Hörspiel Feature Radiokunst Das Feature Die grüne Mauer - Wie der Sahel gegen die Klimakrise kämpft Folge 2: Burkina Faso - Vom Mut, nicht aufzugeben Autorin: Bettina Rühl Regie: Anna Panknin Redaktion: Wolfgang Schiller Produktion: Deutschlandfunk 2024 Erstsendung: Dienstag, 11.06.2024, 19.15 Uhr Es sprachen: Hüseyin Michael Cirpici, Jochen Langner, Claudia Mischke, Heiko Obermöller, David Vormweg und die Autorin. Ton und Technik: Christoph Rieseberg und Thomas Widdig Urheberrechtlicher Hinweis Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Die Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 44a bis 63a Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. (c) Atmo Schritte, dann Blandine Sankara: Tout le monde peut venir? Rapidement! Sprecherin 1: Können alle bitte mal näherkommen? Etwas schneller! Autorin: Blandine Sankara steht vor einem guten Dutzend Studierenden, alle haben gerade noch im Schatten von Bäumen Zuflucht vor der Sonne gesucht. Das Thermometer zeigt fast 40 Grad, obwohl es erst halb neun am Morgen ist. Wir sind in Burkina Faso, in Loumbila, einem Ort gut 20 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Ouagadougou O-Ton Blandine Sankara Donc on va vous présenter le site en vous disant d'abord qu'ici, c'était un site abandonné. // Donc c'était un site vraiment dénudé totalement, rien y poussait, il y avait seulement un arbre qui était là. Sprecherin 1: Bevor wir Sie durch den Garten führen, sollten Sie wissen, dass die Vorbesitzer die Fläche aufgegeben hatten, weil der Boden komplett unfruchtbar geworden war. Hier wuchs nichts mehr, bis auf einen einzigen Baum. Autorin: Während sie über die frühere Ödnis spricht, steht sie im Schatten eines rot blühenden Flammenbaums. Rundherum wachsen Mangobäume, Bananenstauden und Papayas, in den Beeten gedeihen Spinat, Karotten, Sesam und Mais. Vor rund zwölf Jahren hat Sankara hier mit ihrer Arbeit begonnen, hat sich erst einmal mit dem steinharten Boden beschäftigt: Anfangs war kein Denken daran, auf der knochenharten Fläche etwas in die Erde zu bringen. O-Ton Blandine Sankara Donc on a du le travailler, avec la bio-écologie, les techniques agro-écologiques, pour recupérer le sol en une année. // Donc c'est un site de près de deux hectares, // Et vraiment au depart c etait tres tres difficile, parce que le sol est tres reginerés, vous etes de la domaine. Sprecherin 1: Wir mussten den Boden ein Jahr lang mit agrarökologischen Techniken bearbeiten, um ihn wieder fruchtbar zu machen. Das Gelände ist etwa zwei Hektar groß. Die Arbeit war allem am Anfang sehr, sehr schwer, weil der Boden knochenhart war. Sie wissen wovon ich spreche, Sie sind ja vom Fach. Atmo Naturgeräusche Autorin: Sankaras Zuhörerinnen und Zuhörer studieren im zweiten Jahr Agrarökonomie, an diesem Morgen wollen sie von den praktischen Erfahrungen mit der Öko-Landwirtschaft lernen. Sankara ist Mitte 50, ihre schulterlangen schwarzen Haare hat sie zusammengebunden. Sie trägt ein bunt gemustertes Kleid und eine Brille mit kleinen, rechteckigen Gläsern. Sankara hat Entwicklungswissenschaft studiert, einige Jahre davon in der Schweiz. O-Ton Blandine Sankara Et puis bon, après je suis revenu au Burkina à la fin de ces études et pour moi c'était voir // comment on fait du développement avec la théorie. Sprecherin 1: Anschließend bin ich nach Burkina Faso zurückgekommen. Ich wollte schauen, ob man auf Basis der Theorie Entwicklungsarbeit machen kann. Autorin: Es ist April 2024, der April ist einer der beiden heißesten Monate in dem westafrikanischen Land. In diesem Jahr sind die Temperaturen besonders hoch, der gesamte Sahel leidet unter einer Hitzewelle. O-Ton Blandine Sankara C'est terrible cette chaleur là, on connaît pas. // C'est un type de chaleur qui parfois est chargé d'humidité. Ça, c'est pas pour les pays du Sahel. On a bien sûr la chaleur, mais c'était pas de cette façon. Du coup, bon, je n'ai pas toutes les explications, mais en tant que habitant ici, le ressenti est là, on le ressent et c'est devient de plus en plus difficile. // C'est clair et net: La grande question des pays sahéliens, c'est ce changement climatique. // Quelles sont les solutions? Sprecherin 1: Diese Hitze ist schrecklich, das kennen wir bisher in dieser Weise nicht. Auch weil die Luft jetzt manchmal feucht ist. Heiß war es im Sahel immer schon, aber nicht so. Als Bewohnerin der Region kann ich Ihnen sagen: Es ist hier immer schwerer auszuhalten. Mittlerweile ist völlig klar: Der Klimawandel ist für die Länder im Sahel die große Herausforderung. Welche Lösungen gibt es dafür? Sprecher 3: Die grüne Mauer - Wie der Sahel gegen die Klimakrise kämpft Eine Feature-Reihe von Bettina Rühl Folge 2: Burkina Faso - Vom Mut, nicht aufzugeben Atmo Hintergrund Zikaden Autorin: Burkina Faso ist meine zweite Station auf einer Reise, bei der es um afrikanische Antworten auf die Folgen der Klimakrise geht. Ich reise entlang der Trasse eines geplanten Megaprojekts: der so genannten "Großen Grünen Mauer", auf den Weg gebracht 2007 von der Afrikanischen Union. Zunächst schlossen sich elf Länder im Sahel an, später kamen weitere dazu. Das Ziel: den Vormarsch der Wüste zu stoppen, die Folgen der Klimakrise zu bekämpfen. Dazu sollte ein Gürtel aus Bäumen quer durch den Sahel gepflanzt werden, auf einer Länge von fast 8000 Kilometern. Schnell wurde klar: Eine solche Mega-Aufforstung löst die Probleme nicht, und viel zu wenige Setzlinge überleben. Heute ist die Vision eine andere: ein Mosaik aus Grünflächen, die von der Bevölkerung nachhaltig genutzt werden können. In vielen Regionen wird aufgeforstet, mancherorts erhalten, was ohnehin wächst. Anderswo werden Flächen eingezäunt, damit sich Buschland regeneriert. Und verarmte Böden werden wieder fruchtbar gemacht, Acker- und Weideland zurückgewonnen. O-Ton Roch Pananditigri Presque la moitié du Burkina, notre zone d'intervention, tout ça en fait, c'est la zone d'intervention prioritaire. Oui, fortement dégradée. Sprecher 1: Unser Einsatzgebiet ist halb Burkina Faso. Wir kümmern uns vor allem um die Böden, die am stärksten degradiert sind. Autorin: Das sind etwa zwei Millionen Hektar Land. Der Förster Roch Pananditigri koordiniert das Projekt der Großen Grünen Mauer in Burkina Faso. O-Ton Roch Pananditigri Quand nous disons dégradés, c'est des zones où il n'y a pas d'arbres, il n'y a pas d'herbe. Si tu regardes, c'est un vide, c'est nul, c'est nul. Sprecher 1: "Degradiert" bedeutet, dass dort weder Bäume noch Büsche oder Gras wachsen. Man sieht nichts als Leere, nackten Boden. Autorin: Insgesamt sind in Burkina Faso nach UN-Angaben bereits neun Millionen Hektar Boden degradiert, ein Drittel des gesamten Landes. Jedes Jahr gehen nach Schätzungen mindestens 360.000 weitere Hektar für die Vieh- und Landwirtschaft verloren. Einer der Gründe: Die Übernutzung