten Jubel-Orgien der chinesischen Zuschauer, mit Wink-Elementen, fast wie früher in der DDR ? ist das nicht irgendwie krank? Gerade hat der Amerikaner Michael Phelps sein 8. Gold geholt ? der beste Schwimmer aller Zeiten ? nein ? das Gewissen meldet sich wieder - das kann doch nicht mit rechten Dingen zugehen, dass die alle da so schnell immer schneller werden ? was haben die bloß genommen? Alles Doping? Jetzt aber ? Britta Steffen gewinnt Gold über 100m Freistiel ? Wahnsinn. Wie die sich über den Sieg freuen kann, heult sich an der Brust von Franzi aus ? und die Kamera hautnah dabei. Wunderbare Gefühlsausbrüche. Jeder hat doch ein Recht auf Tränen. ? Moment ? Ein Menschenrecht? In China sind Menschenrechte ein Problem und ich mache mich gerade wieder zum Handlanger dieses grausamen Regimes? Wie hat das IOC gesagt ? bei den Olympischen Spielen können die Chinesen der Welt zeigen, wie sie wirklich sind. Haben wir also das ganz reale China gesehen? Nein, ganz sicher nicht. Es war das Show-Olympia-China. Gezeigt wurde nur, was wir sehen sollten. Höchstens ein kleiner Ausschnitt der Wirklichkeit. Und mein schlechtes Gewissen? Wurde jeden Olympia-Tag weniger. Weil ich weiß, dass die Korrespondenten nach den Spielen wieder ausführlich hinter die Fassaden blicken und berichten werden. Was schief läuft in China. Und was sich vielleicht auch durch Olympia verändert hat.