durch ein sehr starkes Bevölkerungswachstum. Ein weiteres Problem: Viele Felder liegen brach, weil die Bevölkerung vor der Gewalt bewaffneter Milizen aus ihren Dörfern geflohen ist. Etwa zwei Millionen Menschen sind auf der Flucht, fast zehn Prozent der Bevölkerung. Armee und Regierung haben etwa ein Drittel des Staatsgebietes nicht unter Kontrolle. Einheimische meiden Reisen in diese Regionen, für mich als Weiße sind sie unerreichbar - die Entführungsgefahr ist zu groß. Auch Roch Pananditigri und seine Teams haben keinen Zugang zu vielen Gebieten, in denen sie eigentlich möglichst schnell mit der Arbeit beginnen müssten, weil die Böden dort besonders verarmt sind. Atmo Schritte Rundgang Studierende mit Blandine Sankara Autorin: Die Gegend um Ouagadougou gilt noch als sicher, deshalb kann ich Blandine Sankara in ihrem Garten besuchen. Dort führt sie die Studierenden vor eine kleine Baustelle. O-Ton Blandine Sankara Ca, c'est ... nous sommes en train de commencer la construction d'une unite de transformation. Une petite unite de transformation pour les femmes. Parce que il faut dire que au depart de Yelemani, c etait la question de transformation, de valorisation des produits agricoles, qui était notre priorité. Mais apres on a vite compris qu'il faut commencer par la base, donc c est à dire la production Agricole avant d'aller à la transformation qui n'est que le volet final. Sprecherin 1: Wir beginnen gerade mit dem Bau einer kleinen Anlage für die Verarbeitung von landwirtschaftlichen Produkten. Eine kleine Anlage für Frauen. Als ich die Organisation Yelemani gegründet habe, ging es mir vor allem um die Verarbeitung, um damit um die Steigerung der Wertschöpfung aus landwirtschaftlichen Produkten. Wir haben aber schnell gemerkt, dass wir mit den Grundlagen anfangen müssen, also mit der landwirtschaftlichen Produktion. Die Verarbeitung ist der letzte Schritt. Atmo Natur, Vögel Autorin: Yelemani heißt in der Sprache Dioula "Wandel". Für Sankara ist das noch immer ein positiv besetzter Begriff, trotz des Klimawandels. Dessen Folgen sind in Burkina Faso bereits allgegenwärtig sind, vor allem in der Landwirtschaft. Infolge von Dürren und Überschwemmungen fällt für viele Bauern immer öfter die ganze Ernte aus. Anfang 2024 haben nach Schätzungen der Vereinten Nationen mehr als drei Millionen Menschen nicht genug zu essen. Sankara ist allerdings davon überzeugt, dass sich die Bevölkerung von Burkina Faso eigentlich selbst ernähren könnte. Sie verfolgt ein ehrgeiziges Ziel: Der Sahelstaat soll von Lebensmittelimporten unabhängig werden. O-Ton Blandine Sankara C'est mon rêve, c'est utopique, mais c'est mon rêve de réaliser et faire du développement ici, parler de souveraineté alimentaire. Sprecherin 1: Das ist mein Traum. Es ist utopisch, aber es ist mein Traum, hier eine Entwicklung anzustoßen, die zu Ernährungssouveränität führt. Autorin: Diesen Traum verfolgt sie schon seit Jahren. Die Corona-Pandemie und der russische Angriffskrieg auf die Ukraine bestärkten sie zusätzlich: Weltweit schossen die Preise für Getreide und andere Lebensmittel in die Höhe - auch in Burkina Faso. O-Ton Blandine Sankara Comme on le dit, à quelque part, malheur est bon. Et euh, c'est ces deux problèmes- là qui ont fait que pour la sensibilisation, on utilise aussi. On prend ça comme exemple parce que surtout pour la covid, les gens ont vécu ça, ils ont vécu, ils ont vu les réalités de quand les marchés étaient fermés, que quand on n'avait plus accès aux produits qui viennent de l'extérieur. Comment faire? Sprecherin 1: Wie man so schön sagt: In jedem Unglück steckt auch etwas Gutes. Wir nutzen die Krisen als Beispiele, um die Menschen zu sensibilisieren. Vor allem während der Corona-Pandemie haben die Menschen selbst erlebt, was es heißt, wenn die Märkte plötzlich geschlossen sind und wir nichts mehr importieren können. Was machen wir dann? Autorin: Dafür kam ihr ausgerechnet in einem Schweizer Supermarkt eine wichtige Erkenntnis. O-Ton Blandine Sankara Moi, c'était la première fois que j'entendais et des gens qui vous donnent quelque chose de chez eux là et qui disent: Ah, prenez soin, c'est très local, c'est de chez nous. Et moi, j'ai dit: Mais ils se moquent de qui? Il faut dire c'est local, faut prendre soins et puis, comme çi c'est plus sûr, parce que ici c'est le local, c'est pas bon. // Donc tout ça me parlait. Et donc rentrer ici, c'était vraiment: Comment valoriser donc nos produits,/. Sprecherin 1: Ich habe dort zum ersten Mal gehört, dass die Leute lokale Produkte besonders wertschätzen. Anfangs dachte ich, die wollen mich veralbern. Bei uns ist es nämlich andersrum: Lokale Produkte werden bei uns geringgeschätzt. Mich hat das angesprochen, und nachdem ich wieder in Burkina Faso war, ging mir das nicht mehr aus dem Kopf: Wie können wir die Wertschätzung unserer Produkte steigern. O-Ton Blandine Sankara in der Samenbank von Yelemani Vous pouvez entrez! Venez en l'ombre un peu, parce que ce soleil... Sprecherin 1: Sie können ruhig reinkommen! Kommen Sie in den Schatten, da ist so viel Sonne! Atmo Blandine Sankara in der Samenbank von Yelemani Autorin: Sankara fordert die Studierenden auf, ein kleines Haus zu betreten: die Samenbank von Yelemani. Die Wände sind grün gestrichen, grün auch die Regalbretter, auf denen viele Flaschen und Krüge stehen. Darin das Saatgut für unterschiedliche Getreide- und Gemüsearten, alle angepasst an die Region und besonders widerstandsfähig gegen Trockenheit. Von jeder Art gibt es unterschiedliche Sorten, die jeweils zu etwas anderen Böden, zu einer etwas anderen Verteilung des Regens, zu einem etwas anderen Beginn der Regenzeit passen. Eine solche Vielfalt wird mit der Klimakrise immer wichtiger: Weil die Bäuerinnen und Bauern heute nicht mehr wissen, wann genau die Regenzeit beginnen und wie viel Niederschlag fallen wird, säen sie verschiedene Sorten. In der Hoffnung, dass zumindest ein Teil davon genau zu den Wetterkapriolen des jeweiligen Jahres passt und sie, wenn schon nicht alles, so doch immerhin etwas ernten können. Eine solche Vielfalt an lokal angepassten Sorten können internationale Unternehmen nicht liefern. O-Ton Blandine Sankara Ce n'est pas pour la vente. Ce que nous avons ici, les producteurs peuvent venir prendre, mais ils ramènen le double de ce qu'ils ont pris pour permettre à d autres aussi d'en avoir. Sprecherin 1: Wir verkaufen das nicht. Die Produzenten können sich holen, was sie brauchen. Nach der Ernte müssen sie allerdings doppelt so viel zurückbringen, damit auch andere dieses Saatgut nutzen können. Autorin: Wenn Sankara über Bodenfruchtbarkeit, landwirtschaftliche Methoden oder Saatgut spricht, geht es auch um bessere Ernteerträge und die Anpassung an den Klimawandel. Vor allem aber möchte sie das Denken der Produzenten und Konsumenten de-kolonialisieren. Atmo Musik Intro Titel Smockey: 50 ans de dependence Autorin: Mittlerweile ist dieser Gedanke fast Mainstream geworden: In vielen afrikanischen Staaten begehren Menschen gegen die neo-kolonialen Strukturen auf, vor allem in den Ländern des Sahel: Ob im Senegal oder in Burkina Faso, in Mali, Niger oder im Tschad - Überall fordern große Teile der Bevölkerung ein Ende der Ausbeutung ihrer Rohstoffe zu unfairen Bedingungen. Und sie fordern den Bruch mit der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich. Smockey, Hip-Hop-Künstler und politischer Aktivist aus Burkina Faso, machte die anhaltende Abhängigkeit der ehemaligen Kolonie schon 2010 zum Thema: Seine Heimat feierte damals 50 Jahre Unabhängigkeit von Frankreich, Smockey nannte seinen Titel zum Feiertag: 50 Jahre Abhängigkeit. Atmo Musik Chhht...silence ya Sarkozy qui parle ! Il dit dans une de ses déclarations que... La France économiquement n'a pas besoin de l'Afrique Avec 2700 filiales sur le continent Les entreprises Françaises s'invitent même dans le politique Quand le rapace attaque les pigeons fuient la menace Les Africains sont bien les seuls à se laisser pigeonner Puis à se faire inviter à la table du rapace. Sprecher 2: Psst, Ruhe jetzt, Sarkozy spricht! Er sagt in einer seiner Erklärungen, dass Frankreich Afrika wirtschaftlich nicht braucht. Dabei haben französische Firmen 2700 Niederlassungen auf dem Kontinent. Französische Unternehmen mischen sich sogar in die Politik ein. Wenn der Raubvogel angreift, flüchten die Tauben vor der Bedrohung. Die Afrikaner sind die Einzigen, die sich täuschen lassen, sie lassen sich auch noch an den Tisch des Raubvogels einladen. Autorin Seit Jahrzehnten gilt der Sahel, also die Region am Südrand der Wüste Sahara, als Armenhaus der Welt. O-Ton Olaf Bernau Also wenn man historisch wirklich weiter zurück guckt, dann war er das eben genau nicht. Autorin: Ich spreche (online) mit dem Soziologen Olaf Bernau. Er ist im transnationalen Netzwerk Afrique-Europe-Interact aktiv. Jedes Jahr ist er für einige Monate im Sahel, und er hat auch zur Geschichte der Region geforscht. Atmo Musik traditionell O-Ton Olaf Bernau Wenn man jetzt die Region Westafrika nimmt, zu der ja der Sahel dazugehört, dann war es eigentlich eher umgekehrt. Nämlich, dass die Küstenregionen, die heute die Boomregionen sind, wo heute die großen bekannten Städte wie Lagos, wie Abidjan, wie Accra, wie Dakar liegen - das waren im Grunde Regionen, die weitgehend von Wald bedeckt waren und wo eben kleine Handelsstation waren, worüber dann unter anderem der transatlantische Versklavungshandel abgewickelt wurde. // Aber im Grunde genommen waren die gesamten Küstenregionen mit Wald bedeckt und da gab es eine ganz kleine Waldbevölkerung. O-Ton Olaf Bernau Ganz anders der Sahel, die Savanne, die eben nicht von Wald bedeckt war: Das war die Region, die über den Trans-Sahara-Handel, also über den Handel mit den nordafrikanischen Ländern // die waren eigentlich die Region, die eine Boomregion gewesen ist. // Und das hat sich erst im Zuge des Kolonialismus verändert, weil die Kolonialmächte entdeckt haben, dass die Küstenregionen klimatisch sehr viel günstiger sind für den Anbau von Exportrohstoffen im Agrarbereich, also Kaffee, Kakao, Palmölprodukte und dergleichen mehr, Bananen. Und da hat man sich dann eben entschieden, dass man den Schwerpunkt der Investitionen auf die Küstenregionen setzt. Autorin: Die Küstenregion wurde großflächig entwaldet, stattdessen Plantagen angelegt. Der Trans-Sahara-Handel verlor an Bedeutung, der Warenaustausch wurde zunehmend über Schiffe abgewickelt. Viele Bewohner des Sahelraums wurden umgesiedelt und mussten auf den Plantagen an der Küste Zwangsarbeit leisten. Olaf Bernau sagt, man müsse sich vor Augen führen, ... O-Ton Olaf Bernau ...dass in Westafrika seit dem zehnten Jahrhundert unserer Zeitrechnung eben Stoffproduktion nachgewiesen ist, und dass eben schon im elften, zwölften, 13. Jahrhundert nicht nur im Norden, sondern vor allem auch im Süden des heutigen Nigerias eine ganz intensive Stoffproduktion stattgefunden hat. Aber all das ist eben tatsächlich durch die Kolonialmächte abgeräumt worden, weil sie auf der einen Seite primär die Küstenregionen entwickelt haben, aber weil sie auch keine Konkurrenz wollten. Die Kolonialmächte haben selbst Stoffe produziert. Insofern waren sie zwar an der Baumwolle interessiert, die dort wächst, aber sie waren nicht daran interessiert, dass die Baumwollproduktion in eine Stoffproduktion übergeht, weil das hätte ja Konkurrenz oder, wenn man so möchte, fehlende Absatzmöglichkeiten bedeutet. Atmo Gueswendé Zoungrana macht Zaï Autorin: Zurück in die Gegenwart. Ich stehe auf einer knochenharten Parzelle rund 50 Kilometer nordwestlich von Ouagadougou. Der Bauer Gueswendé Zoungrana schlägt mit seiner Spitzhacke auf die Erde ein. Sobald er ein paar Brocken gelöst hat, schiebt er sie mit den Händen zur Seite, bis er vier kleine Gruben hat. Zoungranas Hände, seine Hose, seine Füße und Sandalen sind von der Erde hellbraun. Wenn er von der Arbeit hochguckt, blicke ich in zuversichtliche Augen. O-Ton Gueswendé Zoungrana Sprecher 3: Die Löcher lege ich so an, dass sich darin so viel Wasser wie möglich sammelt. Wenn ein Loch voll ist, fängt das nächste auf, was überläuft. Wir werden diese Gruben noch mit Kompost füllen und dann darin säen. Atmo Graben Autorin: Diese Pflanzgruben heißen in der Landessprache Zaï, Zoungrana führt mir diese Technik nur vor: Jetzt in der Trockenzeit arbeitet niemand auf den Feldern, es würde sowieso nichts wachsen. O-Ton Roch Panaditigiri // Gueswendé Zoungrana Donc ca permet au... Zoungrana redet Mòoré... voila... Maïs et tout... Mais.. Panaditigiri: Donc le technique de zai, c est de collecter le maximum d'eau qui tombe. Pour assurer une bonne production. Que ce soit pour le sorgho, le maïs ou les autres speculations. Atmo leises Gespräch Autorin: Roch Pananditigri, der Koordinator der Großen Grünen Mauer, übersetzt aus dem Mòoré, was Zoungrana mir erklärt. Pananditigri hat mich zu Zoungrana begleitet, die beiden kennen sich über das Projekt der Großen Grünen Mauer: Die Regierung hilft Bäuerinnen und Bauern, Böden wieder fruchtbar zu machen. Zoungrana, 48 Jahre alt, ist der "Entwicklungsbeauftragte" seines Dorf Gasma und deshalb Pananditigris Ansprechpartner. Atmo Zaï graben Autorin: Die Technik der Zaï geht auf traditionelles Wissen zurück. Ursprünglich sollten die Gruben verhindern, dass der Wind die Erde sofort verweht. In den vergangenen Jahren wurde die alte Methode weiterentwickelt: Die Gruben werden vor der Aussaat mit Kompost gefüllt. Der zieht Termiten an, die den Boden durchgraben und auflockern. So kann das Wasser besser gespeichert werden. Die Zaï-Gruben haben sich schon während der schweren Dürren im Sahel seit den 1980er Jahren bewährt. Mehrere Studien bestätigen, dass die Erträge mit dieser Technik deutlich steigen. O-Ton Roch Pananditigri / Autorin / Pananditigri und Zoungrana Ca c est les Zai, les zai c est des petits pockets, a la porte de pratiquement tout le monde. Toutes les couches. Mais il y a les Demi-Lunes. Il va montrer un peu ce qu'on fait. Les demi-Lunes sont plus grand, tu collecte un peu plus d'eau, mais c est difficile a realiser. Sprecher 1: Diese Zaï anzulegen, ist für niemanden zu schwierig. Dann gibt es noch die Halbmonde, Zoungrana wird uns zeigen, wie man die macht. Die Halbmonde sind größer, dort sammelt sich mehr Wasser, aber sie anzulegen ist schwer. Autorin: Pourquoi c'est difficile? O-Ton Gueswendé Zoungrana: On va essayer un peu, on va voire. Autorin: Warum ist das schwer? Die beiden lachen auf meine Frage. sind. Zoungrana macht sich an die Arbeit. Die Grube, die er gräbt, ist jetzt viel größer und tiefer. O-Ton Zoungrana und Pananditigri Donc, ce qu'il precise, avant de realisier les demi-lunes, ce sont des ouvrages aussi de collecte d'eau, on regarde le sens de culement de l'eau. Parce qu'il faut collecter le maximum de l'eau. Donc on regarde le sense de coulement et on installe l'ouvrage. Il a dessiné tout juste et il va essayer de montrer comment ca se fait. Autorin: Zoungrana fängt auf Französisch an zu erklären, was er macht, dann wechselt er doch lieber wieder ins Mòoré, und Pananditigri übersetzt. Auch die Halbmonde dienen dazu, möglichst viel Regenwasser aufzufangen und nutzbar zu machen. Bevor sie gegraben werden, schaut man sich die Neigung der Fläche an und in welche Richtung das Wasser fließt. Die halbmondförmigen Vertiefungen werden quer zur Neigung des Hanges gegraben, um das abfließende Wasser zu sammeln. Sie haben einen Durchmesser von etwa vier Metern, sind rund 20 Zentimeter tief und von einem Erdwall umgeben. Zoungrana hat erst einmal die Außenlinie markiert, im nächsten Schritt wird er sich in die Tiefe arbeiten. Atmo Graben Halbmonde Autorin: Mittlerweile ist es Mittag und ordentlich heiß, aber Zoungrana gräbt scheinbar ungerührt weiter und bringt trotzdem Begeisterung auf. Er versprüht eine Leichtigkeit, als müsse man nur anpacken, und alle Probleme ließen sich lösen. Atmo Gehen über hartes Feld Autorin: Die Halbmonde sind eine alte Technik, die immer weiter verbessert wird. Aber ein paar Millionen Hektar so zu bearbeiten, würde wohl viele Jahre dauern. Hier kommen Roch Pananditigri und das Projekt der Großen Grünen Mauer ins Spiel. Panaditigiri zeigt jetzt auf tiefe Furchen in der Parzelle. Atmo Roch Panaditigiri über Maschine Autorin: Die habe ein Traktor mit dem Pflug gezogen. Im Rahmen des Grüne-Mauer-Projektes werden spezielle Pflüge eingesetzt, die in den steinharten Böden Halbmonde ausheben. Mit ihrer Muskelkraft können 100 Bauern einen Hektar am Tag bewältigen. Ein Traktor mit dem so genannten Delfino-Pflug schafft nach Angaben der UN-Landwirtschaftsorganisation FAO am Tag bis zu zwanzig Hektar. Atmo Panaditigiri und Zoungrana reden, leise Vögel Autorin: Panaditigiri und Zoungrana haben sich unter einen Baum gesetzt, damit wir noch etwas reden können. Rund um das Dorf Gasma stehen ausladende Bäume, darunter Mangos und Karitébäume. Die übrigen Schattenplätze sind schon besetzt: Schafe, Ziegen, Esel, Rinder, Menschen - alle drängen sich unter die Kronen. Die Tiere achten darauf, dass kein Körperteil über die dunkle Linie ins Sonnenlicht ragt. O-Ton Autorin / Gueswendé Zoungrana / Pandanditigiri Autorin: Sein Dorf arbeite schon seit mehr als zwei Jahren mit der Initiative der Großen Grünen Mauer zusammen, sagt Zoungrana. O-Ton Gueswendé Zoungrana Sprecher 3: Wir haben davon sehr profitiert. Sehen Sie den Brunnen da drüben? Den haben wir dank des Projektes bekommen. Alle Dörfer rundum hatten schon einen, nur wir nicht. Sehen Sie die vielen Menschen, die dort Wasser holen? Sie bewässern damit ihre Gemüsegärten, die Gärten helfen uns in der Trockenzeit zu überleben. Autorin: Der Brunnen ist 80 Meter tief. Noch vor wenigen Jahren reichten 13 Meter, doch mittlerweile fallen diese Wasserstellen häufig trocken. O-Ton Gueswendé Zoungrana Sprecher 3: Außerdem haben uns die Schulungen sehr geholfen, die wir bekommen haben. Dadurch haben wir beispielsweise die Techniken mit den Zaï und Halbmonden kennengelernt, die ich Ihnen eben gezeigt habe. Die Große Grüne Mauer ist einfach - wow! Die Initiative hat unser Dorf gerettet. Autorin: Im letzten Jahr habe er auf seinem Sorghum-Feld die Zaï-Technik angewandt, der Ertrag habe sich verdreifacht. Die Erfahrungen der übrigen Dorfbewohner seien ähnlich, auch die Maisfelder gäben mehr her. O-Ton Gueswendé Zoungrana Autorin: Und dann erst die Erdnüsse - Zoungrana schwärmt fast. An dieser Ernte habe er sehr gut verdient. Das Projekt habe die Menschen in seinem Dorf gerettet, betont er nochmal. O-Ton Autorin Avec les nouveaux techniques, est-ce que vous êtes optimiste que ça va aller ici et que vous pouvez trouver des solutions pour toujours cultiver la terre? Ou comment est-ce que vous voyez l'avenir avec le changement climatique? Autorin: Ich frage Zoungrana, ob er zuversichtlich ist, dass es dank der angepassten Anbautechniken trotz des Klimawandels auch in Zukunft noch genug ernten kann. O-Ton Gueswendé Zoungrana Sprecher 3: Der Gedanke an die Zukunft ist tatsächlich beunruhigend. Wir können uns nicht mehr auf die Regenzeit verlassen und nur Regenfeldbau betreiben. Wegen des Klimawandel wissen wir nicht mehr, ob und wann wie viel Regen fällt. Wir müssen die lange Trockenheit ausgleichen und Regenwasser auffangen, damit es länger verfügbar ist und die Menschen ganzjährig etwas anbauen können. Wenn uns das gelingen würde, hätten auch die jungen Leute etwas zu tun und wären nicht gezwungen, sich anderswo Arbeit zu suchen. Atmo Tomatenernte Autorin: Einige Dörfer entfernt plumpsen Tomaten in schwarze Plastikeimer. Zakaria Kinda und seine Familie sind bei der Ernte. Sie pflücken nur die roten und solche, die wenigstens etwas Farbe angenommen haben, viele Tomaten bleiben erst einmal hängen: Die Pflanzen tragen gut, die Familie wird mehrere Tage lang ernten können. O-Ton Zakaria Kinda Autorin: Kinda erzählt mir, dass er mit der Ernte zufrieden ist. So wirkt er auch, er hat häufig ein Lächeln im Gesicht. Seine 68 Jahre sieht man ihm nicht an, Kinda wirkt zupackend und energisch. O-Ton Autorin Il y a quand même des dégâts. Comment ça s'explique? Autorin: Mir fällt auf, dass die gesunden Stauden nur in einem kleinen Teil des Gartens wachsen. Daneben stehen viele vertrocknete Tomatenpflanzen. O-Ton Zakaria Kinda Autorin: Er habe nicht genug Wasser, sagt Kinda. O-Ton Autorin Autorin: Seine Quelle ist ein Brunnen - einer von acht, die die Regierung vor ein paar Jahren für das Dorf Tanghin Dassouri gegraben hat. Alle seien zwischen zwölf und 15 Meter tief, sagt Kinda. Früher habe das gereicht, inzwischen fielen die Brunnen immer wieder trocken. Dann müsse die Dorfbevölkerung mit dem Bewässern ein paar Tage warten, bis wieder etwas nachgelaufen ist. In der Zwischenzeit drohen die Pflanzen in den Gemüsegärten jedes Mal zu vertrocknen. Weil Kinda das schon wusste, hat er in dieser Saison weniger angebaut - die abgestorbenen Stauden stehen dort seit der letzten Saison. Sie seien allerdings nicht vertrocknet, sondern einem Schädling zum Opfer gefallen - 60 Prozent seiner letzten Ernte habe er dadurch verloren. Der Klimawandel begünstigt die Ausbreitung von Krankheiten und Schädlingen zusätzlich. O-Ton Autorin l y a aussi un panneau solaire. Ça c'est aussi un autre pomme ou c'est pour faire quoi? Autorin: Auf Kindas Feld steht ein großes Solarpanel. Solche Panels sind teuer und in den Dörfern Burkina Fasos ein seltener Anblick. O-Ton Zakaria Kinda Sprecher 2: Das Panel hatte ich schon mal für meinen Tiefbrunnen gekauft. Autorin: Sein Projekt sei dann aber gescheitert, sagt Kinda. Atmo Gehen mit Kinda zum Tiefbrunnen Autorin: Wir gehen zu dem Mangobaum neben seinem Haus, dort sollte der Tiefbrunnen hin. O-Ton Zakaria Kinda Sprecher 2: Ich habe das Unternehmen selbst bezahlt, das mir einen Brunnen von 400 Metern Tiefe graben sollte. Selbst in dieser Tiefe sind sie nicht auf Wasser gestoßen. Autorin: Kinda stellt sich auf einen Haufen aus gegossenem Beton - damit wurde der gebohrte Schacht wieder verschlossen. Kinda erzählt, dass er seitdem nicht mehr ruhig schlafen kann, weil er so viel Geld verloren hat. O-Ton Zakaria Kinda Sprecher 2: 1,3 Millionen CFA-Francs. Autorin: Umgerechnet etwa 2000 Euro. O-Ton Zakaria Kinda Sprecher 2: Die Brunnenbauer haben vorher Probebohrungen gemacht. Trotzdem haben sie kein Wasser gefunden. Unter dem Mangobaum in meinem Garten haben sie einen zweiten Versuch unternommen. Dabei ist ihnen der Bohrer abgebrochen. Atmo Feldarbeit Autorin: Danach hätten die Brunnenbauer weitere 700.000 CFA-Francs gefordert, bevor sie weiterarbeiten könnten - also noch einmal rund 1000 Euro. Geld, das Kinda nicht hatte. Ich bin tief beeindruckt, dass er überhaupt so viel investieren konnte, obwohl er regelmäßig Teile seiner Ernte wegen einer Dürre, einer Überschwemmung oder durch Schädlinge verliert. Im Dorf ist Kinda eine Ausnahme, aber auch die anderen kommen über die Runden. Ihr größtes Problem sei das viel zu knappe Wasser, sagen alle, mit denen ich spreche. Jeder hier arbeitet mit agro-ökologischen Techniken wie Zaï oder Halbmonden, nutzt Kompost und praktiziert eine Technik zur natürlichen Wiederbegrünung der Felder. Atmo Baum beschneiden FMNR Autorin: Dabei werden noch vorhandene, unterirdische Wurzeln gerodeter Bäume genutzt, die von allein wieder austreiben. Die jungen Schösslinge werden geschützt, gezielt beschnitten und entwickeln sich dadurch zu kräftigen Bäumen, die in lockeren Abständen auf den Feldern stehen. Diese sogenannte FMNR - also von den Bauern gemanagte natürliche Regeneration - ist eine Art der Aufforstung, die ohne Setzlinge auskommt und dadurch nichts kostet. Das Projekt der Großen Grünen Mauer nutzt diese Technik mittlerweile ebenfalls auf vielen Flächen. Voraussetzung ist, dass die Menschen die Wurzeln der Bäume nicht ausgegraben haben. Was durchaus vorkommt, wenn sie dringend Feuerholz brauchen. Die Dorfbewohner haben eine Kooperative gegründet und verkaufen ihre Produkte an das Agro-Unternehmen Bioprotect, das einen Markt für lokale Bioprodukte aufbauen will. Atmo Kompost umgraben O-Ton Claude Arsène Savadogo Je suis Claude Arsène Savadogo de Bioprotect, le fondateur de Bioprotect. Donc ici vous etes sur notre site d'experimentation, de controle qualité de la semence. Sprecher 4: Ich bin Claude Arsène Savadogo, der Gründer von Bioprotect. Wir stehen auf einem Grundstück unserer Firma, auf dem wir verschiedene Dinge ausprobieren und die Qualität unseres Saatguts kontrollieren. Autorin: Savadogo ist ein jugendlich wirkender Mann Ende 30. Der Agrarökonom trägt einen traditionellen, blauen Zweiteiler aus Stoff, der auf der Brust weiß bestickt ist. O-Ton Claude Arsène Savadogo Donc controle qualité productivité et taux de germination. Donc la production commence par la gestion de fertilité du sol, donc la matière organique, donc, ici c est au meme temps un site de production de compost. Sprecher 4: Bei der Qualitätskontrolle geht es uns um die Produktivität und die Keimrate. Das wichtigste Kriterium für den Ertrag ist allerdings nicht die Qualität des Saatguts, sondern die Fruchtbarkeit des Bodens. Deshalb stellen wir hier auch Kompost her. Atmo Kompost Autorin: Ich stehe mit Savadogo vor mehreren großen Komposthaufen, sechs Männer sind damit beschäftigt, sie umzugraben. Staub hängt in der Luft, obwohl einer der Arbeiter die Haufen mit einem Schlauch bewässert. Kompost muss feucht gehalten werden, aber das ist bei den hohen Temperaturen in Burkina Faso gar nicht so einfach. Beim Umgraben halten die Männer immer wieder kurz inne und heben etwas Plastik auf. Das ganze Land ist mit Plastikabfällen übersät, deshalb ist auch das organische Material damit durchsetzt, aus dem das Unternehmen seinen Kompost herstellt. Bevor der an die Kunden geht, muss er natürlich plastikfrei sein. An der richtigen Rezeptur für seinen Kompost hat Savadogo lange getüftelt. Ein Bestandteil sind Bodenpilze, so genannte Trichoderma. Sie sollen das Wachstum der Pflanzen fördern und die Wurzeln vor dem Befall durch andere schädliche Pilze schützen. Auf den Versuchsflächen von Bioprotect fällt mir auf, dass viele Parzellen mit Stroh oder Pflanzenresten bedeckt sind. O-Ton Claude Arsène Savadogo Le fait qu'on ait des températures très élevées, ce sont des processus qui accélèrent la dégradation des terres. Donc, si on a des temperatures très élevé, on n'a pas de technique de production qui adapte et qui limite justement cette dégradation, j'allais dire naturelle de la terre. On va toujours etre dans ce processus de dégradation. Sprecher 4: Die hohen Temperaturen im Sahel beschleunigen die Degradation der Böden. Wenn wir unsere Produktionsweise nicht daran anpassen, werden wir immer mehr fruchtbare Böden verlieren. Atmo Grundstück Autorin: Es werde immer wichtiger, die Böden vor der Sonne und dem Austrocken zu schützen. Auch Gemüsepflanzen oder Setzlinge brauchen Sonnenschutz. Bei Bioprotect sehe ich Tomaten im Maisfeld und viele Bäume auf den Parzellen. O-Ton Claude Arsène Savadogo Il y a beaucoup de producteurs qui commencent à se lancer vers des pratiques d'abord écologiques, parce que justement ils ont compris que le capital sol, c'est leur richesse. Et // Il n'est plus possible de justement de migrer. Du moins ça devient très difficile de migrer parce que toutes les zones deviennent compliquées. Et cette question sécuritaire qui est venue s'ajouter complique davantage la chose. Donc les gens sont obligés de revenir sur des méthodes, j'allais dire plus endogènes, pour pouvoir justement récupérer les terres, mais aussi rester dans leur territoire pour pouvoir travailler. Sprecher 4: Mittlerweile haben viele Bäuerinnen und Bauern angefangen, sich auf ökologische Praktiken einzulassen. Sie haben verstanden, dass der Boden ihr Reichtum ist. Man kann nicht mehr einfach wegziehen, um anderswo ein Feld anzulegen, weil es überall kompliziert geworden ist. Die schwierige Sicherheitslage kommt noch hinzu. Die Menschen sind also gezwungen, auf Methoden zurückzugreifen, die sie selbst umzusetzen können, um das Land zu erhalten, damit sie darauf bleiben und es weiter bestellen können. Autorin: Bioprotect ist zwar ein Unternehmen und keine Hilfsorganisation, bietet Bäuerinnen und Bauern aber trotzdem Schulungen an. Sie können lernen, Kompost oder biologischen Dünger selbst herzustellen oder kriegen gezeigt, wie sie die biologischen Schädlingsbekämpfungsmittel richtig anwenden. Und was es sonst noch für agro-ökologische Möglichkeiten gibt, um die Bodenqualität zu verbessern und den Ertrag zu erhöhen. Dabei arbeitet das Unternehmen mit der Hilfsorganisation ARFA zusammen, die Arsene Savadogos Vater gegründet hat. O-Ton Mathieu Savadogo Moi, je suis Mathieu Savadogo, je suis Agronome de formation, // Au début de ma carrière, je travaillais pour le ministère de l'agriculture de mon pays et après je suis allée dans le monde des associations. Depuis 88, et là, j'ai travaillé aux ONG de la place, et progressivement j'ai créé ma propre structure qui s'appelle "Association pour la recherche et la formation en agro écologie", ARFA.Et depuis donc plus de 30 ans, je suis au service de ARFA pour travailler justement à la promotion de l'agro écologie et la protection de l'environnement. Sprecher 1: Ich heiße Mathieu Savadogo und bin ausgebildeter Agronom. Am Anfang meiner beruflichen Laufbahn habe ich für das Landwirtschaftsministerium gearbeitet, bin aber schon 1988 in die Welt der zivilgesellschaftlichen Organisationen gewechselt. Dann habe ich meine eigene Organisation gegründet, sie heißt "Verein für Forschung und Ausbildung in Agrarökologie", kurz ARFA. Seit über 30 Jahren arbeite ich für ARFA, um mich für die Förderung von Agrarökologie und den Umweltschutz einzusetzen. Atmo Hintergrund von der Versuchsfarm Autorin: Mathieu Savadogo lebt und arbeitet im Osten von Burkina Faso, in Fada N'Gourma. Dort hätte ich ihn gerne besucht, um mir anzusehen, wie er mit den Bäuerinnen und Bauern arbeitet. Er hat das abgelehnt: Die Gegend sei wegen der Präsenz islamistischer Milizionäre zu unsicher. Wer sich in der Region nicht aufhalten müsse, weil er oder sie dort nun einmal wohne, solle sie lieber meiden. Weil er ohnehin in der Hauptstadt zu tun hat, treffen wir uns auf der Versuchsfarm seines Sohnes am Rand von Ouagadougou. Der ältere Savadogo hat vor über drei Jahrzehnten in der Nähe von Fada N'Gourma selbst eine Modellfarm gegründet. O-Ton Mathieu Savadogo Ça se trouve dans le village de Natiaboani à 45 kilomètres au sud de Fada N'Gourma. // Malheureusement avec l'insécurité, depuis cinq ans, nous n'avons plus accès à cette ferme. Sprecher 1: Sie liegt im Dorf Natiaboani, 45 Kilometer südlich von Fada N'Gourma. Aber seit fünf Jahren können wir da leider wegen der schlechten Sicherheitslage nicht mehr hin. O-Ton Autorin Donc Fada N'Gourma, c'est vraiment un ile de sécurité quoi, rélative. Autorin: Fada N'Gourma, die Stadt im Osten Burkina Fasos, ist offenbar eine Insel relativer Sicherheit. O-Ton Mathieu Savadogo Oui, c'est ça. // Et par cette ferme, nous avons voulu concrétiser ce que c'est l'Agro-Écologie. Parce que quand on parle dans le vent, ça ne convient pas. // Et là, nous avons développé aussi le volet éducation environnementale des enfants. // Et justement on a créé un lien très fort justement entre les paysans qui ont leurs exploitations et cette ferme là. Donc les paysans quittent leurs exploitations, ils viennent sur la ferme, ils se forment des courses des nouvelles techniques et qu'ils retournent à leur exploitation. Sprecher 3: Genau. Mit unserer Modellfarm wollten wir die Agro-Ökologie anschaulich machen. Wenn man bloß redet, überzeugt man die Leute nicht. Wir haben dort auch einen Bereich für die Umwelterziehung von Kindern aufgebaut. Und wir hatten einen sehr engen Kontakt zu den Bäuerinnen und Bauern. Sie sind immer wieder zu uns gekommen, um bei uns in Weiterbildungen neue landwirtschaftliche Techniken zu lernen. O-Ton Claude Arsène Savadogo Ça c'est pour le bioprotect propre, on a perdu 60 % de nos zones. // Sur les 60 %, il faut compter autour de 2500 producteurs. Sprecher 4: Was unsere Firma Bioprotect angeht, haben wir zu 60 Prozent des Gebietes, in dem wir gearbeitet haben, keinen Zugang mehr. Rund 2500 Bäuerinnen und Bauern sind betroffen. Sie mussten fliehen O-Ton Autorin Qui sont des déplacés maintenant? O-Ton Claude Arsène Savadogo Oui, qui sont des déplaces maintenant. Sprecher 4: Claude Arsène Savadogo hat einige Jahre lang in Frankreich studiert und anschließend dort noch etwas gearbeitet, um mehr Erfahrung und Wissen zu sammeln. Als er 2011 zurückkam, war Burkina Faso bereits eins der ärmsten Länder der Welt, aber die Sicherheitslage war damals noch gut. Gewalt und Terror breiten sich erst seit 2016 immer mehr aus. Atmo France 24 Sondersendung erster Putsch Autorin: 24. Januar 2022: Der französische Fernsehsender France 24 berichtet über einen Militärputsch in Burkina Faso. Der gewählte Präsident Roch Marc Kaboré habe nicht genug gegen die islamistischen Kämpfer getan, so die Erklärung der Militärs für den Putsch. Sie würden in kürzester Zeit für Sicherheit sorgen. Atmo Jubel für Traoré Autorin: Weite Teile der Bevölkerung bejubeln die Militärs: Alle sehnen sich nach Frieden und möchten ihre Felder wieder bestellen können, ohne um ihr Leben fürchten zu müssen. Doch auch das Militärregime bekommt die Lage nicht in den Griff, die Islamisten breiten sich weiter aus. In der Bevölkerung nimmt die Unzufriedenheit zu, auch innerhalb der Armee gibt es Spannungen: Ein Teil der Truppe will enger mit Russland zusammenarbeiten, so wie bereits die Militärregierung im Nachbarland Mali. Die weit verbreitete Wut auf die ehemalige Kolonialmacht Frankreich begünstigt diese Haltung. Atmo Jubel Traoré Autorin: Nur acht Monate später, im September 2022, folgt ein zweiter Putsch, wieder applaudiert die Menge. Nun steht der Offizier Ibrahim Traoré an der Spitze des westafrikanischen Staates. Mit 34 Jahren ist er der jüngste Staatschef Afrikas. Auch er verspricht eine baldige Stabilisierung des Landes. Atmo in Fabrik Autorin: Claude Arsène Savadogo ist mit mir noch in die kleine Produktionsanlage von Bioprotect gefahren, sie ist von dem Versuchsfeld nicht weit entfernt. Jetzt gegen 18 Uhr am Abend ist kaum noch jemand da. Ein paar Männer, die Kompost in Säcke abgefüllt haben, machen sich gerade auf den Heimweg. Auf dem Hof steht ein LKW abfahrbereit, auf der Ladefläche liegen Säcke mit Kompost für Kunden. O-Ton Claude Arsène Savadogo Alors on fait toujours attention ou on va. Donc voyez le chauffeur, il va dans une localité. Donc il dit qu'il va dormir quelque part. Et puis demain matin, il va continuer parce que c'est risqué qu'il continue la nuit. Voilà. Donc on regarde toujours ou est-ce qu'on part, quels sont les risques, on mesure quels sont les moments, on prend les renseignements pour voir quels sont les itinéraires qui sont plus sécurisés avant de pouvoir se déplacer. Sprecher 4: Man muss immer aufpassen, wo man hingeht. Wenn der LKW-Fahrer in ein Dorf fährt, dann sagt er Bescheid, wenn er irgendwo übernachten muss. Er fährt erst am nächsten Tag weiter. Es wäre zu gefährlich, in der Nacht weiterzufahren. Bevor wir losfahren, informieren wir uns immer, wie die aktuelle Lage ist, welche Risiken wir damit eingehen, welche Routen halbwegs sicher sind. O-Ton Autorin Est ce que vous avez jamais regretté de revenir? Autorin: Hat er es nie bereut, aus Frankreich zurückgekommen zu sein? O-Ton Claude Arsène Savadogo De revenir? On se pose des questions. Parce que l'entrepreneuriat c'est pas ... c'est pas simple. Surtout dans le contexte actuel de l'insécurité. // Donc on se pose des questions. Parfois on se dit: Mais est ce qu'on a fait le bon choix d'être revenu? Est ce qu'on n'a pas ... est -ce qu'on a vraiment mesuré le risque? Etc, etc. Ces questions, je les pose. Mais bon, il faut assumer ses choix. On a fait le choix de revenir, il faut assumer jusqu'au bout et puis bon, voilà. Sprecher 4: Ich stelle mir viele Fragen. Es ist nicht einfach, hier ein Unternehmen zu führen. Vor allem im Moment, in dieser angespannten Sicherheitslage. Natürlich frage ich mich manchmal, ob meine Entscheidung richtig war. Ob ich die Risiken richtig eingeschätzt habe. Aber man muss zu seinen Entscheidungen stehen. Ich habe mich entschieden, zurückzukehren, und jetzt stehe ich das bis zum Ende durch. Atmo Smockey sucht richtigen Titel Sprecher 2: Ich spiele Dir was vor.... Was kann ich Dir vorspielen? Autorin: Smockey, eigentlich Serge Bambara, hat mich in sein Studio eingeladen. Der Hip-Hop-Künstler hat sich vor Jahren als Gründer der Protestbewegung "Balai Citoyen" einen Namen gemacht, das heißt "Bürgerbesen". Jetzt sucht er auf seinen Festplatten nach halbwegs fertigen Titeln von seinem nächsten Album. Atmo Titel Smockey Autorin: Smockey hat mit seiner Bewegung 2014 maßgeblich zum Sturz des langjährigen Herrschers Blaise Comparoé beigetragen. Der wiederum hatte sich 1987 selbst an die Macht geputscht und dafür seinen ehemaligen Weggefährten Thomas Sankara gestürzt - der seinerseits 1983 durch einen Staatsstreich an die Macht gekommen war. Damals hieß das Land noch Obervolta, erst Sankara gab ihm den heutigen Namen Burkina Faso: Land der aufrechten Menschen. Sankara, damals gerade mal 33 Jahre alt, kritisierte den Neokolonialismus, startete Impfprogramme, investierte in die Bildung, setzte sich für Frauenrechte ein und rief zum Pflanzen von Bäumen auf. Bis heute wird er in vielen Ländern des Kontinents als Ikone verehrt. Kritiker warfen ihm Dogmatismus vor, und vor allem in der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich war er wegen seiner sozialistischen Ideen verhasst. Als Comparoé 1987 gegen ihn putschte, wurde Sankara ermordet. Smockey war als Jugendlicher Mitglied von Sankaras Pionieren. Ich wollte ihn treffen, um zu hören, wie er die gegenwärtige Lage einschätzt. O-Ton Smockey Alors, "Bloque" ca c est sur des questions de securité, acutellement au Burkina Faso, et surtout la manière que c est geré par notre soit disant armee quoi. Sprecher 2: Das ist der Titel "Bloc", es geht um die aktuelle Sicherheitslage in Burkina Faso. Vor allem darum, wie sie von unserer so genannten Armee gemanaged wird. Atmo Musik Smockey Bloc Autorin: Ein Stück über große Worte, das Versprechen von Sieg und Freiheit - und über anhaltende Gewalt und Repression. Autorin: Viele Kritiker der Regierung sind in Haft oder verschwunden, oder sie wurden zwangsrekrutiert, an die Front geschickt im Kampf gegen die islamistischen Milizionäre. Im April wurden etliche internationale Medien in Burkina Faso suspendiert, darunter die britische BBC, die Deutsche Welle und der französischen Sender TV5 Monde. Grund für die Sperrung der Medien waren die Meldungen über einen Bericht von Human Rights Watch. Darin wird die Armee Burkina Fasos beschuldigt, im Kampf gegen islamistische bewaffnete Gruppen auch Zivilisten zu töten. Im Februar 2024 habe die Armee in zwei Dörfern mindestens 223 Zivilisten exekutiert. Die Militärregierung weist die Anschuldigungen zurück. Bevor ich im April nach Burkina Faso einreisen konnte, musste ich monatelang auf die Erlaubnis warten, im Land zu recherchieren. Dass ich die Akkreditierung schließlich doch noch bekam, lag vermutlich nur daran, dass ich mich mit einem weniger politischen Thema beschäftige: der Großen Grünen Mauer und den Folgen des Klimawandels. O-Ton Autorin Est ce que c'est pas osé de sortir un tel album? Autorin: Ich frage Smockey ob es nicht gewagt ist, ein so kritisches Album zu veröffentlichen. Immerhin hat die Regierung viele ihrer Kritiker verhaftet. O-Ton Smockey Ouais mais bon, écoute, qu'ils le fassent alors. Pas de problème, je m'assume. Ce qui est sur, on ne peut pas me censurer. Je ne peux pas m'empêcher de dire ce que je pense dans mon album, ça c'est impossible. Sprecher 2: Dann sollen sie mich verhaften. Kein Problem, ich stehe zu meiner Meinung. Eine Sache ist sicher: Ich lasse mich nicht zensieren. Ich kann nicht anders als in meinen Alben zu sagen, was ich denke. Autorin: In der Bevölkerung haben die Militärs immer noch einigen Rückhalt. Die Sicherheitslage habe sich verbessert, meint Claude Arsène Savadogo. O-Ton Claude Arsène Savadogo Il y a des zones où on a été aux coups de janvier, février - il y a deux ans, ce n'est jamais allé dans ces zones là, parce que c'était c'était compliqué. Sprecher 4: Wir waren im Januar und Februar in Gebieten, in die wir noch vor zwei Jahren auf keinen Fall gefahren wären, das wäre zu gefährlich gewesen. Autorin: Auch sein Vater Mathieu Savadogo findet die neue Regierung gut. O-Ton Mathieu Savadogo Donc il y a des actions fortes qui sont prises pour qu'effectivement les ressources de l'État ne soient plus gaspillées, ne soient plus le monopole d'un petit groupe de personnes, mais que ça profite à toute la nation. Ça, c'est vraiment quelque chose de très fort. Il y a des choses comme ça qui donnent espoir. Voilà. Sans compter maintenant le grand combat contre le terrorisme. Donc moi je pense qu'en tout cas, moi, je suis de ceux qui croient que vraiment on est sur la bonne voie. Sprecher 1: Die Militärregierung sorgt mit harten Maßnahmen dafür, dass die staatlichen Ressourcen nicht mehr verschwendet werden und nicht mehr nur einer kleinen Gruppe von Personen zukommen, sondern, dass die ganze Nation profitiert. Solche Entwicklungen machen mir derzeit Hoffnung. Das Wichtigste bleibt aber zunächst der Kampf gegen den Terrorismus. Ich gehöre zu denjenigen, die glauben, dass wir auf dem richtigen Weg sind. O-Ton Autorin / Savadogo Mais il y a beaucoup des violations des droits de l'homme. Mathieu Savadogo Moi, je pense que. Et on dit couramment on ne fait pas d'omelette sans casser des œufs. Sprecher 1: Ich sehe es so, wie hier viele sagen: Man kann kein Omelett braten, ohne Eier zu zerschlagen. Atmo Zikaden Autorin: Zurück bei Blandine Sankara, die davon träumt, dass sich alle Menschen in Burkina Faso ernähren können, unabhängig von irgendwelchen Importen. Die Studierenden, die ihren Modellgarten am Morgen besichtigt haben, sind mittlerweile abgefahren. Jetzt, in der Mittagshitze, sind fast nur noch die Zikaden zu hören. Blandine ist die jüngere Schwester von Thomas Sankara, doch treffen durfte ich sie erst nachdem ich versprochen hatte, nicht nach ihrem berühmten Bruder zu fragen. Und auch nicht nach der aktuellen politischen Lage. Kein Problem, mich interessiert ihr eigener Kampf für fruchtbare Böden und höhere Erträge. O-Ton Blandine Sankara Le Bureau national des sols est venu faire des prélèvements pour caractériser de ces sols- la, et ils nous ont fait 17 recommandations que nous allons commencer à mettre en place au mois de mai avec leur accompagnement, parce que ce n'est pas des sites propices à la production, mais avec beaucoup de travail, on peut le faire parce que ce que nous faisons, ce n'est pas encore bon. // Avec ces recommandations, nous allons commencer à les mettre en place avec beaucoup de techniques qui sont citées dans les recommandations, comme les digets avec les pierres pour arrêter, barrer l'eau, surtout le bas de pente, les nutriments qui vont vers le barrage parce que c'est la pente, il faut pouvoir les retenir sur le site, il faut pouvoir faire pas mal de demi lunes sur là où nous voulons produire. Sprecherin 1: Das staatliche Büro für Bodenfruchtbarkeit hat hier kürzlich Proben genommen. Anschließend haben sie uns 17 Empfehlungen gegeben, wie wir die Qualität noch verbessern können. Damit sollen wir im Mai beginnen. Das wird nochmal viel Arbeit sein, wir werden das machen müssen. Denn, obwohl wir uns viel Mühe geben, ist das, was wir hier tun, noch nicht gut genug. Zu ihren Empfehlungen gehören Wälle aus Steinen, um zu verhindern, dass ablaufendes Wasser die Nährstoffe wegspült, und sie haben uns empfohlen, viele Halbmonde anzulegen, dort wo wir produzieren wollen. Autorin: Die gute Nachricht: Es gibt etliche Techniken, um verarmte Böden fruchtbar zu machen - 17 weitere, dabei haben Sankara und ihr Team schon viele neue Techniken umgesetzt. Auf Land, das vorher unfruchtbar war, fahren sie Ernten ein. Die schlechte Nachricht: Schon seit zwölf Jahren investieren sie viel Zeit und Arbeit in das Grundstück. Aber es reicht noch nicht. Manchmal, sagt Sankara, sei sie entmutig. Dann korrigiert sie sich: O-Ton Blandine Sankara Pas parfois. Souvent. Je suis souvent découragé. // Je comprends bien des gens parce que la plupart des gens avec qui nous travaillons, ce sont des personnes qui faisaient le conventionnel, qui ont expérimenté un autre type, je vais dire, plus facile que l'agro- écologie. Donc ils peuvent se décourager. // Et ça, quelquefois, ça décourage. // Mais la satisfaction vient du fait que bien des gens aussi qui passent ici et qui vous donnent le courage, qui disent: Ah mais c'est bien ce que vous faites. Moi j'étais venu ici combien d'années là? Mais c'était pas comme ça, hein? Sprecherin 1: Nicht manchmal - oft. Ich bin oft entmutigt. Die meisten Menschen, mit denen wir hier arbeiten, haben früher konventionelle Landwirtschaft betrieben. Die ist leichter und man hat schneller Ergebnisse. Wer daran gewöhnt ist, kann mit der Agrarökologie manchmal die Geduld verlieren, und ich kann die Leute verstehen. Wenn sie aufgeben wollen, entmutigt mich das manchmal auch. Aber dann werde ich wieder zuversichtlich, wenn andere vorbeikommen, die das Grundstück von früher kennen und sagen: "Sie machen eine tolle Arbeit, das hat sich hier in den letzten Jahren sehr verändert." Autorin: Und wie immer denkt sie über den eigenen Gartenzaun hinaus, an die Zukunft von Burkina Faso. O-Ton Blandine Sankara Ca prendra du temps. Mais j'y crois. De toute les facons, croire ou pas croire - je pense qu'on n'a même pas le choix. C'est une question de vie ou de mort. Et aujourd'hui, on parle de 2 millions de d'hectares de terres. Qu'est ce que vous voulez? On a pas d'autres terres. C'est la terre du Burkina, c'est la terre du Burkina. On dit on va pas fuir les terres, donc il faut trouver des moins, il faut qu'on on y aille. Sprecherin 1: Es wird eine Weile dauern, aber ich glaube daran, dass wir es schaffen. Doch ob wir daran glauben oder nicht - ich denke, wir haben keine andere Wahl, als es zu versuchen. Es ist eine Frage von Leben und Tod. Heute reden wir davon, dass in Burkina Faso schon zwei Millionen Hektar Boden komplett unfruchtbar geworden sind. Welche Alternative haben wir? Wir haben kein anderes Land als das in Burkina Faso. Wir können es nicht einfach aufgeben und fliehen. Also müssen wir Wege finden, wie wir die Böden wieder fruchtbar machen können und wir müssen damit anfangen. Ausblick Nigeria Sprecher 3 In der nächsten Folge O-Ton Usman Alhadji: To be frank: We are scare. // We have to do it now. We have to do it. What would you do now. You must do your work. Sprecher 3: Um Ehrlich zu sein: Wir haben Angst. Aber wir müssen in diese Regionen. Was sollten wir sonst tun? Schließlich müssen wir unsere Arbeit machen. Autorin: Usman Alhadji Ali, der in Nigeria die Große Grüne Mauer pflanzt. Sprecher 3 Die grüne Mauer - Wie der Sahel gegen die Klimakrise kämpft Eine Feature-Reihe von Bettina Rühl Folge 2: Burkina Faso - Vom Mut nicht aufzugeben Es sprachen: Hüseyin Michael Cirpici, Jochen Langner, Claudia Mischke, Heiko Obermöller, David Vormweg und die Autorin. Ton und Technik: Christoph Rieseberg und Thomas Widdig Factchecking: Leo Becker, Jule Dieterle, Johanna Klenke, Melanie Miklautsch und Andreas Schöllig. Regie: Anna Panknin Redaktion: Wolfgang Schiller Die Recherche wurde gefördert von der Film- und Medienstiftung NRW. Eine Produktion des Deutschlandfunks 2024 Alle Folgen auch in der Deutschlandfunk-App, unter hoerspielundfeature.de und im Podcast Dlf Doku Eine Produktion des Deutschlandfunks 2024 1